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Autor Thema: Inyo NF – Kleine Wanderung im Ancient Bristlecone Pine Forest (2006)  (Gelesen 2415 mal)

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digithali

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Inyo NF – Kleine Wanderung im Ancient Bristlecone Pine Forest (2006)

Es gibt noch eine Welt außerhalb des Page-Escalante-Area und die schauen wir uns natürlich auch manchmal an. So geschehen auf unserer California-Tour in 2006. :hand:

Eine der kleineren aber sehr beeindruckenden Wanderungen, die wir unternahmen war ein Loop durch den Ancient Bristlecone Pine Forest. Dort befindet sich gut versteckt ein Part des kalifornischen Superlativ-Reigens, nämlich ein „Wald“ mit den ältesten Bäumen, ja sogar den ältesten bekannten Lebewesen dieser Erde. Die mussten wir uns nach den „biggest living things on earth“ im Sequoia natürlich auch anschauen.

Der Ancient Bristlecone Pine Forest liegt, zum Inyo National Forest gehörend, in den White Mountains östlich von Bishop. Die dort beheimateten Great Basin Bristlecone Pines haben bereits ein sagenhaftes (vor)biblisches Alter von teilweise über 4.000 Jahren erreicht. :staunend2:

Der älteste von diesen Bäumen, „Methuselah“ genannt, bringt es auf inzwischen über 4.760 Jahre. Damit reichen seine Wurzeln bis in die Zeit seines Namensvetters zurück. Als Pharao Cheops in seiner Pyramide bestattet wurde, da hatte dieser Baum schon ca. 180 Lebensjahre hinter sich – unglaublich! Der „Alte“ wurde aber zu seinem Schutz nicht als solcher kenntlich gemacht und der ansässige Ranger war auch nicht zum Verrat zu bewegen. :never:

Die knorrigen Kiefern wachsen auf kargen Kalksteinhängen der Region in einer räumlich sehr begrenzten ökologischen Nische. Es ist sehr windig und recht trocken. Sie sind fast die einzigen Pflanzen, die es geschafft haben, auf diesen rauen, unwirtlichen Kuppen zu leben und zu überleben. Die Landschaft wirkte daher ein wenig wie ein riesiger japanischer Garten auf uns – nur bizarre Bristlecone Pines und Steine - schön minimalistisch. :abklatsch: 

Die Bäume haben die Fähigkeit entwickelt, in schlechten Zeiten (Trockenperioden) kontrolliert Teile, sogar große Teile ihres Körpers absterben zu lassen und nur soviel aktive Biomasse am Leben zu erhalten, wie versorgt werden kann. Diese Eigenart sorgte dann auch für ihr doch recht bizarres Aussehen, das oft an fantasievolle Holzskulpturen erinnert. In Zeiten mit besserer Wasserversorgung wird das Wachstum dann bis zur nächsten Trockenheit wieder forciert. :idea:

Ein Professor namens Edmund Schulman von der Universität Arizona untersuchte in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die zwei sich in den White Mountains befindlichen Bristlecone Pine-Haine und begründete hier die Wissenschaft der Dendro-Chronologie (Datierung nach Jahresringen), die bei ihrer Einführung weltweit diverse größere Korrekturen der Datierung geschichtlicher Ereignisse  und Neubewertungen zur Folge hatte. Bislang war die Forschung auf die recht ungenaue Kohlenstoffisotop-Chronologie angewiesen … aber das geht jetzt hier zu weit! :dozent:

Nachdem wir den größten Teil unseres Wanderurlaubs im Yosemite verbracht hatten und dort nun schon die Campgrounds mit „Closed for Winter“-Schildern ausstaffiert wurden, gelangten wir auf die Ostseite der Sierra Nevada und damit in Reichweite dieser recht abgelegenen Sehenswürdigkeit.

Von Bishop fuhren wir über den Highway 395 bis nördlich von Big Pine, um dann auf den Hwy. 168 nach Osten abzubiegen. Nach ca. 13 mi bogen wir dann in Richtung Norden auf die White Mountain Road ab. Von dort aus steigt die Straße dann 10 Meilen in vielen weiteren lustigen Achterbahnwellen bis auf eine Höhe von 3.000 Metern zum wunderschönen Blockhaus des Schulman Grove Visitor Center hinauf. Man überwindet dabei knapp 2.000 Höhenmeter und hat unterwegs eine fantastische Aussicht auf das Owens Valley und die Gebirgskette der Sierra Nevada im Westen sowie bis ins Death Valley im Osten.

Im oberen Bereich, kurz bevor man das Fahrziel erreicht, wird die Landschaft schon bedeutend karger.



Schulman Grove ist einer der beiden größeren Bristlecone Pine-Haine, mit besagtem „Methuselah“ als Undercover-Star. Der andere Hain ist Patriarch Grove, wo man den größten dieser uralten Bäume, den „Patriarch“ bewundern kann. Die Weiterfahrt (12 Meilen) dort hin verläuft über eine recht ordentliche Dirtroad. An beiden Locations kann man interessante Spaziergänge und Wanderungen verschiedener Länge unternehmen.

Im Schulman Grove sind zwei beschilderte Rundgänge angelegt. Der kürzere „Discovery Trail“ und der etwa sechs Kilometer lange „Methuselah Trail Loop“. Wir hatten uns Letzteren auserwählt, um mal wieder unserer Wanderlust zu frönen. :abklatsch:

Nach kurzem Schwatz mit dem Ranger und Besichtigung des Visitor Centers mit wirklich interessanten Infotafeln brachen wir zu unserem kleinen Hike auf. Auf Anraten des freundlichen Rangers begingen wir den Loop entgegen der Uhrzeigerrichtung, was sich auch als praktisch vom Sonnenstand herausstellte. So konnte auch am besten unser Staunen im Verlauf der Wanderung stetig weiter gesteigert werden.

Der Loop bestand aus einem richtigen Pfad und das machte die kleine Wanderung zu einer schönen Genusstour und machbar für jedermann. Festes Schuhwerk sollte man aber für die Trittsicherheit trotzdem anziehen, da es vor allem auf dem letzten Drittel recht steinig wird und der Pfad auch einige Steigungen und Gefälle aufzuweisen hat.

Ein paar Impressionen aus unserer Fotokiste sollen euch nun zeigen, was den Besucher erwartet.

Anmerkung: Die Bilder wurden mit einer Quicksnap-Pappschachtelkamera aufgenommen, da unsere normale Kamera im Yosemite in die ewigen Jagdgründe eingegangen war. Die Bild-Resultate unserer letzten Urlaubstage am Mono-Lake, in der Ghosttown Bodie und bei den Bristlecone Pines mit diesem Notbehelf waren dann doch erstaunlich gut.
Bei perfektem kalifornischen Fotowetter (… it never rains in california … :gitarre:) kann man wohl nicht mal mit einer absoluten Billig-Knipse was falsch machen!




Man braucht den Weg nicht verlassen, denn auch direkt am Wegesrand sind immer wieder stattliche Exemplare der Bristlecone Pines zu sehen. :D :P



Die Bewohner dieses Baum-Altersheims sehen schon ziemlich bizarr, ja mystisch aus.





Selbst die reichlich vorhandenen Exemplare folgender Art beherbergten meist noch einen lebenden Kern und hatten an irgendeiner Stelle noch ein Minizweiglein mit grünen Nadeln vorzuweisen.

Wie in einem Holzskulpturenpark …





Interessant war es, auch mal an dem Holz zu klopfen. Es fühlte und hörte sich an wie Stein. Durch das langsame Wachstum war ein superdichtes Holz mit extrem engen Jahresringen entstanden.

Hier in diesem Hang konnte man gut erkennen, dass die Bristlecones hier die Alleinherrscher sind. Nicht eine einzige fremde Pflanzenart war zu finden.



In den Hügeln im Hintergrund des nächsten Bildes kann man erkennen, dass dort schon wieder anderer Bewuchs möglich ist. Dort ist also der kleine Hain schon wieder zu Ende.



Auf der Rundtour gelangt man mehrfach an die Grenzen dieses Baumbestandes. Und sobald der Boden einen Bewuchs durch andere Pflanzenarten zuließ, war es schlagartig mit den Bristlecone Kiefern vorbei – ein Zeichen für die extreme Empfindlichkeit dieses Bestandes auf Konkurrenz.

Pflege und Hege, so erfuhren wir, sind hier kontraproduktiv. Bäume, denen es durch irgendwelche Umstände zu gut geht, werden nicht so alt. Bei zu schnellem Wachstum bleibt das Holz zu weich und empfindlich; die Überlebensmechanismen verkümmern.

Es war eine sehr interessante Tour und es hat großen Spaß gemacht, durch diesen so seltsam anmutenden Märchenwald zu wandern. Wir sind auf unserer Runde auch nur zwei Wanderern begegnet. Noch ein Picknick auf der Terrasse des Visitor Centers und wir mussten uns schweren Herzens auch von dieser Stelle trennen. :roll:



Leider war für uns nach dieser schönen Wanderung wirklich Schluss, denn wir mussten leider vorzeitig die Heimreise antreten. Darum konnten wir auch dem Patriarch Grove und anderen in der Gegend befindlichen Trails keinen Besuch mehr abstatten, was wir aber bei nächster Gelegenheit unbedingt nachholen werden. Dort sollen sich wohl neben dem „Patriarch“ die bizarrsten und größten Exemplare dieser Baumspezies befinden.

Vielleicht war ja schon jemand dort und kann berichten!?

Noch ein paar Infos zum Schluss: Wenige Kilometer vor dem Visitor Center gibt es als Camping-Möglichkeit den Grandview-Campground (3 Dollar voluntary fee) mit 26 Primitiv-Plätzen zwischen Kiefern und Wacholder. Dieser ist ebenfalls sehr hoch gelegen (8.600 Feet), hat kein Wasser und keinen Strom, aber einige Trocken-WC. Auch Handy-Empfang ist hier weit und breit nicht zu haben (wir brauchten nämlich unbedingt welchen für die Flugumbuchung und mussten dafür am Abend noch mal ganz runter ins Tal fahren). Dafür hat man dann nicht wirklich mit Nachbarschaftsproblemen zu kämpfen und die Stelle ist unter Hobby-Astronomen als „dark sky campground“ mit einem fantastischen Sternenhimmel beliebt. Man hat auch bei Tageslicht eine schöne Aussicht auf Owens Valley und Sierra Nevada, wenn man sich ein paar Meter abseits an den Plateaurand begibt.

Last but not least: Es ist strengstens verboten Zapfen oder sonstige Teile dieser  einmaligen Kreaturen zu sammeln oder mitzunehmen … verständlich, oder?!
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digithali

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Konkurrenz für die Oldies kündigt sich an - und was für welche :shock:

Schwedischer Methusalem
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Canyoncrawler

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Hallo Kathi und Thali,

danke für den Bericht.
Diesen Trail hatten wir auch ins Auge gefasst aber dann ausfallen lassen wegen Zeitmangels.
Ich setzte ihn mal wieder auf die Liste für die nächste Kalifornien-Tour.
Das Foto von der Auffahrt mit der kargen Landschaft erinnert mich stark an die Fahrt über den Walker Pass im Sequoia National Forest.

Gruss Kate
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On Tour:
2000-09: 7xUSA West & Kanada
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Westernlady

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Kathi und Thali,

ein wunderbarer Bericht, der alte Wunden wieder aufreist. Anfang Mai 2006 war das alles wegen Schnee noch nicht möglich.
Ihr habt tolle Eindrücke und Beschreibungen mitgebracht!
Was für ein Zeit-Budget habt Ihr für Eure Tour dort gebraucht?

mannimanta

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  • USA Reisevirus - nicht heilbar....
Hallo,
Sehr beeindruckend , diese Bristlecone Pines.
Ein schöner Bericht abseits der ausgetretenen Pfade... :daumen:

Gruss,
Manni

digithali

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@westernlady

Waren so ca. 3 Stunden auf dem Looptrail unterwegs, sind da aber aufgrund ausschweifender Bewunderungen nicht der Maßstab :wink: :P
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