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Autor Thema: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa  (Gelesen 19116 mal)

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Tinerfeño

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #75 am: 13.07.2010, 16:16 Uhr »

Mit anderen Worten: Du bist also überhaupt in NY in die Bahn hineingekommen. Hier in MG, an meiner Haltestelle, komme ich GAR NICHT in die Bahn, ja nicht einmal auf den Bahnsteig. Weil dort nur eine 12-stufige Treppe ist - keine Rolltreppe (die ich sowieso nicht benutzen kann) und auch kein Aufzug (so wie er in den USA selbstverständlich ist).


So eine Stadt wie Mönchengladbach hätte in den USA möglicherweise gar keinen vernünftigen ÖPNV... schonmal daran gedacht? Ich weiß, dass da eine enorme Entwicklung momentan besteht... aber so ganz abwegig ist meine Vermutung nicht.
USA: '06, '08, '09, '10, '13, '14, '15, '17, '18 , '19, '20, '21, '22
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Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #76 am: 13.07.2010, 16:18 Uhr »
Naja, indirekt gelobt halt ;) :

Wie ich schon vorher sagte, es lohnt sich nicht, weiter zu diskutieren.  Wer nicht als Gebehinderter mensch die Moeglichkeit hatte, die Situation in den USA und Deutschland ... zu vergleichen, kann diese Unterschiede auch nciht verstehen, ob es nun die nicht abgesenkten Bordsteinkanten ...

Naja, also das ist doch ein wenig sehr dünn. Niemand hat behauptet, in den USA wären die Gehsteige absolut plan und behindertengerecht. Müssen sie auch nicht sein, denn mit geeigneten Hilfsmitteln kann ein Behinderter auch so auf den Gehwegen vorwärtskommen. Konkret fällt mir allerdings auch auf, dass wenigstens die notwendigen Absenkungen in den USA deutlich häufiger sind. Dennoch sind auch dort Gehwege nicht perfekt.

Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #77 am: 13.07.2010, 16:24 Uhr »
So eine Stadt wie Mönchengladbach hätte in den USA möglicherweise gar keinen vernünftigen ÖPNV... schonmal daran gedacht?

Das kann ich nicht beurteilen, spielt aber auch keine Rolle. Denn das betrifft ja dann ALLE.

Das wäre dann ungefähr so (wie ich es mir manchmal wünsche), als gäbe es in irgendeinem großen "Veranstaltungsraum" (Kneipe, Restaurant, vielleicht auch Kino, oder sogar Stadion) überhaupt keine einzige Toilette (anstatt nur keine einzige Behindertentoilette). Da wäre das Geschrei sicherlich groß. Aber wenn es NUR die Behinderten trifft, dann macht es doch nichts, oder?!

Tinerfeño

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #78 am: 13.07.2010, 16:26 Uhr »
Zitat
Das kann ich nicht beurteilen, spielt aber auch keine Rolle. Denn das betrifft ja dann ALLE.

Da hast du vom Prinzip her schon Recht - wenn schon ÖPNV, dann auch richtig - das muss ich auch zugeben.

Ist auf alle Fälle sehr interessant das Thema. Bevor ich mich hierzu nochmals äußere, werde bei meiner nächsten Reise erstmals bewusst auf diese Dinge achten - (wie auch auf so vieles andere, was mich in D aufregt) ;)
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Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #79 am: 13.07.2010, 17:01 Uhr »
Ich erkenne deine Behinderung ist schwerer, dennoch darf ich mir hier äußern.

Ich habe absichtlich von Großstädten gesprochen in dem Wissen, dass diese in Europa barrierefreier sind als auf dem Land, sie Gehsteige sind breiter, sehr oft abgesenkt usw. In Wien, meine Heimatstadt ist zumindest jede zweite Straßenbahn eine Niederflurbahn, die Ubahnstationen haben einen Lift, ich empfinde die Situation angenhmer als in den Städten die ich besucht habe, wo nicht jede Ubahn Station barrierefrei war, und man dies erst am Plan nachsehen musste.

Reisen ist für mich eben deswegen teuerer, weil ich oftmals ein Taxi oder einen Mietwagen benötige, wo einem Nichtbehinderten die Öffis ausreichend gewesen wäre und ich auf teure Hotels im Zentrum angewiesen bin, weil die Anreise von Außerhalb für mich zu anstrengend ist.

Und es ist eine Tatsache, dass für mich die amerikanischen Gehsteige wirklich ein unerwartetes Problem darstellten, während ich die deutschen und österreichischen ohne Rollator meistern kann und selbst ohne Auto fast überall hinkomme. Ich habe extra meine Behinderung beschrieben, damit das Posting nicht als Pauschalurteil verstanden wird. Mein erster Satz war übrigens, dass mir die vielen Behindertenparkplätze aufgefallen sind.

Zu dem Ausweis, wir sprechen tatsächlich von dem selben, in Österreich wird der Behindertenpass vom Bundessozialamt ausgegeben und ist einigermaßen unabhängig von dem Blauen Parkausweis, der nach amtsärtzlicher Untersuchung ausgegeben wird. Laut 29b stvo wird der Parkausweis bei einer dauernden schweren Gehbehinderung ausgestellt. Ich meine, dass die Richtlinie besagt, dass jeder anspruch hat der weniger als 300m am Stück frei gehen kann, damit qualifiziere ich mich auch ohne Gehhilfen dafür.

lg

Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #80 am: 13.07.2010, 17:30 Uhr »
In Wien, meine Heimatstadt ist zumindest jede zweite Straßenbahn eine Niederflurbahn, die Ubahnstationen haben einen Lift, ich empfinde die Situation angenhmer als in den Städten die ich besucht habe, wo nicht jede Ubahn Station barrierefrei war, und man dies erst am Plan nachsehen musste.

Mit anderen Worten: Österreich - oder zumindest Wien - ist weiter in Sachen "öffentlicher Behindertenintegration" als es Deutschland ist. Ich kann ja nur auch nur für (resp. gegen) Deutschland sprechen, weil ich nicht jedes europäische Land gut genug kenne. Die skandinavischen Länder kenne ich teilweise auch recht gut und die sind mir auch sehr positiv in Erinnerung. In Dänemark läuft seit vielen Jahren ein ehrgeiziges Projekt, welches zum Ziel hat, nahezu die gesamte Nordseeküste für Behinderte zugänglich zu machen (mit entsprechenden Zufahrten an den Strand bis zum Wasser usw.). Von so etwas träumt man in Deutschland nicht einmal.

Mein Problem besteht eben darin, dass ich die (wie ich finde) "selbstverständlichen" Dinge (wie beispielsweise der Lift an jeder U- oder S-Bahn-Haltestelle) in Deutschland nicht überall geboten bekomme. Es gibt zwar (aus sozialrechtlicher Sicht gesehen) Unterstützung für Behinderte, aber es fehlt die selbstverständliche Integration in der Öffentlichkeit. Das Pendant zu dem, was ich als angenehm empfinde (was Dir aber eben nicht viel gebracht hat), wenn ich als Gast in den USA bin. Ein entsprechender amerikanischer Gast mit einer solchen Gehbehinderung erfährt hier nicht die gleiche Aufmerksamkeit, wie ich sie in den USA erfahre.

Reisen ist für mich eben deswegen teuerer, weil ich oftmals ein Taxi oder einen Mietwagen benötige, wo einem Nichtbehinderten die Öffis ausreichend gewesen wäre und ich auf teure Hotels im Zentrum angewiesen bin, weil die Anreise von Außerhalb für mich zu anstrengend ist.

Dafür bekommst Du aber auch eine höherwertige Leistung. Und ich beispielsweise kann sowieso fast gar nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln fahren und kann auch nicht alleine Urlaub machen. Ich kann nicht einmal mein Gepäck irgendwo rein- oder rauspacken. Beim Flug bin ich auf erheblich mehr Platzangebot angewiesen (was allerdings weniger an der Behinderung als an einer chronischen Schmerzsymptomatik liegt), weswegen ich meistens Business buche. Das ist natürlich auch ein tolles Erlebnis, aber dennoch zahle ich den gleichen Preis wie die anderen Passagiere auch (oder zahle zumindest nicht deswegen weniger, weil ich behindert bin). Und letzteres macht Reisen ganz besonders teuer. Aber ich bekomme ja auch eine bessere Leistung, deswegen bin ich nicht unbedingt der Meinung, dass ich Anspruch auf einen reduzierten Preis habe (obwohl ich es sicher auch nicht ablehnen würde  :)).

Und es ist eine Tatsache, dass für mich die amerikanischen Gehsteige wirklich ein unerwartetes Problem darstellten

Vielleicht sind es aber nicht "die amerikanischen", sondern die von New York. Ich kenne ja nun auch sehr viele Gehsteige in den Staaten und die meisten sind "normal". Ist mir nichts besonderes aufgefallen. In Las Vegas sind sie superbreit, aber nicht so schlecht wie aus Deiner Beschreibung. Es gibt bestimmt überall schwarze Schafe, deswegen würde ich so einer enorm verallgemeinerten Form nie zustimmen. Ich habe sogar irgendwo (ich weiß nicht mehr, wo es war) in den USA eine eigene(!) "Wheelchair-Lane" gesehen - so etwas habe ich vorher und nachher nirgends mehr gesehen.

Und es ist einfach die ganze Art und Weise, wie (die meisten) Amerikaner sich gegenüber Behinderten verhalten, es ist irgendwie so absolut selbstverständlich, dass man (kleine) Sonderrechte genießt, die "VIP-Lane" am Buffet ist selbstverständlich auch für die Behinderten usw. - das ist etwas, was man schwer formulieren kann, das ist ein Lebensgefühl, es ist in den Köpfen anders verankert als bei uns. Ich würde das hier nicht schreiben, wenn ich es so nicht empfinden würde. Lieber wäre mir, es wäre genau anders herum, denn ich lebe hier und mache nur ab und zu Urlaub in den USA - aber es ist nun einmal so, wie es ist.

Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #81 am: 13.07.2010, 18:05 Uhr »
Nein es geht nicht nur um new york, diese Betonplattenbauweise findet sich wirklich in jeder Stadt die ich besucht habe (>10), das ist Standard, jemand der nicht meine Behinderung hat fällt es warscheinlich nicht auf, da er die Füße besser heben kann und ein besseres Gleichgewicht (oder einen Rollator) hat als ich.
Las Vegas habe ich auch besucht und diese Hochglanzstadt hat sicher schöne Gehsteige, eignet sich aber sicher nicht als Beispiel für eine typische Stadt. In den USA benötige ich übrigens im Gegensatz zu Ö abgeschrägte Bordsteine, weil die Stufe auf die Straße sonst so hoch ist dass ich Sie ohne Hilfe nicht gut bewältigen kann.

 Zum Geld: Ich habe das nie verlangt, sondern geschrieben dass es ein ein willkommener Ausgleich ist. Ich bin auf den meisten Reisen auch auf Begleitung angewiesen, die ohne mich billiger reisen und in der gleichen Zeit wesentlich mehr besichtigen könnte und würde. Da ist es für mich einfach schön manchmal sagen zu können, jetzt habt ihr durch meine Begleitung profitiert.

Genau diese Einstellung die du beschreibst hatte ich nach diesem Thread erwartet bzw erhofft und nicht gefunden, vielleicht bin ich nicht behindert genug und musste deshalb meist fragen, oder die Leute hielten mich für betrunken, auch das passiert mir manchmal, weil mein Gang so ähnlich ist.