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Autor Thema: Sonne, Wind und Regen und 17 Stunden Tageslicht - Schnupperreise Island 2013  (Gelesen 13794 mal)

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Flicka

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Wer hat Lust, mit nach Island zu kommen?

Vorab kann ich schon mal versprechen: Es wird zwar kalt, und ohne Regen werden wir es auch nicht durch die Reise schaffen, aber die Sonne schaut auch ab und zu vorbei. Und wenn sie scheint, dann von morgens um fünf bis abends um zehn.

Wir sind von Ende April bis Anfang Mai unterwegs und werden uns vor allem den Südwesten und die Hauptstadt Reykjavik anschauen, aber ein Stück entlang der Südküste fahren wir auch. Der restliche Teil Islands muss leider darauf warten, irgendwann auf einer Sommertour von uns entdeckt zu werden.

Unser „Basis-Camp“ wird das Park Inn Reykjavik werden, das sich netterweise für 10 Tagen mit den Punkten buchen ließ, die ich mir letzten Sommer bei einer Aktion von Club Carlson durch drei Übernachtungen in Deutschland verdient habe. Aber auch zwei Übernachtungen fernab der Hauptstadt stehen auf dem Plan.

Im Gegensatz zu der letzten Reise nach Australien sind die Strände schwarz statt weiß, und die Wassertemperaturen in freier  Natur werden geringfügig niedriger sein als am Great Barrier Reef, was uns am letzten Tag unserer Reise ein paar Beklemmungsgefühle bescheren wird. Dafür gibt’s Wanderungen über eisigen Untergrund, lustige Vögel und dampfende Grüße aus dem Inneren der Erde.

Neugierig geworden?

Dann tauscht ein paar Euro in Kronen um (oder vielleicht lieber noch ein paar Euro mehr ;-) ), werft die Winterjacke über und hüpft an Bord!

Angie

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Hallo Flicka :D

Wie schön, dein Island-Reisebericht startet :D Ein bisschen kann ich noch mitlesen, ehe ich mich selbst in den Urlaub vertschüsse :hippie:

Deinen RB habe ich in die Rubrik http://forum.usa-reise.de/index.php?topic=36316.msg471107#msg471107 und dort natürlich unter Island eingetragen.


LG, Angie
Viele Grüße,
Angie

Angie's Dreams  Reiseberichte, Trails auf Hawai'i, Infos über Hawai'i, Video, Auswandern nach Gran Canaria u.v.m.

Flicka

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Du bist aber schnell!  :D

Vielen Dank fürs Eintragen!

Und damit du was zu lesen hast, gibts hier auch gleich den ersten Reisetag. Bis gleich!

Angie

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Dann bleibe ich gleich online, wenn du mich schon so mit dem ersten Tag verwöhnst :D
Viele Grüße,
Angie

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Flicka

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Montag, 29.4.13


Eine unruhige Nacht liegt hinter mir. Stundenlang habe ich mich im Reisefieberwahn herumgewälzt. Es ist unglaublich, welche Gedanken man sich nachts um zwei darum machen kann, ob man die Ersatzschnürsenkel eingepackt hat. Nicht, dass ich jemals zuvor im Urlaub Ersatzschnürsenkel dabei gehabt hätte oder in die Verlegenheit gekommen wäre, Ersatzschnürsenkel zu brauchen. Aber in dieser Nacht bin ich fest davon überzeugt, dass diese Reise nur mit Ersatzschnürsenkeln zu einem guten Ende kommen wird. Keine Schnürsenkel, kein Happy End, also wälze ich mich schlaflos im Bett.

Morgens um halb acht sieht die Welt zum Glück wieder anders aus, und ich bin nicht einmal bereit, den Koffer wieder aufzumachen und nach den dämlichen Schürsenkeln zu suchen. Der Koffer ist im übrigen viel schwerer als ich vorher gedacht hatte: Außer mit den Schnürsenkeln, meinem stabilen Fotostativ und dem „normalen“ Kram, den man auf jeder Reise so braucht, steckt er bis zum Rand voll mit Funktionskleidung. Der Wetterbericht für Island hat in den letzten Tagen nur selten Temperaturen über dem Gefrierpunkt gezeigt, und ich habe beschlossen, lieber mal eine Kleidungsschicht mehr einzupacken, statt mich bei Wind und Wetter immer sofort zurück ins Auto flüchten zu müssen. Ob ich für die angekündigten Schneeschauer bei Vík y Myrdal richtig ausgestattet bin, wird sich allerdings vor Ort zeigen müssen. Die gefütterten Schneestiefel haben den Weg in den Koffer dann irgendwie doch nicht geschafft.

Am Bahnhof wartet die Deutsche Bahn dann noch mit einer kurzen Schrecksekunde auf mich: Die Anzeigetafel am Bahnsteig bleibt dunkel, dafür verkündet eine Lautsprecherstimme den Ankommenden am gegenüberliegenden Bahnsteig, dass die Umsteigemöglichkeit nach …. (unverständlich) heute nicht zur Verfügung steht, da der Zug Nr. …... nach …... (unverständlich) heute leider ausfällt. In den nächsten drei Minuten überlege ich schon, dass ich es zur Not noch mit dem Auto nach Frankfurt schaffen müsste, dann fährt mein Zug mit leichter Verspätung aber doch noch ein, und ich klettere erleichtert an Bord.

Um auch einmal etwas positives über die Deutsche Bahn zu berichten: Der Schaffner ist ein richtiger Sonnenschein und baldowert nach vielen launigen Scherzen schließlich mit den beiden Reisenden, die hinter mir sitzen, in aller Ruhe den günstigsten Ticketpreis aus: Länderticket mit Anschlussfahrkarte, Quer-durchs-Land-Ticket oder doch den Normalpreis? Ich höre mit und stelle fest, dass ich vermutlich 3 Euro zu viel bezahlt habe – mal schauen, ob ich den Preis auf der Rückfahrt drücken kann. :-)

Im Flughafen angekommen, fahre ich hinüber ins Terminal 2: Ich fliege per Direktflug mit Icelandair nach Keflavik, und die Schalter sind im Bereich E, fast in der allerletzten Ecke des Flughafens. Vor und hinter mir in der Schlange werden schwere Wanderrucksäcke geschultert, riesige Segeltuchtaschen finden den Weg zum Schalter, dicke Schals und Handschuhe werden hervorgeholt. Wie ein Urlauber hinter mir richtig feststellt: „Man merkt, dass es hier nicht nach Malle geht“.

Als ich ein wenig später im geisterhaft leeren Bereich der E-Gates an Gate 24 sitze, stopft neben mir gerade eine junge Frau ihren Reithelm in ihren Handgepäckrucksack. Und irgendwo geht ein Handy los, dessen Besitzer sich als Klingelton ein fröhliches Wiehern ausgesucht hat. Die Leute um mich herum schmunzeln, während das Handy mehrfach durch den leeren Gang wiehert. Nein, nach Malle fliegen wir hier ganz offensichtlich nicht. :-)

Das Boarding beginnt pünktlich, ich sitze relativ weit hinten in einer Dreiher-Reihe am Fenster und schaue mir bis zum Abflug schon mal das Boardmagazin an. Mit einer Viertelstunde Verspätung starten wir dann auf unseren dreieinhalbstündigen Flug nach Island. Zuerst geht es über Deutschland, dann fliegen wir die deutsche und dänische Nordseeküsten entlang.








Die Shetland-Inseln und die Färöer-Inseln passieren wir leider nördlich, so dass ich sie von meinem Platz aus nicht sehen kann. Stattdessen schaue ich mir „Skyfall“ im Boardprogramm an und trinke die kostenlose Cola, die etwa nach der Hälfte des Fluges serviert wird. Essen ist auf dem Flug nach Island nicht inbegriffen, dafür wird zur Cola zumindest eine Portion Humor gereicht:




Etwa eine halbe Stunde vor der Landung ist dann endlich die Küste von Island erreicht. Die ersten schneebedeckten Berge tauchen in den Wolkenlücken auf.




Während wir die Südküste entlang fliegen, sind unter uns die ersten Landschaften zu erkennen. Schneebedeckte schroffe Berge und Vulkankegel, Schwemmland an den Küsten, ein türkisfarbener Fluss, der ins Meer mündet. Dazu kaum Wolken und kein Schnee an der Küste. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Insgeheim hatte ich ja doch befürchtet, mir meinen Weg durch heftige Schneeverwehrungen bahnen zu müssen. Aber so schlecht sieht das Wetter gar nicht aus!









Am Flughafen geht dann alles ziemlich schnell. Eine Passkontrolle gibt es dank Schengen-Zugehörigkeit nicht, mein Koffer kommt netterweise als einer der ersten aus der Luke, und bei Hertz warten drei Mitarbeiter am  leeren Schalter auf  Kunden. Schnell sind die Daten aufgenommen, der Vertrag unterzeichnet und ich marschiere hinaus auf den Parkplatz, um den angemieteten silberfarbenen Polo zu suchen. Der Polo ist bald gefunden, die ersten Schrammen hinten am Kofferraum leider auch, dabei hatte ich das Auto doch „ohne Vorschäden“ übernommen. Ein netter strohblonder Mitarbeiter markiert die Schäden im Formular und macht mich dann noch auf etwas aufmerksam, was ich für Schmutz gehalten hatte, das sich dann aber als „Sandschaden“ am Scheinwerfer entpuppt. Dort bekommt das Auto zusätzlich noch einen Aufkleber, um zu zeigen, dass der Schaden schon vorhanden war, und dann ist die Anmieteprozedur abgeschlossen und ich rolle langsam vom Parkplatz.

Als ich auf die Landstraße nach Reykjavik abbiege, sehe ich vor mir schon über einer kargen Lavalandschaft schneebedeckte Berge. Der Himmel ist blau, nur ein paar Wolken sind zu sehen, und ich bin plötzlich wie elektrisiert. Am liebsten würde ich den Sonnenschein nutzen und heute noch etwas tolles unternehmen. Aber jetzt heißt es erst mal, das Hotel in Reykjavik zu finden, und auf der Fahrt dorthin verfahren ich mich erst mal. Leider gab es für mein Navi-Handy keine Islandkarte, so dass ich mich in diesem Urlaub auf meine Fähigkeiten im Kartenlesen und -auswendiglernen verlassen muss. Aber nach kurzer Suche finde ich das Hotel dann doch und checke ein. Als ich ins Zimmer komme, staune ich über diesen Blick. Ja, hier lässt es sich die nächsten Tage aushalten.




Nachdem das Gepäck im Zimmer ist, lasse ich mir den Weg zu dem kleinen Supermarkt in der Nähe erklären, in dem sich netterweise auch ein Geldautomat befindet. Ich will 50.000 Kronen abheben, ca. 330 Euro, aber der Automat gibt nur 40.000 her. Auch gut. Blöd ist dann, dass der kleine Einkauf schon mit über 5.000 Kronen, also über 30 Euro, die Finanzen belastet. Dafür habe ich anschließend Lebensmittel mit wohlklingenden Aufschriften wie „Kjúklingur“ (ein Sandwich mit Geflügelfleisch und Salat), „Villiköttur – karamella, kornkúlur + kex“ (einen Schokoriegel mit Reiscrips) und einen Becher Skyr, eine Art isländischen Quark, in der Tüte. Auch zwei Flaschen isländisches Bier sind mir zugelaufen, wenn auch nur in der Light-Variante mit ca. 2 Prozent Alkohol. Hochprozentigeres gibt’s wohl nur in speziellen Läden.

Das Bier wird an diesem Abend gleich mal im Hotelzimmer getestet, aber damit hat sich meine Entdeckerfreude dann auch erschöpft. So langsam merke ich doch, dass ich letzte Nacht kaum geschlafen habe. Was mit einem kurzen Füßehochlegen beginnt, geht dann irgendwann nahtlos in Bettruhe über, und als ich mein Reisetagebuch schreibe, fallen mir schon fast die Augen zu.

Heute nacht soll es kalt werden, minus fünf Grad, und morgen schaffen es die Temperaturen voraussichtlich nur gegen Mittag über die Null-Grad-Marke. Aber es soll sonnig bleiben.

Gute Nacht!

Angie

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Es ist unglaublich, welche Gedanken man sich nachts um zwei darum machen kann, ob man die Ersatzschnürsenkel eingepackt hat. Nicht, dass ich jemals zuvor im Urlaub Ersatzschnürsenkel dabei gehabt hätte oder in die Verlegenheit gekommen wäre, Ersatzschnürsenkel zu brauchen. Aber in dieser Nacht bin ich fest davon überzeugt, dass diese Reise nur mit Ersatzschnürsenkeln zu einem guten Ende kommen wird. Keine Schnürsenkel, kein Happy End, also wälze ich mich schlaflos im Bett.

:lachroll: :lachroll: Das fängt ja schon wieder gut an! :lachroll:

Die Fotos, die du während des Fluges gemacht hast, sind toll! Und der Blick vom Hotel in Reykjavik erst! Wettermäßig fängt es schon mal gut an.
Viele Grüße,
Angie

Angie's Dreams  Reiseberichte, Trails auf Hawai'i, Infos über Hawai'i, Video, Auswandern nach Gran Canaria u.v.m.

Anti

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Flicka, da bin ich natürlich wieder dabei! Und wie ein roter Faden durch deine Reiseberichte gab es heute auch gleich das erste Bier - herrlich!  :D :D :D

LG Andrea

Inspired

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Huhu Flicka,

während ich, garantiert ohne Ersatzschnürsenkel nun mich für die letzte schlaflose Nacht vor dem Urlaub wappne, fühle ich mich ein bisschen wie bei IKEA, zumindest klingen die Namen deiner Einkäufe auch ein bisschen nach Bücherregal, Topflappen oder Drehstuhl von dort.

Ich werde dich begleiten und bin furchtbar gespannt, ob du den Frühling findest oder einen Winterrückfall erleiden musst.

paula2

  • Paula
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Hallo Flicka,

ich bin natürlich auch dabei  :D
und ich hoffe du hast außer den Schnürsenkeln auch das Reisenähset eingepackt  :wink:

in Kevlavik bin ich diesen Herbst auch aber nur für eine Stunde. Mein Freund ist noch nicht so überzeugt von Urlaub in Eis und Schnee, vielleicht kannst du ihn ja überzeugen. Ich bin sehr gespannt! Vor allem in einer heißen Quelle würde ich gerne baden  :rotierend2:

unterwegsontour

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 :smiledance:  Island,......    :smiledance:   Island ....   STOP, wartet  ich komme mit!!!!   :groove:


  :oops:  naja eher nach, da ich ab morgen wieder unterwegs bin ...

ich wünsch euch eine schöne Tour und werde nachlesen/-reisen wenn ich zurück bin   :rotor: 


"The sky above, the earth below and dreams dance in your head."

Kirkesgaard

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oh ja, da lese ich auch gespannt mit. Ich bilde dann etwas später im Jahr die Nachhut ...

Flicka

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Ein herzliches Willkommen an alle Mitfahrer!  :D

Und wie ein roter Faden durch deine Reiseberichte gab es heute auch gleich das erste Bier - herrlich!  :D :D :D


Ich weiß doch, was ich meinem Publikum - und meinem Bierdurst - schuldig bin.  :wink: :prost:


Hallo Flicka,

ich bin natürlich auch dabei  :D
und ich hoffe du hast außer den Schnürsenkeln auch das Reisenähset eingepackt  :wink:


Nein. Dabei hätte ich ja aus Erfahrung klug sein müssen, oder?  :wink:



Ich werde dich begleiten und bin furchtbar gespannt, ob du den Frühling findest...

Zumindest an einem Tag gibts - für isländische Verhältnisse - Biergartenwetter.  :sun:  Für deutsche Verhältnisse wars da aber auch noch sehr kalt.


Ich weiß noch nicht, ob ich heute abend den ersten Reisetag schaffe, aber spätestens morgen geht es weiter. Ich hoffe, ich kann dann alte Erinnerungen auffrischen, Überzeugungsarbeit für einen Urlaub in Island leisten oder die Vorfreude auf den bevorstehenden Urlaub steigern.  :D

Flicka

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Dienstag, 30.4.13



Heute nacht habe ich geschlafen wie ein Stein. Aufgewacht bin ich aber trotzdem schon um kurz vor sechs und habe gleich mal aus dem Fenster geschaut. Es ist schon wieder hell, und keine Wolke zu sehen. Sehr schön, dann starte ich heute auf den „Golden Circle“. Gullfoss, Geysir, Thingvellir, dazu der ein oder andere kleinere Foss. Das wird ein langer Tag, und ich beginne ihn früh.

Ab sieben Uhr gibt es Frühstück, um kurz nach sieben stehe ich auch schon am Frühstücksbuffet und fülle den Teller nach und nach mit Brötchen, Käse, Salami, Frühstücksspeck und diesen kleinen Kartoffelkuchen, von denen ich nie weiß, wie sie heißen. Dazu noch Müsli, Joghurt und Grapefruitsaft – der Tag kann kommen.

Eingepackt in dünne Socken, dicke Socken, eine komplette Garnitur Skiunterwäsche, Jeans, Skirolli, dicke Fleeceweste und Wind- und Regenjacke marschiere ich schließlich um kurz nach halb acht zum Auto. Es ist minus fünf Grad, aber die Luft ist klar, und als ich Richtung Südosten auf die Ringstraße fahre, scheint mir die Sonne ins Gesicht. Hm, vielleicht hätte ich die Sonnenbrille doch nicht so leichtfertig von der Packliste streichen sollen. ;-)

Die Straße lässt den Großraum Reykjavik schnell hinter sich und führt ab jetzt durch scheinbar menschenleeres Gebiet. Vor mir schneebedeckte Berggipfel, neben der Straße urwüchsige spröde Landschaft, Vulkangestein und ab und zu Dampfwolken zwischen den Hügeln – ich habe das Gefühl, ans Ende der Welt zu fahren. Kurz vor Selfoss nach etwa 50 km Fahrt biege ich dann Richtung Nordosten ab und lege bald einen ersten Fotostopp an einer Weide ein. Die Islandpferde haben sich zum Schutz vor dem Wind in einer kleinen Senke versammelt.




Nach dem Fotostopp weiß ich: Es ist keine gute Idee, bei Minusgraden und schneidendem Wind ohne Handschuhe herumzulaufen. Als ich den Kerid erreiche, einen etwa 7500 Jahre alten Explosionskrater, packe ich auch die Hände warm ein, dann geht es hinauf zum Kraterrand.




Anschließend weiß ich: Es ist keine gute Idee, bei Minusgraden und Wind, der einem fast die Kamera aus der Hand bläst, ohne Mütze rumzulaufen. Unterwegs springe ich zwar nochmal ohne Mütze aus dem Auto:




Beim nächsten Fotostopp am Faxi-Foss packe ich aber auch den Kopf warm ein, denn auch wenn die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlt, sind es immer noch minus drei Grad.




Immerhin sind meine Kleidungsschichten dick genug, um mich warm zu halten, und so kann ich mich am Geysir in aller Ruhe umsehen, auch wenn der Wind hier fast so schlimm wie am Kraterrand weht. Rund um den „Original“-Geysir, den Namensgeber aller Geysire weltweit, der heute aber kaum noch ausbricht, gibt es ein kleines Geothermalgebiet. Der Star ist der Strokkur, das „Butterfass“, der alle paar Minuten ausbricht. Zuerst zeigt sich die typische „Glocke“, dann schießt das Wasser mal mehr mal weniger hoch hin den blauen Himmel.






Aber auch die heißen Quellen sind sehenswert.






Und hier wartet der große Geysir auf bessere Zeiten.




Nach dem Besuch schaue ich noch im Souvenirshop vorbei, wo viele dick eingepackte schniefende Menschen herumlaufen – einer davon bin ich. Ein Blick in einen Spiegel sagt mir, dass ich den Rest des Tages definitiv nicht mehr auf meine Frisur achten muss, denn es ist keine mehr vorhanden. Das macht sich gut, denn auch am Gullfoss, meinem nächsten Ziel, ist es stürmisch.

Der Gullfoss, der goldene Wasserfall, fällt hier über zwei Stufen in eine enge Schlucht. Beinahe wäre er einem Kraftwerksprojekt zum Opfer gefallen, denn die Hvita, der Fluss, der sich hier durch die Lava gräbt, hätte nach Plänen des frühen 20. Jahrhunderts aufgestaut werden sollen, so dass der Gullfoss in dem Stausee verschwunden wäre. Aber die Gegner, allen voran Sigridur Tomasdottir, die Tochter des Landeigentümers, die drohte, sich in den Foss zu werfen, konnten das verhindern.

Eigentlich wollte ich hier ja mein Stativ aufbauen und mal schauen, bei welcher Belichtungszeit der Gullfoss am besten aussieht, aber heute ist einfach nicht das richtig Wetter um in aller Ruhe ein Stativ aufzubauen, Graufilter vor die Linse zu schrauben und Belichtungsreihen zu machen. Also gibt’s die Bilder auf altmodische Weise „aus der Hand“:










Als ich wieder am Parkplatz ankomme, ist es schon zwei Uhr. Unglaublich, wie heute die Zeit vergangen ist. Ich überlege noch kurz, hier etwas zu mittag zu essen, aber dann breche ich doch lieber auf und fahre nach Thingvellir. Durch eine paar kurze Fotostopps unterwegs verlängert sich die Fahrzeit dorthin auf etwa eine Stunde.




Weil auf dem Parkplatz vor dem Informationscenter gerade ein Reisebus hält, und ich schon so verzaubert von der „leeren“ Landschaft Islands bin, dass ich keine Lust auf andere Menschen habe, fahre ich direkt zum nächsten Parkplatz am Thingvellir, esse mein gestern gekauftes Sandwich im Auto und studiere dabei die Reiseführer. Ich hab den Lonely Planet und den Reise Know How dabei und leider haben beide Reiseführer ihre Macken. Als ich jetzt die beiden Karten in den beiden Reiseführern zu Thingvellir nebeneinanderlege, kann ich kaum glauben, dass es sich dabei um den selben Ort handeln soll. Also lasse ich die Reiseführer im Auto und marschiere einfach drauf los.

Der Weg führt von hier aus durch die Almannagja-Spalte, eine breite Spalte, die von schroffen Felswänden umgeben ist. Hier versammelten sich ab 930 jedes Jahr im Sommer die Einwohner Islands – angeblich passten hier alle Männer, daher auch der Name der Spalte – hinein. Während der etwa zweiwöchigen Treffen gab es in Thingvellir offenbar ein buntes Potpourri an Aktivitäten: Urteile wurden gefällt und vollstreckt, Beschlüsse gefasst, die Gesetze wurden verkündet, aber die Isländer trieben auch Handel, trafen alte und neue Bekannte und bahnten Ehen an.

Geologisch ist dieses Gebiet ebenfalls interessant, denn hier – oder zumindest in dieser Region – driften der „amerikanische“ und der „europäische“ Teil  Islands auseinander und haben so ein mehrere Kilometer breites Tal und viele Spalten geschaffen. Jedes Jahr weitet sich das Tal und senkt sich der Boden um einige Milimeter.

Ich passiere zuerst die Öxara - in der Nähe dieser Stelle wurden während der Versammlungen auch ehebrecherische Frauen ertränkt - und folge dem Weg durch die breite Almannagja-Spalte, bis sich ein Panoramablick über das Tal öffnet.








Heute stehen in dem weiten Tal eine kleine Kirche und ein fünfgiebliges Haus, in dem der Premierminister wohnen darf, wenn er Urlaub hat. Die heutige Kirche wurde zwar erst im 19. Jahrhundert erbaut, aber in dieser Stelle soll ab etwa dem Jahr 1000 die erste Kirche Islands gestanden haben.




Manche der vielen Felsspalten sind trocken, andere führen Wasser. In einer davon funkelt es: Ein moderner Schatz, denn hier werfen abergläubische Urlauber Münzen ins Wasser, um sich einen Wunsch zu erfüllen. Der Brauch soll auf einen Dänenkönig zurückgehen.




Als ich schließlich am Auto ankomme, ist es schon fast fünf. Ich fahre noch zum Informations-Center, weil ich wissen will, ob man von hier aus auch zum Öxara-Foss kommt, denn die Zeichung im Lonely Planet dazu ist mehr als kryptisch. Leider macht das Center um fünf zu, und ich stehe vor verschlossener Tür. Schließlich sehe ich auf der Weiterfahrt doch noch ein Schild und mache mich auf den Weg. Wie weit es ist, weiß ich nicht, aber noch zehn Minuten kann ich den Wasserfall schon hören, und bald erreiche ich ihn auch. Es ist kein großer Foss, aber die Tatsache, dass er schon vor mehreren Jahrhunderten künstlich geschaffen wurde, macht ihn dann doch zu etwas besonderem.




Um kurz vor sechs erreiche wieder das Auto und mache noch ein letztes Foto von einem Steinhaufen, der wie ein Gipfelkreuz neben dem Weg steht. Mit dem Blick auf die schneebedeckten Gipfel ringsherum hat man fast das Gefühl, auch hier einen Gipfel erreicht zu haben.




Aber zum Glück habe ich keinen langen Abstieg vor mir, sondern darf hundert Meter weiter in mein bequemes Auto steigen und mache mich auf die Rückfahrt nach Reykjavik. Ich bin inzwischen todmüde, und als ich kurz vor Reykjavik einen großen Bonus-Supermarkt am Rand der Ringstraße erspähe, kann ich mich kaum noch aufraffen, hineinzugehen. Aber es hilft nichts, morgen ist Feiertag, und ich habe keine Ahnung, ob da die Geschäfte geöffnet sind. Also suche ich Wasser, die absolut unverzichtbare Cola light und ein bisschen Bier aus den Regalen zusammen, dazu noch Brot und Käse und ein paar Snacks und fahre ohne weiteren Zwischenstopp nach Reykjavik und zum Hotel. Als ich alles im Zimmer habe, ist es viertel nach sieben. Mir fallen schon beinahe die Augen zu, und als ich mich aus der Skiunterwäsche gekämpft habe, ziehe ich nahtlos den Schlafanzug über. Den Rest des Abends verbringe ich damit, mir Brote zu machen, das schon im Kühlschrank wartende Bier zu trinken und meinen Reisebericht zu schreiben.

Der Blick ins Internet verrät, dass das Wetter morgen ähnlich sein soll wie heute, bevor übermorgen das Regenwetter beginnen wird. Eigentlich wollte ich morgen Reykjavik erkunden, aber das könnte ich auch bei Regenwetter. Also werfe ich meine Pläne für morgen über den Haufen und werde Reykjavik für einen weiteren Tagesausflug verlassen.

Gute Nacht!

S@bine

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Hallo Flicka,

schöne Bilder, die Erinnerungen wecken!

Mir gefällt besonders der Gulfoss mit Schnee ... scheint aber doch noch eher kalt gewesen zu sein bei euch.
Wir waren vor mehreren Jahren auf Island, Snaefellness und sind die Ringstraße gefahren. Es ist toll, nur so wenige Flugstunden von uns entfernt und man ist irgendwie in einer anderen Welt. Nur das Erdbeben, das wir hatten, bräuchte ich nicht noch einmal.

Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Viele Grüße
Sabine

usa2008

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Hallo,
ich bin auch noch schnell hinterher geeilt. Das Foto von Sylt war schon mal Spitze, aber die Aufnahmen
von Island sind traumhaft. Ich glaube Island bei Sonnenschein ist wunderschön, während ich bei Island
im Regen wahrscheinlich nach einigen Tagen in schwere Depressionen verfallen würde.

Gaby