Musste am letzten Oktoberwochenende beruflich nach St. Louis (Kongress) und habe die Gelegenheit genutzt, danach noch ein paar Tage frei zu nehmen, um mir Chicago anzusehen.
Vorweg: St. Louis ist die langweiligste Stadt, die ich in den USA bisher besucht habe. Da hat selbst Duisburg noch mehr zu bieten
Außer dem Gateway Arch, der zugegeben einen Besuch lohnt gibt es dort aber auch gar nichts interessantes. Downtown ist absolut tot. Außer Hotels, Bürogebäuden und ein paar Hotels und Restaurants gibt es dort gar nichts. In der einzigen Shopping Mall in der Innenstadt stehen 3/4 der Läden leer.
Was ich der Stadt bzw. den Cardinals besonders übel nehme ist, dass sie es nicht mal geschafft haben ein Game 5 in der World Series of Baseball zu erreichen, wo ich doch so gerne den ersten Titel der Red Sox nach 86 Jahren live im Stadion mitgefeiert hätte und auch bereit gewesen wäre ein paar mehr Dollars auf dem Schwarzmarkt dafür anzulegen. So habe ich nur noch am ersten Abend ein paar Bierchen mit einigen freuden- (und auch sonst) trunkenen Red Sox-Fans trinken können.
Aber nun zu Chicago:
Ich war von dieser Stadt echt begeistert! Die Skyline mit den diversen Skyscrapern ist absolut beeindruckend und kann sich durchaus mit New York messen, auch wenn es dort nichts gibt, was sich mit meinem Lieblings-Wolkenkratzer, dem Chrysler-Building messen könnte. Sears- und Hanckock Tower sind zwar nicht so schön aber dafür um einiges höher.
Die Aussicht vom Hancock Building ist atemberaubend. Mein Tip: Zum Sonnenuntergang in die Bar im 96. Stock (Signature Room) fahren, mit ein wenig Glück einen Fensterplatz ergattern und das Geld, das man gespart hat, weil man nicht den Eintritt für das Observation Deck berappen musste, in einen (oder mehrere?
) Cocktails investieren.
Wer sich ein wenig für Architektur interessiert, ist in Chicago am richtigen Platz. Dort sind alle Stile vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute vertreten. Von Neo-Gotik über Jugendstil und Art Nouveau über die sognannte Chicago-School, Bauhaus (Mies van der Rohe hat dort an der Universität gelehrt) bis hin zum teilweise wüsten Stilmix der Postmoderne ist alles vertreten. Die beste Art dies alles kennen zu lernen, ist eine Tour der Chicago Architectural Society mitzumachen. Entweder zu Fuß oder besser (man ist ja faul) eine Bootstour über den Chicago River. Beide werden von engagierten Volunteers mit viel Fachwissen geführt. Bei der Bootstour, die ich mitgemacht habe, hatte man das Gefühl, die Dame, die unser Guide war, wäre bei Planung und Bau jedes einzelnen Wolkenkratzers dabei gewesen.
Eine gute Möglichkeit, einen ersten Eindruck vom Financial District zu bekommen, ist auch eine Fahrt mit der "El", der Hochbahn=
Elevated Train, die in einer Schlaufe um das Stadtzentrum fährt, das deshalb auch The Loop genannt wird.
Zum Shoppen gibt es (eine Kreditkarte mit ausreichendem Limit vorausgesetzt) die "Magnificent Mile", den nördlichen Teil der Michigan Avenue. Dort ist alles vertreten, was Rang und Namen hat. In einem Vorort von Chicago (Namen habe ich vergessen) gibt es auch noch eine riesige Mall mit lauter Outlet-Stores. Bin aus Zeitmangel aber nicht dagewesen.
Am Seeufer liegen für Kultur-interessierte das Chicago Institute of Art mit einer tollen Kunstsammlung (Schwerpunkt sind die Impressionisten und die klassische Moderne aber auch mittelalterliche Kunst und die alten Meister wie Tizian, Tintoretto, Rafael, Van Goch, Goya, Canaletto etc., etc. sind vertreten). Dort ist auch das Gemälde "American Gothic" von Grant Wood zu sehen. Kennt wahrscheinlich fast jeder, und sei es auch nur aus der Szene am Anfang der Rocky Horror Picture Show, in der es persifliert wird. (ein Farmerehepaar vor seinem Haus, er mit der Mistgabel in der Hand)
s. hier. Auch die "Night Hawks" von Edward Hopper (
s. hier hängen dort, waren aber leider verliehen (nach Deutschland). Das Art Institute kann sich mit andern großen Sammlungen (Metropolitan Museum in New York, Louvre in Paris, Uffizien in Florenz, etc.) durchaus messen. Außerdem gibt es noch das Field Museum mit Sue, dem größten T-Rex Skelet der Welt, das Shedd Aquarium und das Adler Planetarium (in den letzten beiden bin ich allerdings nicht drin gewesen).
Ich habe mir auch noch ein wenig Musik gegönnt: Ein Konzert des Chicago Symphona Orchestra und einen Abend im B.L.U.E.S (Zitat aus einem Online-Reiseführer: "It’s tiny, a bit dingy, smoky, and crowded - in other words, the perfect place to see live blues.") und im Kingston Mines (Zitat aus der selben Quelle: "This spot's mantra (Hear the music, drink booze, and talk loud) is strictly enforced. If you enjoy loud, riotous entertainment, this is the joint."). Den Zitaten habe ich nichts hinzuzufügen
, einfach klasse!
Weitere Higlights waren für mich der Millenium Park, direkt in der Innenstadt mit "Cloud Gate", einer 110 Tonnen schweren "Bohne" aus poliertem Edelstahl und einer hypermodernen Konzertbühne (open air), die von Frank Gehry erbaut wurde (hat z.B. auch die Disney Concert in L.A. und das Guggenheim Bilbao geplant). Bei schönem Wetter kann man dort wunderbar sitzen und Chicagoans (oder wie immer die heißen) und Touris beim flanieren beobachten.
Was habe ich mir sonst noch angesehen? Den Lincoln Park mit dem Zoo(Eintritt frei!), die "Gold Coast", den nörflichen Teil des Seeufers mit Sandstränden (!) und jede Menge "sozialem Wohnungsbau" (bis zu 30stöckigen (oder mehr?) Wohngebäuden mit Appartementpreisen die gerne mal einige Milliönchen erreichen), Greek Town (dort war ich eigentlich nur, weil es dort einen hervorragend sortierten Fotoladen gibt, aber die Ansammlung griechischer Restaurants und Läden mitten in Chicago ist auch ganz nett), und am Navy Pier. Der kann sich zwar nicht mit Fisherman's Wharf in S.F. messen, aber dafür hat man von dort eine tolle Sicht auf die Skyline. Außerdem starten von dort die sogenannten Skyline Cruises über den Lake Michigan, ca. 1/2 stündige Bootstouren auf den See mit einer noch atemberaubenden Aussicht auf die Stadt.
Den besonderen Charme der Stadt macht für mich sowieso die Lage am Lake Michigan und Chicago River aus. Vor allem, weil fast das gesamten See- und (mit Abstrichen) Flussufer im Bereich der Innenstadt nicht mit Industrieanlagen und Hafenanlagen verschandelt ist sondern aus diversen Parks, Yachthäfen und Stränden besteht. Das gibt der Stadt für mich einen fast mediterranen Charakter. Dazu hat sicher auch beigetragen, dass ich echt Glück mit dem Wetter hatte. Bis auf die ersten 2 Tage mit grauem Himmel und Nieselregen gab es in Chicago nur Sonnenschein, blauen Himmel und Temperaturen bis 20°C. Und das wo ich vorher eher mit Schnee und Eis gerechnet habe.
Lecker essen kann man in Chicago (und sogar St. Louis) natürlich auch. Habe in den 11 Tagen, die ich mich dort rumgetrieben habe sicher einige Kilo Rindfleisch in Form von Strip-, T-Bone- und Porterhouse Steaks verdrückt und alle waren göttlich
.
Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, hätte ichmir auch noch gerne einige Wohnbezirke näher angesehen. Z.B. Pullman City, eine alte Werkssiedlung der bekannten Waggonbau-Firma soll recht interessant und gut erhalten sein (dort wurde Road to Perdition gedreht). Die Umgebung der Stadt, sprich die großen Seen stehen auch noch auf meiner To-do-Liste. Wie so vieles andere wink: .
Fazit:
Chicago gehört für mich mit New York und San Francisco zu den schösten Städten der USA!
St. Louis? Wenn man nicht gezwungen ist, dort hinzufahren, vergiss es! :
p.s.: Ist irgendwie viel länger geworden als geplant und fast mehr ein Reiseführer als ein Reisebericht aber vielleicht interessiert es ja jemanden.