usa-reise.de Forum

Nordamerika => Reiseberichte USA & Kanada => Thema gestartet von: torric am 09.11.2005, 10:32 Uhr

Titel: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 10:32 Uhr
Mein Reisebericht ist zwar schon etwas älter, nämlich aus dem Jahr 2000, aber vielleicht interessiert sich ja jemand für eine ganz andere Art die USA zu bereisen, nämlich auf Schienen. Meine Rundreise dauerte fast fünf Wochen und führte mich auf mehr als 23.500 Kilometern durch 38 Bundesstaaten der USA und in eine kanadische Kleinstadt.
Aufgrund der Fülle der Eindrücke und Erlebnisse kürze ich den Bericht etwas ab und stelle ihn abschnittsweise hier vor. Wenn ihr genug habt, lasst es mich einfach wissen. Also „All Aboard“!

P.S. Vielen Dank an Scooby für die Motivationshilfe!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 10:34 Uhr
04. – 06. September 2000

Nach einem kurzen Inlandsflug mit Lufthansa von Dresden nach München und dem genauso gewöhnlich wie langweiligen Transatlantikflug mit Delta nach New York bereite ich mich bei einem ersten USA-Trip natürlich akribisch auf die Einreise vor, die dann, fast enttäuschend, nur ein paar Minuten in Anspruch nahm. Als Student mit begrenztem Budget lies ich die Taxis und Shuttles natürlich links liegen, um den gut ausgeschilderten und vor allem kostenlosen Bus zur U-Bahn zu nehmen und alle Langzeitparkplätze rund um den JFK kennenzulernen. Nach einer knappen Stunde Durchrütteln und einer kurzen Einweisung in den Metrocard-Automaten saß ich endlich in der Subway, die mich mit nur einem Umstieg zu meinem Billighotel im nördlichen Manhattan, fast in Harlem brachte. Die Größe des Einzelzimmers war genauso bescheiden wie der Ausblick auf die zwei Meter entfernte Häuserwand gegenüber, aber ich wollte ja nur in Ruhe schlafen.

(http://www.us-rail.de/Images/rb02.jpg)

Vom Jetlag zu unchristlicher Zeit geweckt, fuhr ich am nächsten Morgen mit allen Pendlern Richtung Südmanhattan, um die kostenlose Fähre nach Staten Island zu suchen. Die Fahrt war fantastisch, zumal ich auf der Hinfahrt wohl der einzige Passagier auf dem riesigen Schiff war und der Blick auf die Freiheitsstatue und die Skyline Südmanhattans ein perfekter Einstieg in meinen USA-Trip darstellte. Der nächste Teil meiner Stadterkundung müsste heute leider ausfallen, da der Besuch der New Yorker Börse nicht mehr gestattet und das World Trade Center bzw. sein Nachfolger wohl erst in ein paar Jahren wieder zu besichtigen ist. Der Blick vom Aussichtsdeck war grandios, zumal das Wetter sich von seiner schönsten Seite zeigte.
Um das auszunutzen führte mich mein Weg anschließend über die Brooklyn Bridge, die ich noch schöner als die berühmtere Golden Gate Bridge in Erinnerung habe. Zurück in Manhattan verkostete ich in Chinatown einige exotische Kleinigkeiten, um mich für den Nachmittag in SoHo und den Spaziergang durch Greenwich Village zu rüsten. Obwohl diese Stadtviertel aus Filmen und Serien so bekannt sind, passte die Ruhe so gar nicht in das Gesamtbild von New York, sorgte aber für einen entspannten Ausklang des Tages.

(http://www.us-rail.de/Images/rb03.jpg)

Für den zweiten Tag im Big Apple hatte ich mir vor allem den Central Park, dessen Ausmaße vor allem in Nord-Süd-Richtung gigantisch sind, sowie die Fifth Avenue und Umgebung vorgenommen. Am Rockefeller Center fand gerade eine riesige Hochzeit statt. Bis heute konnte ich nicht herausfinden, wer sich da so pompös getraut hat. Natürlich musste ich auch einen Blick in die Grand Central Station werfen, die noch stark an die Pionierzeiten erinnert, von der aber leider schon lange keine Fernzüge mehr fahren. Bis zum UN-Gebäude schaffte ich es schon gar nicht mehr. Offenbar werden bei Vollversammlungen alle Straßen um das Gebäude weiträumig abgesperrt, wie ein Officer mir als ahnungslosem Tourist mitteilte.
Auf dem Rückweg sah ich schon von weitem die lange Menschenschlange, die vor mir das Empire State Building erklimmen wollte, so dass ich das wie auch die Museen auf den nächsten Besuch verschob. Natürlich musste ich aber noch zum Times Square, den wohl berühmtesten Platz der Stadt, wenn man die großzügige Kreuzung des Broadways mit dem rasterförmigen Straßennetz überhaupt so nennen kann. Zum Abschluss des Tages ließ ich mich einfach noch ein bisschen von den Menschenmassen durch die Straßen treiben, holte meine Zugfahrkarten, die ich bereits in Deutschland reserviert hatte, vom Amtrak-Schalter und schaute mir den trostlosen Bahnhof Penn. Station unter dem Madison Square Garden an.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Easy Going am 09.11.2005, 10:37 Uhr
Hallo Torric,

eine Tour auf Schienen hatten wir hier wirklich noch nicht - prima das Du dazu (von unserem Eisenbahn Guru  :wink: ) überredet wurdest.

Viel Spaß beim Schreiben - wir sind gespannt wie es weitergeht  :!:  :D
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 09.11.2005, 10:48 Uhr
Hallo Torsten,

zu meiner Freude sehe ich gerade, dass du uns nun doch an deiner sicher grandiosen Zugreise teilnehmen lassen willst.

Brooklyn Bridge ist auch einer meiner liebsten Orte in New York, aber ob die nun schöner/besser ist als die Golden Gate Bridge bleibt wohl Geschmackssache.

War die Staten Island Fähre eigentlich auch so leer bei der Fahrt zurück NACH Manhattan?
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 10:54 Uhr
Hallo Markus,

es braucht eben alle seine Zeit. Natürlich war die Fähre auf dem Rückweg nach Manhattan gut, wenn nicht sogar sehr gut gefüllt. Aber auf dem Hinweg totale Leere an Bord.
Das mit der Golden Gate Bridge könnte übrigens auch am Nebel liegen, der alle meine Aufenthalte dort mit seiner Anwesenheit beglückte. Geschmackssache bleibt es natürlich trotzdem.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: EasyAmerica am 09.11.2005, 11:04 Uhr
Hallo Torric,
auch ich stehe auf der Benachrichtigungsliste und bin sehr gespannt.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: americanhero am 09.11.2005, 11:50 Uhr
Hi Torric,

schließe mich der Reise gleich mit an und bin schon mal gespannt, wie es weitergeht. Freue mich, mal auf diese Art und Weise zu fahren und werde mich mal entspannt zurücklehnen und warten, bis wir abfahren. :lol:


Greetz,

Yvonne
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Anonymous am 09.11.2005, 11:54 Uhr
Schön, das wird sicher nett. Komme auch mit ins Abteil :D
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: OWL am 09.11.2005, 11:55 Uhr
Der Gast bin ich
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: IkeaRegal am 09.11.2005, 12:27 Uhr
Ich häng mich mal ran, hört sich sehr interessant an.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Matze am 09.11.2005, 12:32 Uhr
(http://www.spur-1-boerse.de/images/eisenbahnsignal.jpg)

Freie Fahrt geschaltet - ich will ja schließlich mit!!!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Schneewie am 09.11.2005, 12:48 Uhr
Ich hoffe, daß Personenabteil ist groß genug :wink:
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Micky McBenz am 09.11.2005, 12:51 Uhr
Hallo Torric!

Toll, Du als junger Mensch hast eine Eisenbahnreise gemacht  :daumen:  ! Im TV habe ich manchmal Berichte über solche Reisen gesehen, da waren die Reisenden jedoch meist schon Rentner. Bin sehr gespannt und fahre mit!

Auch Deine Homepage zu diesem Thema ist sehr informativ. Auf den ersten Blick sehen die Strecken California Zephyr und Empire Builder sehr interessant aus!

Ich lasse mich mal überraschen, wo Du überall so herumgekommen bist.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Easy Going am 09.11.2005, 12:56 Uhr
Zitat von: Schneewie
Ich hoffe, daß Personenabteil ist groß genug :wink:

Nach dem Training vom Event habe ich mich gleich mal in den Speisewagen gesetzt  :wink:
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 12:58 Uhr
Ja erst einmal vielen Dank für die Vorschusslorbeeren. Die Züge in den USA sind in der Regel nicht allzu voll, so dass ihr alle noch bequem Platz findet. Deswegen verlege ich das ganze einfach ins Großraumabteil. Damit ihr seht, dass es auch wirklich um Züge geht, hänge ich mal den zweiten Teil gleich ran. Also Türen schließen und Vorsicht bei der Abfahrt!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 09.11.2005, 12:59 Uhr
@Micky
California Zephyr ist auf jeden Fall etwas besonderes, weil er 53 Stunden unterwegs ist und dabei mehrere spektakuläre Pässe, unter anderem den berühmten Donner Pass überquert.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 13:01 Uhr
07. – 09. September 2000

Weiter geht es mit der eigentlichen Rundreise. Diese begann am frühen Morgen kurz nach 7 Uhr mit dem Maple Leaf, der New York mit Toronto verbindet und einen für mich wichtigen Zwischenstopp an den Niagarafällen einlegt. Der Zug war außergewöhnlich leer, so dass es kein großes Problem war, einen schönen Fensterplatz auf der linken Seite zu ergattern. Links deshalb, weil der Maple Leaf bis Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York entlang des Hudson River fährt und man fast auf der ganzen Strecke den regen Schiffsbetrieb auf dem Fluss und die großen Highwaybrücken darüber sehen kann. Nach nur wenigen Minuten erlebte ich aber erst einmal eine faustdicke Überraschung. Mit mir im Abteil saß eine afroamerikanische Familie mit ihren Kindern, die mich kurzerhand zu einem ausgiebigen Frühstück einlud und die Fahrzeit doch sehr verkürzte.
Am Nachmittag erreichte der Zug Buffalo und der Schaffner erklärte mir, dass mein Rail Pass nur bis zum us-amerikanischen Bahnhof der Niagarafälle gültig sei, obwohl der kanadische Bahnhof viel zentraler liegt. Zum Glück fanden sich auf dem Bahnsteig, der von erfahrenen Taxifahrern nur so wimmelte, schnell kleine Gruppen, so dass sich der Fahrpreis bis zur Rainbow Bridge im Rahmen hielt. Mein Weg führte mich nach der unkomplizierten Grenzkontrolle gleich zu den Fällen, um das Naturwunder, was ich schon so oft auf Bildern gesehen hatte, endlich live erleben zu können. Für die Bootstouren war es schon zu spät, aber selbst aus sicherer Entfernung spürte man die Kraft des Wassers. Als Unterkunft hatte ich mir im Internet ein kleines No-Name-Motel ein paar Meter von den Fällen entfernt gesucht. Mein erstes Motel überhaupt war sicher keine Luxusherberge, aber verglichen mit dem New Yorker Hotel schon fast ein Traum, vor allem mit eigenem Bad.

(http://www.us-rail.de/Images/rb04.jpg)

Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen, was ich vor allem dem günstigen Umrechnungskurs des kanadischen Dollars verdankte, war ich einer der ersten auf dem Maid of the Mist-Boot. Konnte ich gestern die Wasserkräfte nur erahnen, war die Bootstour heute eines der eindrucksvollsten Erlebnisse meines Urlaubs, das man auf keinen Fall verpassen sollte, wenn man schon mal an den Fällen ist. Nachdem ich mein Gepäck aus dem Motel geholt und mir mit zwei Quartern die Wiedereinreise in die USA erkauft hatte, machte ich mich auf den Weg zu den Stadtbussen nach Buffalo, die auch den Bahnhof von Niagara Falls anbinden.
Der Maple Leaf in die Rückrichtung nach New York wurde an der Grenze etwas aufgehalten und kam ein paar Minuten zu spät an. Ziemlich schnell wurde auch klar, dass der Zug dieses Mal wesentlich voller werden würde, den es war Freitagabend und es stiegen mehr und mehr College-Studenten ein, so dass auch dieses Fahrt nicht so langwierig wurde, wie ich zunächst dachte. In New York war der Zug dann leider wieder pünktlich, etwas Verspätung hätte ich mir gewünscht, da mein Anschlusszug nach Boston erst gegen 1 Uhr in der Nacht fahren würde. So verbrachte ich die restlichen Stunden im abgesperrten Warteraum der Penn. Station, was zumindest aus Sicherheitsaspekten ganz gut so war.

(http://www.us-rail.de/Images/rb05.jpg)

Der Nachtzug nach Boston war wiederum nur mäßig gefüllt und pünktlich, so dass ich keine Schwierigkeiten hatte, zwei Plätze für mich zu beanspruchen und halbwegs bequem einzuschlafen. Das Platzangebot war sehr großzügig, aber absolut kein Vergleich zu den Superlinern im Westen. Aber darauf komme ich noch. Viel Schlaf blieb auf der kurzen Strecke nach Boston nicht, weshalb ich mich gleich nach Ankunft am Bahnhof mit Kaffee eindeckte, bevor ich mein Gepäck loswurde und die Stadt erkunden konnte.
Die Orientierung in Boston fiel mir trotz des fehlenden Straßenrasters nicht allzu schwer, da ja der Freedom Trail alle wichtigen Sehenswürdigkeiten berührt. Und so spazierte ich entlang der vielen interessanten Gebäude aus der Kolonialzeit bis ich zu einer riesigen Baustelle kam, die mir den Genuss sehr versäuerte. Heute weiß ich, dass man gerade begonnen hatte, die mitten durch die Stadt führende Interstate unterirdisch zu verlegen. Damals musste ich mitten durch die Baustelle, weil der Freedom Trail eben so ausgeschildert war. Deswegen musste ich meinen Frust auch erst bei einer leckeren Pizza im italienischen Viertel nördlich der Altstadt loswerden, bevor es weiter zum Hafen und der USS Constitution ging. Um meine Füße zu schonen, fuhr ich zurück mit der T, der Bostoner U-Bahn, die mich auch direkt auf den Campus der Harvard University brachte. Dort konnte ich das lustige Treiben beobachten, das einmal im Jahr stattfindet, wenn die Eltern ihre Kinder das erste Mal zum College bringen. Da ich bis zur Abfahrt des Nachtzuges nach Washington noch etwas Zeit hatte, besuchte ich mit dem Aquarium und dem Boston Tea Party Ship zwei eher kitschige, typisch amerikanische Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 09.11.2005, 13:16 Uhr
Wow, echt klasse, mal ein Bericht nach meinem Geschmack.

Ich lese daraus, dass du alleine unterwegs warst und gerne mal Geld für feste Unterkünfte gespart hast und leiber im Zug übernachtet hast?

Von New York nach Boston - welchen Zug hast du da genommen?

In Boston ist der Freedom Trail übrigens noch immer von einer Baustelle unterbrochen, wo ich immer etwas anders als ausgeschildert gelaufen bin, weil es mir irgendwie logischer erschien.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 13:25 Uhr
Der Nachtzug zwischen New York und Boston hieß damals noch Twilight Shoreliner und verkehrt eigentlich zwischen Newport News (Virginia), Richmond, Washington, Philadelphia, New York und Boston. Also einmal die komlette Nordostküste über Nacht. Seit letztem Jahr hat der Zug keine eigenen Namen mehr und fährt wie alle Tageszüge (abgesehen vom Hochgeschwindigkeitszug Acela Express) als Northeast Regional. Bei der Gelegenheit wurden auch die Schlafwagen entfernt, die der Zug damals noch hatte.
Das mit den Unterkünften stimmt natürlich. Zum einen spart man die Übernachtungskosten (Mehrbettzimmer kommen für mich absolut nicht in Frage und alles andere ist schon ziemlich teuer, wenn man allein unterwegs ist), zum anderen spart man natürlich auch Zeit, was sich in knapp fünf Wochen ordentlich lohnt und für ein paar mehr Reiseziele gereicht hat.
Entgegen meinen Befürchtungen konnte ich in den amerikanischen Zügen auch auf den Sitzplätzen sehr gut schlafen. Die Schlafwagenkabinen waren damals für mich unbezahlbar.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Micky McBenz am 09.11.2005, 13:32 Uhr
Toller Bericht! Nach den Unterkünften hat Scooby Doo ja schon gefragt, aber wie sieht es mit dem Gepäck aus?

Zitat von: torric
... bevor ich mein Gepäck loswurde und die Stadt erkunden konnte.


Wieviel Gepäck hast Du denn mitgenommen? Mehr als ein großer Rucksack dürfte doch eher lästig sein, oder? Und wo bist Du Dein Gepäck losgeworden, gibt es überall ausreichend Schließfächer oder wie hast Du das meistens gemacht?
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 13:48 Uhr
Das mit dem Gepäck ist in der Tat eine komplizierte Sache. Ich hatte einen großen Rucksack für die Klamotten und einen kleinen für Wertsachen und Alltägliches mit. Den großen Rucksack konnte man damals noch auf jedem größeren Bahnhof einschließen. Heute ist das aus Sicherheitsgründen so gut wie unmöglich. Aber es gibt einen Trick, den ich damals auch schon angewendet habe, wenn es keine Schließfächer gab oder ich Geld sparen wollt. In den amerikanischen Zügen kann man wie auf dem Flughafen sein Gepäck an den meisten Stationen einchecken und es wird dann im Gepäckwagen transportiert. Am Zielort bewahrt Amtrak das Gepäck kostenlos 48 Stunden auf, danach noch einmal 72 Stunden gegen Gebühr. Wenn ich also am Zielort nur ein paar Stunden mir etwas anschauen wollte, habe ich mein Gepäck einfach eingecheckt und erst nach der Stadtbesichtigung wieder abgeholt. Oder umgekehrt kann man sein Gepäck (ähnlich wie beim Vor-Abend-Checkin) auch schon Stunden vor Abfahrt des Zuges abgeben und dann unbeschwert die Stadt anschauen. Das ganze steht irgendwo im Kleingedruckten bei Amtrak und wurde mir von einem ehemaligen Angestellten erklärt. Und es hat wunderbar funktioniert.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: IkeaRegal am 09.11.2005, 14:24 Uhr
Hört sich wirklich interessant an, aber 5 Wochen ohne ein vernünftiges Bett? Selbst nach einer Nacht im sitzen ist man doch geredert ohne ende, oder?
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 09.11.2005, 14:28 Uhr
Fünf Wochen ohne ein Bett hätte ich nie im Leben durchgehalten, musste ich zum Glück auch nicht!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Kauschthaus am 09.11.2005, 19:52 Uhr
Klasse, nach einer Busreise und einer Suntreck-Tour nun auch eine Eisenbahn-Tour.

Da möchte ich auch mitfahren ...   (http://www.world-of-smilies.com/html/images/smilies/auto/auto17.gif)

Viele Grüße, Petra
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: freddykr am 09.11.2005, 20:12 Uhr
Hi,

ich steig hier auch noch mit zu und setz mich mit rein (in die Nähe des Speisewagens)
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: IkeaRegal am 10.11.2005, 08:09 Uhr
Zitat von: torric
Fünf Wochen ohne ein Bett hätte ich nie im Leben durchgehalten, musste ich zum Glück auch nicht!

Wie hast du es denn gemacht? Wenn ich das richtig verstanden hab, hast du auch desöfteren im Zug übernachtet.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: pierremw am 10.11.2005, 08:26 Uhr
Hi,

fahre als Eisenbahn-Freak (hallo Scooby) auch mit und wenn kein Platz mehr im Abteil ist, bleibe ich wie Easy gleich im Speisewagen!  :D
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 10.11.2005, 11:28 Uhr
Zitat von: IkeaRegal
Zitat von: torric
Fünf Wochen ohne ein Bett hätte ich nie im Leben durchgehalten, musste ich zum Glück auch nicht!

Wie hast du es denn gemacht? Wenn ich das richtig verstanden hab, hast du auch desöfteren im Zug übernachtet.


Natürlich habe ich ab und zu im Zug geschlafen. Teilweise auch ein paar Nächte hintereinander. Aber eben nicht nur. Dazwischen gab es immer auch Hotel- / Motelübernachtungen mit vernünftigen Betten. Im Sitzen musste ich aber selbst im Zug nie schlafen, zum Liegen war immer genug Platz, in den Superliner-Zügen sogar Schlafsessel.

Nachdem ich dem Zugbegleiter gesagt habe, er soll sich auch um die vielen Leute im Speisewagen kümmern, kann es ja jetzt weitergehen.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 10.11.2005, 11:32 Uhr
10. – 12. September 2000

Auch auf der Rückfahrt im Nachtzug konnte ich mich wieder problemlos auf zwei Sitzplätzen breit machen und hatte eine recht angenehme Nacht, die pünktlich 7 Uhr morgens in der Union Station von Washington endete. Der riesige Bahnhof, neben Los Angeles das Glanzstück im amerikanischen Bahnwesen, war zum frühen Sonntagmorgen fast wie ausgestorben. Meinen Plan, mit der U-Bahn zum Hotel zu fahren, musste ich auch schnell begraben, denn der Betrieb beginnt sonntags erst um acht. Zum Glück gab es auch einen Bus in die Richtung. Noch größeres Glück hatte ich im Hotel, dem besten auf der gesamten Reise, denn ich konnte gleich ein Zimmer beziehen.
Nach einer ausgiebigen Dusche machte ich mich auf den Weg, die Hauptstadt des Landes zu erkunden. Erwartungsgemäß war das Weiße Haus tabu, damals aber nur, weil sich Präsident Clinton kurz vor Ende seiner Amtszeit keinen Besuch an Sonntagen mehr gönnen wollte. Also ging ich weiter entlang der riesigen Mall, die wohl am eindrucksvollsten zeigt, wie eine ganze Stadt am Reißbrett entstanden ist, bis zum Lincoln Memorial mit dem schönen Blick über den Potomac River. Auf dem Rückweg füllten sich die Wiesen der Mall immer mehr mit Freizeitsportlern und Spaziergängern, die wie ich diesen wunderschönen Herbstsonntag genossen. Das spiegelte sich allerdings auch an der Schlange vor dem Washington Monument wieder. Vorbei an den vielen Museen, die ich mir wohlweislich für den nächsten Tag aufgehoben hatte, kam ich dann zum zweiten Machtzentrum, dem Kapitol, das aber ebenfalls sonntags keine Gäste empfängt. Dahinter passen sich noch der Supreme Court und die Nationalbibliothek dem typischen klassizistischen und neoklassizistischen Stil der Stadt an.

(http://www.us-rail.de/Images/rb06.jpg)

Dass der nächste Tag nur ein Jahr später zum Schicksalstag in der amerikanischen Geschichte werden würde, konnte ich natürlich noch nicht ahnen, als ich mich durch die vielen Museen Washingtons quälte, um wenigstens einen Eindruck von den vielen Schätzen zu bekommen, die dort lagern. Begonnen hatte ich mit dem National Holocaust Memorial Museum, das auf sehr neutrale, aber gleichzeitig auch eindrucksvolle und bedrückende Weise den Aufstieg Hitlers bis zur Endlösung der europäischen Judenfrage schildert. Nur ein paar Meter entfernt weist das National Museum of American History vor allem patriotische Züge auf, die in vielen Ausstellungsstücken, allen voran „The Star Spangled Banner“, zum Ausdruck kommt. Etwas kürzer fielen danach die Besuche der National Gallery of Art und des Air & Space Museum aus, in denen ich mir aus Zeitmangel vor allem die Filetstücke herauspickte.
Am Nachmittag musste ich mich auch schon wieder auf den Weg zu Bahnhof machen, um den Capitol Limited nach Chicago nicht zu verpassen. Hier erlebte ich auch zum ersten Mal, dass die Passagiere des Zuges vor der Abfahrt wie am Flughafen an einem Gate versammelt wurden und der Schaffner gleich die Fahrkarten einsammelte und Platzkarten austeilte. Mein Fensterplatzwunsch wurde zwar erfüllt, ich hatte aber keinen freien Nachbarplatz, denn der Zug war auffallend gut gebucht. Das machte aber gar nicht so viel aus wie ich dachte, denn diese Strecke wird mit den Superliner-Zügen befahren, dem wohl bequemsten Wagenmaterial, das Amtrak zu bieten hat. Das Platzangebot ist gigantisch und sogar weiträumiger als in so mancher Business Class im Flieger. Außerdem kann man mittels verstellbarer Sitzlehne sowie Bein- und Fußstützen einen bequemen Schlafsessel basteln, so dass ich nachts an meinem Sitznachbarn vorbei kam, ohne ihn zu wecken. Nur eine Decke darf man wegen der ständig laufenden Klimaanlage nicht vergessen, aber die brachte mir dann der nette Schaffner.

(http://www.us-rail.de/Images/rb07.jpg)

Wiederum erstaunlich pünktlich erreichte der Zug am nächsten Morgen den angeblich weltgrößten Bahnhof von Chicago, der aber eigentlich aus einer Ansammlung von mehreren Bahnhöfen besteht, die vor allem den Vorortzügen dienen. Vorteilhaft ist, dass alle Fernzüge aus dem Osten des Landes, wenn sie denn pünktlich sind, vormittags eintreffen und die Züge in den Westen erst am Nachmittag weiterfahren. So hat man, wie in meinem Fall, immerhin sechs Stunden Zeit für eine kurze Stadtbesichtigung. Gleich neben dem Bahnhof bot sich natürlich der Sears Tower an, um sich einen Eindruck von den Ausmaßen der Stadt zu verschaffen, was aber nicht gelang, da die Stadt nahtlos in den Horizont übergeht. Lediglich der blau glänzende Lake Michigan bietet einen schönen Kontrast dazu. Gerade im Bahnhofsbereich wirkt die Stadt wie eine abstrakte Venedig-Kopie mit dem Chicago River, den die Stadtplaner in das rasterförmige Straßennetz einfach integriert haben. Einen guten Überblick der Innenstadt gibt es auch von den berühmten Hochbahnen, die kreisförmig einmal um die komplette City fahren. Mein eigentliches Ziel war aber der Lake Michigan, an dem ich mit ein schönes Picknick gönnte. Auf dem Rückweg zum Bahnhof musste ich natürlich noch den berühmten Brunnen aus der Fernsehserie „Eine schrecklich nette Familie“ finden, der auf den merkwürdigen Namen Buckingham Fountain hört.
Die bereits bekannte Prozedur mit Einchecken am Gate wird langsam zur Gewohnheit. Vorher hatte ich mich für die lange Reise nach San Francisco mit dem legendären California Zephyr aber noch mit ein paar Litern Wasser und ausreichend Nahrungsmitteln eingedeckt, schließlich sollte ich die nächsten 50 Stunden in demselben Zug verbringen. Auch hier werden die bequemen Superliner-Züge eingesetzt und ohne Sitznachbarn hatte ich mehr Platz als mein Auto jemals hergeben wird. Entspannt genoss ich die ewig lange Fahrt durch die Vororte Chicagos bis es ins eher ländlich geprägte Iowa ging und der Zug minutenlang von Feldern eingequetscht wurde, ohne dass man auch nur einen Menschen sah, bis die Dämmerung hereinbrach und im Zug die Lichter gedimmt wurden.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 11.11.2005, 10:29 Uhr
Hallo Torsten,

weiter so! Macht wirklich Spaß mitzufahren. Den California Zephyr bist du auch in der Coach Class gefahren?
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 11.11.2005, 12:30 Uhr
Zitat von: Scooby Doo
Den California Zephyr bist du auch in der Coach Class gefahren?


Ja, sonst hätte ich mein studentisches Budget um ein Vielfaches überschritten. Ob ich es jetzt auch wieder so machen würde, weiß ich nicht, aber ich habe zumindest in den Superlinern richtig gut geschlafen, bin es aber von früheren Interrail-Touren auch gewöhnt gewesen.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 11.11.2005, 12:33 Uhr
13. – 15. September 2000

Der nächste Morgen begann mit einem längeren Stopp in Denver, wobei der Zug zuvor rückwärts in den Bahnhof rangiert wurde, um vorwärts wieder herauszufahren. Der Grund dafür ist relativ einfach, in fast allen amerikanischen Fernzügen sind die Sitzplätze nur in eine Richtung angeordnet, so dass man immer in Fahrtrichtung sitzt. Hinter Denver beginnt die landschaftlich reizvollste Strecke des California Zephyr. In langen Serpentinen erklimmt der Zug zunächst die Rocky Mountains, um dann kilometerlang dem Tal des Colorado zu folgen. Die berühmten Nationalparks des Südwestens umkurvt die Strecke zwar, einen ersten Eindruck bekommt man aber dennoch.
Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich im Panoramawagen, der mit seinen bis ins Dach gezogenen Fenstern die ideale Voraussetzung zum Genießen der Zugfahrt bietet. Auch das Eindecken mit Lebensmitteln hätte ich mir schenken können, im unteren Teil des doppelstöckigen Wagens gibt es ein kleines Café mit akzeptablem Angebot und vernünftigen Preisen. Mit dem einsetzenden Sonnenuntergang färbten sich die hohen Wände im Canyon in den schönsten Rottönen, bevor sich die Dunkelheit durchsetzte und der Zug am späten Abend Salt Lake City erreichte.

(http://www.us-rail.de/Images/rb08.jpg)

Nach einer kurzen Nacht hatte ich mir extra den Wecker gestellt, um den Sonnenaufgang in der Wüste Nevadas zu erleben und wurde nicht enttäuscht, auch wenn ich der einzige war, der sich das Schauspiel vom Panoramawagen aus anschaute bis sich der Schaffner neben mich setzte. Der nächste Stopp des Zuges war in Reno, der kleinen Zockerschwester von Las Vegas, die aber im Gegensatz zur großen Spielerstadt noch über einen Eisenbahnanschluss verfügt, der auch rege genutzt wurde, denn eine ganze Gruppe von Ausflüglern stürmte den Zug auf dem Nachhauseweg nach Sacramento. Der Panoramawagen war daraufhin nicht mehr der ideale Aufenthaltsort für mich, was aber nicht so viel ausmachte, da der Abstieg des Zuges nach Kalifornien nicht ganz so spektakulär ist.
Vorgewarnt von den vielen Verspätungsmeldungen war ich wiederum mehr als erstaunt, dass der Zug nach über 50 Stunden sogar ein paar Minuten zu früh in Emeryville ankam. San Francisco ist seit dem großen Erdbeben 1906 ohne Fernzuganschluss, da die Brücke über die Oakland Bay nur für den Straßenverkehr wieder aufgebaut wurde. Dementsprechend beginnen und enden alle Züge in Oakland oder dem brückennäheren Emeryville, von wo die Reisenden dann mit Bussen nach San Francisco gebracht werden. Unser Busfahrer an diesem Abend war sogar so nett, alle Leute nach ihrer Unterkunft zu fragen und dann die ganze Stadt zu durchkurven, als einfach nur die vier zentralen, im Fahrplan angegebenen Bushaltestellen anzufahren. Das ersparte mir eine Menge Fußweg und brachte dem Fahrer ein paar extra Dollar Trinkgeld. Mein Hotel lag im berüchtigten Tenderloin-Viertel, aber außer ein paar harmlosen Obdachlosen fühlte ich mich ausgesprochen sicher. Nach den drei Nächten im Zug machte ich mir darüber auch keine großen Gedanken mehr.

(http://www.us-rail.de/Images/rb09.jpg)

San Francisco an nur einem Tag zu erleben, ist natürlich nicht gerade die optimalste Lösung, aber ich schaffte es doch, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Nach einem kurzen Rundgang durch den Financial District vor allem für ein ausgiebiges Frühstück führte mein Weg weiter nach Chinatown, das mich wesentlich mehr beeindruckt hat als das Pendant in New York. Außerdem war es die ideale Chance, die Daheimgebliebenen mit billigen Mitbringseln zu versorgen. Weiter ging die Tour steil bergauf zum Telegraph Hill mit dem Coit Tower. Von oben hat man einen fantastischen Blick über das Straßenraster, das auf die umliegenden Hügel nicht allzu viel Rücksicht nimmt, und, jedenfalls theoretisch, bis zur Golden Gate Bridge. Diese war aber, wie so oft, völlig vom Nebel verschluckt. Deshalb ging es auch gleich weiter die Lombard Street entlang bis zu den berühmten Kurven.
Von hier aus war es nur noch ein kurzer Spaziergang hinunter zu Fisherman’s Wharf, wo ich gerade rechtzeitig zur Abfahrt des Ausflugsbootes ankam, das mich zur Golden Gate Bridge brachte und auf dem Rückweg Alcatraz zumindest umkreiste. Die Tickets für Alcatraz selbst waren wie so häufig bereits vergriffen. Den Rückweg bestritt ich dann viel gemütlicher und vor allem stilecht mit der Cable Car. Da es bis zum Einbruch der Dunkelheit noch etwas Zeit war, machte ich mich noch einmal auf den Weg zum Alamo Square, der mit seinen hübschen viktorianischen Häusern und der Skyline San Franciscos im Hintergrund natürlich ein wunderschönes Bild abgibt, so dass ich nicht der einzige war, der diese Idee hatte.

Der nächste Teil folgt erst am Montag!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 11.11.2005, 13:50 Uhr
Spannende Sache, das Zugfahren, und man lernt immer wieder dazu.  :D
Ich denke auch immer, im Zug, wo alle Leute gleich schnell fahren, haben alle Leute irgendwie mehr Zeit und mehr Lust zum Plaudern. Hier lernt man wirklich Land und vor allem Leute kennen.

Nun aber noch einige Fragen:
Ist Denver Kopfbahnhof? Ich meine, beim Durchgangsbahnhof hätte ja nicht rangiert werden müssen.

Wecker in der Coach Class gestellt? War das ohne weiteres möglich, oder hast du doch einige verärgerte Blicke geerntet?

Wie war der Donner Pass? Du hast geschrieben, von Reno nach Emeryville wäre nicht so spektakulär gewesen.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Micky McBenz am 11.11.2005, 14:07 Uhr
Hallo Torric!

Ein toller Bericht!  :applaus:   Der California Zephyr scheint wirklich interessant zu sein. Sag mal könnte man dabei auch zwischendurch längere Stopps einlegen, z.B. einen Tag in Denver, einen Tag in SLC usw.?
Wie ich mittlerweile auf Deiner Homepage gelesen habe, fährt der Zug ja einmal täglich. Und daher könnte man sich während solcher Stopps die Städte auf der Strecke ansehen und auch mal in einem Hostel/ Hotel/ Motel übernachten?!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 11.11.2005, 14:48 Uhr
Sicher kann man die Zugfahrt auch unterbrechen und genau einen Tag später wieder aufnehmen. Wie du schon erkannt hast, fährt der California Zephyr (übrigens mein nächstes Zugziel) täglich.

Nachteil: ein Fensterplatz, den du in Chicago ergattert hast, ist beim Wiedereinstieg z.B. in Denver nicht mehr wahrscheinlich, da ja schon einige Leute im Zug sitzen und die "besten" Plätze belegen.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 11.11.2005, 14:56 Uhr
Zitat von: Scooby Doo

Ist Denver Kopfbahnhof? Ich meine, beim Durchgangsbahnhof hätte ja nicht rangiert werden müssen.


Naja, an europäischen Maßstaben gemessen würde man nicht von einem echten Kopfbahnhof sprechen, da das Empfangsgebäude an der Seite steht und es eine Art Stadtbahn gibt, die so gesehen durch den Bahnhof fährt. Betrieblich muss der California Zephyr aber in Denver Kopf machen und durch die Sitzanordung wird der gesamte Zug rückwärts in den Bahnhof geschoben, auch wenn es sicher einfacher wäre, nur die Loks zu wechseln.

Zitat von: Scooby Doo

Wecker in der Coach Class gestellt? War das ohne weiteres möglich, oder hast du doch einige verärgerte Blicke geerntet?


Nein verärgerte Blicke gab es da nicht. ich weiß gar nicht, ob es jemand mitbekommen hat. Der "Wecker" war nur die Alarmfunktion meiner Uhr.

Zitat von: Scooby Doo

Wie war der Donner Pass? Du hast geschrieben, von Reno nach Emeryville wäre nicht so spektakulär gewesen.


Das ist sicher Geschmackssache. Ich persönlich fand den Abschnitt in der Sierra Nevada eher alpin. Und da kenne ich einige Strecken in der Schweiz, die wesentlich spektakulärer sind. Was nicht heißen soll, dass dieser Streckenabschnitt langweilig ist. Viel amerikanischer und eben auch viel mehr "Südwesten" war aber eben der Abschnitt zwischen Denver und Salt Lake City.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 11.11.2005, 15:04 Uhr
Zitat von: Micky McBenz
Sag mal könnte man dabei auch zwischendurch längere Stopps einlegen, z.B. einen Tag in Denver, einen Tag in SLC usw.?
Wie ich mittlerweile auf Deiner Homepage gelesen habe, fährt der Zug ja einmal täglich. Und daher könnte man sich während solcher Stopps die Städte auf der Strecke ansehen und auch mal in einem Hostel/ Hotel/ Motel übernachten?!


Wie Scooby schon geschrieben hat, ist das absolut kein Problem. Um genau zu sein, sollte man (wenn man genug Zeit hat) sogar ein paar mehr Tage Pause dazwischen lassen, da neben den Städten ja auch eine Unmenge von Nationalparks in unmittelbarer Umgebung liegen. Die Fensterplatzfrage ist meiner Meinung nach gar nicht so tragisch. Zum einen gibt es ja den Panoramawagen, in dem jeder Platz ein Fensterplatz ist, zum anderen werden die Wagen nach Reisezielen vergeben. Das heißt, wenn du in Denver einsteigst, kommst du mit großer Wahrscheinlichkeit in einen Wagen, aus dem gerade Leute ausgestiegen sind. Ich hatte immer einen Fensterplatz, egal wo ich eingestiegen bin. Drittens wirst du sogut wie immer jemanden finden, der dich ans Fenster lässt, wenn du nett daraum fragst. Ich konnte mich manchmal nicht entscheiden, ob ich lieber links oder rechts herausschauen will, also habe ich immer hin und her gependelt und hab dabei vollstes Verständnis meiner Mitreisenden gehabt.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 16.11.2005, 09:29 Uhr
16. – 18. September 2000

Am frühen Morgen kurz nach 6 Uhr machte ich mich bereits auf den Weg zur Amtrak-Bushaltestelle in der Mason Street, um etwa eine Stunde später (nach einer frühmorgendlichen Stadtrundfahrt) wieder Emeryville zu erreichen, von wo der San Joaquins in das gleichnamige Tal abfährt. Die modernen Doppelstockzüge sind sehr komfortabel, man sollte aber nicht auf die Idee kommen, sich nach unten zu setzen, denn man wird freundlich aber unerbittlich darauf hingewiesen, dass diese Plätze nur für Behinderte und Mütter mit Kindern vorgehalten werden.
Nach drei Stunden Fahrt erreicht der Zug Merced, dem Umsteigepunkt zu den Bussen zum Yosemite National Park. Der Anschlussbus wartete bereits und fuhr dann recht gut gefüllt direkt in das Tal. Eine Eintrittsgebühr wurde nicht erhoben, was mich schon etwas verwunderte. Mit dem kostenlosen Shuttlebus machte ich dann erst einmal eine kleine Rundfahrt, schaute mir die tropfenden Yosemite Falls an und suchte den Aufgang zum Glacier Point für den nächsten Tag. Denn direkt im Nationalpark waren mir die Unterkünfte viel zu teuer und so musste ich den letzten Bus zurück nach Merced nehmen, wo ich mir ein Zimmer im Motel 6 reserviert hatte. Da ich der einzige Fahrgast war und mein Motel auf dem Weg zum Terminal lag, brachte mich der Busfahrer direkt bis vor die Haustür, so dass ich mir die letzten Meter zu Fuß auch noch sparen konnte.

(http://www.us-rail.de/Images/rb10.jpg)

Am nächsten Morgen brach ich wiederum sehr zeitig auf, um gleich den ersten Bus, der im gedruckten Fahrplan gar nicht auftaucht, in den Park zu nehmen, wo mich der gleiche Busfahrer auch sofort am Aufstieg zum Glacier Point, dem Four Mile Trail aussteigen ließ. Der Weg ist gar nicht so lang, aber der enorme Höhenunterschied verbunden mit der steigenden Temperatur machte mir schon ganz schön zu schaffen, so dass mir die Begleitung durch eine französische Austauschstudentin gerade recht kam. Der Ausblick von oben über das gesamte Tal entschädigt natürlich für die Strapazen und schlägt auch die schon nicht zu verachtenden Aussichtspunkte auf dem Weg nach oben.
Weil noch genug Zeit bis zur letzten Busfahrt blieb und wir nicht den gleichen Weg zurück wollten, wanderten wir weiter über den viel gemütlicheren Panorama Trail bis zu den viel mehr Wasser führenden und deshalb spektakuläreren Fällen im Westen des Parks. Oberhalb des Vernal Falls erfrischten wir uns bei einem Bad im eiskalten Wasser, um die restlichen Meter zurück ins Tal auch noch zu schaffen. Nach dieser fantastischen Wanderung trennten sich unsere Wege, denn sie musste mit ihrem Auto nach Osten und ich nahm den Bus zurück nach Merced, wo mich wiederum der gleiche Busfahrer völlig erschöpft vor dem Motel 6 entließ.

(http://www.us-rail.de/Images/rb11.jpg)

Zum Glück konnte ich an diesem Tag etwas länger schlafen, denn ich musste erst kurz vor 10 Uhr am Bahnhof sein. Dort kam pünktlich der San Joaquins aus Sacramento, der mich nach Bakersfield brachte, dem wichtigsten Zug-Bus-Umsteigepunkt Kaliforniens mit Verbindungen nach Santa Barbara, Los Angeles, San Bernardino und Las Vegas, wohin es mich als nächstes zog. Obwohl wir pünktlich waren, raste der Busfahrer mit atemberaubendem Tempo durch die Mojave-Wüste, so dass der kurze Stopp in Barstow locker für ein spätes Mittagessen reichte und wir eine halbe Stunde zu früh in Las Vegas ankamen, was mir beim folgenden Programm nur recht sein konnte. Da der Bus in Downtown Las Vegas ankommt und abfährt, hatte ich mir dort das verhältnismäßig kleine, aber sehr schöne Golden Gate Hotel reserviert, das direkt am Anfang der Fremont Street liegt.
Ohne groß Zeit zu verlieren, durchwanderte ich die wunderschön beleuchtete Fremont Street, um mir einen ersten Eindruck von der Spielermetropole zu erhaschen. Mit dem Bus durchquerte ich anschließend den weniger ansprechenden nördlichen Strip, um am Hotel Treasure Island gerade pünktlich zur berühmten Seeschlacht zu kommen. Schräg gegenüber befindet sich mit dem Venetian eine fantastische und vor allem weniger baufälligere Kopie der italienischen Adriastadt, die mich auch zu einem Besuch des Casinos animierte, was mich zwar kein Geld, aber eine Menge Zeit gekostet hat, um den versteckten Ausgang zu finden. Das beste Labyrinth, das ich kenne. Danach führte mich mein Weg vorbei am Mirage und dem ausbrechenden Vulkan zum Caesars Palace und den herrlichen Forum Shops, bevor ich gerade rechtzeitig zu den Wasserspielen am Bellagio eintraf. Dem Strip nach Süden folgend bewunderte ich danach noch die herrlichen Themenhotels New York New York und Luxor, bevor ich mich ziemlich fußlahm mit dem Bus auf den Rückweg zu meinem Hotel machte.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 16.11.2005, 10:08 Uhr
Zitat
Zum Glück konnte ich an diesem Tag etwas länger schlafen, denn ich musste erst kurz vor 10 Uhr am Bahnhof sein.


ich müsste hier noch immer früh aufstehen  :lol:

Jetzt aber wieder zurück zum Thema: echt, ich wünschte, ich wäre damals dabei gewesen. 5 Wochen, so viele Züge und bereits so viel erlebt, wer weiß, vielleicht begebe ich mich auch mal auf eine solche Rundreise.

In Las Vegas bist du von der Fremont Street aus den kompletten Strip runtergelaufen? Bin ich nämlich auch schon mal und man hatte es mir nicht geglaubt.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 16.11.2005, 10:28 Uhr
Also wenn du so eine Eisenbahnrundreise machen solltest, wirst du dich an das frühe Aufstehen gewöhnen müssen. :wink:
Ich hatte erst überlegt zu laufen, weil ich aber nur einen Tag bzw. einen Nachmittag + Abend in Las Vegas hatte, bin ich mit dem Bus von Downtown zum Treasure Island gefahren und erst von dort gelaufen. Aber wie gesagt, in meiner ursprünglichen Plaung war die gesamte Strecke zu Fuß enthalten und ich halte das auch für praktikabel.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: emmipiel am 20.11.2005, 18:48 Uhr
Hallo torric,

spät, mit hängender Zunge ich bin noch aufgesprungen.

Da ich nächstes Jahr mit meiner Mum ein wenig Zug fahren werde, verfolge ich ganz gespannt deine Tipps und Tricks.

Gerade der Tipp mit dem Gepäck hat mir schon weider eine Anfrage bei Amtrak erspart.
 :idea:
Vielen Dank dafür.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 27.11.2005, 09:26 Uhr
19. – 21. September 2000

Der nächste Tag sollte ein reiner Fahrtag werden. Vorher versuchte ich aber noch, die nette Frau von Greyhound davon zu überzeugen, mir für meinen Rail Pass ein Busticket für den Expressbus nach Los Angeles zu geben, was aber leider nicht gelang, da die Pässe nur für ganz bestimmte Busse gültig sind, in meinem Fall ein Bummelbus, der noch einen Abstecher nach San Bernardino machte. Mit ein paar zweifelhaften Gestalten an Bord machte ich mich also wieder auf den Weg durch die Mojave-Wüste, immer darauf bedacht, mein Handgepäck nicht aus den Augen zu lassen. Meine kräftig gebaute Sitznachbarin machte die Reise in dem engen Bus auch nicht viel angenehmer, vor allem verglichen mit dem Sitzkomfort der Züge.
In Los Angeles wurde ich dann als Amtrak-Passagier wenigstens gleich an der berühmten Union Station herausgelassen und machte mich nach dem Einchecken meines Gepäcks auf eine leckere kulinarische Reise durch El Pueblo, das glücklicherweise gleich gegenüber des Bahnhofs beginnt. Glücklicherweise deshalb, weil der gesamte öffentliche Nahverkehr in Los Angeles durch einen Streik lahmgelegt wurde, was außer mir aber keinen zu beunruhigen schien. Aber ich war ja nur auf der Durchreise zum Grand Canyon. Die merkwürdige Route kommt dadurch zustande, dass es keine vernünftige Amtrak-Tagesverbindung zwischen Las Vegas und dem Grand Canyon gibt. Am frühen Abend bestieg ich also endlich wieder einen komfortablen Superliner-Zug, den Southwest Chief, der mich bis Flagstaff bringen sollte.

Meinen extra gestellten Wecker benötigte ich am nächsten Morgen gar nicht, da mein Wagen mit einigen Grand Canyon-Touristen gefüllt war. Nur einer von denen wollte mit der Grand Canyon Railway fahren und musste bereits in Williams vom Schaffner geweckt werden. Da aber ein weiterer Passagier davon erwachte und mangels Sprachkenntnis nur irgendetwas vom Grand Canyon verstanden hatte, wurde binnen kürzester Zeit der gesamte Wagen mit Leben erfüllt bis es dem Schaffner endlich gelang, der aufgeregten Menge zu erklären, dass der (mit dem Rail Pass) kostenlose Bus erst in Flagstaff abfährt, während der historische Dampfzug ab Williams eine ordentliche Anzahl an Extra-Dollars kostet. Den langen Aufenthalt bis zur Abfahrt des Busses verbrachte ich im einzigen geöffneten Café der Stadt bei einem amerikanischen Frühstück und den Reiseerzählungen eines Globetrotters aus Australien, an dessen Fersen ich mich am Bahnhof einfach geheftet hatte.
Nachdem wir als Buspassagiere wieder um den Nationalparkeintritt herum kamen, weil wir am Eingang einfach durchgewinkt wurden, war ich am ersten sehr zentralen Aussichtspunkt schon fast enttäuscht vom Blick, den man von so vielen Bildern kennt, so dass zumindest ich etwas abgestumpft war und eben fast schon zu genau wusste, was mich erwarten würde. Das besserte sich aber, als ich mich auf den Weg entlang des westlichen South Rim machte, wo die Perspektiven mit jedem Aussichtspunkt besser und vor allem interessanter wurden, zumal sich endlich auch der blaue Colorado River zeigte und einen schönen Kontrast zum erstaunlichen grünen Bewuchs am oberen Rand bot. Nachdem mich der kostenlose Shuttlebus wieder bequem zurück ins Village und die östliche Aussichtspunkte gebracht hatte, gönnte ich mir noch ein spätes Mittagessen bevor sich der Bus Richtung Flagstaff mit mir an Bord wieder auf den Rückweg machte. Am Bahnhof wurde ich mit der weniger schönen Auskunft konfrontiert, dass der Southwest Chief etwa zwei Stunden später kommen sollte. Was in Deutschland zu einer aggressiven Masse „betrogener Fahrgäste“ geführt hätte, endete hier bei einem Videofilm und kostenlosen Sandwiches und Getränken, die vom Bahnpersonal geordert wurden.

Schon bei der Ankunft am Morgen in Los Angeles war nicht zu übersehen, dass der Streik im öffentlichen Nahverkehr immer noch andauerte. Die rote U-Bahn-Linie nach Hollywood wurde von einem Minibus mit etwa 10 Sitzplätzen im Stundentakt abgewickelt. Dabei konnte ich mich noch glücklich schätzen, dass es in Downtown ein unabhängiges Shuttlebusnetz namens DASH gibt, so dass zumindest mein Weg vom Bahnhof zum Hotel in der südlichen Innenstadt und zurück gesichert war. Außerdem fuhr noch der Big Blue Bus nach Santa Monica, so dass ich einen schönen Strandtag einplante und eine der wenigen Fußgängerzonen der USA genießen konnte.
Am Nachmittag machte ich mich wieder auf den Weg zurück nach Downtown Los Angeles, um mein Gepäck zu holen und im Hotel einzuchecken, wo ich an der Rezeption eine etwas überteuerte abendliche Rundfahrt durch Hollywood und Beverly Hills buchte, um wenigstens etwas von der Filmstadt zu haben, da für den nächsten Tag eine erneute Verlängerung des Streiks angekündigt war, und ich ersatzweise einen Tag nach San Diego fahren wollte.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 29.11.2005, 10:26 Uhr
22. – 26. September 2000

Die Flucht vor dem Streik in Los Angeles nach San Diego war eine gute Idee, da bereits die Zugfahrt mit dem Pacific Surfliner bei schönstem Herbstwetter ein Genuss war. Nachdem sich der Zug aus der Großstadt herausgekämpft hatte und zwei Schulklassen auf dem Weg zu Disney in Anaheim ausgestiegen waren, näherten wir uns immer mehr dem Pazifik, um in weniger als drei Stunden und mit schönen Meerblicken begleitet San Diego zu erreichen. Der Bahnhof im Stil einer spanischen Mission liegt sehr zentral, so dass ich die Auswahl zwischen einem Abstecher mit der Stadtbahn nach Tijuana in Mexiko oder der Busfahrt zum Zoo hatte, um mich dann für das zweite zu entscheiden.
Der berühmte Zoo liegt mitten im riesigen Balboa-Park, der außerdem eine ganze Menge interessante Museen beherbergt. Nachdem ich mich für den geringsten Eintritt entschieden hatte, es gibt auch Vollversionen inklusive Zoo-Rundfahrt im Doppelstockbus, machte ich mich auf den Weg, um den besonderen Reiz des Zoos zu entdecken. Damals war es für mich noch eine Besonderheit, die Tiere nur hinter einer Glasscheibe ohne Gitter zu erleben, vor allem in der passenden Pflanzenwelt und den für Amerika typischen Animationen. Weniger reizvoll fand ich das Laufband vor dem Panda-Gehege, das verhinderte, dass die Leute auch nur eine Sekunde zu lange davor stehen bleiben.
Am Nachmittag fuhr ich mit dem Bus zurück nach Downtown, um mit der Fähre nach Coronado Island überzusetzen und das schöne Wetter zu genießen, bevor ich nach einem weiteren Abstecher ins Altstadtviertel den letzten Zug zurück nach Los Angeles gerade noch erreichte.

(http://www.us-rail.de/Images/rb12.jpg)

Der nächste Tag sollte ganz im Sinne des Highway # 1 entlang der kalifornischen Küste von Los Angeles nach San Francisco stehen, wobei der Coast Starlight vor allem zwischen Santa Barbara und San Luis Obispo am Meer entlang fährt, während die reizvollste Strecke des Highway # 1 dort erst beginnt. Es sollte aber alles anders werden, weil der Zug den Bahnhof in Los Angeles gar nicht erst verließ, und das für geschlagene fünf Stunden. Die Ursache dafür pendelte sich gerüchteweise irgendwo zwischen Lokschaden und fehlenden Anschlussreisenden aus San Diego ein. Auch hier gab es als Ausgleich wieder kostenlose Snacks und Getränke, aber ein frustrierendes Gefühl blieb trotzdem, da ich nur eine Stunde Aufenthalt in Portland haben würde, um meinen Anschlusszug Richtung Chicago zu bekommen.
Nachdem sich der Zug dann am frühen Nachmittag endlich in Bewegung gesetzt hatte, war ich ganz froh, dass sich die reizvollen Abschnitte, auf denen die Strecke zwischen dem Pazifik und den Bergen eingeklemmt ist, soweit im Süden befinden, so dass ich sie noch bei Tageslicht zu sehen bekam, während wir noch vor San Luis Obispo in die Dunkelheit fuhren, um irgendwann mitten in der Nacht zu einer sehr ungemütlichen Zeit für Tagesreisende von Los Angeles nach San Francisco in Oakland anzukommen, wo ich froh war sitzen bleiben zu können.

(http://www.us-rail.de/Images/rb13.jpg)

Der nächste Morgen brachte vor allem die wunderschöne Landschaft des kalifornischen Nordens zum Vorschein, die dann nach der Grenze zu Oregon in die vulkanische Landschaft rund um den Crater Lake National Park mündet. Dort, genauer in Klamath Falls, war meine Reise im Coast Starlight dann zwangsläufig beendet, da alle Reisenden, die den Empire Builder nach Chicago nehmen wollten, in einen Bus gesetzt wurden, um diesen Zug trotz der horrenden Verspätung noch zu bekommen. Die Busfahrt führte den Weg abkürzend direkt zum Columbia River, der spektakulären Grenze zwischen Washington und Oregon, dessen Verlauf wir am Abend bis Pasco folgten, wo nach nur einer halben Stunde Wartezeit pünktlich der Zugteil des Empire Builder aus Portland eintraf, der sich etwas später in Spokane mit dem anderen Teil aus Seattle triftt, um gemeinsam den langen Weg nach Chicago anzutreten.

(http://www.us-rail.de/Images/rb14.jpg)

Das größte Highlight auf der Strecke des Empire Builder ist der Glacier National Park, den der Zug direkt berührt. Der Park ist im Winter relativ unbesucht, wird aber im Sommer zum Besuchermagneten, so dass hier ganze Reisegruppen ausstiegen, um eine Rundfahrt oder Wanderungen zu machen und abends den Zug zurück an die Westküste zu nehmen. Aber auch die Blicke aus dem Zug verheißen schon wunderschöne Landschaften, die mir einen letzten Eindruck von den Rocky Mountains gaben, bevor es ins eintönige Montana ging. Fast den ganzen restlichen Tag brauchte der Empire Builder, um sich durch die riesigen Getreidefelder zu kämpfen und hin und wieder einen kleinen Ort, der meist nur aus einer großen Farm und den zugehörigen Gebäuden bestand, anzufahren. Erst am Abend lockerte die Landschaft etwas auf, als der Zug in die Seenlandschaft um den Missouri River gelangte und am nächsten Morgen bei St. Paul / Minneapolis auch den Mississippi zu erreichen. Gerade am Abend und frühen Morgen konnte man die Vogelwelt an den Seen und am Fluss aus dem Panoramawagen eindrucksvoll beobachten, da sich die Tiere offenbar schon lange an die lauten Züge gewöhnt haben.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 30.11.2005, 09:43 Uhr
27. September – 02. Oktober 2000

Nachdem ich den längeren Aufenthalt in Chicago wieder für einen Spaziergang durch die Stadt genutzt und meine Vorräte aufgefüllt hatte, erwartete mich am Abend ein fast leerer Zug namens City of New Orleans, der mich in die gleichnamige Südstaatenmetropole bringen sollte. Die Fahrt verlief absolut reibungslos, so dass ich mich am Morgen nach einem längeren Stopp in Memphis von einer amerikanischen Studentin zu einem luxuriösen Frühstück im Speisewagen überreden ließ. Bisher kannte ich nur das Fertigfrühstück vom Bistrowagen. Dagegen waren die frisch zubereiteten Sachen im Zugrestaurant natürlich eine schöne Bereicherung und gar nicht mal so viel teurer.
Nach einer meilenweiten Brückenfahrt über das sumpfige Verbindungsstück zwischen Lake Maurepas und Lake Pontchartrain, von dem man auch die längste Brücke der USA sehen konnte, erreichte der Zug eine Viertelstunde zu früh New Orleans. Meine erste Begegnung mit dem Südstaatendialekt folgte auf dem Fuß, als ich dem Taxifahrer zu erklären versuchte, in welches Hotel er mich bringen sollte, was aber nur unter Zuhilfenahme von Stift und Zettel gelang, wobei ich bis heute nicht weiß, was er an „Days Inn“ nicht verstehen konnte. Vielleicht war ihm ja nur die Fahrt zu kurz. Am Abend begleitete mich die Studentin als Ausgleich für das teure Frühstück noch durch das French Quarter, wo mir zumindest die eine oder andere Bar in der Bourbon Street noch in Erinnerung blieb.

(http://www.us-rail.de/Images/rb15.jpg)

Für den nächsten Tag war dann erst der eigentliche Stadtrundgang geplant, wobei mich vor allem das bunte Treiben rund um den Jackson Square faszinierte, auch wenn mir fast ein dreister Dieb meine Kamera abgenommen hätte. Viel Spaß hätte er an dem billigen Ding aber wohl nicht gehabt, wäre nur schade um meine Fotos gewesen. Nach dem obligatorischen Spaziergang durch die wunderschönen Straßen rund um den Platz und dem weniger interessanten Besuch des Riverwalk fand ich dann endlich die kostenlose Fähre über den Mississippi, die ähnlich der Staten Island Ferry in New York ein nicht mehr ganz so geheimer Geheimtipp ist, um die Skyline der Stadt vom Fluss aus zu genießen. Danach blieb sogar noch etwas Zeit für die entspannende Fahrt mit dem nostalgischen Streetcar in den Garden District und für den Besuch des sehr schönen Aquariums, denn die Weiterfahrt sollte erst am späten Abend mit dem Sunset Limited nach Orlando erfolgen.

(http://www.us-rail.de/Images/rb16.jpg)

Am Bahnhof angekommen, stand schon ein hilfsbereiter Amtrak-Mitarbeiter bereit, um den Reisenden die neunstündige Verspätung des Zuges anzukündigen. Zur Auswahl standen eine kostenlose Hotelübernachtung oder die Fahrt im gecharterten Bus. Obwohl ich gern noch eine Nacht in New Orleans verbracht hätte, entschied ich mich für meinen Reiseplan und damit für die unbequeme Nachtbusfahrt, auf der ich kurioserweise zwei Backpacker aus dem California Zephyr wiedertraf. So klein ist eben die USA.
Die Busfahrt endete dann glücklicherweise auch schon kurz nach fünf Uhr morgens in Jacksonville, wo wir in einen Silver Meteor aus New York umsteigen durften. Das ganze führte dann sogar dazu, dass ich sechs Stunden vor meinem ursprünglichen Plan in Orlando eintraf, wo ich zum Glück gleich einen Stadtbus zur Zentralhaltestelle und von dort weiter zum International Drive erwischte, wo ich mir ein gemütliches Quality Inn gebucht hatte.

(http://www.us-rail.de/Images/rb18.jpg)

Meine drei Aufenthaltstage in Orlando dienten nur einem Zweck – Vergnügungsparks erleben. Zuerst entschied ich mich für Sea World. Im Hotel gab es ein kleines Ticketbüro, so dass ich sogar ein paar Dollar gegenüber dem regulären Eintritt an der Kasse sparte. Von meiner Basisstation am International Drive war die billige Fahrt mit dem Stadtbus einfach und bequem, weil ich genau vor dem Eingang aussteigen konnte. Danach musste ich mir aber erst einmal einen Plan zurecht legen, um alle Shows auch zeitmäßig unterzubringen und den kompletten Tag auch auszunutzen ohne längere Wartezeiten zu haben.
Der nächste Tag brachte mich nach Disneyland, wo ich mich aber auf das Epcot-Center beschränkte und diese Entscheidung auch nicht bereute. Neben den vielen interessanten Themenfahrten rund um die Monorail benötigte ich auch für die verschiedenen Länder des World Showcase mehrere Stunden, wobei ich das deutsche Oktoberfest wohlweislich ausließ.

(http://www.us-rail.de/Images/rb17.jpg)

Den dritten Tag gönnte ich mir die Universal Studios, wobei ich hier wohl besser selber recherchiert hätte, denn die von der Rezeption genannte Busnummer brachte mich zum Personaleingang. Dennoch war ich als einer der ersten im Park, so dass ich die großen Highlights noch fast ohne längere Wartezeiten erleben durfte und am Nachmittag noch etwas Zeit blieb, um mir im Outlet Center das eine oder andere neue Kleidungsstück zu gönnen. Vor allem aber ist mir das Busnetz von Orlando in guter Erinnerung geblieben, da man ohne großes Umsteigen fast zu allen wichtigen Zielen gelangt und vor allem die Ausschilderung wesentlich besser ist als in den meisten anderen Städten.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 30.11.2005, 10:38 Uhr
Hallo Torsten,

:applaus: wirklich wieder schön zu lesen.

Schade, dass du das Salinas Valley nördlich von San Luis Obispo nicht mehr im hellen sehen konntest. Ist nämlich sehr schön anzusehen. Meistens wurde es bei meinen Fahrten erst bei Salinas dunkel, wo man auch noch durch eine schöne Seenlandschaft fährt.

Hast du wenigstens die Haarnadelkurve direkt hinter San Luis Obispo bemerkt, wo man im letzten Wagen sitzend die Loks praktisch am Fenster vorbeifahren sieht?

Der Bus, der euch in Oregon zum Empire Builder brachte, war das ein regelmäßig verkehrender oder nur wegen der großen Verspätung des Coast Starlight eingesetzt?
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Micky McBenz am 30.11.2005, 11:19 Uhr
Hallo Torric!

Wirklich ein schöner Bericht  :daumen: ! Mit der Bahn kommt man ja ganz schön herum, kreuz und quer durch die Staaten. Ich lese weiter mit und bleibe dran!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 30.11.2005, 12:16 Uhr
Zitat von: Scooby Doo
Hast du wenigstens die Haarnadelkurve direkt hinter San Luis Obispo bemerkt, wo man im letzten Wagen sitzend die Loks praktisch am Fenster vorbeifahren sieht?

Ich kenne die Kurve von Fotos, aber leider habe ich sie nur im Dunkeln gesehen, so dass man die Loks nur erahnen konnte.

Zitat von: Scooby Doo
Der Bus, der euch in Oregon zum Empire Builder brachte, war das ein regelmäßig verkehrender oder nur wegen der großen Verspätung des Coast Starlight eingesetzt?


Der Bus war gechartert und fuhr nur an diesem Tag wegen der großen Verspätung. Die Organisation war aber auf jeden Fall perfekt. Alle Reisenden wussten schon lange vorher Bescheid und der Bus fuhr nur 10 Minuten nach Ankunft des Zuges ab.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 12.01.2006, 11:11 Uhr
Nach einer längeren berufsbedingten Pause folgen mit großer, AMTRAK-typischer Verspätung noch die zwei letzten Abschnitte meine Rundreise.
Also noch einmal All Abord!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 12.01.2006, 11:12 Uhr
03. – 05. Oktober 2000

Nach drei Tagen ohne Zug in Orlando war ich merkwürdigerweise ziemlich scharf darauf, endlich meine Reise fortzusetzen. Der Silver Meteor brachte mich in erstaunlich kurzer Zeit durch die langweiligen Sumpfgebiete in der Mitte Floridas nach Miami, in dem gerade ein kleiner Orkan sein Unwesen trieb. Selbst Schuld, was musste ich auch zu dieser Jahreszeit nach Florida. Zum Glück wartete vor dem winzigen Bahnhof der Millionenmetropole schon ein Stadtbus, der sich durch die Wassermassen nach Miami Beach kämpfte, wo ich ein kleines, für seine Top-Lage aber ausgesprochen günstiges Hotel am Strand gebucht hatte. Der Abend war natürlich gelaufen, zumal mir an der Rezeption gleich noch eine bestehende Hurrikanwarnung mitgeteilt wurde. Also wollte ich mir wenigstens einen gemütlichen Fernsehabend gönnen. Leider musste ich entdecken, das auf allen Sendern das gleiche lief, das Rededuell zwischen Al Gore und Bush Junior. Ein Film wäre mir lieber gewesen.

Am nächsten Morgen merkte man zunächst wenig von den Wassermassen, so dass ich erst einmal zu einem Bummel über den berühmten Ocean Drive aufmachte, der auch prompt alle Klischees bediente, da ich einem Modefotographen bei seiner Arbeit quasi über die Schultern schauen konnte. Die Gebäude des Art Deco-Distrikts sind schon sehr schön anzuschauen, mit voller Beleuchtung am Abend entfalten sie aber erst so richtig ihre Wirkung. Im Anschluss machte ich mich gleich auf den Weg nach Downtown, wo ich mir eine kostenlose Rundfahrt mit der Hochbahn Metromover durch die Häuserschluchten der Wolkenkratzer gönnte.

Auf dem Weg zum Bahnhof wurden dann die Ausmaße des Orkans, der eigentliche Hurrikan hatte Miami wohl doch gemieden, ziemlich offensichtlich. Neben abgedeckten Dächern stand in allen niedrig gelegeneren Gebäuden das Wasser. Ein am Bahnhof abgestellter Bus konnte wohl nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden, jedenfalls schauten aus den Wassermassen nur noch das Dach und ein paar Fenster heraus. Den Busfahrer meines Stadtbusses auf dem Rückweg zum Bahnhof schien das alles wenig zu beunruhigen. Mit Höchstgeschwindigkeit buchsierte er das Gefährt über die teilweise mehr als 30 Zentimeter hoch mit Wasser bedeckten Straßen. Diese Sicherheit übertrug sich dann auch auf mich, so dass ich am späten Nachmittag auf dem Bahnhof kaum mehr über diesen Zwischenfall nachdachte, der mir erst heute, Jahre später, wieder so richtig ins Gedächtnis kommt.

Als einer von wenigen Leuten, die an diesem Tag den Zug Richtung Norden bestiegen, hatte ich schnell eine gemütliche Schlafstellung gefunden, die ich erst am nächsten Morgen, dafür um so zeitiger verlassen musste. Auf dem Rückweg zu den Metropolen der Ostküste, in denen meine große Reise begonnen hatte, wollte ich noch ein bisschen echter Südstaatenluft schnuppern. Die günstige Fahrplanlage ließ einen ganzen Ausflugstag in Charleston zu. Dabei muss man aber wissen, dass sich der Bahnhof fast 20 Kilometer außerhalb des interessanten Stadtzentrums befindet. Als einziger Reisender an diesem Morgen schien mir das Taxi auch nicht gerade die verlockendste Variante. Ich wusste auch aus dem Internet, dass eine Stadtbuslinie in der Nähe des Bahnhofs hält. Ich konnte aber die Haltestelle nicht finden, der freundliche Amtrak-Angestellte am Schalter war mit dieser exotischen Frage leider auch überfordert, so dass ich am Ende doch die $ 25 für ein Taxi investieren musste.

Charleston hat bei mir aber nicht nur deswegen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Stadt selbst, vor allem aber das historische Zentrum mit den fantastischen Prachtvillen à la „Vom Winde verweht“, haben das zeitige Aufstehen mehr als gelohnt. Auf dem Rückweg wurde mir dann auch endlich bewusst, wieso ich am Morgen die Bushaltestelle am Bahnhof nicht gefunden hatte. Das Haltestellenschild stellte sich als Telefonmast heraus, auf dem jemand mit weißer Kreide die Buslinie geschrieben hatte. Die öffentlichen Verkehrsmittel außerhalb der Großstädte sind eine wahre Herausforderung.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: torric am 12.01.2006, 11:13 Uhr
06. – 08. Oktober 2000

Auch der Zug am Abend Richtung New York war wieder erstaunlich pünktlich, so dass ich entgegen meiner ursprünglichen Planung nicht mitten in der Nacht in Richmond ausstieg, sondern bequemer bis Washington durchfuhr, um den Gegenzug zurück nach Virginia zu nehmen. Williamsburg ist die wohl einzige Stadt Virginias, wo man die amerikanische Kolonialzeit auch als Zugfahrer bequem erleben kann. Vom Bahnhof sind es nur ein paar Meter bis zum Eingang von Colonial Williamsburg, dem lebendigen Freilichtmuseum, das die Vergangenheit auf typisch amerikanische Weise wieder auferstehen lässt. So kann man bei einer gespielten Sitzung des Stadtrates, der darüber entscheidet, Truppen gegen die Engländer zu schicken, genauso live dabei sein, wie bei einer Gerichtsverhandlung.

Da es mal wieder Freitagabend war, füllte sich der sonst fast menschenleere Nachtzug nach New York und Boston wieder mit einer großen Menge College-Studenten, so dass die Fahrt an meinen letzten Bestimmungsort meiner Rundreise wieder sehr lustige Züge annahm. In Philadelphia hatte ich mir ein Best Western in der Nähe der großen Kunstmuseen reserviert, in dem ich mich die ganze Nacht auf das kostenlose amerikanische Frühstück am nächsten Morgen freute. Frisch gestärkt führte mein Weg am berühmten Love-Zeichen vorbei zur Innenstadt mit dem Hauptsymbol der amerikanischen Unabhängigkeit, der Liberty Bell. Die kurze Fährüberfahrt nach Delaware verschaffte wie auch schon in anderen Städten wunderschöne Ausblicke auf die Skyline. Auf dem Rückweg ins Hotel wanderten meine letzten Dollar nach Chinatown. Dort gibt es einfach die schönsten und vor allem günstigsten Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.

Mit dem inzwischen auf gut das Doppelte angewachsenen Gepäck freute es mich natürlich besonders, dass der Flughafen von Philadelphia mit der S-Bahn direkt und günstig vom Stadtzentrum zu erreichen ist. Der keine halbe Stunde dauernde Flug zum JFK war günstiger als ein Bahnticket nach New York, da mein Rail Pass inzwischen abgelaufen war. Außerdem musste ich so erst am späten Nachmittag in Philadelphia starten, um meinen Rückflug über den Atlantik zu bekommen. Spätestens im Flugzeug war ich mir aber sicher, dass dies nicht der letzte Urlaub im Land der unbegrenzten Möglichkeiten war, von denen ich so viele nur angerissen hatte, und die jetzt auf eine genauere Erforschung warteten.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Scooby Doo am 12.01.2006, 11:34 Uhr
Hallo Torsten,

vielen Dank für die wunderschöne Reise. Teile davon werde ich sicherlich irgendwann einmal verwenden. Plane ja selbst gerade an einer schönen dreiwöchigen Eisenbahntour, aber ich denke, das würde hier jetzt zu weit off-topic werden.
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: USReisender am 09.01.2007, 12:11 Uhr
Hallo Torric,

Danke für den tollen Reisebericht! Ich plane demnächst eine ähnliche Bahnreise und hätte da noch einige Fragen!

Hast du die Züge und Busse schon alle in Deutschland reserviert, oder kann man das auch noch während der Reise tun!?

Hattest du auch schon die Unterkünfte von Deutschland aus reserviert?

Wäre schön wenn du mir ein paar Tipps geben könntest!
Danke

P.S.: Ich werde meine Tour so Anfang, Mitte März starten!
Titel: Re: Eisenbahnkreuzfahrt USA 2000
Beitrag von: Palo am 18.01.2007, 06:43 Uhr
Ist ja toll, wirklich kreuz und quer :lol: