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Nordamerika => American Life => Thema gestartet von: Gast am 21.05.2007, 10:52 Uhr

Titel: US Gesetze
Beitrag von: Gast am 21.05.2007, 10:52 Uhr
Guten Tag an Alle!

Ich bin mal auf eine Internetseite gestoßen, mit verschiedenen US-Gesetzen:  w w w.unmoralische.de/law.htm

Jetzt meine Frage: Gibt es die Gesetze wirklich, wenn ja, werden diese noch von der Polizei durchgesetzt? Man schaue sich doch nur mal das 1. Gesetz in der Kategorie Frauen an......  Woher kommt so ein sch**ß? Wurde jemand in diesem Forum schon einmal wegen eines dieser 'Gesetzte' bestraft, etc.?
Ich persönlich bin ein großer USA Fan, aber so etwas kann nur Amis einfallen....

MFG
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: ThomasRV am 21.05.2007, 11:08 Uhr
Hierbei handelt es sich um teilweise sehr alte Gesetze welche meines Wissens zum Großteil nicht mehr umgesetzt bzw. keine Gültigkeit mehr haben.

Gruß
ThomasRV
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: Kidrock am 21.05.2007, 11:16 Uhr
Gesetz ist Gesetz!
Ob diese noch Anwendung finde sei mal dahingestellt.
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: OWL am 21.05.2007, 13:22 Uhr
Vielleicht sind diese Gesetze ja durch spätere Gesetze aufgehoben worden? Ein aufgehobenes Gesetz wird nämlich in den USA nicht unbedingt aus den Gesetzbüchern gestrichen, wenn ein späteres Gesetz es aufhebt!

Zum Beispiel steht in der Verfassung der USA unter Amendments XVIII, Section 1 das totale Alkoholverbot:
Zitat
After one year from the ratification of this article the manufacture, sale, or transportation of intoxicating liquors within, the importation thereof into, or the exportation thereof from the United States and all territory subject to the jurisdiction thereof for beverage purposes is hereby prohibited.

Drei Amendments später wird dies (glücklicherweise? :wink:) wieder aufgehoben:
Zitat
The eighteenth article of amendment to the Constitution of the United States is hereby repealed.

Quelle:
http://www.archives.gov/national-archives-experience/charters/constitution_amendments_11-27.html
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: frankyboy am 21.05.2007, 13:35 Uhr
Manchmal habe ich so das Gefühl, dass wir das Mittelalter noch lange nicht verlassen haben *kopfschüttel*
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: Anoka am 21.05.2007, 13:56 Uhr
Gesetz ist Gesetz!

Wenn es sich denn nun um Gesetze handeln würde.  :wink:

Unser Recht beruht auf das Römische, das Amerikanische aber auf das Angelsächsische. Der Unterschied besteht darin, dass bei uns Recht auf ein geschriebenes Gesetz beruht, das Amerikanische hingegen auf eine sich weiterentwickelnde Rechtssprechung, der sogenannten Common Law. Also bei uns gibt es zuerst das Gesetz, welches dann von den Anwälten und Richtern interpretiert werden muss. In den USA hingegen wird auch ohne ausformulierte Gesetzgebung nach gesundem Menschenverstand, das natürlich von der jeweiligen Epoche abhängt  :wink:, die richterlichen Entscheidungen gefällt. Das führt dann zu den sogenannten Präzedenzfällen, die dann für weitere Gerichtsfälle herangezogen werden können. Das ist natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt, schliesslich gibt es auch in den USA richtige Gesetze, aber eben nicht in dem Masse wie bei uns. 

Aber bei diesen "funny laws" handelt es sich oft um urban legends, die entweder frei erfunden oder so aus dem Kontext gezerrt, um möglichs skuril zu erscheinen. Der Zweck solcher Listen ist die Erheiterung des Lesers.  :wink:

Hier zum Nachlesen über Arizona Funny Laws und warum in Arizona das Kamele jagen verboten ist.  :lol:
http://www.snopes.com/legal/arizona.asp

Wenn man gerade dabei ist, könnte man noch weiteres bei Snopes nachlesen. Es erklärt vieles, aber leider nicht warum sich so viele immer wieder ins Boxhorn jagen lassen.  :wink:
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: OWL am 21.05.2007, 14:02 Uhr
Anoka, und was sagst Du zu meiner These, daß zumindest einige dieser Gesetze mal existierten, aber inzwischen durch andere Gesetze aufgehoben worden sind? Würde man das 18. Amendment isoliert zitieren, wäre das ja heute auch recht erheiternd.
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: Anoka am 21.05.2007, 14:11 Uhr
Es stimmt schon was Du schreibst. Nur geht es aber bei diesen funny laws um Gesetze, die auf die common law beruhen.

Die Constitution hingegen sind richtige Gesetze, die im Gegensatz zur common law nicht einfach so von einem Richter gekippt werden können. Dazu braucht es viele Hürden und den Kongress.
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: OWL am 21.05.2007, 14:24 Uhr
Die von Dir genannten Unterschiede sind mir schon klar. Ich meinte das aber auch eher als prinzipielle Ähnlichkeit. Also z.B., daß sich in einem Ort um 1850 ein common law entwickelt hat, welches Frauen irgendwie anders behandelt als Männer. Und weil später ein übergeordnetes Gesetz die Gleichbehandlung vorschreibt, wird das alte Gesetz obsolet. Dafür ist aber (anders als in D) keine formale Streichung nötig, so daß es - isoliert betrachtet - immer noch da ist, auch wenn es eigentlich nicht mehr existiert. Hoffe, das war jetzt halbwegs klar ausgedrückt! :roll:
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: MoodyMare1 am 21.05.2007, 14:37 Uhr
In schottland darf man Sontags keinen Waliser mit Pfeil und Bogen umbringen.... soviel dazu  :D
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: candygirl am 21.05.2007, 14:53 Uhr
Wie in den USA gibt es auch in Deutschland Gesetze, die nicht mehr ausgeführt werden. zB im Bundesland Hessen:

Verfassung des Landes Hessen (BRD)

Artikel 21
(1) Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden worden, so können ihm auf Grund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.
(2) Die Strafe richtet sich nach der Schwere der Tat.
(3) Alle Gefangenen sind menschlich zu behandeln.


Da aber Bundesrecht über Landesrecht steht kümmert sich auch keiner um die Abschaffung dieses Gesetztes. Soweit ich weiß würde dazu in Hessen auch ein Volksentscheid darüber entscheiden müssen und diese Blöße will sich wohl keine regierende Partei geben!
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: Anoka am 21.05.2007, 17:46 Uhr
Die von Dir genannten Unterschiede sind mir schon klar. Ich meinte das aber auch eher als prinzipielle Ähnlichkeit. Also z.B., daß sich in einem Ort um 1850 ein common law entwickelt hat, welches Frauen irgendwie anders behandelt als Männer. Und weil später ein übergeordnetes Gesetz die Gleichbehandlung vorschreibt, wird das alte Gesetz obsolet. Dafür ist aber (anders als in D) keine formale Streichung nötig, so daß es - isoliert betrachtet - immer noch da ist, auch wenn es eigentlich nicht mehr existiert. Hoffe, das war jetzt halbwegs klar ausgedrückt! :roll:

Richtig, es braucht keine Streichung, weil es ein Gerichtsurteil ist und kein geschriebenes Gesetz. Das ist eigentlich der springende Punkt zwischen den Systemen. Manche richterlichen Entschlüsse regeln sich mit der Zeit auch von selbst. Sagen wir mal in einem Ort wird um 1850 den Frauen verboten Hosen zu tragen. Mit der Zeit hat sich die Gesellschaft aber an behosten Frauen gewöhnt und niemand wird deswegen noch vor Gericht gezerrt. Obwohl das Gerichtsurteil von anno dazumal noch steht, ist das Gesetz obsolet und dies auch ohne, dass Frauen explizit erlaubt worden ist Hosen zu tragen. Aber richtig ist schon wie von Dir erwähnt, dass kontroverse Entschlüsse nur von einem übergeordneten Gericht gekippt werden können oder aber von einem geschriebenen Gesetz überholt werden.

Du hast sicherlich die kontroversen Diskussionen über Abtreibung in den USA mitbekommen. Keine der Parteien weicht ein bisschen zurück, auch wenn es sich manchmal um grausige Abtreibungsmethoden bei fortgeschrittener Schwangerschaft handelt. Das liegt daran, dass Roe v. Wade ein US. Supreme Court Entscheid zugunsten Roe und somit für das Recht auf Abtreibung eine common law und kein richtiges, kodiertes Gesetz ist und die Supreme Court jederzeit anders entscheiden könnte. Aus diesem Grunde wurde erst kürzlich wieder versucht in einem Staat ein Gesetz gegen Abtreibung durchzubringen, obwohl es gegen den Entscheid des Supreme Courts verstösst. Man erhofft sich damit, dass die obersten Richter bei dieser Frage wieder mal über die Bücher gehen.


Danke, Candygirl. Ich wusste. dass mit Hessen irgendwas in der Richtung war. Und hier handelt es sich sogar um ein richtiges Gesetz mit Artikel Nummer der Verfassung.  :lol: 
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: raog am 21.05.2007, 20:37 Uhr
@anoka
Sehr gut erklärt - Klasse!!!!!
16 Punkte!
Deine Ausführungen treffen es eigentlich recht gut!

...ich meine weiter oben, Unterscheid zischen dem angesächsischem und dem römischen Recht!

In den USA hat man ein Rechtsverständnis, welches sich von dem Deutschen doch sehr unterscheidet. Jemandem, der sich nicht wirklich damit befasst, mag dies bis weilen sehr bizzar erscheinen - aber ich bitte alle daran zu denken, dass es den US-Amerikanern nicht anders geht, wenn man versucht, ihnen unser Rechtsverständnis näher zu bringen!

Gruß Oliver

(OK, werde mich jetzt endlich als Member anmelden!)
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: GreyWolf am 21.05.2007, 21:07 Uhr
Es ist richtig, dass deutsches Recht viel mehr mit Gesetzen / Verordnungen etc. arbeitet, die Normen werden also schriftlich fixiert. Daneben gibt es aber auch die Rechtsprechung, die durchaus mit einer gewissen Verbindlichkeit eine Vielzahl von Zweifelfragen unterhalb der Gesetzesebene beantwortet.
Besonders wichtig ist dies bei unbestimmten Rechtsbegriffen wie "Verstoß gegen Treu und Glauben", "Verstoß gegen die guten Sitten" oder "gegen die öffentliche Ordnung". Diese Begriffe gibt es noch immer und müssen durchaus in der Rechtsprechung häufig ausgelegt werden.

Und dabei fließt eben auch immer - auch bei uns in Deutschland - die aktuelle Moral mit ein. So wurde z.B. noch Anfang des 20. Jahrhunderts darüber diskutiert, ob nicht Röcke, bei denen man die Knöchel der Frauen sah, gegen die öffentliche Ordnung verstießen (und damit verboten werden konnten). Wohlgemerkt: in Deutschland...... 
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: AZcowboy am 22.05.2007, 09:42 Uhr
...
Du hast sicherlich die kontroversen Diskussionen über Abtreibung in den USA mitbekommen. Keine der Parteien weicht ein bisschen zurück, auch wenn es sich manchmal um grausige Abtreibungsmethoden bei fortgeschrittener Schwangerschaft handelt. Das liegt daran, dass Roe v. Wade ein US. Supreme Court Entscheid zugunsten Roe und somit für das Recht auf Abtreibung eine common law und kein richtiges, kodiertes Gesetz ist und die Supreme Court jederzeit anders entscheiden könnte. Aus diesem Grunde wurde erst kürzlich wieder versucht in einem Staat ein Gesetz gegen Abtreibung durchzubringen, obwohl es gegen den Entscheid des Supreme Courts verstösst. Man erhofft sich damit, dass die obersten Richter bei dieser Frage wieder mal über die Bücher gehen.
...

Ein aktueller Artikel dazu: http://www.azcentral.com/arizonarepublic/news/articles/0521abortion-intro0521.html (http://www.azcentral.com/arizonarepublic/news/articles/0521abortion-intro0521.html)

Winke
Titel: Re: US Gesetze
Beitrag von: dschlei am 01.06.2007, 17:25 Uhr
Wie Anoka schon ausgefuehrt hat, gibt es hier nur das angelsaechsiche Rechtssytem.  Daher gibt es hier auch kein Buergerliches oder Strafgesetzbuch.  Hier gibt es zwar Cicil and Criminal Law, aber das alles basiert auf sehr wenigen gesetzen und der Rest ist Case Law.  Zwischen Kriminal und Cicil Law gibt es keine Verbindung, und ein Urteil in einem der Laws wirkt sich nciht auf das andere aus, und darf auch nicht herangezogen werden.  Daher entstehen so sonderliche Sachen wie vor eingen Jahren bei uns im Ort, wo ein ehemann im Criminal court vom Mord an seiner Frau freigesprochen wurde, und deren Tod als Selbstmor dagestellt wurde.  In einem Nachfolgenden cicil Law Prozess, der von den Eltern der Toten herbei gefuehrt wurde, wurde der Mann aber als tater verurteilt, und die eltern bekamen das Recht, sein besitztum zu pfaenden.  Er konnte sich der Pfaendung entziehen, indem er sie vor Gueltigkeit des Urteils mit seinem Hab und Gut in einen anderen Staat (Minnesota) absetzte.  Cicil Law Urteile sind hier nicht Staatsgrenzueberschreitend, Crimila Law Urteile gelten fuer die gesammten USA .