Hallo Allerseits,
wieder einmal bin ich auf dem Buchmarkt bzgl. Indianerliteratur fündig geworden.
Titel : Das Wunder vom Little Bighorn, Erzählungen aus der Welt der Lakota.
Verlag : Palisander
ISBN-10 - 393830510X
"Man hat den Indianer nie wirklich verstanden, und dieses Unverständnis brachte Kummer und Leid über so viele seines Volkes. Alles, was der Indianer geliebt hat, hat er verloren, und so ging auch er. Nun, da der echte Indianer diese Welt verlassen hat, wird der Indianer nach dem Bild des Weißen Mannes neu erschaffen."- John Okute Sica
Diesem Buch gelingt es erfolgreich, dem Leser die Welt des echten Indianers ein Stückchen näherzubringen und das ohne dabei durch langatmige Erklärungen von Kultur und Religion à la Black Elk oder Lame Deer zu langweilen. Die klare Sprache ermöglicht ein flüssiges Lesen, Fußnoten und Anmerkungen liefern interessante Zusatzinformationen und trotz kleinerer, von einander unabhängiger Kapitel, bleibt die Spannung durchweg erhalten, sodass ich (wider Erwarten) zu behaupten wage, dass nicht nur Indianer-Fans das Buch unterhaltsam finden werden. Das Buch ist ein echtes geheimes Schatzstück und wird es als solches wohl leider nie zum Bestseller schaffen, aber dafür von einer kleineren Leserschaft wahrscheinlich umso höher geschätzt werden.
Das Buch ist in vier Teile aufgebaut, wobei der Schwerpunkt auf dem ersten Teil "Die Welt der alten Lakota" zu liegen scheint, der sich direkt an Vorwort und Einleitung anschließt, in denen zunächst die näheren Umstände zur Entstehung des Buches und die Lebensgeschichte Okutes erläutert werden. "Die Welt der alten Lakota" handelt ganz vom Leben der Lakota vor der Berührung mit den Weißen und erklärt die Entstehung alter Traditionen z.B. durch die Legende von der weißen Büffelkalbsfrau. Im Mittelpunkt steht jedoch die Geschichte von "Maiden Chief", die in dem Buch weit über hundert Seiten einnimmt.
Der zweite Teil "Das Wunder vom Little Bighorn", nach welchem das Buch benannt wurde, schildert die Situation 1867: Die indianische Sichtweise auf die Schlacht am Little Bighorn, sowie die Rolle Sitting Bulls und Crazy Horses darin. Es war ein Ereignis, das von Okute als gleichzeitiger Sieg und Untergang der Lakota angesehen wird.
Der dritte Teil "Neue Zeit" schließlich handelt von der Post-Little-Bighorn-Zeit. Die Geschichte Ité-ská-wís zeigt, wie sehr Liselotte Welskopf-Henrich sich beim Schreiben von Das Blut des Alders auf die Erzählungen Okutes gestützt hat, denn es ist nicht der Name allein, der sich in das "Helle Gesicht" wiederfindet. Erzählungen wie die von Hánta, der Spuknacht oder dem Geisterwolf zeigen wie sehr sich die Welt der Indianer noch zu Zeiten des Übergangs vom 19. aufs 20. Jahrhundert von der der Weißen unterschied, mit dem abschließendem Kapitel "Ein Indianer in New York" schlägt das Buch jedoch schließlich einen Bogen in die Moderne.
Der vierte Teil "Amber Moon" ist insofern ein wenig enttäuschend, als dass er inhaltlich der Geschichte "Maiden Chief" sehr gleicht, was nicht weiter verwunderlich ist, da Okute diese alte Geschichte als Grundlage für seinen zeitlich etwas später angesiedelten Kurzroman verwendet hat.
Viel Spaß bei Lesen und Stöbern.