Frage: Rückflugroute Vancouver - Europa

[Palo Alto]

Hallo,

hätte da mal eine Flugfrage:

Wie verläuft normalerweise die Flugroute ab Vancouver nach Europa? Ich kenne es von Rückflügen ab California so, dass quasi stur nach Westen geflogen wird - in der Regel also "direkt in die Nacht" hinein.

Mein Rückflug neulich (Vancouver - London) verlief zu meiner Überraschung ganz anders: Es wurde quasi exakt die Hinflug-Route zurückgeflogen, weit nördlich über Grönland und Island etc. - mit dem irritierenden Nebeneffekt, dass es während des gesamten Fluges nicht dunkel wurde ...

Gruß
Palo

[nomad]

Hi Palo,

ich hole mal ein wenig aus:

Es gibt ueber dem Atlantik keine flaechendeckende Radarueberwachung. D.h. es gibt keinen Fluglotsen, der die Maschinen auf dem Radar hat und leitet. Stattdessen gibt es ein System aus definierten Flugrouten, auf denen die Flugzeuge fliegen. Dabei sind die Abstaende nach vorne und hinten genauso festgelegt wie die zu den Seiten und nach oben und unten. Man kann sich das als eine Reihe von pipelines vorstellen, in die die Flugzeuge nacheinander hineinfliegen. Wenn jeder sich an die Abstaende haelt, dann kommen sie auf der anderen Seite auch genau so wieder heraus. Diese Flugrouten nennt man North Atlantic Tracks.

Nun sind diese Flugrouten allerdings nicht fest, sondern sie werden jeden Tag neu definiert. Das liegt daran, dass der Jetstream sich aendert und man die Winde moeglichst optimal ausnutzen will. Die aktuellen NATs kannst Du z.B. hier ansehen:

http://www.natroutes.glideslope.de/

Normalerweise sind die Ost-West-Tracks weiter noerdlich als die West-Ost-Tracks. Deswegen fliegt man auf dem Weg zur Westkueste fast immer ueber Groenland, auf dem Weg zurueck so gut wie nie.

Neulich war es bei DIr wohl offensichtlich so, dass der von West nach Ost verlaufende Jetstream sehr weit noerdlich lag. Deswegen wurden die West-Ost-Track auch sehr weit noerdlich gelegt. Vermutlich waren an diesem Tag die Ost-West-Routen auch sehr viel weiter noerdlich als sonst ueblich.

Alles klar?

nomad.

[Palo Alto]

Hey, besten Dank für die ausführliche Antwort!

Neulich war es bei DIr wohl offensichtlich so, dass der von West nach Ost verlaufende Jetstream sehr weit noerdlich lag. Deswegen wurden die West-Ost-Track auch sehr weit noerdlich gelegt. Vermutlich waren an diesem Tag die Ost-West-Routen auch sehr viel weiter noerdlich als sonst ueblich.

Oder vielleicht auch weiter südlich? Wenn es doch da vor allem darum geht, dem Jetstream-Gegenwind auszuweichen?

Gruß
Palo

[nomad]

Oder vielleicht auch weiter südlich?

Ich glaube es ist eine feste Regel, dass die Ost-West-Routen immer weiter noerdlich liegen als die West-Ost-Routen. Genaueres findest Du auf der Website oben.

nomad.

[Mikey]

Es gibt ueber dem Atlantik keine flaechendeckende Radarueberwachung. D.h. es gibt keinen Fluglotsen, der die Maschinen auf dem Radar hat und leitet.

Ist es wirklich so, daß zwischen z.B.: Island und Norwegen oder Irland oder Island und Kanada keine Flugsicherung zuständig ist?

[nomad]

Ist es wirklich so, daß zwischen z.B.: Island und Norwegen oder Irland oder Island und Kanada keine Flugsicherung zuständig ist?

Nein, ganz so ist es nicht. Es gibt eine Flugsicherung, die zustaendig ist. Allerdings gibt es keine Radarueberwachung. D.h. die Fluglotsen koennen die Flugzeuge nicht staendig "sehen". Stattdessen gibt es eben dieses System mit den North Atlantic Tracks. An bestimmten Stellen auf diesen Tracks (ich glaube immer bei den 10-er Laengengeraden) muessen sich die Piloten bei der Flugsicherung per Funk (ich glaube Langwelle, UKW reicht nicht so weit) melden und die prognostizierte Ueberflugzeit fuer den naechsten 10-er Laengengrad angeben. D.h. es gibt schon eine Art Ueberwachung, nur nicht per Radar. Deswegen ist es wichtig, dass die Flieger sich auch an die Routen und Abstaende halten, weil bei drohenden Kollisionen kein Fluglotse warnen kann. Ab den Uebergabepunkten in Irland, bzw. Neufundland uebernehmen dann wieder die Radarlotsen.

Unheimlich, wie?

Gruesse,
nomad.

[Palo Alto]

Unheimlich, wie?

Unheimlich auch, wie dicht der Luftverkehr um einen herum dort ist. Ich habe - verteilt über Hin- und Rückflug - sicherlich an die 10 andere Jets in unserem einsehbaren Luftraum beobachtet ...

Was ich ebenfalls sehr beeindruckend fand, war die (für mich überraschend) starke Eisbedeckung des Meeres zwischen Island und Grönland, der Dänemarkstraße. Nach meiner Schätzung war die Bedeckung wesentlich über 50% - manche Bereiche sahen für mein Gefühl sogar so aus, dass da einfach kein normales Schiff hätte fahren können. Na ja - das nur am Rande.

Gruß
Palo