Also noch einmal: Achtet Ihr auf so etwas oder ist Euch das wurscht?
Glaubt Ihr, dass durch die Beachtung solcher relativ einfacher Regeln evtl. bessere Bilder entstehen?
Hi, ich glaub es nicht, ich weiss es.
Wo es sinnvoll*) und möglich**) ist, versuche ich meine Bilder nach diesen Regeln zu gestalten.
*) Mit sinnvoll meine ich, dass es der gewünschten Bildaussage dienlich sein muss. Diese Regeln sind oft ein sehr guter Anhaltspunkt um sich einer Bildgestaltung bewusst zu nähern. Alles "mit Gewalt" nach diesen Regeln abbilden zu wollen, ist aber mit Sicherheit keine gute Idee.
**) Mit möglich meine ich, dass man nicht immer Gelegenheit dazu hat diesen Regeln konsequent zu folgen, selbst wenn man es möchte. Vögel im Flug erfordern zuweilen ein rasches Handeln und die gewünschte Abbildung einer bestimmten Flugphase kann/darf dann Vorrang haben vor dem letzten gestalterischen Schliff.
Welche Regeln kennt Ihr noch? Habt Ihr Beispielbilder?
Die wichtigsten Regeln hat Dirk ja bereits genannt. Ich möchte hier aber noch mal auf die Drittelregel eingehen, insbesondere was die Lage des Horizonts und die Erzeugung von Tiefe und Raum im Motiv anbelangt.
Zum Einfluss der Drittelregel auf Tiefe und Raum:
Dirk, darf ich dazu bitte nochmal Deinen Löwen aus dem Eingangspost bemühen? Der steht nämlich einmal im linken Drittel und einmal im rechten Drittel. In unserem Kulturkreis lesen wir von links nach rechts, das trifft auch für Bilder zu. Wir kommen also "von links" in das Bild. Wenn das Motiv nun im ersten Drittel des Bildes steht, erzeugt der Hintergrund die Tiefe im Bild. Befindet sich das Motiv hingegen im rechten Drittel, ist der Vordergrund für die räumliche Wirkung im Bild zuständig, da er gegenüber dem Hintergrund betont wird. Dazu bitte einfach mal die beiden Bilder vom Löwen weiter oben in Dirks Beitrag unter diesem Aspekt betrachten.
Zur Lage des Horizonts:
Das oben gesagte funktioniert natürlich auch für die vertikale Einteilung im Bild. Die beiden folgenden Aufnahmen entstanden nahezu zeitgleich (im Abstand von wenigen Minuten) und vom gleichen Standpunkt aus, den Swan Lake Flats im Yellowstone Nationalpark.
Liegt der Horizont im oberen Drittel, betont dies den Vordergrund:
Liegt der Horizont hingegen im unteren Drittel, wird der Himmel betont:
Ein Bild, was ich konsequent nach diesen Regeln gestaltet habe, ist das folgende: (Golden Gate Bridge zum Sunset vom Hawk Hill aus).
Pfeiler und Fahrbahn liegen hier sogar ziemlich exakt auf den Drittellinien, der Horizont liegt im oberen Drittel, was den Vordergrund mit dem Nebel betont. Das Hauptmotiv, der Brückenpfeiler, befindet sich im ersten Drittel, wodurch der Hintergrund mit dem Wolkenteppich und für die Tiefe im Bild sorgt.
Vielleicht mindestens genau so spannend: Habt Ihr Beispielbilder, wo Ihr Euch bewusst über diese Regeln hinweggesetzt habt?
Keine Regel ohne Ausnahme, oder "Learn the Rules to know when to break them".
Ein mittiger Horizont wirkt in der Landschaftsfotografie oft langweilig, die Bildergebnisse wirken flach und emotionslos. Es wird daher im allgemeinen davon abgeraten, den Horizont mittig zu setzen.
Zwei Ausnahmen davon kenne ich jedoch. Die erste ist die, dass das Hauptmotiv in seiner Position im Bild so dominant ist, dass sich ihm die anderen Bildelement unterordnen. Das ist z.B. der Fall im zweiten Bild vom Delicate Arch aus Dirks erstem Beitrag. Dort sorgt auch die Staffelung der Bildelement in der unteren Bildhälfte für ausreichend Tiefe im Bild.
Ein anderes Beispiel ist die folgende Aufnahme aus Bodie:
Das Autowrack ist hier so bildbestimmend, dass die mittige Lage des Horizonts keinen großen gestalterischen Nachteil darstellt. Tiefe entsteht durch die leichte Diagonale des Hauptmotivs, sowie die Gebäude im Hintergrund.
Die zweite Situation, in der ich den Horizont bewusst in die Mitte lege, sind Motive bei denen ich Ruhe und Harmonie betonen möchte.
Ein Beispiel dafür ist diese Aufnahme einer Spiegelungen am Merced River im Yosemite Nationalpark:
Abschließend möchte ich noch zwei Sachen betonen, die mir in diesem Zusammenhang wichtig erscheinen:
1.) Die hier genannten Regeln der Bildgestaltung sind lediglich ein Vorschlag für eine mögliche Herangehensweise bei der Bildgestaltung. Sie führen oft zu Verbesserungen, sind aber im Umkehrschluss kein Garant für gute Bilder. Der kreative Fotograf wird sie hinterfragen und bei Bedarf ignorieren.
2.) Ein gutes Buch über Bildgestaltung ist oft eine bessere Investition in die Fotografie, als ein neues Kameragehäuse oder Objektiv.
Danke fürs Lesen.