Hallo!
Lake Powell?
Als ich den das erste Mal gesehen habe, war ich vom Kontrast des blauen Wassers zur rotgelben Landschaft hingerissen. Das war vor fast 20 Jahren.
Später waren wir auch 2 mal mit dem Powerboat darauf unterwegs, allerdings war das beim zweiten Mal schon nicht mehr so interessant, weil man ja eben meist in "Kanälen" fährt und von der Weite der Landschaft nicht mehr viel erlebt. Also haben wir das später gelassen.
Komisch kam einen das Ganze aber schon vor, irgendwie widernatürlich.
Dann habe ich mich mit dem Thema ein bischen befasst. Mir fiel das Buch "Glen Canyon" von Tad Nichols in die Hände. Eigentlich "nur" ein Bildband, aber mit genug Text um etwas besser zu verstehen, was da ganz bewusst zerstört wurde. Auf einmal war der See nicht mehr wunderbar. Ich darf garnicht daran denken, was alles für unsere heutige Generation nicht mehr erreichbar ist.
Dann die Ökonomie?
Durch die Aufstaung des Damms im Bereich porösen Sandsteins und in relativ hohen Temperaturen geht mehr Wasser durch Verdunstung verloren, als für irgendwelche Bewässerung oder als Trinkwasser abgezweigt werden kann. Die Wasserbilanz ist also negativ. Ohne Damm hätte man mehr zu verteilen.
Wie die Verdunstung durch die Porosität des Gesteins wirkt, kann jeder sehen, der am Lake Powell ist. Die weisse Zone des Gesteins bis etliche Meter über den Wasserspiegel ist ein deutliches Indiz. Das durch die natürliche Porosität des Sandsteins aufsteigende Wasser (Kapillarwirkung) verdunstet an der nicht mit Wasser benetzten Oberfläche. Die gelösten Mineralien werden dabei abgeschieden und bilden den bekannten weissen Belag.
Zusätzlich schwächt das Wasser den Fels durch Auslaugen der Bindemittel zwischen den Sandkörnern. Das ist der gleiche Vorgang, der zur Bildung der für den Südwesten typischen Halbhöhlen (Alcoves) führt. Nur mit dem Unterschied, dass dort eine kleine Wassermenge (seep) eines Quellhorizonts ausreicht, aber eben auch nur eine räumlich begrenzte Wirksamkeit hat. Wie gross diese trotzem ist weiss jeder, der z.B. Betatakin oder "The Great Alcove" am Dirty Devil River kennt.
Die dauernde Durchfeuchtung der Canyonwände am Lake Powell zerstört also deren Festigkeit schnell und nachhaltig. Mit grösseren Abbrüchen ist in den nächsten Zeit zu rechnen. gegenebenfalls ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis die Benutzung des Sees für Wassersport untragbar riskant wird.
Das Problem der Sedimenteintragung ist ein sehr viel grösseres, als es oft angenommen wird. Wie gross es ist, sieht man am besten aus der Luft. Im May 2001 flogen wir mit der Cessna über Hite. Die Sedimentfahne des Colorado Rivers ist meilenlang. Ein Jahr später -der Pegel des Sees war durch die trockenen Jahre und die geringen Schneemengen in den Rockies um über 50 Fuss unter Normalniveau gefallen - konnte man die Probleme schon vom Aussichtspunkt an der UT 95 sehen, die Sedimentfahne ging deutlich weiter, das ganze Wasser im Bereich Hite war eingetrübt. Und das, obwohl der Colorado River zu der Zeit weniger als ein Drittel seiner normalen Wassermenge führte und damit auch der Sedimenteintrag entsprechend niedriger lag.
Im Bereich Hite konnte man auf den trockengefallenen Uferstreifen deutlich die zurückgelassenen Schlamm-Sedimentationen sehen. Diese Problem ist an anderen Stellen - z.B. im Mündungsbereich des Red Canyons südlich von Hite - noch wesentlich schwerwiegender. Massenhafte Schlamm-Ablagerungen machen über der Wasserfläche liegende Bereiche praktisch unpassierbar, weil diese Neusedimentation völlig instabil ist. Hinzu kommt die Fäulnisbildung. Auf gut deutsch - es stinkt erbärmlich! Einzige Nutzniesser der Situation scheinen die Tamarisken zu sein.
Die Energiegewinnung ist im Übrigen im Gesamtrahmen der USA vernachlässigbar, auch ohne den Damm würden die bekannten anderen Probleme des US-Stromnetzes (technisch veraltet, schlecht gewartet u.a.) sehr viel wesentlicher sein. Die nicht erzeugte Energiemenge wäre dagegen leicht zu ersetzen. Hinzu kommt, dass die Hauptabnehmer alle in grösserer Entfernung sitzen (Phoenix ausgenommen) ,was die Energieverteilung auch nicht gerade wirtschaftlich macht.
Bleibt die Nutzung als Freizeitobjekt. Eine National Recreation Area! Auch hier nach Ansicht vieler Leute eine negative Bilanz, denn Glen Canyon im Ursprungszustand hätte wahrscheinlich den imposantesten und einen der vielfältigsten US-Nationalparks abgegeben. Dass man diesen vor dem Dammbau nicht geschaffen hatte lag ja lediglich an der damaligen Unzugänglichkeit der Gegend. (Nicht weit weg davon ist übrigens die Gegend, die als letzte in den lower 49 einen weissen Fleck auf den Karten darstellte -- und dies bis 1946!) Ein weiteres Indiz kann man in der erst kurze Zeit zurückliegenden Schaffung des Grand Staircase Escalante NM sehen. Diese ist ebenfalls touristisch so gut wie nicht erschlossen.
Komme ich mal zum Schluss!
Heute halte ich den See für ein Verbrechen. Das er nicht einmal sinnvoll ist, sondern alle "Nutzen" sich bei genauerer Betrachtung ins Negative kehren macht die Sache noch schlechter. War man wirklich so unwissend oder war es sehr kurzfristiges Profitdenken - ich weiss es nicht!
Gruss
Rolf