Zeit fürs Abendessen
EpicureHeute Abend bin ich zu Gast im Restaurant
Epicure. Das 3-Sterne-Restaurant gehört zum Hotel Le Bristol. Das Palasthotel in der 112 Rue du Faubourg Saint Honoré wurde 1925 eröffnet und 2009 für ein dreistelligen Millionenbetrag aufwendig renoviert. Das Hotel mit seinen 188 Zimmer und Suiten schwelgt im Luxus. Das wird einem bewusst, wenn man sich die Übernachtungspreise ansieht – das günstigste Zimmer kostet 990 € pro Nacht, die teuerste Suite 24.000 €. Berühmte Persönlichkeiten haben im Hotel Le Bristol übernachtet, unter anderem Marilyn Monroe, Rita Hayworth, Orson Welles, Grace Kelly, Josephine Baker, Charlie Chaplin, Sophia Loren, Mick Jagger und noch viele mehr. Seit 1978 befindet sich das Hotel Le Bristol im Besitz der Familie Oetker. Zur Oetker-Kollektion gehören neun Luxushotels, darunter das Brenners Park-Hotel in Baden-Baden. Bekannt ist Dr. Oetker u.a. für Backmischungen und Tiefkühlpizza.
Aufzug
Das Epicure hat jeden Tag mittags und abends geöffnet. Der personelle Aufwand mit 40 Köche und 40 Servicekräfte für nur 40 Gäste ist enorm. Es ist verständlich das die Kosten nur mit Hilfe eines finanzstarken Hotels aufgebracht werden können. Letztendlich subventionieren die Hotelgäste das Epicure, auch wenn sie dort nicht speisen. Die hohen Unterhaltskosten sind auch ein Grund, warum viele Pariser 3-Sterne-Restaurants zu Hotels gehören.
Mit einem freundlichen Bonsoir werde ich von der Empfangsdame begrüßt. Im Speisesaal mit Blick in den Innenhof dominieren helle, warme Farben. Die 16 runden Tische sind schlicht eingedeckt. Auf dem Tisch liegt weißes Porzellan, ein Weinglas und ein kleines Rosenbouquet. Kein überflüssiger Kitsch lenkt ab. Sehr elegant. Zur Einstimmung bestelle ich ein Glas Rosé Champagner aus dem Hause Jean-Louis Vergnon. Währenddessen studiere ich die Speise- und Weinkarte. Vorspeisen kosten zwischen 65 und 150 Euro, Hauptgänge zwischen 69 und 290 Euro, Nachspeisen zwischen 32 und 38 Euro.
Beim letzten Besuch hatte ich ein Mittagsmenü, heute wähle ich à-la-carte. Ich bestelle zwei Vorspeisen, zwei Hauptgänge, Käse und zwei Nachspeisen.
Amuse BoucheKougelhopf with lard di colonata, preserved tomatoes, black olives, comté cheese, chorizo.
Eggplant caviar perfurmed with sesame oil and anchovies, tomatoes and red pepper coulis.
Foie grad and eel fish with betroth foam.
Fresh nuts stuffed with Porto and a foam of goat cheese with pistachio, fresh nuts and hazelnut.
Artichoke from Provence roasted with olive oil and white truffle from Alba, egg powder and artichoke crisps with hazelnuts
Stuffed Macaroni with black truffle, artichoke and duck foie gras, gratinated with mature parmesan cheese
Blue Lobster roasted in its shell, sauteed Southern vegetables with olive oil, squids, chorizo, anchovies, sweet peppers and basil
Duck from Challans roasted with figs, spicy honey and crushed favours, puréed onions with verbana, souffléed potatoes
Our Cheeses Pre Dessertpineapple in Caprinhia jelly, coconut sorbet
Lemon from Menton frosted with limoncello, with pear and preserved lemon
”Thyme-Lemon” Honey iced, crispy, and runny honeycomb, refreshed pears with lime
Sterne-Restaurants lassen sich das Brot von ausgesuchten Bäckereien liefern. Nicht so im Epicure. Hier wird das Brot noch selbst zwei Mal täglich gebacken. Acht verschiedene Brotsorten liegen im Brotkorb, dazu gibt es in perfekter Konsistenz gesalzene und ungesalzene Butter aus der Normandie. Kein Frage, der Brotkorb (10/10) im Epicure ist immer noch der Beste.
Vor den Vorspeisen werden zwei Amuse Bouches serviert. Beides sind köstliche Appetitanreger und das Speck-Zwiebel-Brötchen ebenfalls (10/10). Als Weinbegleitung gibt es einen 2011er Gevrey-Chambertin von Bruno Clair.
Der erste Gang ist eine halbe Portion „Artichaut de Provence” (75 €). Das Artischockenherz wird in zerriebene Sardellen geröstet, die Artischockenblätter sind mit Walnussöl und gerösteten Haselnüssen belegt, dazu noch Artischocken-Chips und weißer Trüffel aus Alba. Fantastische Produktküche (9,5/10).
Der zweite Gang ist „Macaronis Farcis” (98 €), Makkaroni, gefüllt mit Trüffeln, Artischocken und Entenleber, gratiniert mit altem Parmesan auf Trüffel-Geflügel-Jus und Sauce Suprême. Ein Signature-Gericht von Eric Frechon im Epicure, dass ich zum ersten Mal probiere. Himmlischer Duft von Trüffeln liegt über dem Teller und auf der Zunge spürt man eine unglaubliche Intensität von Aromen. Ein sensationelles Gericht (10/10).
Als Hauptgang gibt es „Homard Bleu” (120 €). Im Vergleich zum nordamerikanischen Hummer bietet der europäische Hummer aus der Bretagne, Norwegen oder Schweden eine höhere Qualität. Das Fleisch ist fester, hat feinere Fasern und der Geschmack ist intensiver. Übrigens, die Weibchen des blauen Hummers schmecken noch delikater als die Männchen. Mein Exemplar ist auf dem Punkt gegart. Es duftet himmlisch und schmeckt vorzüglich (10/10).
Es folgt eine halbe Portion Ente aus Challans (55 €). Der Geschmack ist zart und fein. Die Kartoffelbälle luftig und kross, die Soße himmlisch gut. Besser kann man Ente nicht zubereiten (10/10).
Der Käsewagen wird an dem Tisch geschoben. Das Epicure bezieht seinen französischen Weich- und Hartkäse von Bernard Antony und Marie-Anne Cantin. Eine kleine Auswahl an Ziegenkäse (32 €), dazu gibt es noch Feigen und Früchtebrot. Reife und Temperatur sind perfekt (10/10).
Es folgt das Pre-Dessert, Ananas in einem Caprinhia Gelee und Kokos Sorbet. Fruchtig und erfrischend (9,5/10).
Mein erstes Dessert ist Miel „Thym-Citron” (32 €). Ein Parfait von Honig und Zitronenthymian gefüllt mit Shortbread und Honigschaum, darüber marinierte Birnenwürfel. Die Sauce aus Honig, Ingwer und Zitrone bringt säuerliche Frische und etwas Schärfe ins Spiel. Diese grandiose Komposition stammt von Chef-Patissier Laurent Jeannin, der im Juli 2017 im Alter von nur 49 Jahren verstorben ist. Ein Dessert zum dahinschmelzen (10/10). Weltklasse!
Das zweite Dessert nennt sich „Citron de Menton” (34 €) Der Name nimmt Bezug auf Menton an der Côte d’Azur, wo alljährlich das weltberühmte Zitronenfest stattfindet. Die täuschend echt aussehende Zitrone ist mit einem Zitronen-Limoncello-Gelee überzogen. Innen befindet sich ein kühles Zitronensorbet mit Stückchen von kandierter Zitrone. Das Sorbet schmilzt auf der Zunge und setzt die feinsten Aromen frei. Die milde Säure und Textur passen wunderbar zusammen (9,5/10). Dazu gibt es noch zwei Löffel Tee.
Nach den beiden Desserts frage ich den Service, warum mir kein Käse kein Wein angeboten wurde. Dem Service ist meine Frage sichtlich peinlich. Als Entschuldigung gibt es das zweite Dessert umsonst.
Zum Schluss gibt es noch Friandises bzw. Naschereien. Im Angebot sind Marshmallows, Macarons und Schokolade. Ich mag eigentlich keine Marshmallows, aber diese haben mit der sonst klebrigen Süßware gar nichts zu tun. Die Marshmallows (9/10) überzeugen mit einer wunderbar luftigen Konsistenz und feinem Minzearoma. Das Highlight sind aber die Macarons. Ich habe schon viele Macarons in den letzten Tagen ausprobiert, darunter sehr gute und weniger gute. Die Macarons mit Cassis, Karamell, Zitrone und Kokos sind herausragend. Kurz gesagt, die besten Macarons (10/10), die mir jemals untergekommen sind.
Hübsch angerichtete Teller können viele Sterne-Köche auftischen – höchste Produktqualität mit künstlerischem Handwerk verbinden, können aber nur wenige. Küchenchef Eric Frechon ist einer von ihnen. Seine Produktküche auf wenige Zutaten reduziert, spricht für sich. Noch ein paar Worte zum Service. Immer für einen lockeren Spruch gut und ohne Anzeichen von Hochnäsigkeit, ist das Servicepersonal sehr aufmerksam und zuvorkommend. Man wird auch nicht schief angesehen, wenn man ein Foto vom Brotkorb machen möchte. Das Epicure widerlegt das Klischee, dass es in Sterne-Restaurants mitunter steif zugeht. Unaufdringliche Eleganz, herausragende Kulinarik und (fast) makelloser Service summieren sich zu einem Gesamtkunstwerk.
Speisen: 10
Service: 9,5
Ambiente: 9
Mit dem Taxi geht es zurück ins Hotel. Morgen steht ein volles Programm an.
to be continued