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Autor Thema: Wir hatten einen Traum  (Gelesen 22464 mal)

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grenzenlos

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #15 am: 04.02.2014, 14:12 Uhr »
Europa
 
Vom thüringischen Sonneberg aus ging es im April 2007 immer Richtung Süden. Die Donau war unser erstes Ziel. Diese begleiteten wir durch Bayern, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Serbien, Kroatien bis Bulgarien. Der Donau-Abschied in Bulgarien viel uns recht schwer, denn meist waren die Donauwege Radel-schön, von Land zu Land ließ auch der Muskelkater spürbar nach und die Ledersättel waren endlich eingeritten. Auch hatten wir endlich gelernt unseren Radelhaushalt in den Griff zu bekommen. Jedes Teil hatte nun seinen bestimmten Platz und das Auf- und Abbauen unserer Lagerstätten dauerte dann meist nur noch eine gute Stunde.
 

Donauradweg


Anfängliches Chaos

Türkei
 
Fast drei Monate ließen wir uns für die Türkei Zeit. Wir lernten recht schnell, dass die Zeit für uns ein wichtiger Faktor sein wird, denn erst ab der Türkei fühlten wir uns irgendwie frei und die Zeit an sich spielte keine treibende Rolle mehr. Auch hatten wir nun das Gefühl, jetzt kann uns niemand mehr zurückholen, wir sind in Asien angekommen. Nach Istanbul ging es mitten durch die herrliche Türkei. Landschaften wie aus dem Bilderbuch, Karawansereien, Salzwüsten, Kappadokien, der Vansee und die meist netten Menschen, versüßten uns die türkischen Radelmonate. Die Visa für den Iran wurden in Erzurum besorgt. 10 Tage dauerte die Visageschichte. Am biblischen Berg Ararat öffneten die Iranis für uns dann aber sehr unkompliziert das verschlossene Grenztor.


Herrlicher Lagerplatz


Kurdenmädchen

Iran
 
Auch wenn es oft schwer begreiflich erscheint, der Schurkenstaat Iran wurde für zwei Monate eines unserer angenehmsten Radelländer. Unvergessen ist dabei die eigentlich unbeschreibliche Gastfreundschaft der Perser. Da Gi (Gisela) im Iran für 4 Wochen Zahnschmerzprobleme hatte, lernten wir auch viele Zahnärzte kennen. Gi hätte sicherlich darauf verzichten können, doch letztendlich brachten uns diese Zahnprobleme auch viele weitere ungeahnte Einsichten in ein absolut interessantes Land. Leider, vielleicht auch zum Glück, wurden uns die Visa für Pakistan verweigert. So lernten wir auf der Strecke von Tabriz,  Esfahan über Bandare Bushehr nach Bandare Abbas auch noch die iranische Küste am Persischen Golf kennen. Über 1000 km radelten wir immer am Golf entlang. In Bandare  Abbas setzten wir mit einer Fähre in die Emirates über. Vorher besuchten wir noch die vorgelagerten Schmugglerinseln. Alles was es eigentlich im Iran nicht geben dürfte ( Heineken-Bier, unsaubere Videos, leckeren Krimsekt, süffigen Whisky ) bzw. Mangelware ist (Kühlschränke, Autoreifen, TV – Geräte, ausgefallene Klamotten und, und …), findet in Nacht – und Nebelbootsschmuggeltouren von Arabien herüber seinen Weg in den Iran.


Vier Wochen Gis Iranbegleitung


Esfahan

Vereinigte Arabische Emirate
 
Die Emirates überraschten mit wenigen, klobigen aber durchaus interessanten Betonburgen in viel Sand. Das höchste Gebäude der Welt war gerade im endstehen. Ein Reporter vom VAE – Fernseher wollte unbedingt viele Fragen von uns beantwortet haben. Die wichtigste für ihn war: Was esst und trinkt ihr denn, um diese Strapazen durchzuhalten? Unsere Antwort war: Wir essen und trinken was es in den jeweiligen Ländern gibt. Dies konnte er absolut nicht verstehen. Wir denken, noch heute würde er liebend gerne in unsere Packtaschen rumwühlen, in der Annahme, dort sind, dort müssen garantiert tausender von Wunderpillen versteckt sein.
Uns zog es aber alsbald über die Wüstenstrecke Richtung Oman. Wir lieben die Wüsten. Kamele, kleine Oasen, putzige Moscheen, leben wie die Beduinen, Sand, Sand, Sand…. waren angesagt. Somit waren die nur 200 km für uns Wüstenschön.


Sand, Sand, Sandlager


Unser Lieblingskamel

Bis bald :)

Gruß Wi http://www.grenzenlosabenteuer.de/
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Inspired

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #16 am: 04.02.2014, 17:42 Uhr »
Alles aufzugeben, alles abzubrechen in dem Selbstvertrauen, dass man dann "einfach die Firma wieder aufmacht" (darf ich fragen, was ihr herstellt oder verkauft?) finde ich ganz schön imposant. Leider habe ich die Traute nicht und habe keine Ahnung, welche Erfahrungen, die mich weiter bringen könnten, ich dadurch verpasse...

Absolut cool und offenbar ja von Erfolg gekrönt, bzw. seid ihr ja wohl nach der  Tour zumindest nicht "in der Gosse gelandet". Respekt!

Wilder Löwe

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #17 am: 04.02.2014, 18:30 Uhr »
Wieviel Kilo Gepäck hattet Ihr denn pro Person ca. dabei? Waren die Räder normale Tourenräder oder habt Ihr irgendwelche Spezialdrahtesel genutzt?
Viele Grüße
Katrin

grenzenlos

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #18 am: 04.02.2014, 19:12 Uhr »
Alles aufzugeben, alles abzubrechen in dem Selbstvertrauen, dass man dann "einfach die Firma wieder aufmacht" (darf ich fragen, was ihr herstellt oder verkauft?) finde ich ganz schön imposant. Leider habe ich die Traute nicht und habe keine Ahnung, welche Erfahrungen, die mich weiter bringen könnten, ich dadurch verpasse...

Absolut cool und offenbar ja von Erfolg gekrönt, bzw. seid ihr ja wohl nach der  Tour zumindest nicht "in der Gosse gelandet". Respekt!
Ne, ich hatte keine Firme. War nur in Bezug auf @Microbi gemeint. War 35 Jahre in einer Firma beschäftigt. Habe dann gekündigt. Gi konnte 4 Jahre raus, hatte aber die Sicherheit nach Rückkehr, ihren alten Job wieder zu bekommen (Öffentlicher Dienst). Dies war die halbe Miete. Wir hatten auch in den 4 Jahren solange unsere Wohnung vermietet. War natürlich auch recht vorteilhaft.
Natürlich ist solch ein Start in ein ganz anderes Leben schwierig vom Kopf her, doch wir merkten recht schnell, es macht uns viel Spaß und Freude. Die Rückkehr war kopfmäßig dann weit schwieriger.
Gi ist wieder in ihrem alten Job. Ich habe in der Zwischenzeit viele Vorträge gehalten und ein B. geschrieben.
Nun sind wir am überlegen, ob wir nicht in wenigen Monaten wieder länger unterwegs sein wollen? :wink:
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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #19 am: 04.02.2014, 19:19 Uhr »
Wieviel Kilo Gepäck hattet Ihr denn pro Person ca. dabei? Waren die Räder normale Tourenräder oder habt Ihr irgendwelche Spezialdrahtesel genutzt?

Mein Fahrrad: 18 kg + ca. 40 kg Gepäck (in den Wüsten meist mehr wegen Wasser)
Gis Radel:      16 kg + ca. 35 kg Gepäck

Die Räder haben wir in einem kleinen Radelladen in Erfurt anfertigen lassen. Wir wollten unbedingt Stahlräder.

Einige Daten zu den Rädern:

Rahmen: Fort M2 26“ CrMo4
Gabel: CroMo4 starr mit Ösen
Steuerlager: FSA Orbit II XL industrie-
gelagert
Vorbau: ITM Road
Lenkerbügel: ITM Super Lux
Sattelstütze: ITM Patent
Bremsen/Bremshebel: Avid SD 7
Felgen: Mavic A 319 36 Loch
Reifen: Schwalbe Marathon
50-559
Schläuche: Conti AV + DV Adapter
Pedale: industriegelagert
Sattel: Brooks Flyer schwarz
Griffe: Ergon MR1
Träger: Tubus Logo
Lowrider: Tubus Tara

Auch wenn manches rustikal erscheint, wir waren zufrieden. Die Langzeitreiseräder sollten ja robust sein. :wink:
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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #20 am: 05.02.2014, 07:49 Uhr »
Wieviel Kilo Gepäck hattet Ihr denn pro Person ca. dabei? Waren die Räder normale Tourenräder oder habt Ihr irgendwelche Spezialdrahtesel genutzt?
Noch was vergessen was eventuell interessant.
Wir hatten nur eine 8 Gang Nabenschaltung.
LG Wi
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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #21 am: 05.02.2014, 09:56 Uhr »
Oman
 
Wir mussten zuerst nach Maskat radeln um die Visa für den Jemen zu besorgen. Der Radelweg nach Maskat war einfach nur herrlich, denn die vorgelagerten Gebirgszüge garantieren absolute Abwechslung. Heiße Quellen, verträumte Oasen, überaus nette Menschen, Gebirgszüge von über 3000 m Höhe und Wüsten soweit das Auge reicht, ließen die Tage wie im Radelflug vergehen.
Von Maskat aus starteten wir Richtung Salalah. Über 1000 km ging es durch die Wüste Rub al Khali (Leeres Viertel). Absolut wichtig war dabei immer Trinkwasser zu bunkern. Teilweise wogen unsere Last-Radel dann bis über 80 kg. 80 km vor Salalah ist mir die Hinterradfelge eingerissen. Die geschweißte Felge bin ich dann noch 3 Jahre über 30.000 km geradelt (die wurde erst auf der Rückreise in Ägypten ausgewechselt). Noch heute könnte ich den pakistanischen Felgenschweißer (es war seine erste Felge) küssen.
Die Radelzeit in der Rub al Khali selbst werden wir nie vergessen. Die Höchsttemperatur war 47 Grad. Wir haben uns trotzdem immer wohl gefühlt. Wahrscheinlich muss man hierfür Wüsten absolut lieben und natürlich auch kopfmäßig gut vorbereitet sein.
Von Salalah aus ging es über die Mondberge zur jemenitischen Grenze.


Strandparadies bei Salalah


Geschweißte Felge


Omanische Gastfreundschaft

Jemen
 
Nur mit viel Überzeugungskunst (Frauen schaffen halt fast alles) unsererseits hatte uns der jemenitische Botschafter in Maskat die Visa für den Jemen ausgestellt. Wir mussten uns aber an bestimmten Abreden halten (Radeln war 2007 im Jemen nicht mehr möglich). Wir mussten an einem bestimmten Tag am Grenzübergang in den Mondbergen sein.
Ein Freund holte uns fast an der Grenze mit dem Auto ab (die Abholung war auch Absprache mit dem Botschafter). Zum Glück kam der Freund wie erwartet aber später. So konnten wir zumindest die ersten 70 km entlang der Piratenküste im Jemen radeln. Unvergessen sind dabei die unzähligen Meeresschildkröten und unsere erste Übernachtung in einem Fischerdorf.
Für 3 Monate lebten wir dann in Sanaa. Dort gibt es wohl die schönste Altstadt der Welt. Wir tauchten ein in dieses faszinierende Land, erlebten dabei Hochzeiten, Landschaften, Gastfreundschaft, Beerdigungen und unzähliges mehr.
Trotz vielfältiger Bemühungen bekamen wir keine Schiffsüberfahrt nach Indien. Der Abschied vom Jemen viel uns schwer, zählt er doch schon viele Jahre zu unseren Lieblingsländern.


Wadi


Ausblick bei Sanaa


Hochzeitsgäste

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Saguaro

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #22 am: 05.02.2014, 10:31 Uhr »

Ausblick bei Sanaa

Wahnsinn  :applaus:. Boahh, allein schon Jemen - habt ihr euch was getraut  :verneig:.

LG,

Ilona
Liebe Grüße

Ilona

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Heike & Heimo

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #23 am: 05.02.2014, 19:40 Uhr »

Ausblick bei Sanaa
Ein unglaubliches Bild!
"Of all the books in the world, the best stories are found between the pages of a passport."

DocHoliday

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #24 am: 05.02.2014, 22:55 Uhr »
Wow!

Hochachtung für Euren Mut, Euren Traum umzusetzen!
Nicht nur dafür, hier Eure Existenz aufzugeben oder zumindest auf Eis zu legen sondern auch dafür, Länder wie den Iran und den Jemen zu bereisen.
Gruß
Dirk

grenzenlos

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #25 am: 06.02.2014, 08:16 Uhr »
Guten Morgen DocHoliday, Heike&Heimo, Saguaro,
danke für die netten Sätze.
Ja, der Jemen ist ein ganz spezielles Land. Die Aufnahme vom Ausblick ist nur ca. 50 km von Sanaa. Sanaa selbst liegt schon auf ca. 2000 m Höhe. Vom Ausblick geht es ca. 800 m runter in eine echt herrliche Schlucht. Die höchsten Berge sind dort knapp 4000 Meter hoch.
Leider ist der Jemen kein einfaches Reiseland mehr. Von Jahr zu Jahr wurde es problematischer dort. Wir waren erst letzten Februar wieder dort, Freunde besuchen. Da wir viele Leute dort kennen, fühlen wir uns trotzdem sicher. Auch spricht Gi gut Arabisch. Dies hilft natürlich auch. Da wir mit einer Clanfamilie befreudet sind, haben wir auf Touren auch immer eine Knarre dabei. Gebraucht haben wir die noch nie, doch sie beruhigt. Während unserer Welttour haben wir für 3 Monate in der Altstadt von Sanaa gewohnt.
99 Prozent der Menschen dort sind echt OK. Natürlich gibt es auch die Spinner  :kloppen:. Doch wo gibt es die nicht?
Bis zum gemeinsamen weiter-radeln  :wink:,

Grüße von Wi grenzenlos  :zeltfeuer:
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Gruß Wi grenzenlos

Salial als Gast

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #26 am: 06.02.2014, 14:05 Uhr »
WOW - ich bin sprachlos und verbeuge mich vor soviel Abenteuermut und - lust!
Bin dabei!
LG
Salial

grenzenlos

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #27 am: 06.02.2014, 17:01 Uhr »
WOW - ich bin sprachlos und verbeuge mich vor soviel Abenteuermut und - lust!
Bin dabei!
LG
Salial

Die Reiselust ist sehr wichtig. Mut braucht man unterwegs dann recht selten. Die Lust muss aber unbedingt bleiben :wink:
Morgen Radeln wir dann weiter! :dafuer:
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Trooy

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #28 am: 06.02.2014, 18:23 Uhr »
Höchsten Respekt :) So tolle Erfahrungen macht man wahrscheinlich das ganze Leben lang nicht mehr..

Inspired

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Re: Wir hatten einen Traum
« Antwort #29 am: 06.02.2014, 22:33 Uhr »
Och ja, na ja, da radeln wir mal eben fix nach Maskat :lachen07:

Wie war es denn generell so am Grenzübergang, wenn da zwei Europäer plötzlich mit dem Rad einreisen? Das kommt doch sicher dort nicht alle Tage vor, oder?