Tag 3 Montag 21.8.2017 SoFi Heute hat um 7 Uhr der Wecker gerappelt, mein Freund war da schon wach und geduscht. Der Frühstücksraum im Monument Inn war größer als in den meisten Hotels, wir haben einen Tisch für uns gehabt. Eier gab es diesmal keine aber Hashbrowns, das esse ich gern zum Frühstück. Dazu gab es Zimtbagel und um das Gewissen zu beruhigen meine Haferflocken mit Milch. Der Kaffee war original amerikanisch und wurde mit Nescafé verstärkt.
In vielen Hotels gab es statt Ketchup dieses scharfe Tomatenrelish, sehr lecker. Und richtiges Geschirr gab es hier, die absolute Ausnahme unter allen Hotels. Wir haben in aller Ruhe gefrühstückt, die Sonnenfinsternis war ja erst gegen Mittag und wir hatten nur eine Stunde zu fahren zum Agathe Fossil Beds National Monument, das ich mir als Ort zur Beobachtung der Sonnenfinsternis rausgesucht hatte.
Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen was der beste Ort wäre. Alles im Umkreis einer Tagesfahrt von Denver aus wäre in Frage gekommen, ich hatte auch etliche Orte in Wyoming in die Wahl genommen, habe mich dann aber sicherheitshalber für einen Ort entschieden den ich schon kannte. Ich wollte in der Natur sein nicht in der Stadt und am Agathe Fossil Beds NM ist weit und breit nichts als Grasland und ein paar kleine Hügel, ich habe gehofft dass dort die Sicht gut sein würde.
Außerdem gehört dieses NM zu meinen Lieblingsplätzen in USA und ich habe mich gefreut die tolle Indianersammlung dort im Museum noch mal anzuschauen (wer mehr dazu wissen will findet viele Bilder in meinem Reisebericht von 2013).
Bei absolut herrlichem Sonnenschein, 30 Grad und wolkenfreiem Himmel fuhren wir auf den Highway 29 nach Norden. Ein paar Autos vor uns fuhren konstant in die gleiche Richtung, die wollen doch hoffentlich nicht auch dorthin. An diesem kleinen NM gibt es nur wenige Parkplätze und ich habe mich gefragt ob wir wohl noch einen Parkplatz bekommen würden. Bei den letzten beiden Besuchen waren wir dort nahezu alleine.
Relativ bald ist uns klar geworden dass aus der Einsamkeit in der Natur nix werden würde. Den ganzen Highway entlang standen Autos am Rand im Gras, viele standen da wohl schon seit gestern, etliche saßen auf Klappstühlen auf der Ladefläche ihrer Pickups, Zelte und Sonnenschirme waren auch zu sehen, ein echtes Happening. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet dass so viele Leute kommen würden. Ich hatte mit ein paar verrückten Europäern gerechnet aber die Amerikaner völlig vergessen. Damals 1998 in München gab es keinerlei Touristen von außerhalb, dass das hier völlig anders sein würde habe ich einfach nicht erwartet.
Die Kamera war noch im Rucksack und so habe ich das Handy aus der Navihalterung genommen und ein paar Fotos vom Auto aus gemacht (die Windschutzscheibe war nicht sauber) nur damit ihr euch das vorstellen könnt:
Und es wurde immer voller am Straßenrand…So langsam machte ich mir Sorgen ob wir überhaupt zum National Monument würden reinfahren können, im Notfall müßten wir eben auch am Straßenrand stehen bleiben.
Als wir gegen 10 Uhr an der Einfahrt zum NM ankamen gab es das gleiche Bild mit zugeparktem Seitenstreifen und es standen Ordner mit gelben Westen da. Sie haben kostenlos Sofibrillen verteilt (wir brauchten keine, ich hatte natürlich zuhause schon zwei besorgt.) Auf meine Frage wo wir parken können hieß es wir sollen uns einfach irgendwo einen Platz suchen, das ginge schon noch, also bin ich frech bis kurz vors Visitorcenter gefahren wo ich am Straßenrand wirklich noch einen Platz gefunden habe, perfekt!
Es waren auf der Wiese zusätzlich provisorische Parkplätze eingerichtet worden, so sah das hier aus:
vor dem Visitorcenter
Unglaublich was die Leute alles mitgeschleppt haben, Tische, Stühle und Kühlboxen standen überall rum, diese aufblasbaren Sofas gab es öfter.
Ich wollte erst mal im Visitorcenter die schöne Ausstellung ansschauen. Direkt davor war eine provisorische Bühne aufgebaut:
Dort hielt ein Lakotaindianer eine Ansprache zum Thema Umweltschutz
umringt von vielen interessierten Zuhörern. Da blieben wir natürlich auch erst mal stehen. Er trug genau die Kleidung, die man drinnen im National Monument in der Ausstellung besichtigen konnte, ich war begeistert!
Den Kopfputz fand ich einfach urkomisch, hat mich spontan an die Perücken im englischen Parlament erinnert, auf der einen Seite absolut passend, auf der anderen irgendwie aus der Zeit gefallen, vor allem mit der Sonnenbrille darunter.
Jedenfalls fand ich die Idee genial hier einen Lakota sprechen zu lassen und nicht etwa einen Ranger oder Regierungsangestellten, dies ist schließlich Lakotaland!
Die Stimmung war einfach super hier!
Drinnen im Visitorcenter war natürlich auch die Hölle los, es gab Sonderstempel und wieder Sofibrillen (ich habe mir eine mitgenommen und den Sonderstempel draufgehauen als Andenken), die Indianerausstellung haben wir uns auch angeschaut, aber so richtig Ruhe und Muße hatten wir nicht.
Auf der Toilette habe ich mich köstlich amüsiert, stand da doch tatsächlich ein Schild in englisch und spanisch (das hätte ich verstanden) und deutsch!
Draußen haben wir uns dann nach einem geeigneten Plätzchen umgeschaut und uns gewundert was die Leute alles an Equipment mitgebracht haben, manche haben sich sogar ein Stück Wiese eingezäunt
Ich wollte eigentlich zu dem Hügel dahinten gehen, dort verläuft ein offizieller Wanderweg, der war aber nach einigen Metern abgesperrt
Wir mußten uns also einen anderen Ort suchen und sind zu dem Hügel hier hinten am Bild gegangen
(der Fleck links oben hat nix mit der Sonnefinsternis zu tun, mein Objektiv war wohl dreckig).
Am Fuß dieses Hügels schlugen wir dann unser Lager auf
Oben saßen ein paar Leute, aber sonst waren wir alleine
Blick nach vorne:
Etwas zur Seite
Also ganz alleine waren wir nicht aber um uns rum nur Wiese. Mein Freund hat sein Stativ aufgebaut und ich lag im Gras, die Sofibrille auf und sah nach oben. Man sah eine weiße Sichel auf schwarzem Grund und es hat einen Moment gedauert bis ich begriffen habe dass die weiße Sichel nicht der Mond sondern die Sonne ist (ich Depp
), sah genauso aus wie sonst wenn man nachts den Mond anschaut. Es war jetzt halb 12 also ungefähr 20 Minuten vor der totalen Finsternis und obwohl von der Sonne nur noch eine Sichel sichtbar war, war es noch genauso hell wie eine Stunde vorher.
Bei meinem Freund brach plötzlich Hektik aus, er fand seine Brille nicht mehr, ich habe ihm die aus dem Visitorcenter gegeben (später fand sich die Brille in einer der vielen Hosentaschen).
Erst wenige Minuten vor der totalen Finsternis wurde es etwas dunkler
Dann ging es auf einmal Schlag auf Schlag und es wurde dunkel
Ein
Aaahhh ging durch die Menge und ich riß mir die Brille von den Augen (was man darf sobald die Eclipse total ist, das stand ausdrücklich in der Zeitung die wir zur Sonnenfinsternis im Hotel erhalten hatten).
Ich kann euch überhaupt nicht beschreiben wie es mir dann ging. Ich hatte das Gefühl mich hat ein Hammer getroffen. Was ich da am Himmel sah war so schön, dass ich es kaum glauben konnte. Völlig anders als ich es mir vorgestellt hatte! Ein ultramarinblauer Himmel (nicht schwarz!) davor der Mond der aussah wie mit schwarzem Hochglanzlack überzogen, keinesfalls die flache schwarze Scheibe wie man es von den Sofifotos kennt, man sah die Krater im Mond aber eben alles in schwarz und zwar leuchtend schwarz! Und darum herum auf dem blauen Hintergrund die wabernde sich ständig bewegende weiße Corona. Und das ganze irgendwie riesig groß. Ich war einfach fassungslos, geflashed, geschockt und fing spontan zu weinen an. Ich glaube ich habe noch nie im Leben so etwas schönes gesehen. Kein Tümpel im Yellowstone kann damit mithalten auch nicht der Blick von oben auf den Grand Prismatic. Es war einfach ungeheuerlich. Ich konnte nur noch nach oben glotzen. Und wenn ich das schreibe oder lese bekomme ich eine Gänsehaut.
Mit der Kamera ist mir noch ein halbwegs gutes Bild gelungen, es war einfach absolut faszinierend dass der dunkelblaue Himmel zum Horizont hin immer heller wurde und am Horizont rosa
Mein Freund war auch völlig geplättet, seine Bilder von der Sonne sind größtenteils unscharf trotz Stativ und Spezialfilter. Wir haben beide im Internet gesucht: es gibt erstens kein Bild das den schwarzen Mond vor blauem Hintergrund zeigt und erstaunlicherweise auch keine Bilder vom rosa Horizont. Mein Mitleid an alle die das nicht sehnen konnten, es gibt keine Bilder die vermitteln können was hier passiert ist!
Mein Freund der die Sonenfinsternis damals in München gehen hatte (und ohne Wolken gute Sicht hatte) war baff erstaunt wie anders das hier war. In München wurde es schwarz und wieder hell, keine Rede von blau und rosa. Ich glaube man muss das wirklich auf weitem Feld mit freiem Blick zum Horizont betrachten und ohne den Großstadtsmog.
Als es wieder hell war habe ich eine Art Freudentanz aufgeführt. Und allen anderen ging es genauso. Als wir zum Auto zurück gingen hat uns ein älterer Mann der vor seinem Auto am Straßenrand saß angesprochen ob das nicht einfach unglaublich war? Er war alleine und mußte sich jemandem miteilen. Uns ging es ganz genauso. Ich glaube alle hatten das Gefühl ein Wunder erlebt zu haben. Klingt vielleicht völlig übertrieben, aber so wars. Und was für ein Sauglück wir mit dem Wetter hatten!!!
Ich werde das mein ganzes Leben nicht vergessen und ich kann gar nicht sagen wie dankbar ich bin dass ich das erleben durfte!
Mein Freund war glücklich dass ich ihn dazu überredet habe (vorher meinte er dass er das in München ja gut gesehen hatte und dass ihm einmal eigentlich reicht). Und ich habe mir den ganzen restlichen Tag für die Auswahl des Ortes auf die Schulter geklopft. Dafür hatte ich dann den ganzen Tag Zeit, denn den Rest des Tages haben wir im Auto im Stau verbracht!
Wir sind relativ bald wieder gefahren, es war binnen Minuten wieder völlig hell und wir wollten heute ja noch nach Estes Park. Die meisten Amis sind dageblieben und haben erst mal Picknick ausgepackt. So war es kein Problem aus dem Park rauszufahren und auch die Strecke nach Mitchell war problemlos. Im Ort standen Hilfskräfte mit Warnwesten auf den Kreuzungen und regelten den Verkehr, so war auch das kein Problem. Von Nebraska hatten wir keinen deLorme (schwerer Fehler) und von Wyoming hatten wir gar keine Karte dabei. Das Navi hat eine andere Strecke rasugesucht als ich mir vorher angeschaut hatte aber ohne Karte sind wir lieber dem Navi gefolgt das nach Westen wollte. Im nächsten Ort Morrill das gleich Bild: überall Ordner an den Kreuzungen. Wir haben getankt (mit Hilfe eines anderen deutschen Urlaubers, jetzt weiß ich wieder wie das mit dem nozzle war) und ich habe das Örtchen aufgesucht. In der Warteschlange habe ich mich mit einem Mann unterhalten, er kam morgens aus Cheyenne wo seine Eltern leben und hat es wegen des Staus nur bis nach Morrill geschafft (außerhalb der Totalitätszone). Mann haben wir Glück gehabt, morgens war in Nebraska keinerlei Stau.
Das Navi führte uns nach Torrington (das ist schon Wyoming) und von dort südlich auf den Highway 85 Richtung Cheyenne. In Torrington standen wir das erste Mal eine halbe Stunde im Stau um überhaupt nur auf die 85 zu kommen. Die Polizei fuhr an der Schlange der wartenden Autos vorbei und verteilte Wasser. Wir hatten natürlich eine Kühlbox voller Getränke dabei und waren versorgt. Und ab dann ging es im ersten Gang durch die schöne Landschaft die wir ausgiebig bewundern konnten. Erstaunlicherweise fuhr niemand aggressiv oder hupend wie man es nach einiger Zeit im Stau immer erlebt, wir waren alle tiefenentspannt. Vorsichtshalber haben wir im Hotel angerufen dass es spät werden könnte. Die Lobby hat bis 22 Uhr geöffnet und man würde uns die Schlüssel in einem Umschlag an den Colaautomaten neben der Rezeption kleben falls wir es bis dahin nicht schaffen.
Gegen 18 Uhr kamen wir endlich an einer Art Raststätte vorbei, parkten wie x andere Autos irgendwie wo man normalerweise nicht parken darf und standen dann in der Toilettenschlange an. Mit den Frauen vor mir habe ich mich unterhalten: sie waren alle aus Denver und eine Frau erzählte dass man 600.000 Sofibesucher aus Denver für Wyoming prognostiziert hatte und die wollten jetzt natürlich alle wieder nach Hause… Im Radio hörten wir später dass es 400.000 Besucher in Nebraska gab (die waren bestimmt größtenteils auch aus Denver).
Blöd dass Estes Park in Richtung Denver liegt, aber mit solch einem Ansturm hatte ich eben überhaupt nicht gerechnet sonst wären wir noch eine Nacht in Gering geblieben. Als wir endlich auf die I25 kamen war es schon dunkel. Gegen 21 Uhr sahen wir ein MC Donalds Schild in der Dunkelheit leuchten, dankenswerterweise direkt neben der Insterstate also nix wie hin, ich hatte Hunger. Entgegen meinen Befürchtungen gab es auch noch was zu essen nur der Salat war aus. Zwei dicke Burger, große Pommes und 2 Getränke machten 9 $ (das ist definitiv billiger als bei uns), danach ging es mir wieder gut und wir tauschten die Plätze im Auto, den Rest der Strecke würde ich fahren.
Wir haben unsere Rucksäcke immer auf dem Rücksitz, da wir die Plätze getauscht haben wanderte meiner nun hinter den Fahrersitz. Komisch da war gar kein anderer Rucksack, ich schaute meinen Freund fragend an, der erblasste
und rannte in dem Mc Donalds zurück wo der Rucksack (incl. Kameraausrüstung, Reisepaß, Tablet...) noch brav unter dem Tisch stand UFF!!!
Ich mußte an den armen Sönke denken und war sehr froh dass uns dieses Schicksal erspart blieb! Meinem Freund stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Jedenfalls waren wir jetzt wach…
Auf der I25 ging es im Schritttempo Richtung Denver weiter bis wir auf den HW 34 nach Estes Park abbiegen konnten. Nun war die Straße frei aber auf dieser kurvigen Strecke konnte man im Stockdunkeln nicht schnell fahren. Kurz nach Mitternacht waren wir glücklich an unserem Motel angelangt. Neben unserem klebten noch 2 weitere Umschläge, wir waren heute also nicht die letzten Gäste (am nächsten Morgen erzählte uns der Besitzer dass er 7 Schlüssel rausgelegt hatte so viele wie noch nie).
Obwohl wir eigentlich müde waren, waren wir total aufgedreht. Über whatsapp etc. mußten wir unser Glück loswerden und eine Flasche Rotwein mußte auch dran glauben. Ich hatte das Gefühl der Urlaub ist gelaufen, oder besser gesagt es konnte nix mehr schiefgehen. Auch wenn es die restlichen drei Wochen regnen würde, der Urlaub hätte sich gelohnt.
Hotel: Peak to Peak Lodge in Estes Park, 196,78 $ incl. tax für 2 Nächte (über booking.com)
Tier des Tages: heute gabs nur tote Tiere, wie soll man auch Tiere sehen wenn man 12 Stunden im Auto sitzt…
Daeodon im Agathe Dossil Beds NM
Die heutige Route: