25.04.18 – Salt Lake City -> SeattleVon beißwütigen Biestern, dem Abschied von Christine, der vergeigten Flugbuchung und dem Fahrstuhl des GrauensAntelope Island State ParkDer Tag fing vielsprechend an und wir konnten beim leckeren Frühstück nicht im Geringsten ahnen, wie aufregend er verlaufen würde. Doch von Anfang an:
Die Dame an der Rezeption hatte uns beim Einchecken darauf hingewiesen, dass wir keinesfalls aufs gute Frühstück verzichten sollen. Sie hatte recht, denn das Büffet war für amerikanische Verhältnisse sehr umfangreich und es gab richtiges Porzellangeschirr und Metallbesteck.
Nach dem Auschecken fuhren wir einen Block weiter, denn da steht morgens ein Foodtruck, von dem sich die Obdachlosen ihr Frühstück abholen können. Wir hatten noch zwei Campingstühle und Kopfkissen abzugeben. Kaum hatten wir die Sachen aus dem Kofferraum geladen, nahm sie auch schon ein Afroamerikaner mit.
Über die Interstate fuhren wir in nördliche Richtung und bogen kurz nach Layton auf den Antelope Drive ab. Die Strecke bis zum Kassenhäuschen am Anfang vom Damm
zieht sich etwas.
Da unser Flug erst am Nachmittag ging, wollten wir vormittags die größte Insel im Großen Salzsee erkunden.
Anfangs war nur auf dem Navi rechts und links der Straße Wasser zu sehen,
aber je näher wir der Insel kamen
lag die gar nicht auf dem Trockenen.
1893 wurden 12 Bisons auf die Insel gebracht und noch immer gibt es dort kleine Herden. Einige Frischwasserquellen machen dies möglich.
Solch eine Landschaft hätten wir hier nicht erwartet.
Sogar eine Pronghorn-Antilope zeigte sich. Nach diesen Springböcken wurde die Insel benannt.
Mit so viel Wildlife hätten wir hier erst recht nicht gerechnet.
Die Küstenstraße endet an der Fielding Garr Ranch.
Fielding Garr siedelte 1848 auf der Insel an und gründete eine der größten Schafzuchtfarmen in den USA.
Der Rundgang durch die Gebäude führte uns zu einem Holzofen
und durch die Werkstatt,
in der heutzutage das Werkeln strikt verboten ist.
Das war an diesem Vormittag unsere kleine Farm.
Während ich noch etwas unsicher auf dem Traktor saß,
reitete Heiko den Braunen aus
und beherrschte perfekt den Lassowurf.
Doch nun zum Wohngebäude.
Die Küche,
das Esszimmer,
die gute Stube,
das Schlafzimmer
und im Nebengebäude das Zimmer der Schafshirten.
Ich wunderte mich die ganze Zeit, dass mir seit wir auf der Insel sind, fürchterlich die Kopfhaut und die Ohren jucken
. Da kam uns eine junge Rangerin mit so einem Moskitonetz auf dem Kopf entgegen. Ich fragte sie, wovor sie sich schützt. Es waren Biting Gnats, auch als Midges oder Gnitze bekannt. Doch nur die Weibchen der millimeterkleinen Mücke sind die fiesen Blutsauger. Sie kommen in Schwärmen und kriechen in alle Ritzen. Nichts wie schnell ins Auto zurück.
Auf dem Rückweg sahen wir wieder Bisons.
Im Nordwesten der Insel gibt es viele Campgrounds und schöne Strände. So schön die Aussicht auch ist, sobald ich kurz ausstieg oder das Fenster öffnete, wurde ich von den blutsaugenden Biestern angefallen. Das sind keine Regentropfen auf dem Bild, sondern Gnats, die gegen die Autoscheibe klatschten.
Antelope Island ist auf jeden Fall einen Besuch wert und wandern kann man hier auch. Aber dann zu einer anderen Jahreszeit, wenn die Plagegeister nicht im Blutrausch sind.
Um die Mittagszeit machten wir uns auf den Rückweg nach Salt Lake City. In der Umgebung vom Flughafen fanden wir nur ein Diner. Wir bestellten uns Burger, die jedoch fürchterlich geschmeckt haben. Eigentlich hatten wir auch keinen Appetit, denn der Abschied von Christine stand bevor. Noch einmal befüllten wir ihren Tank und dann fuhren wir sie zu Rugged Rental zurück. 2151 Meilen war sie uns eine zuverlässige Begleiterin auf guten wie auf bösen Straßen. Wir hatten sie ohne Schramme zurückgebracht. Ich erzählte dem Manager, dass das kein gewöhnlicher Jeep ist, sondern wie es zu dem Namen Christine kam. Er versprach, dass er einen Aufkleber mit ihrem Namen anbringen würde.
Dann war der Zeitpunkt des Abschieds gekommen. Unser Gepäck war zwischenzeitlich in einen Van verladen und es blieb keine Zeit, um sentimental zu werden. Ein Mitarbeiter fuhr uns zum Flughafen.
Wir steuerten den einzigen offenen Schalter der Alaska Airlines an und ich legte der Dame meine Buchungsbestätigung vor. Die hochschwangere Angestellte tippte lustlos auf dem Computer herum und fand unsere Buchung nicht. Ich dachte, ich flippe aus. Da hatte ich alles schwarz auf weiß ausgedruckt und im System war nichts zu finden. Unsere reservierten Plätze waren belegt und wir konnten froh sein, dass wir nach dem Herbeirufen ihrer Vorgesetzten überhaupt mitfliegen konnten. Das auch nur, weil noch ein paar Plätze ganz hinten im Flieger frei waren.
Wenigstens verlief der Flug ruhig und kurz vor der Landung hatten wir einen schönen Blick auf den Mt. Rainier.
In Seattle angekommen versuchte ich mir zu orientieren, denn der Flughafen ist sehr unübersichtlich. Da hilft nur durchfragen. Aber erst der zweite Flughafenangestellte konnte mir erklären, wo die Hotelshuttlebusse abfahren.
Im Fairfield Inn war wenigstens die Reservierung im System, aber die Mitarbeiterin wollte uns ein Zimmer im EG geben, weil sie ausgebucht waren. Das lehnte ich ab, denn immerhin hatte ich zwei Nächte gebucht. Meine Nerven lagen schon seit der Geschichte mit der Alaska Airlines blank und jetzt noch dies. Der Manager, Mr. S. nahm sich der Sache an und siehe da, plötzlich stand uns ein Zimmer im 4. Stock zur Verfügung. Na, geht doch!
Wir brachten unsere Koffer ins Zimmer und wollten noch etwas essen gehen und bis zum nächsten Restaurant sind es 800 m.
Es war 19 Uhr als wir in den Aufzug stiegen. Der Aufzug fuhr ins EG, doch die Türe ging nicht auf. Wir warteten und drückten auf den Türöffner. Nichts geschah. Wir drückten auf die anderen Knöpfe. Wieder nichts. OK, dann eben auf den Rufknopf. Noch immer nichts. Puuh, dann auf den Sprechknopf. Noch immer nichts. Auweia. Ich hämmerte gegen die Türe und schrie "HELP". Heiko drückte wieder auf die Knöpfe. Nichts. Dann plötzlich die Rezeptionistin aus dem Lautsprecher: "May I help you?" Ja klar, die Aufzugstüre geht nicht auf. "Oh, I’m so sorry" kam es zurück "please wait". Ja, du drolliges Schneckle, wo sollen wir denn hin.
Mittlerweile wurde es immer heißer und stickiger im Lift. Wir hatten außer dem Becher Cola im Flugzeug seit längerem nichts mehr getrunken und waren dementsprechend durstig. Heiko drückte noch einmal auf den Knöpfen herum und auf einmal setzte sich der Lift in Bewegung. Er stoppte im 1. Stock. Mir wurde ganz schlecht, denn der Horror wäre
, wenn die Kabine zwischen zwei Stockwerken feststeckt.
Der Manager tönte nun durch den Lautsprecher, dass wir Ruhe bewahren sollen, denn der Techniker wäre schon unterwegs. Es könnte allerdings etwas dauern. Kein Problem, es ist nur heiß und stickig hier drin, außerdem haben wir Durst. Plötzlich setzte sich der Lift wieder in Bewegung und fuhr nochmals ins EG hinunter. Der Manager sagte, wir sollen den Türöffner betätigen. Das machten wir, aber der Knopf reagierte nicht. Nun wollte er einen zweiten Restart versuchen. Endlich, nach insgesamt 30 Minuten ging die Türe in Zeitlupe auf. Was tat die kühle Luft gut.
Mr. S. war unser Held. Ich sagte ihm, dass das nur passiert ist, weil ich so zickig auf ein Zimmer in der obersten Etage bestanden hatte. Das mache ich nie wieder
. Er lachte und wir waren alle happy, dass die Befreiungsaktion relativ schnell geglückt ist.
Da wir Essen gehen wollten, bot uns Mr. S. an, dass er von einem Lieferdienst was bringen lässt. Doch uns war der Appetit vergangen. Wir hatten nur Durst und baten ihn um ein paar Flaschen Wasser. Bevor wir in Richtung Treppenhaus gingen, fragte ich ihn noch, ob wir dafür einen Nachlass auf den Zimmerpreis bekommen. Er wollte dies mit seinem Boss besprechen und uns Bescheid geben. Wir waren kaum im Zimmer, schon klingelte das Telefon. Das Management erließ uns den Preis für eine Übernachtung. Na, da haben sich die 30 Minuten im Lift wenigstens gelohnt
.
Tja, da hatte mich mein Liftfluch nach Jahren wieder eingeholt. Es gab eine Zeit, da blieben einige Aufzüge, in die ich stieg, einfach so stecken. Nach 20 Jahren war dies nun wieder passiert.
Was für ein Tag! Den hätte ich am liebsten aus dem Kalender gestrichen.
Übernachtung: Fairfield Inn, Seattle Airport
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