Baxter Pass, Ghost Railroad, Gilsonite Country und ein nebulöser "Canyon" oder auch
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Lieben Sie es einsam und öde? [/size]
Schon mal von Baxter Pass und Gilsonite gehört? Nein? Keine Aufregung, Sie sind in guter Gesellschaft!
Eisenbahn-Enthusiast? Trotzdem nichts davon gehört? Schon weniger verständlich, denn schliesslich handelt es sich um eine Ghost-Railroad allerersten Ranges - eine die zu Lebzeiten zu den technischen Meisterstücken gehörte.
Fangen wir erst einmal damit an, wo die Dinge zu finden sind:
Startpunkt ist die I 70 von Green River nach Grand Junction. Östlich der Colorado Stateline taucht die Interstate hinab ins Rabbit Valley (ein durchaus sehenswertes Naherholungsgebiet für das Grand Valley). Noch ein Gefälle und wir erreichen die Ausfahrt Mack. Dort verlässt man die Interstate. Wer mehr Abenteuer schon am Anfang mag, verlässt die I 70 schon an der letzten Ausfahrt in Utah - Harley Dome - und fährt nördlich der I 70 auf dem alten Highway in Richtung Osten.
Nach Verlassen der I 70 bei Mack gehts nach Norden zu der Ansiedlung von Farmen die den Namen Mack trägt. Direkt nach Überqueren der Eisenbahngeleise biegt man in Richtung Westen auf den alten Highway ab. Fährt man auf diesem nach Osten in Richtung Grand Junction, dann kommt man 3 Meilen durch Loma und in weiteren zweieinhalb Meilen sieht man die Raffinerie, die Gilsonite heisst, weil sie den Stoff verarbeitete.
Um das Material von den nur schwer zugänglichen Fundstätten des East Tavaputs Plateaus abtransportieren zu können baute man 1904 die Eisenbahn, eine Schmalspurbahn, die die einzige Möglichkeit darstellte, die technisch aussergewöhnlich schwierige Route durch die Book Cliffs zu realisieren. Zuerst baute man bis Dragon im Evacuation Creek Canyon bzw. der Black Dragon Mine. Spätere Erweiterungen gingen über Watson bis Rainbow, wo ebenfalls Gilsonite abgebaut wurde. 1938 wurde die Strecke stillgelegt, 1939 abgebaut.
Was ist Gilsonite? Es ist schwarz, teerartig, - ein Kohlenwasserstoff-Gemenge und gut brennbar. Es wurde (und wird) als Beimengungen zur Farben, Tinten, Batteriegehäuse, Isoliermaterial etc. verarbeitet. Die Gänge (Flöze) stehen oft senkrecht, sind bis zu 3 Meter mächtig und gehen 500 Meter und mehr in den Untergrund. Ein sehr dünner Gilsonite-Gang (kaum mehr als 1 cm breit) kommt in der Hades Pit zutage, von dem später noch die Rede sein wird.
Die Eisenbahn machte die Minen erst wirtschaftlich. Interessanterweise wurde das Material nicht als Schüttgut oder in geschlossenen Waggons transportiert, - nein man füllte es in Säcke, die auf flachen Wagen gestapelt wurden!
Fährt man den alten Highway von Mack nach Westen, dann kommt man nach ca. 3 Meilen an ein kleines handgemachtes Holzschild "Baxter Pass", das nach rechts zeigt. Der Weg ist die erste grössere Abfahrt vom Highway nach Überqueren des East Salt Creek, der aufgrund seiner Grösse nicht zu verfehlen ist. Nach knapp 3 Meilen biegt die Strasse rechtwinklig nach Westen ab um nach weiteren 3 Meilen einen Schwenk nach NW zu machen. Ab hier fährt man auf der alten Einsenbahntrasse durch die Foothills der Book Cliffs. Die Landschaft ist grau, staubig, manche mögen es öde nennen. Im Frühjahr finden sich trotzdem immer wieder blühende Pflanzen, man muss nur genau hinsehen. Die Gravel Road folgt mehr oder minder dem West Salt Creek um nach vielleicht 14 Meilen in die Book Cliffs einzudringen. das Tal wird enger, der Pflanzenbestand üppiger, es entwickelt sich niedriger Buschwald. Seit dem Verlassen von Mack wird man kaum noch ein Fahrzeug gesehen haben.
Die Strecke folgt dem Tal und der alten Schienentrasse für gute 10 Meilen, um dann am Zusammenfluss von East- und West Branch des Salt Creeks dem West Branch zu folgen. Die Stelle ist durch eine Kreuzung, an der man sich links hält - und Gebäudereste eines Lokschuppens gekennzeichnet. Es handelt sich um Atchee, das ehemalige "Bahnbetriebswerk" der Strecke. Fährt man noch knapp eine Meile weiter eröffnet sich der Ausblick auf die Südflanke von Baxter Pass, mehr als 2550 Meter hoch. Eine Linie im Hang markiert die alte Trasse und ist die heutige Dirtroad.
Hinauf zur Passhöhe kann man sich kaum vorstellen, dass hier eine Eisenbahn verlief! Enge Kurven, starke Steigungen! Hinter dem Pass wird es nicht besser, der Abstieg ist zwar kürzer, aber nicht weniger kurvenreich. Einige der Kurven hatten unglaublich enge Radien, bis hinunter zu 27 Metern! Eine technische Meisterleistung. Auf den ebeneren Streckenteilen nördlich des Passes verwendete man relativ grosse Lokomotiven, die den Pass mit seinen engen Kurven nicht befahren konnten. Diese Lokomativen waren zerlegt an ihren Einsatzort gelangt und dort erst wieder zusammengebaut worden.
Einige Meilen hinter der Passhöhe fährt man an McAndrews Lake vorbei, recht idyllisch, aber einsam. Man befindet sich jetzt im Tal des Evacuation Creeks. Es ist cattle country - bitte schliessen Sie die vielen gates, die durchfahren werden müssen, immer gut hinter sich ab!. Einige Ranches liegen - oft nicht von der Road sichtbar - in der Gegend. Nach weiteren 13-15 Meilen erreicht man das ehemalige Dragon. Gelegentlich gibt es handgefertigte Schilder - in Richtung Rangely, da sind Sie falsch! Es geht vorerst immer in Richtung NW bis NNW und immer im Tal! Ab der Utah Stateline wird die Road erst einmal wesentlich schlechter. Bei Dragon (Utah) ist ein kurzer Abstecher (weniger als 1,5 Meilen) nach links in den Dragon Canyon zu den alten Minen möglich. Einer der Lagergänge fing 1908 Feuer und brannte 1910 immer noch. Man könnte Ähnlichkeiten mit dem "Brennenden Berg" bei Dudweiler im Saarland sehen.
6 bis 7 Meilen NW von verlässt die Road den Canyon, steigt auf eine öde Ridge hinauf. Einsamkeit! Kaum noch Vieh. Es mag sein, dass sie lange rostige Rohre auf dem Boden sehen. Vorsicht, das sind Gas-Pipelines, die Gegend ist gasreich! Östlich liegt versteckt das System des Hells Hole Canyon, weiter westlich die Ghost Towns von Rainbow und Watson. Von Watson siehr man nicht mehs sehr viel, in Rainbow kann man einer mächtigen Gilsonite-Ader bzw, den tiefen Abbaugräben für einige Meilen folgen. Fährt man aber weiter nach (N)NW, gelangt man zum White River, einer willkommenen Abwechslung der Öde. Eine Brücke führt über den Fluss, am Nordufer steigt die Strasse aufs nächste Plateau und man erreicht in kurzer Zeit Bonanza, eine Kohlenmine. ab der Südseite des White Rivers befindet man sich wieder auf Teer.
Watson hatte ein Postamt und dies hat eine Geschichte:
Die Regularien der Staatlichen Postverwaltung erlaubten Pakete bis zu 50 Pfund Gewicht im "Nahverkehr", maximal zwei Transportzonen weit und dieses war preiswert! Also verschickte man über dieses Postamt Zement und 13.700 Steine für einen Bankbau in Vernal, die mit der Eisenbahn bis Watson gelangt waren und die die Post dann wie auch immer nach Vernal über die Dirtroads transportieren musste. Angeblich war jeder Stein einzeln verpackt, was billiger war, als das Material auf anderem Wege nach Vernal zu bringen.
Kohle, Gas, Gilsonite! Das gesamte Tavaputs Plateau soll angeblich eine der weltweit grössten Lagerstätten fossiler Brennstoffe sein - die weitaus grösste Menge aber mit heutiger Technik nicht oder nicht wirtschaftlich abbaubar.
Direkt am Beginn von Bonanza - ich weigere mich, es eine town zu nennen - biegt man nach links auf eine sehr löcherige Teerstrasse ab, die mit einigem Abstand nach Norden mehr oder minder dem White River nach Westen folgt. Nach wenigen Meilen endet der löcherige Teer glücklicherweise wieder (die Löcher sind schlimmer als die mehr abgerundeten in Dirtroads!). Man folgt an den vielen Abzweigungen immer der Road, die einem am grössten erscheint. Das Kohlekraftwerk Little Bonanza liegt nach einigen Meilen rechts, man lässt es auch rechts liegen.
Eine technische Bemerkung:
Diese sehr einsame Gegend hat wenige Features, die sich als Landmarks eignen, sie ist das Monotonste, das wir kennen! Wege gibt es ausgesprochen viele, Schilder dagegen wenige - mit Ausnahme von Wegweisern, die zu Gaspumpen und Bohrstellen führen. Ein GPS mit Backtrace - mit passendem Setup und natürlich eingeschaltet - ist dringend zu empfehlen, um im Fall des Falles auch wieder zurückzufinden.
Vielleicht 15-18 Meilen mehr oder minder nach Westen in Richtung Ouray (nein, nicht das in Colorado!) taucht dann am rechten Strassenrand ein Schild "Fantasy Canyon" auf. Also entgegen andersartiger Behauptungen ist das Ziel gut ausgeschildert! Man kommt auf einige kleinere Wege, an jeder Abzweigung steht wieder ein Schild. Pretty easy! Kurze Zeit später befindet man sich auf einer mausgrauen Fläche, die das Trailhead für Fantasy Canyon darstellt. Kein Wunder, denn die gesamte Gegend ist ja mausgrau. Es gibt eine Tafel mit Karte und Hinweisen, einen (?) einsamen Tisch mit Bänken und natürlich viel Staub. Bis zum eigentlichen "Canyon" sind es nur wenige Meter.
Fantasy Canyon - die Bezeichnung ist meines Erachtens nach historisch schlicht falsch! Fantasy mag da mitgespielt haben, vielleicht um in dieser featurelosen Gegend wenigstens etwas vorweisen zu können. Ein Canyon ist es jedenfalls nicht. Das Land ist Public Land. Die Stelle ist seit mehr 100 Jahren bekannt, die richtige Bezeichnung lautet Devils Rockhouse, gelegentlich auch Hades Pit genannt. In 1909 gab es den ersten Photoreport in einer Zeitschrift.
Es handelt sich um eine kleine Gruppe von Hügeln, zur Hauptsache aus dem mausgrauens und weichen Silt bestehend (silt bedeutet "Schlamm", was auf den Ursprung der Sedimente sehr zutreffend hinweist - es sind in seichtem Wasser abgelagerte Schlämme, oft sehr fossilienreich! Dinosaur Natl. Monument ist ja auch nicht so weit entfernt). Das gesamte Feature ist kaum grösser als 100 x 200 Meter.
Im Silt finden sich härtere Sandstein-Einlagerungen, die möglicherweise älter als der Silt sind und von diesem umlagert. wurden. Nach Freilegung durch Verwitterung wurden diese Schichten durch das Wetter angegriffen, der Silt schneller als der fahlbraune Sandstein. So arbeiten sich die Sandstein-Bestandteile langsam aber sicher an die Oberfläche. Diese "differentielle" Erosion ist für die Bildung der merkwürdigen Formen innerhalb des Bereiches verantwortlich.
Die herauspräparierten "Gestalten" sind sehr fragil und detailreich, aber für meine Begriffe eher sonderbar als sonderlich schön. Dazu mag aber die ausgesprochen triste Umgebung und die wenig attraktive Farbe der Features selbst viel beitragen. Es sind durch Steine abgegrenzte Wege vorhanden, damit man den Features nicht gar zu nahe kommt. Metallene Marker zeigen auf die bedeutenderen "Gestalten", die natürlich alle Namen tragen, so wie das auch oft in Höhlen Usus ist.
Im vom Parkplatz aus gesehen hinteren Hügel befindet sich eine Art Kessel, die durch einen relativ engen Zugang erreicht werden kann. Der Kessel mag vielleicht 5-7 Meter tief sein, an manchen Stellen auch weniger. Hier häufen sich die herauspräparierten Figuren, auch der bekannte Tea Pot findet sich hier. Im Hintergrund des Kessels gibt es die schon erwähnte Gilsonite-Ader. Sehr dünn, eigentlich nicht der Rede wert, aber eben leicht zugänglich, wenn man schon mal da ist. Mitten im Kessel hat man eine unförmige Sitzgelegenheit montiert, die dem Gesamteindruck nicht gerade zuträglich ist.
Wie schon erwähnt ist der dominierende Silt mausgrau, Sandstein-Reste tendieren ganz leicht ins Graubraun, ebenfalls sehr hell.
Nach einem späten "Lunch" aus dem Ice Chest haben wir den Sonnenuntergang abgewartet, weil es da ja so ein bekanntes Photo gibt! Unser Glück, es wurde ein imposanter Sonnenuntergang. Da es einige Scheierwolken gab, die sich naturgemäss besonders rot bis rosa färben und die Farbstimmung weiter in Richtung Rot schieben eigentlich ideale Bedingungen! Ein schweres Stativ mit Kinoneiger war auch von der Partie und genügend Filmmaterial vorhanden.
Die Aufnahmen erstreckten sich über den Zeitraum von eineinhalb Stunden vor Sonnenuntergang bis vielleicht zwanzig Minuten danach in die tiefer werdende Dämmerung hinein. Rotfärbung des Gesteins? Nicht im Geringsten, schon garnicht wie im "berühmten" Photo auf der lichtabgewandten Seite! Bestenfalls ein leichter Braunschimmer zeigt sich. Das wars dann schon - Synnatschke hat völlig recht!
Ich bin sicher, besagtes Bild ist stark bearbeitet, bei der Ausleuchtung wurde ggf. mittels Rotspiegelfolie oder Scheinwerfer nachgeholfen, anders ist die Farb- und Helligkeitverteilung (hier bei Sonnenaufgang) nicht erklärbar.
Schon ziemlich im Dunkeln machten wir uns auf den Rückweg. An ein, zwei Wegegabelungen war das GPS hilfreich. In Bonanza angelangt nahmen wir die Road in Richtung Dinosaur um über Rangely und Douglas Pass zurück zur I 70 zu gelangen. Diese Strecken sind bis auf die erste voll geteert. Nur das erste Stück ist teils dirt. In Rangely gegen 10 pm noch etwas zu essen zu bekommen erscheint mehr oder minder aussichtslos. Die Stadt hat ihre beste Zeit lange hinter sich. Die CO 138, der "Dinosaur Diamond Scenic and History Byway" ist a Rangely bis unterhalb des Douglas Pass neu ausgebaut, trotzdem sei vor freilaufendem Vieh und Wild des nachts gewarnt!
Die lange ungeteerte Strecke über den Baxter Pass, die ja mehr oder minder parallel zur Route über den Douglas Pass liegt ist in ihrer Unberührtheit eindruckvoll, wenn man Einsamkeit und im Norden auch unendliche Öde ertragen kann. Lohnt sich der weite Weg wegen der Hades Pit? Nach unserer Meinung nicht, aber sehr wohl wegen der einzigartigen Weite, die man zwar nicht auf Dauer mögen muss, aber vielleicht doch einmal erlebt haben sollte. Und wenn man dann schon mal in der Gegend ist, spricht auch nichts gegen einen Besuch der Hades Pit!
Ach ja, volltanken sollten Sie vielleicht, bevor Sie das Grand Valley bei Mack verlassen, denn dass Sie nachts Sprit in Rangely bekommen, - dafüer bürge ich nicht!
Sie möchten es liegen grün und lieblich? Auch möglich auf dem Tavaputs Plateau! Aber das ist jetzt wirklich eine andere Geschichte....... © RRS
Gruss
Rolf