3. Tag, Teil 1Der Jetlag ist gnädig, er lässt mich eine Stunde länger schlafen. Ich hole mir einen Kaffee als Muntermacher und schnuppere die frische Morgenluft in den leeren Straßen von DTLA. Das erste Bild ist die Aussicht aus dem Zimmer (65. Etage), Blick auf den AON Center... die anderen sind aus der Lobby im 70. Stockwerk.
In der Mitte der 777 Tower
Eingang zum InterContinental DTLA
Bar in der Lobby
Arts District Los Angeles ist die Welthauptstadt der modernen Wandmalerei. Seit den 1960er Jahren gehören die Straßenkünstler von Los Angeles zu den Pionieren dieser Kunstform. Tausende von Murals von klassisch bis modern verteilen sich in der Stadt. Nach einem elfjährigen Verbot ist es seit 2013 unter Auflagen wieder erlaubt Murals legal anzubringen. Die größte Ansammlung findet man im Arts District am östlichen Stadtrand von DTLA.
Der Anblick während der Fahrt auf der 6th St zum Arts District ist erschütternd. Hier leben Hunderte von Obdachlosen auf der Straße, über mehrere Blocks reiht sich ein Zelt an das andere. Wer hier nachts entlang läuft, ist lebensmüde. Am Parkplatz komme ich mit einem Detective ins Gespräch. Sie erzählt mir, dass dieser Abschnitt der 6th die schlimmste und gefährlichste Straße in dieser Umgebung sei und warnt mich dort anzuhalten. Ich gehe jetzt erstmal im Urth Caffé frühstücke. Es ist das Szene-Café im Arts District und ich reihe mich geduldig in die Warteschlange ein. Der Honey Vanilla Latté ist gut, das Mexican Omelett okay. Die hausgemachten Kuchen schauen einladend aus, aber Lust auf süßes habe ich noch nicht.
Ich hole die Kamera heraus und schaue auf meine Mural-Karte. Ob nun mit Pinsel oder Spraydose gemalt, ich bin ein großer Fan von Wandmalerei. Im Zickzackkurs geht es entlang der Colyton, East 2nd, East 3rd, S Garey, S Hewitt St, Traction Ave und East 4th Place. Manche Murals gefallen mir, manche finde ich kitschig. Das eine oder andere Mural ist nicht mehr aufzufinden, andere neu hinzugekommen. Nur schade, dass viele Murals zugeparkt sind oder sich auf privaten Gelände befinden. Hübsch anzusehen sind Colette Miller’s „Angel Wings“, aber nur wenn man sich davor fotografieren lässt. Ich weiß nicht genau, wie viele es davon in Los Angeles gibt, aber über ein Dutzend dürften es sein. Sehr sehenswert sind die großformatigen Tiere des belgische Künstler ROA, darunter ein Bär, Skelett, Dachs und Opossum. Erst danach bemerke ich, dass ich versehentlich mit dem Drehrad von RAW auf JPEG gewechselt bin. Ärgerlich, aber kein Drama. Viel schlimmer wäre es, wenn ich mit dieser Einstellung in der Nacht fotografiert hätte. Die Out-of-Cam-JPEGs sind so gut, dass ich außer Objektivkorrektur kaum etwas korrigieren muss.
...und noch ein paar von über 80 Murals, die ich dort fotografiert habe.
Der Arts District ist eine der angesagtesten Viertel in Los Angeles. Hier hat sich das Craft-Bier-Zentrum von Los Angeles entwickelt. Sieben Brauereien haben sich mittlerweile in DTLA niedergelassen. Die Schönste ist die Angel City Brewery. Die Brauerei befindet sich in einem über 100 Jahre alten Ziegelgebäude. Leider öffnet der Taproom erst um 16 Uhr. Anstatt ein kühles Bier gibt es eine Ice Cream. Salt & Straw kommt ursprünglich aus Portland in Oregon und ist bekannt für schräge Aromen. Olive & Ziegenkäse muss es nicht sein, ich probiere Coffee & Bourbon und Roasted Strawberry Coconut. Das Eis schmeckt sehr lecker, dafür lasse ich jedes Ben & Jerry’s stehen. Außer in Portland und Los Angeles gibt es Salt & Straw noch in San Diego, San Francisco und Seattle. Los Angeles ist auch ein Paradies für Liebhaber von Street Food. Es nicht Bangkok, aber für amerikanische Verhältnisse ein unglaublich vielseitiges Angebot.
Eigentlich wollte ich noch einmal das Sixth Street Viaduct aka 6th Street Bridge fotografieren. Von hier aus hat man eine fantastische Aussicht auf die Skyline von Los Angeles. Die Brücke aus dem Jahr 1932, Drehort unzähliger Kinofilme und Musikvideos, ist aber nun Geschichte. Die marode Brücke wurde 2016 abgerissen und wird bis Ende 2020 durch eine moderne Brückenkonstruktion ersetzt werden. Auch wenn Los Angeles eine historische Ikone verliert, „The Ribbon of Light“ wird eine neue Sehenswürdigkeit. Sehenswerte Brücken gibt es in Los Angeles eigentlich keine, außer die Shakespeare Bridge in den Franklin Hills. Die im Gotik-Stil errichtete Brücke stammt aus dem Jahr 1929.
PDCAm westlichen Ende der Melrose Ave befindet sich das vom argentinischen Architekten Cesar Pelli entworfene Pacific Design Center. Mit über 300 Showrooms ist es das größte Zentrum für Interieur-Design an der Westküste. Der Campus besteht aus drei Gebäuden, die in drei Bauabschnitten zwischen 1977 und 2012 errichtet wurden. Das erste Gebäude ist das Center Blue, das aufgrund seiner enormen Größe den Spitznamen „Blue Whale“ bekommen hat. 1988 wurde das Center Green errichtet und 2012 das Center Red. Die knalligen Farben sind tagsüber eine tolle Foto-Location und erst recht nachts. Aus dem fotografischen Blickwinkel gefällt mir das Center Red am schönsten. Die spitzen Formen erinnern mich an einem riesigen Ozeandampfer. Ebenfalls sehenswert ist die Blue Lobby, noch fotogener finde ich die Rolltreppen im Center Green. Die geschwungene Linien sehen abstrakt aus. Zudem ist jede der sechs Etagen mit Lichtbändern versehen. Bei besonderen Veranstaltungen werden die Lichtbänder entsprechend beleuchtet, zum Beispiel in Regenbogenfarben während LGBT-Events. Irgendwie logisch, das PDC liegt im Zentrum der LGBT-Community von Los Angeles.
Rolltreppen
Ich komme an der Magnolia Bakery vorbei. Es ist Zeit für Kaffee und Kuchen. Der Banana Creme Pie ist ein Gedicht. Locker cremig, aber einen Tick zu süß. Die Torten in der Auslage sind ein Eye-Catcher. Amerikaner lieben so etwas. Das Bild schaut aus wie eine Pflanze, ist aber eine Torte.
I Am GoogieAls ich mein Interesse für Moderne Architektur entdeckte, beschäftigte ich mich natürlich mit Googie. Googie (ausgesprochen GOO-jee) ist ein Architekturstil, der seinen Ursprung in Südkalifornien hat und in den 1950er und 1960er Jahren in Amerika sehr beliebt war. Googies Wurzeln liegen in der Streamline Moderne Architektur der 1930er Jahre. Der Name stammt von dem Architekten John Lautner. Er eröffnete 1949 einen Coffee Shop mit dem Namen Googie’s am Sunset Blvd. Eines Tages hielt der Architekturkritiker Douglas Haskell davor und sagte: „This is Googie Architecture.“ Ein Artikel im Magazin „House and Home“ brachte dann den Stein ins rollen. Viele Restaurants, Coffee Shops, Motels, Tankstellen, Autowaschanlagen und Drive-Ins wurden in den 1950er und 1960er Jahren in diesem Stil gebaut.
Norms
Googie, beeinflusst vom Weltraum- und Atomzeitalter, ist eine Mischung aus Modernismus, amerikanischer Autokultur und Space-Age-Futurismus. Googies haben geometrische oder abstrakte Formen, Zickzack-Dachlinien, geschwungene nach oben geneigte Dächer, Formen von fliegenden Untertassen, Bumerangs oder Strahlenkränze. Nicht nur in Kalifornien, sondern auch in Texas, Florida, Nevada und New Jersey verbreitete sich dieser Architekturstil. Im Las Vegas der 1950er Jahre standen unzählige Googie-Gebäude, das bekannteste Überbleibsel ist das „Welcome to Fabulous Las Vegas“ Schild.
Bekannte Googies außerhalb Kalifornien: Die Space Needle in Seattle, der Skylon Tower in Niagara Falls, das TWA Flight Center in NYC oder der Washington Dulles International Airport. Sehenswerte Googies in Los Angeles gibt es nur noch wenige zu sehen. Meine Faves sind Bob’s Big Boy, Chips, Downey McDonalds, Driftwood Dairy, Mel’s, Norms, Pann’s, Theme Building, Union 76. Auch wenn die Googie-Architektur mittlerweile in Vergessenheit geraten ist, in vielen Motels, Cafés und Diner ist sie immer noch gegenwärtig.
...to be continued