Tag 14: 31.05.2010
Notre Dame Des Pins, Qc- Yarmouth, Me
378 kmGroße Karte:
http://www.usa-reise.net/galerie/albums/userpics/10092/73-tag14-01.jpgDer Qualm hat sich völlig verzogen. Es "droht" wieder einmal ein wunderschöner Tag zu werden.
Wir beschließen in den nahen USA zu tanken, da dort der Sprit etwas billiger ist und vor allem, weil dort unsere US$-Reiseschecks akzeptiert werden, die in der Provinz Quebec bis auf eine einzige Supermarkt-Ausnahme verschmäht wurden. Jetzt haben wir noch Hunderte CA$ und werden die nicht los, weil die Banken immer zu haben, wenn wir endlich eine finden.
Kaum ist der Gedanke zu Ende gedacht, finden wir eine geöffnete Bank und tauschen einen Batzen CA$-Reiseschecks in Bares. Tanken werden wir also doch noch in Kanada, um unser kaum angegriffenes Bargeld einzusetzen, und zwar in Grenznähe. Da ist immer was.
Vier Kilometer vor der Grenze stehen Einheimische und warnen vor der Weiterfahrt. Die Straße sei nach einem Unfall noch einige Stunden gesperrt.
Aha! Dahin waren Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr also so eilig uns überholend unterwegs.
Schnell finden wir eine Umleitungsstrecke, die uns noch einige zig km durch Kanada führen wird und mit Hilfe der Einheimischen auch eine winzige Tankstelle in einem kleinen Dorf ganz in der Nähe.
Die Inhaberin bedient uns und zapft und zapft. Sie macht wohl das Geschäft ihres Lebens und mag kaum glauben, dass das WoMo noch immer schluckt: 166 Liter. Der Tank war fast leer und die arme, jetzt reiche Frau dürfte wohl noch einige Tage an einer Sehnenscheidenentzündung leiden.
Übrigens auch hier in absoluter Grenznähe: Kein Wort englisch wurde gesprochen.
Auch unsere Umleitungsstrecke in unmittelbarer Nähe des wilden Maine ist vollständig zersiedelt. Alles Kulturlandschaft, keine Spur von Einsamkeit oder gar Wildnis.
In Lac Megantic schließen wir uns einer kleinen Auto-Karawane hinter voranreitender Mountain-Police an.
Die Straße schlängelt sich irgendwann zur Grenze. Was werden wir heute erleben? Offenbaren die Grenzer wieder eine Tomatensalat-Allergie, wie bei der ersten Einreise?
Als Europäer sind uns solche Grenzanlagen zum Glück inzwischen völlig fremd geworden.
Eine Grenzerin nähert sich nach einer kleinen Weile im Django-Schritt unserem WoMo. Ihr Lieblingsthema ist Alkohol. Sie checkt die gängigsten Alkohol-Sorten mehrfach mit uns durch: Bier, Wein, Schnaps. Hier bei der Einreise nach Maine seien ganz strenge Alkohol-Vorschriften zu beachten. Und dann ist mir noch, als hätte ich was von nur einigen wenigen erlaubter Gallonen Bier gehört. Aber da muss ich mich einfach irren.
Wir verstricken uns bei den Mehrfach-Fragen zwar nicht in Widersprüche, kriegen aber die Mengenangabe für den Schnaps nicht hin. Schon in deutschen Maßeinheiten hätte ich erhebliche Schwierigkeiten ad hoc zu sagen, wie viel Schnaps ich dabei habe, wenn eine 1,5 l Flasche noch etwa zu einem guten Viertel gefüllt ist. Und das soll ich jetzt in amerikanischen Maßeinheiten können.
Ich will ihr die Flasche zeigen, aber sie will ohnehin noch das WoMo inspizieren. Wir müssen vor der Tür warten, während sie dort die Arbeit verrichtet, wofür man beim ersten Grenzübertritt noch einen Hund hatte.
Brigitte bittet die Grenzerin, das Fliegengitter vor die Tür machen zu dürfen, da Scharen von ätzenden Black Flies hinter der Grenzerin her sind. Brigitte darf.
Nach einer Weile ertönen von Innen klägliche Laute. Die Grenzerin kommt nicht mehr raus. Sie weiß nicht, wie man das Fliegengitter öffnet. Sie ist jetzt in unserer Hand!!! Brigitte hilft ihr aus der misslichen Lage. Von da an ist sie – ehrlich – wie umgewandelt unglaublich freundlich und entschuldigt sich quasi für ihre Alkoholfragerei. Aber hier in Maine sei man in Alkoholfragen dermaßen pingelig…
„Hier beginnt die unberührte Wildnis!“, erinnere ich mich beim Anblick des Main-Schildes an ein naives Schild im amerikanischen Westen.
Aber tatsächlich: So zersiedelt die Kulturlandschaft auf der anderen Seite der Grenze noch wahr, so Natur belassen erscheint hier alles. Ich fühle mich augenblicklich wohl. Ja, das ist meine Welt; zumindest meine Reisewelt.
Nach schöner Fahrt auf hier erstaunlich guten Straßen erreichen wir unser Ziel, den Desert of Maine CG bei Yarmouth, dem Sitz des Reisesoftware-Herstellers DeLorme, wo ich morgen einen Termin habe.