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Nordamerika => Reiseberichte USA & Kanada => Thema gestartet von: ireula am 06.11.2016, 14:49 Uhr

Titel: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 06.11.2016, 14:49 Uhr

Liebe Freunde der USA,

die nächste Reise im Frühjahr ist gebucht, aber erst mal wollen wir Erlebnisse und Erfahrungen unserer Herbst-Rundreise schildern, die uns über knapp 3300 Meilen in vier Wochen von Las Vegas diesmal ganz ohne Grand und Bryce Canyon zu teils seltener angesteuerten Zielen in Nevada, Arizona, Colorado, New Mexico und Californien geführt hat. Wieder mit dem Wohnmobil und wieder mit Roadbear. Ein 26 feet-slideout für zwei Personen -  das lässt noch genügend Platz für Mitfahrer auf unserer "Gradwanderung". Diesmal tatsächlich mit „d“, denn auch von den Temperaturen her erwies sich die Reise als abwechslungsreich: knapp über dem Gefrierpunkt in Silverton im herbstlich gefärbten Colorado und 58 Grad (Celsius!) im Football-Stadium in Tucson. Wer mitfrieren, mitschwitzen und mitreisen will, ist herzlich willkommen, die Womo-Tür steht offen. Allen Mitlesern bei Irenes Reisebericht viel Spaß.

Irene und Dieter

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Die Reiseroute mit Start und Ziel Las Vegas.

25. September 2016

Nonstop-Flug mit Zwischenlandung

Ganz entspannt geht es an diesem Sonntagmorgen los, um 7 Uhr starten wir zum Flughafen Frankfurt. Und zwar so entspannt, dass wir die Freunde nicht bemerken, die uns auf dem Weg zu einem Wochenendtrip überholen. Um 9 Uhr checken wir im Terminal-Parkhaus ein. Wir haben den Stellplatz vorab gebucht (117,50 Euro für knapp vier Wochen). Den ausgedruckten QR-Code halten wir vor den Scanner, die Schranke öffnet sich. Diesmal holt Irene einen Gepäckwagen, denn wir haben einiges zu transportieren.

Die Wege sind weit auf dem Frankfurter Flughafen, das wissen wir. Noch weiter aber für Condor-Flieger. Während wir sonst mit Lufthansa unterwegs sind und gleich in Halle A einchecken können, müssen wir jetzt ans andere Ende des Terminals. Wenigstens dürfen wir dort an den Schalter für Premium Economy, keine Schlange. Die beiden Koffer sind ziemlich schwer, aber kein Grund für uns, nervös zu werden. Premium Economy erlaubt 32 Kilo  pro Gepäckstück statt 23. Für Dieters Gitarre haben wir ein Zusatzgepäckstück gebucht, alles easy.

Mit unseren Rucksäcken machen wir uns auf den Weg, um irgendwo gemütlich noch einen Kaffee zu trinken. Der Flug geht schließlich erst um 12, wir haben noch nicht einmal 10 Uhr.

Der zweite Nachteil des abgelegenen Check-Ins: Es gibt keine vernünftige Mall. Den ganzen Weg zurück in belebtere Gefilde wollen wir nicht laufen. Die lange Schlange vor der  Passkontrolle zu den Condor-Gates sorgt dafür, dass wir uns auch gleich anstellen - dann eben später Kaffee. Leider ein Trugschluss, denn hinter der Kontrolle wartet das Nirwana. Ein Duty-Free-Shop, in dem Irene ein Nackenkissen kauft, das sich wie alle zuvor als unbequem erweist, und ein defekter Kaffeeautomat. Wir geben auf und stellen uns in die nächste Schlange. Die Sicherheitskontrolle dauert lang.

Dann ein ziemlich seltsames Szenario am Gate: Ein Shop mit erneut langer Schlange. Die Leute kaufen Getränke, matschige Sandwiches,  pappmachée-artige Wraps zu gesalzenen Preisen. Der Mann an der Kasse hat die Ruhe weg, es dauert ewig, bis er drei Teile in der Kasse verbucht hat. Hier gäbe es Kaffee, aber wir wollen uns nicht ausmalen, was die Leute in der Schlange sagen, wenn jemand den Zeitlupen-Mann um einen Cappuccino bittet. Tut auch keiner. Aber wir hören Befremdliches: die Sachen seien genauso teuer wie im Flugzeug, und man komme mit zwei Sandwiches gerade mal bis zum Abheben. Wir gehen davon aus, dass wir an Bord Vollverpflegung haben - Condor hin oder her. Aber unsere Mitreisenden sind davon offenbar nicht überzeugt.

Mit einer halben Stunde Verzug ist das Boarding schließlich vollbracht. Wir sitzen auf 6a und 6c gleich hinter der Trennwand zur Business. Sehr viel Platz für die Füße, die Sitzbreite ist allerdings auch nicht besser als in der Economy hinter uns. Aber wir haben die Zweierreihe für uns, das ist angenehm.

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Die Plätze in der Premium Economy Class bieten genug Beinfreiheit.

In der Premium gibt es eine kleine Menükarte, klingt gut und ist auch recht lecker: Hähnchen indisch. Der Screen fürs Entertainment ist wegen der Trennwand ziemlich weit entfernt, aber Dieter sieht trotzdem einen Film.

Der Pilot kündigt gut gelaunt an, dass wir überpünktlich in Las Vegas landen werden - etwa um 14.30 Uhr Ortszeit. Da hat er den Mund etwas voll genommen. Kurz hinter Schottland kommt die Durchsage, dass es einen medizinischen Notfall an Bord gibt, falls ein Arzt da sei, möge er sich melden. Geschäftigkeit in der hinteren Bordküche. Dann aber: Es muss außerplanmäßig gelandet werden. Wir sind gerade an Island vorbei. Die Maschine dreht um und fliegt den Flughafen Keflavik auf der Insel an.

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Zwischenstop im Nirgendwo auf Island.

Irgendwo im Nichts setzen wir auf. Von einem Terminal weit und breit keine Spur, nur braungrünes Grasland um uns herum. Aber die Flughafenfeuerwehr und zwei Ambulanzfahrzeuge sind zur Stelle. Der Passagier wird mit dem Rollstuhl ins Freie bugsiert. Er sieht schlecht aus und hat offenkundig Schmerzen.

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Ärzte und Sanitäter sind sofort zur Stelle.
 
Für den Kranken und seine Familie, die ebenfalls auf Island bleibt, werden jetzt die Koffer aus dem Laderaum geholt. Zum Glück weiß man bei Condor, auf welcher Position sich welches Gepäckstück befindet.

Jetzt könnten wir eigentlich wieder starten - wenn nicht das kleine Problem mit dem Treibstoff wäre. Für die Landung musste der Pilot in der Luft nämlich ordentlich Kerosin ablassen, weil wir für die Landebahn zu schwer waren. Nun muss aufgefüllt werden. Aber es ist Sonntag am Ende der Welt, und keiner will uns Treibstoff liefern. Der Copilot läuft suchend übers Rollfeld, die Crew telefoniert mit der Zentrale und mit dem unsichtbaren Tower. Aber immer wieder kommt die Info: Noch haben wir keine Kerosinquelle aufgetan. Die Passagiere stehen in den Gängen, strecken auch mal den Kopf an der Gangway aus dem Flugzeug, aber raus dürfen wir nicht.

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Der Copilot sucht eine Kerosinquelle ...

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... und wird endlich fündig.

Irgendwann kommt dann doch ein Tankwagen angefahren, und es kann weitergehen. 3 Stunden und 45 Minuten hat uns der Stopp gekostet. Erst um 18.30 Uhr steigen wir in Las Vegas aus - nach rund 15 Stunden. Ganz schon lang für den gebuchten Nonstop-Flug, aber für diesen Notfall kann natürlich niemand etwas. Allenfalls stellt sich die Frage, ob man offenkundig kranke Passagiere vor dem Flug medizinisch checken sollte, denn Dieter hat beobachtet, dass der Mann schon am Boden nicht gut aussah und der Hilfe bedurfte.

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Anflug auf das immer größer werdende Las Vegas.

Per Taxi erreichen wir unser Hotel, das Venetian am nördlichen Strip. Der Taxifahrer, ein junger Schwarzer, kommt nach kurzem Smalltalk über Soccer, Bayern und Schalke gleich auf den Wahlkampf zu sprechen. Er findet gut, was Donald Trump sagt, möchte ihn aber nicht als Präsident haben. Hillary Cinton kann er auch nicht wählen.

Das Venetian ist wirklich ein riesiges Hotel. An die 7000 Zimmer, 160 Geschäfte, zig Restaurants. Die Lobby ist pompös und imitiert italienische Palazzi. Wir bekommen ein Upgrade und ziehen im 19. Stock in unsere geräumige Suite. Mittlerweile ist es nach 8, und wir wollen noch ein bisschen auf den Strip und etwas essen.

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7000 Zimmer hat das Venetian Hotel.

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Der Canale Grande ist zwar nicht grande, aber romantisch.

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Unser Zimmer ist groß und luxuriös.

Auf dem Canale Grande des Venetian, der in Wahrheit ein kleiner, brückenüberspannter Teich ist, fährt ein Gondoliere ein Touristenpärchen spazieren. Wir verkneifen uns das Vergnügen und gehen Richtung Süden. Gleich auf den ersten Metern staut es sich: 9 Uhr, der Vulkan am Mirage bricht aus. Uns zieht es ins Ceasar's Palace. Wir kehren bei Joe's Seafood ein. Stone crabs sind leider aus, es war ein sehr busy weekend, wie uns der Kellner sagt. Stattdessen gibt es gegrillten Tunfisch und für Dieter pan sauted Branzino (Wolfsbarsch), dazu gegrillte Tomaten. Wir gönnen uns ein Glas Merlot bzw. Bier. Lecker war's und doch besser als dieses Flugzeugessen.

Nun schlendern wir noch eine Stunde durch Ceasar's Palace. Die Geschäfte in der Mall sind nur vom Feinsten: Armani, Rolex, Gucci, Breitling. Alle Edelmarken versammelt unter dem  blauen Himmel mit den Schäfchenwolken, der auch mitten in der Nacht so verblüffend echt aussieht. Kurz nach 11 sind wir im Hotel und fallen ins Bett.

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Die Mall in Ceasar's Palace mit künstlichem Himmel.


Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Hibis am 06.11.2016, 20:29 Uhr
Hallo,

als Leidensgenosse möchte ich euch gerne auf euerer Südwest-Tour begleiten.
Auch wir mussten 2009 auf unserem LH-Flug von FRA nach SFA in Island krankheitsbedingt
zwischen(not)landen.
Beim Landeanflug sagte der Pilot: Er sei noch nie in Island gelandet, er versucht es jetzt einfach einmal heil runter zukommen.
Nach 3,5 Stunden ging es bei uns auch weiter, sodass wir nach 15 Stunden im Flugzeug sehr müde nach SFA kamen. 

Gruß

Hibis
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 06.11.2016, 21:46 Uhr
Ayejaijai... Die Anreise war ja eher mit Hindernissen, hoffe natürlich, dass es dem Mann gut geht, aber in welchem Zustand der ein oder andere fliegt... naja, anderes Thema.

Freue mich auf die Tour, sieht sehr spannend aus und euren letzten Reisebericht fand ich super, kann also losgehen
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: NähkreisSteffi am 07.11.2016, 10:57 Uhr
Hallo Irene und Dieter,

ich bin auch wieder dabei und freue mich auf neue Eindrücke.

Viele Grüße

Steffi
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Gitania am 07.11.2016, 11:10 Uhr
Hallo ihr Beiden,
bin auch dabei und freue mich auf eure Erlebnisse etwas abseits von den Hauptsehenswürdigkeiten.
So ein Womo hatten wir jetzt auch in Alaska. Mein Mann ist total infiziert und ich ertappe ihn immer öfter, wie er im Internet nach Fahrzeugen sucht. Vielleicht kannst du auch die Stellplatzpreise mit nennen.
LG
Gitania
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 07.11.2016, 20:01 Uhr
Willkommen an Bord allen Mitreisenden! Ihr müsst euch, wie bei uns üblich, auf eine Menge Stoff einstellen - wenn es zu viel wird, einfach weiterklicken!

Bemerkung von Irene: Ab und zu gibt es Einschübe, die Gatte Dieter
beisteuert. Manchmal haben wir eben unterschiedliche Auffassungen
von bestimmten Ereignissen ... Aber wir sind auch nach dem Urlaub
noch zusammen, wie dieses Bild vom letzten Reisetag beweist, mit dem
wir uns gleich mal vorstellen:

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Ich will Irene bei so viel Harmonie ja nicht gleich in die Parade
fahren, aber die "unterschiedlichen Auffassungen" basieren letztlich
auf männlichem Selbsterhaltungstrieb (Dieter).



Montag, 26. September

Kleines Gambler-Glück

Dass wir am Abend so lang durchgehalten haben, hält den Jetlag in Schach. Irene wacht erst um 8 Uhr vom Wecker auf, Dieter wird allerdings von lautstarken nächtlichen Auseinandersetzungen im Zimmer gegenüber gestört. Wir gehen frühstücken - ein Muffin mit Ei und Cappuccino im "Café Presse" im Venetian.

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Der Blick von unserem Zimmer im 19. Stock des Venetian Tower.

Nach dem Frühstück wollen wir - wenn schon in Las Vegas, denn schon - unser Glück probieren. Wir haben vorher schon einmal im Casino ein paar der Automaten inspiziert auf unserem Weg vom Check-In zu unserem Zimmer im Tower. Alle Zugänge führen durchs Casino.

Wir haben gesehen, dass man Geldscheine einsteckt, offenbar funktioniert hier nichts mit Kreditkarten. Wir gehen zum Cashier, der hinter verschnörkelten, aber stabilen Gittern residiert. Dieter kommt auf die Superidee, zu fragen, ob er Travelers Cheques annimmt. Wir haben von früheren Reisen noch 350 Dollar in Reiseschecks übrig. Da American Express inzwischen dieses Geschäft aufgegeben hat, waren wir uns nicht so sicher, ob wir die Schecks noch loswerden. O Wunder: Der Kassierer zahlt uns bereitwillig Cash dafür aus.

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Was macht man in Las Vegas morgens um 10?

So gerüstet, füttert Dieter den ersten Automaten mit einem Zehner. Ein paar kleine Gewinne, aber nach drei Minuten ist alles futsch. So geht es auch beim zweiten und dritten Mal. Dann versucht Irene ihr Glück - und siehe da: 55 Dollar Gewinn. Sofort drücken wir auf "Cash voucher" und  lassen uns die Dollarflut ausdrücken. ¨Not too bad¨, findet der Cashier, bei dem wir vor einer halben Stunde Geld gewechselt haben. Unterm Strich 20 Dollar Gewinn und ein bisschen Spaß - finden wir auch nicht schlecht.

(https://abload.de/img/20160926_105324iust1.jpg)
Irene sprengt die Bank: 55 Dollar Gewinn.

Jetzt packen wir unsere Sachen und checken aus. Zwischen 12.30 und 1 pm soll das Shuttle kommen, das uns zu Roadbear bringt. Der Wagen, der schon zwei andere Familien an Bord hat, holt uns an der Ground Transportation im Venetian ab. An der Station am Boulder Highway bekommen wir wieder einen Leprechaun, mit dem wir schon voriges Jahr in Florida unterwegs waren. 26 Fuß, diesmal aber mit einem Slideout hinten fürs Bett. Sehr angenehm. Der Wagen hat 19.000 Meilen drauf und macht einen guten Eindruck. Brigite von Rodbear (mit einem t!) zeigt uns als erstes die Markise, mit der wir immer auf Kriegsfuß stehen. Diesmal hat die Einweiserin selbst Probleme, und der Mechaniker muss kurz nach dem Rechten sehen.

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Nur zwei Koffer, aber ganz viel Stauraum. Der Leprechaun hat uns beste Dienste geleistet.

Gegen 3 pm sind wir vom Hof (nicht ohne sattes Aufsetzen des Hecks an der Auffahrt, obwohl uns Brigite eigens gewarnt hat). Wir fahren nach Norden. Ziel ist der Campground in Mesquite. Von dort wollen wir am nächsten Tag ins Valley of Fire fahren. Weil der Campground im State Park nicht reserviert werden kann, ist uns die Anfahrt auf gut Glück am späten Nachmittag zu unsicher.

Der erste Einkauf im Walmart in Mesquite ist ein voller Erfolg - für uns, denn wir bekommen alles, was wir schon zu Hause auf eine umfangreiche Einkaufsliste gedruckt haben, und für Walmart, denn sie bekommen 264 Dollar.

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Die Grundversorgung für die ersten Tage wird gebunkert.

Zu Mesquite gibt es zwei Dinge zu sagen: Ganz schön weit nördlich vom Valley of Fire gelegen (bedeutet doppelte Fahrzeit), und keinerlei Attraktionen, wenn man kein eingefleischter Golfer ist. Der CG ist fast leer. Der buchungsentscheidende Pool ist noch nicht mal im Bau. Aber entspannen kann man dort gut.

Im Wohnmobil räumen wir unterdessen unsere Koffer leer - es  gibt so viel Stauraum, dass tatsächlich einige Fächer ungenutzt bleiben. Dann erklingt ein kleines Gitarrenkonzert unterm Sternenhimmel - sehr romantisch. Gut, dass wir Campingtisch und Stühle bei Roadbear mitgenommen haben, denn die Campsite hat keinen Tisch.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: lippifax am 07.11.2016, 20:12 Uhr
Mein Dad könnte ein Doppelgänger von dir sein....  :shock:

Mal gespannt auf die Reise
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: kuschelwuschel am 08.11.2016, 07:52 Uhr
schade, leider sehe ich Deine Bilder nicht. Bei ein paar Reiseberichten ist das so, bei den meisten sehe ich sie.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Wolfgang am 08.11.2016, 09:01 Uhr
Hi ihr WoMo-Fahrer,

nachmittags kann man im Valley of Fire wirklich nicht auf einen freien Campground hoffen. Meist sind die begehrten Plätze schon früh belegt. Aber sollten sie besetzt sein, gibt es eine Alternative, jedenfalls besser als Mesquite. Man fährt in östliche Richtung und verlässt das Valley of Fire, dann fährt man die State Route 167 etwa 10 Meilen nach Süden und biegt dort in die Echo Road ein. Nach weiteren 4 Meilen erreicht man die beiden Echo Bay Campgrounds (Upper und Lower) am Lake Mead.

Bin gespannt wie es bei euch weiter geht.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 08.11.2016, 18:48 Uhr

Zitat
schade, leider sehe ich Deine Bilder nicht. Bei ein paar Reiseberichten ist das so, bei den meisten sehe ich sie.

Hallo Kuschelwuschel, das ist ja doof. Wir laden die Bilder mit abload.de hoch, klappt eigentlich gut. Vielleicht kann ein Mod dazu mal was sagen.

Zitat
Man fährt in östliche Richtung und verlässt das Valley of Fire, dann fährt man die State Route 167 etwa 10 Meilen nach Süden und biegt dort in die Echo Road ein. Nach weiteren 4 Meilen erreicht man die beiden Echo Bay Campgrounds (Upper und Lower) am Lake Mead.

Danke für den Tipp, wäre sicher die bessere Wahl gewesen, denn die Gurkerei nach Mesquite und zurück war wirklich unsinnig.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 08.11.2016, 20:05 Uhr
Dienstag, 27. September

Rote-Steine-Wunderland

Das Valley of Fire ist ¨nur¨ ein Statepark, aber in unseren Augen kann es mit manchem Nationalpark ohne Weiteres konkurrieren, nicht nur, weil das Valley die stattliche Zahl von rund 400 (wenn meist auch kleineren) Arches beheimatet. Wir finden uns jedenfalls in einer Wunderwelt der roten Steine, die Straße windet sich durch Felsenmeere. Wir halten kurz am Visitor Center und kaufen eine Karte, dann geht es direkt auf den Atlatl Campground. Es ist erst 1.30 pm, und wie geplant und erhofft sind zu dieser frühen Zeit noch viele Plätze frei. Wir suchen uns eine Site direkt unter einer Felswand. Jede Site ist mit überdachtem Tisch, Grill und Campfire-Ring ausgestattet. Strom und Wasser gibt es natürlich nicht, dafür Toiletten und Duschen. Mit 20 Dollar sind wir dabei, der Park-Eintritt von 10 Dollar ist schon eingeschlossen.

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Der Bereich um das Visitor Center ist nicht nur für Urlauber interessant.

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Alle Plätze auf dem Atlatl Campground sind idyllisch gelegen.

Es ist brütend heiß, die Sonne knallt. Gegen 3.30 pm machen wir uns auf eine kleine Wanderung zum Arch Rock und zum Atlatl Rock. Hier haben vor rund 4000 Jahren Menschen Zeichnungen in den roten Fels geritzt. Eine Treppe (früher in den Fels gehauene Steinstufen, heute Stahl) führt hinauf zu dieser besonderen Galerie. Dort sehen wir, was ein Atlatl ist: ein Holzstock, mit dessen Hilfe der Speer besonders weit geschleudert werden konnte.

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Hier und im Folgenden einige Impressionen von der kleinen Wanderung.

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Mehr als eine Stunde Wanderung ist bei dieser Hitze nicht drin. Wir machen uns lieber an die Dinnervorbereitungen. Zwei ordentliche Steaks warten auf uns, dazu Grillkartoffeln und rohes Gemüse. Und ein Fläschchen Merlot - lecker! Um 7 pm ist es dunkel, Dieter klampft leise, und wir dreschen noch einen Bauernskat.

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Mittwoch, 28. September

Wandern und flüchten

Am Morgen Lob von den Campnachbarn: Das  Gitarrenkonzert habe ¨professionell¨ geklungen. Das deutsche Paar ist mit dem eigenen Camper da, aus Deutschland verschifft.
Heute stehen zwei Hikes auf unserem Plan. Zunächst aber gibt es einen kleinen Crash: Dieter rammt den Eisenstab mit der Campsitenummer, als er ausfahren will. Der Leprechaun hat eine kleine Delle, das wird wohl etwas kosten. Aber dank der Dertour-Buchung können wir mit einer Rückerstattung der Selbstbeteiligung rechnen. Trotzdem ärgerlich.

Anmerkung Dieter:

Ärgerlich vor allem, weil Irene anfangs selbst vergebens versucht hatte, das RV aus der kniffligen Site, vor der ich bereits bei der Belegung mit Nachdruck gewarnt hatte, wieder auf die Straße zu bringen. Nach mehreren Fehlversuchen hatte sie ein Einsehen und entschloss sich, das Lenkrad zu übergeben und als Einweiserin tätig zu werden. In dieser Funktion hat sie später ohne Anwendung körperlicher Gewalt eingestanden, den Crash-Poller zwar gesehen, eine Gefahrenmeldung an den Fahrzeugführer aber nicht für erforderlich gehalten zu haben. Für jeden objektiv empfindenden Menschen wird die Schuldfrage somit als geklärt anzusehen sein. Dass ich die Verantwortung für den Crash dennoch auf mich nehme und nicht wie andere auf andere abwälze, hat nur einen einzigen Grund: Der Fahrzeugführer hat auch für qualifiziertes Einweisungspersonal Sorge zu tragen. Das habe ich versäumt, hier habe ich deutlich zu schludrig gearbeitet, und zu diesem Fehler bekenne ich mich uneingeschränkt. Aber zu keinem anderen. Zumindest nicht diesem Zusammenhang.

Jetzt wieder Irene:

Der Plan, in der Kühle des Morgens auf den White Dome Trail zu gehen, erweist sich als zu kühn. Als wir um 11 dort ankommen, brennt die Sonne erbarmungslos. Wir marschieren los - erst ziemlich steil hinunter. Es geht langsam vorwärts, weil man alle drei Meter neue, sagenhafte Ausblicke bekommt. Die Kamera ist ununterbrochen im Einsatz. Der Hike ist nur eine Meile lang, aber wir brauchen eine Stunde und drei Flaschen Wasser.

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Teils mit etwas Vorsicht zu gehen, aber wunderbar: die Trails im Valley of Fire.

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Auf der Weiterfahrt hält an einem Fotostopp ein Roadbear-RV neben uns, gleiches Modell. Die junge Schweizerin erkundigt sich nach unserem Kühlschrank. Der funktioniert tadellos - im Gegensatz zu ihrem, der 28 Grad Innentemperatur aufweist. Die Sicherungen sind ok, die Einstellungen ebenfalls. Wir können auch nicht helfen. Die Schweizer müssen ohne Kühlschrank weiter - schon unangenehm, zumal sie ein Baby dabeihaben. Sie berichten auch über defekte Schranktüren und nicht funktionierende Schubladen, das Wohnmobil sei in schlechtem Zustand. Wir sind etwas geschockt, denn das kennen wir von Roadbear nicht.

Der nächste Stopp gilt der viel gelobten Fire Wave. Diese farbenprächtige Welle aus Sandstein ist noch nicht so lange als Highlight bekannt. Grundmann/Synnatschke reklamieren in ihrem Reiseführer die Entdeckung und die Namensgebung für sich und preisen die Fire Wave in den höchsten Tönen. Unsere Meinung: Schön, aber nicht sensationell. Hätten wir uns zwischen den beiden Trails entscheiden müssen, hätte der White Dome Trail den Vorzug bekommen.

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Die Fire Wave.

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Klatschnass geschwitzt sind wir inzwischen und froh über das klimatisierte Auto. Wir fahren bis Laughlin, wo wir einen KOA-Campground mit Pool in unserem CG-Führer gefunden haben. Der Weg dorthin führt uns nicht über die Interstate, sondern wir fahren von Nord nach Süd durch die Lake Mead Recreational Area. Eine herrliche Strecke! Hinter jeder Kurve, nach jeder Kuppe sensationelle Ausblicke in Fels- und Wüstenlandschaft. Wir sind so gut wie allein auf der Straße, Labour Day ist eben längst vorbei.

Allerdings entpuppt sich der Campground in Laughlin als Katastrophe. Verwaltet wird er von Native americans, und hier bestätigen sich alle Vorurteile. Noch nie haben wir einen so unfreundlichen Empfang erlebt. Wir bekommen eine Campsite, die zur Hälfte mit dem Auto des Nachbarn besetzt ist, der neben einem Bier reglos auf dem Campingstuhl hockt und vor sich hinstarrt. Auf unseren Gruß reagiert er nicht. Dieter ist das erst mal egal - er will nur noch in den Pool.

Auf der CG-Map sehen wir einen Pfeil, der zu Pool und Casino außerhalb des Campgrounds weist. Wir machen uns auf den Weg und finden nichts. Also zurück zum Office. Dort ist der Ton noch einen Tacken unfreundlicher, die Dame dreht sich noch nicht mal um. Hinter dem Casino sei der Pool, sagt sie. Wir marschieren wieder los. Bei gut 35 Grad und leerem Magen. Die Stimmung ist entsprechend. Nach fast einem Kilometer sehen wir den Pool und lesen, dass er nur für Hotelgäste frei ist, alle anderen zahlen 10 Dollar. Ein Schloss versperrt den Zugang. Nun haben wir die Nase voll. Jetzt ist uns auch gleichgültig, ob es für Camping-Gäste möglicherweise einen kostenlosen Zugang gibt - schließlich weist KOA den Platz als ¨mit Pool¨ aus. Die Dame im Office hat es jedenfalls nicht für nötig gehalten, uns auch nur einen Ton dazu zu sagen. Da passt es ins Bild, dass auch der Zugang zu einem Mini-Strand am Colorado River, der eine Abkühlung geboten hätte, Gästen des Hotels und Casinos vorbehalten ist. Wir beschließen, die auf reine Abzocke bedachte ungastliche Stätte zu verlassen - gut 20 Dollar setzen wir in den Sand.

Durch die einsetzende Dämmerung fahren wir Richtung Golden Valley, ungefähr 40 Meilen weiter. Wegen dieser Aktion müssen wir auf Oatman verzichten, das eigentlich unser Startpunkt für die Route 66 hätte sein sollen. Aber da finden wir keinen Campground. In Golden Valley steht ein alter Herr hinter dem Tresen von Good Sam`s Campground. Seine Freundlichkeit tut uns gut. Wir schließen uns im Dunkeln an und lassen den anstrengenden Tag bei Fisch aus der Dose ausklingen.


Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: sil1969 am 09.11.2016, 13:18 Uhr
Offiziersskat - so heißt es bei uns - spielen wir bei unseren Campingurlauben auch immer!  :D

Ich steige auch noch mit ein!
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Gitania am 09.11.2016, 17:58 Uhr
Also ich habe die Fire Wave etwas anders in Erinnerung als bei dir auf dem Foto. Ich glaube, da musste man doch noch ein Stück weiter laufen??
LG
Gitania
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 09.11.2016, 22:42 Uhr
Runter ging es hier:

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Da war ich. Oder meinst du noch tiefer?
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 09.11.2016, 23:03 Uhr
Donnerstag, 29. September

Route-66-Feeling

Zwischen Kingman und Seligman nehmen wir die ¨Mother Road¨ unter die Räder. Nur rund 75 Meilen, aber heute wollen wir es ruhiger angehen lassen. Es wird kühler draußen, dramatische Wolkenberge am Himmel und ein paar Regenschauer. Es ist leer auf der 66, die kleinen Nester am Straßenrand rotten langsam vor sich hin. Die Landschaft aber ist spektakulär. Immer wieder rattern neben der Straße lange Güterzüge entlang.

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Auch in verfallendem Zustand hat die Route 66 ihre Reize.

(https://abload.de/img/dsc02316tpsfw.jpg)

(https://abload.de/img/dsc02317d7sq1.jpg[table][tr][td][/td][/tr][/table])

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In Seligman ist richtig was los. Wir essen bei ¨Lilo`s¨, einer Wirtin aus Hessen unter der Fahne von Eintracht Frankfurt, verkneifen uns aber ihr Jägerschnitzel, sondern bestellen Salat. Ihr Mann, ein US-Soldat, der in Wiesbaden stationiert war, freut sich, mit uns ein paar Brocken deutsch sprechen zu können. Im General Store kaufen wir ein Baseball-Cap für Irene und ein Route-Sixty-Six-Sweatshirt für Dieter.

(https://abload.de/img/dsc02327bcshw.jpg)
¨Lilo`s¨ ist einen Stop wert, auch wegen des leckeren Essens.

Auf dem Seligman KOA richten wir uns ein - der hat zwar einen Pool, der ist aber wegen des Regens geschlossen. Ohnehin ist es nur noch um die 20 Grad warm, aber Dieter ist trotzdem ein bisschen enttäuscht: Poolfeeling gehört für ihn nun mal dazu.  Allerdings zucken ordentlich Blitze vom Himmel, da hat er ein Einsehen.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 10.11.2016, 19:42 Uhr
Freitag, 30. September

Gebirgsüberquerung mit RV

Lärmempfindliche Leute sollten den KOA Seligman meiden. Direkt am Campground führt die Bahnstrecke entlang, und von flüsterleisen Radsätzen hat man in Amerika noch nichts gehört. Die ganze Nacht donnern die Güterzüge an unserem Bett vorbei.

(https://abload.de/img/20160929_165057vpshe.jpg)
Reichlich Güterverkehr am Seligman-KOA. Am Tag und in der Nacht.

Anmerkung Dieter:
 
Da muss ich mich als Ehemann und Reisegefährte noch einmal einmischen: Irenes Kritik erscheint mir etwas zu harsch. Zum einen verliefen die Bahngleise etwa 150 Meter von unserem Bett entfernt, zum anderen hatten die vielen Züge und Waggons auch etwas Beruhigendes, so wie Schäfchen, die man zum Einschlafen zählen kann. Solange Züge rollen, floriert die Wirtschaft, und die Menschen haben Arbeit. Manchmal ist die Stille sogar beunruhigender und schlafraubender als lautgebende Geschäftigkeit. Mich haben die 29 Züge und ihre 1547 Waggons, die ich zwischen 22.12 und 5.13 Uhr gezählt habe, jedenfalls nicht im Geringsten am Schlaf gehindert. Aber im Nachhinein verklärt sich manchmal Einiges. Deshalb jetzt wieder zu Irene:

Am Morgen geht es über Prescott Valley nach Sedona. Die Wüste lassen wir bald hinter uns, Grasland und Wald wechseln sich ab. Die Straße 89A führt durch die Berge bis hoch auf 7700 ft. Schmal, kurvig, mit tollen Ausblicken. Irene steuert, Dieter blickt in den Abgrund (oder auch nicht). Was hinaufführt, muss auch wieder hinuntergehen. Unsere Bremsen leisten Schwerstarbeit. Das Bergbaustädtchen Jerome sieht urig aus, aber mit unserem großen Gefährt können wir hier nicht anhalten. Wir sind froh, dass wir die Durchfahrt vorbei an Baustellen ohne Schrammen bewältigen.

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Phantastische Ausblicke gewährt die 89A.

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Im Red Rock State Park machen wir einen kleinen Hike. Erstaunlich: Hier plätschert ein munteres Flüsschen durch die Felsen, es gibt sogar eine Art Sumpf.

Die Arizona State Parks kosten Eintritt. Im Red Rock sind 15 Dollar fällig, im Slide Rock State Park, den wir morgen anfahren wollen, sogar 20 Dollar. Das kann man umgehen, indem man einen Jahrespass kauft - 75 Dollar, aber nur für Arizona State Parks gültig. Also nicht zu verwechseln mit dem Annual Pass für die Nationalparks in ganz USA. Im Grundmann-Reiseführer Südwesten wird das recht irreführend beschrieben.

Auch in Sedona ist die Parkplatzsuche kein Kinderspiel. Die Pkw-Parkplätze sind voll, nach langer Kurverei finden wir ein Plätzchen an der Straße. Sedona ist eine echte Touristenfalle. Spezialität: New Age und Vortex. An jeder Ecke Wahrsager, heilende Steine, Kraftfeld-Karten und anderer esoterischer Quatsch. Immerhin: Dieter bekommt eine Weste aus Wildschweinleder. 

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Sedona erleben wir als Touristenfalle mit nettem Ambiente
und einem Parkplatzproblem für RVs.


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Die Falle hat zugeschnappt. Dieter bekommt eine Weste aus Wildschweinleder.
Schützt vor Blitzen, Rheuma, Appetitlosigkeit und Übergewicht.


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Über die Veröffentlichung dieses Bildes wird Dieter sicher noch mit mir reden wollen...

Wir verlassen Sedona nach einer Stunde und steuern auf der 89A durch den Oak Creek Canyon unseren Campground Pine flat an. Ein einfacher Platz im Wald, leider etwas nah an der Straße. Die Site ist schön unter hohen Pinien gelegen. Der Nachbar spielt ausdauernd und heftig Rock-Gitarre, was Dieter eigene musikalische Aktivitäten zurückstellen lässt - wohl auch aus Sorge, zu einem gemeinsamen Konzert aufgefordert zu werden. Aber der Nachbar gibt irgendwann auf und mit Einbruch der Dunkelheit kommt die Konzertgitarre am Lagerfeuer doch noch zum Solo-Einsatz, natürlich nur leise. Vorher werfen wir die beiden riesigen T-Bone-Steaks auf den Grill. Er lässt sich mit einer Haube schließen, so wird das Fleisch schneller gar. Trotz eines wunderschön lodernden Campfires sind wir an diesem Abend früh in der Falle, die frische Luft macht müde.

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Wiedergutmachung für die "Diva".

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Und lecker war's.



Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: U2LS am 10.11.2016, 22:58 Uhr
Hallo ihr zwei,

da mein ICE aus Paris rund 45 Minuten Verspätung hatte (bis zur Grenze war er noch pünktlich; was will man auch anderes von der Bahn erwarten?), sitze ich gerade im RE nach Fulda. Vor lauter Langeweile habe ich jetzt in einem Rutsch die ersten Tage eurer Reise gelesen und muss sagen, es hat sich gelohnt: der Schreibstil ist sehr flüssig und äußerst amüsant, also einfach nur klasse. Gewürzt wird das Ganze noch mit den Anmerkungen von Dieter. Alles in allem ganz großes Kino!

Ich beneide euch um die romantischen Abende am Lagerfeuer mit der Gitarre.

Weiter so, ich bleibe am Ball!

P.S. fand denn die Unterredung wegen dem Bild schon statt?
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: sil1969 am 11.11.2016, 13:12 Uhr

Über die Veröffentlichung dieses Bildes wird Dieter sicher noch mit mir reden wollen...

Das ist doch ein schönes Foto. Da habe ich gestern von meinem Mann ein ganz anderes gemacht, mit offenem Mund schlafend auf der Couch...  :lachen07:

Was ist denn das blau-weiße Teil auf dem Tisch beim Essen?
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Simone_JJ am 11.11.2016, 15:49 Uhr
Das ist doch ein schönes Foto. Da habe ich gestern von meinem Mann ein ganz anderes gemacht, mit offenem Mund schlafend auf der Couch...  :lachen07:

Na, dann zeig mal her.  :lachen07:
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Simone_JJ am 11.11.2016, 15:55 Uhr
Der nächste Stopp gilt der viel gelobten Fire Wave. Diese farbenprächtige Welle aus Sandstein ist noch nicht so lange als Highlight bekannt. Grundmann/Synnatschke reklamieren in ihrem Reiseführer die Entdeckung und die Namensgebung für sich und preisen die Fire Wave in den höchsten Tönen. Unsere Meinung: Schön, aber nicht sensationell. Hätten wir uns zwischen den beiden Trails entscheiden müssen, hätte der White Dome Trail den Vorzug bekommen.

GENAU das gleiche habe ich auch gedacht!!!

Und die 89A sind wir vor 2 Wochen gefahren. Die schönste Strecke, die ich (bisher) in den USA gesehen habe. Ich bin aber quasi seekrank geworden. Der Schatz musste dann ganz langsam fahren und ich war heilfroh, nicht aus dem Fenster gereiert zu haben.  :roll:

Dem Lothar mag ich mich anschließen. Es macht Spaß bei Euch beiden mitzulesen.  :winke:
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 11.11.2016, 19:11 Uhr
Das ist doch ein schönes Foto. Da habe ich gestern von meinem Mann ein ganz anderes gemacht, mit offenem Mund schlafend auf der Couch...  :lachen07:

Na ja, der Mann ist nicht das Problem. Mehr der im Hintergrund lauernde Text - als "Diva" lässt sich ein echter Kerl nur ungern titulieren...


P.S. fand denn die Unterredung wegen dem Bild schon statt?

Ja, gestern Abend. Ich habe Abbitte geleistet und das Ganze als Zufall hingestellt (unter uns: manchmal ist es besser, klein beizugeben).
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 11.11.2016, 20:02 Uhr
Samstag, 1. Oktober

Katastrophenalarm

Early to bed and early to rise ... Gegen 8.30 Uhr sind wir abmarschbereit. Wir haben heute ein strammes Programm: Slide Rock State Park (ein Stück zurück auf der 89A), dann zum Sunset Crater NM und zum Walnut Canyon NM. Die Entfernungen sind nicht besonders groß, aber wir wollen schließlich auch kleine Hikes machen. Dann passiert es: Dieter fragt nach ein paar hundert Metern: ¨Wo habe ich denn mein Portemonnaie?¨, das in dem üblicherweise genutzten Fach in der Fahrerkabine nicht zu finden ist. Wir denken kurz nach, noch keineswegs alarmiert. Wir halten an einer Parkbucht und beginnen zu suchen. Die denkbaren Stellen sind Nieten. Dieters Atem geht stoßweise. Wir denken nach: Wann war es noch da? Am Abend, als er beim Host das Bündel Feuerholz gekauft hat. Auf dem Weg zurück verloren? Unwahrscheinlich, aber möglich. Im Dunkeln war er außerdem mit der Gitarre in der Hand über einen Holzbalken gestürzt. Dabei könnte das Portemonnaie aus der Gesäßtasche gefallen sein. Wir haben aber nichts auf der Campsite zurückgelassen. Geklaut? Doch wohl nicht.

Irene läuft zurück zum Platz und befragt den Host. Es ist nichts abgegeben worden. Die Site ist klinisch rein. Dann geht Dieter und sucht den Weg ab. Nichts. Unterdessen stellt Irene das Wohnmobil auf den Kopf. Jedes Schrankfach wird ausgeräumt, jedes Polster abgenommen, in jede Ritze mit der Taschenlampe geleuchtet. Nichts. Warum der ganze Aufstand? Nicht wegen der 200 Dollar. In der Geldbörse sind Führerschein, Kreditkarten, EC-Karte, Personalausweis, Krankenversicherungskarte und vieles andere mehr.

Schweren Herzens machen wir uns auf zum Slide Rock State Park. Dort fahren wir auf dem Parkplatz unseren Slideout aus, um die Ritzen zu inspizieren. Wir finden nichts. Den Park mit seinen Rutschfelsen und eiskalten Badepools können wir nicht richtig genießen. Ein paar Unerschrockene lassen sich tatsächlich im Wasser treiben, und ein Mann fällt voll bekleidet mitsamt seiner Kamerausrüstung ins Wasser. Selbst dieses bedauernswerte Missgeschick vermag Dieter nicht zu trösten. Ebenso wenig wie das Highlight: Eine bunt geringelte, gar nicht so kleine Schlange unter Steinen, die später von einem Experten als ungiftige Arizona Mountain Kingsnake identifiziert wird.

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Den schön gelegenen Slide Rock State Park können wir leider nicht so recht genießen.

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Irenes Schlange, eine Arizona Mountain Kingsnake.

Uns zieht es zurück an den Ort des Schreckens, unseren Campground. Vielleicht ist inzwischen was abgegeben worden. Aber nein, nichts. Unsere Site ist schon von einer Großfamilie bezogen worden. Die Leute versichern, dass der Platz völlig leer war, bieten aber an, uns anzurufen, falls sie im Gebüsch was finden. Vielleicht hat ja ein Rabe oder ein Waschbär das Portemonnaie weggeschleppt?

Bedrückt gehen wir zurück zum Camper. Auch beim Host werden wir die Telefonnummer hinterlassen. Uns graut vor dem ganzen Papierkram des Kartensperrens und Neubestellens. Außerdem kann Dieter ohne Führerschein trotz der internationalen Fahrerlaubnis nicht mehr ohne Weiteres fahren. Da ist wohl mit der Führerschein-Kopie zumindest ein Besuch bei der Polizei fällig. Mist!

Irene ärgert vor allem, dass die Logik einfach dagegen spricht, dass das Ding verloren gegangen ist. Eigentlich muss es im RV sein. X-mal haben wir in den Fächern der Fahrerkabine gesucht. Nun steckt Irene die Hand noch einmal hinein. Handy, Sonnenbrille sind da. Und da ist noch ein zuvor nicht ertastetes schmales Fach - mit dem Portemonnnaie. Heureka! Der Tag und die Stimmung sind gerettet, wir sind glücklich!   
 
Erleichtert nehmen wir die nächsten Meilen unter die Räder. Im Norden überqueren wir die Interstate 40 und steuern das Sunset Crater National Monument an. Hier kommen wir endlich zu unserem Jahres-Nationalparkpass, der jetzt Interagency Annual Pass heißt. Für 80 Dollar haben wir jetzt ein Jahr lang freien Eintritt in allen Nationalparks und National Monuments der Vereinigten Staaten. Und man kann den Pass sogar an eine weitere Reisegruppe ausleihen.

Der Sunset Crater ist ein Vulkan, der vor rund 1000 Jahren ausgebrochen ist. Eine lavaschwarze Mondlandschaft ist übrig geblieben. Wir gehen - es ist mehr ein Stolpern - durch die harten Brocken, die sich am Fuß des Vulkankegels aufgetürmt haben. Auf dem Lava Flow Trail bieten sich phantastische Blicke in dieses surreale Panorama. Bäume und Pflänzchen erobern sich ganz langsam ihr Territorium zurück.

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Die Gegend um den Sunset Crater und die Trails haben uns schon sehr beeindruckt.
Unter der Asche befinden sich noch Wohnsiedlungen und die sterblichen Überreste derer,
die es nicht rechtzeitig geschafft hatten, dem Feuersturm zu entkommen.


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Ein Stück weiter südlich wartet der Walnut Canyon, ebenfalls ein National Monument, auf uns. Wir sind in New Mexico, tief im Indianerland. Der Walnut Canyon war eine Heimstatt der Sinagua-Indianer (von spanisch sin agua = ohne Wasser). Diese Ureinwohner haben ihre Häuser unter Felsüberhängen an den Canyon-Wänden gebaut. Ohne Wasser kamen sie natürlich nicht aus: Der Canyon führte nach der Schneeschmelze im Frühjahr reichlich Wasser, das aber nach einigen Monaten versiegte. Die Sinagua schleppten deshalb Wasservorräte in ihre Behausungen hoch über dem Fluss und kamen so über den Winter.

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Im Walnut Canyon lässt auch nachfühlen, mit welchen
Widrigkeiten die Menschen damals zu kämpfen hatten.
Aus unserer komfortablen Sicht unvorstellbar.


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Ein steiler Trail führt vom Visitor Center hinunter zu den Ruinen. Sie sind zum Teil rekonstruiert, aber 30 Prozent sind noch im Original erhalten. Der Trail ist schon ohne die Felsenhäuser unbedingt lohnenswert - sagenhafte Ausblicke. Auf der gegenüberliegenden Seite des Canyons sind weitere Felswohnungen zu erkennen - nach Ansicht der Historiker haben die Sinagua ein geselliges Leben in Familien und Nachbarschaften geführt. Wir malen uns aus, wie sie sonntags, schick in Fell gekleidet, die Nachbarn auf der anderen Talseite besuchen...

Wir haben den Walnut Canyon beinahe für uns. Aber als wir die steile Treppe wieder hinaufklettern, kommt uns eine ganze Horde Collegekids entgegen. Jetzt ist es mit der Ruhe vorbei. Zum Schluss: Woher hat der Canyon seinen Namen? Am Grund  der Schlucht sind amerikanische Walnussbäume heimisch.

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Nach drei Highlights an diesem Tag fahren wir noch ein paar Meilen bis zum Meteor Crater. Hier steigen wir auf dem gleichnamigen RV-Park ab. Unsere Site hat Wasser und Strom, aber kein Abwasser. Das macht natürlich nichts, denn wir sind ja eigentlich autark. Vor der Abfahrt am nächsten Morgen werden wir dumpen, damit Blackwater- und Greywater-Tank für alles gerüstet sind.


Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 11.11.2016, 20:25 Uhr

Was ist denn das blau-weiße Teil auf dem Tisch beim Essen?

Das ist ein holländischer Salzstreuer, den wir aus dem Roadbear-Austauschregal mitgenommen - und am Ende wieder aufgefüllt zurückgestellt haben.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 12.11.2016, 13:03 Uhr
Sonntag, 2. Oktober

Das war knapp

Schon morgens um halb sieben setzt Irene die Waschmaschine in Gang. Gestern hat sie im Office 3 Dollarnoten in Quarters umgetauscht. 1,75 Dollar kostet der Washer, ebensoviel der Dryer. Die Duschen auf diesem Campground sind übrigens tipptopp - richtige kleine Badezimmer mit Toilette, Waschbecken und Dusche, alles sehr sauber.

Wäsche und Menschen sind also wieder klinisch rein, und wir starten zum Meteor Crater, den Dieter gerne sehen will. Er ist weder Nationalpark noch Monument oder State Park, sondern in privater Hand. Und daher wird kassiert: 18  Dollar pro Person. Mit einem 2-Dollar-Discount vom Campground sind es dann immerhin noch 32 Dollar.

Der Weg zur  eigentlichen Attraktion führt an allerlei Kaufanreizen entlang, aber dann treten wir endlich ins Freie. Wir sehen in einen riesigen Krater, in den vor rund 50.000 Jahren ein Meteorit eingeschlagen ist. Angeblich war er im Durchmesser nur 25 bis 30 Meter groß, traf aber mit einer Geschwindigkeit von 70.000 Kilometern pro Stunde auf der Erde auf. Die Zerstörungskraft hat alle Atombombenexplosionen weit übertroffen. In weitem Umkreis starb jegliches Leben ab.

Der Krater misst 1,25 Kilometer im Durchmesser. Hier haben die Apollo-Astronauten trainiert, denn das Gelände entspricht erstaunlich genau der Mondoberfläche. 

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Der Meteor Crater ist nahezu unverändert erhalten und zeigt die Wirkung des Einschlags sehr plastisch.

Die Erforschung des Kraters hat eine ganz eigene Geschichte - hier hat der Ingenieur Daniel Barringer praktisch sein ganzes Leben, seine Arbeitskraft und sein Geld investiert, um den Meteor als Botschafter aus dem All auszugraben. Es ist ihm nicht gelungen, nur Bruchstücke kamen zu Tage. Eines der größten Probleme: Die Bohrer, mit denen er ins Gestein vordringen wollte, waren nicht hart genug für die metallischen Strukturen. Die Bohrer brachen ab oder verkeilten sich, sodass die Bohrungen eingestellt wurden. Immerhin aber hat Barringer die Fachwelt von der Theorie des Meteoriteneinschlags überzeugt, die man vor seinen Forschungen durchaus nicht überall anerkannte. Meteor Crater ist defintiv einen Besuch wert.

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Ein richtiger Nationalpark steht als nächstes auf dem Programm: Petrified Forest. Genau genommen sind hier zwei Nationalparks zusammengefasst, es gibt auch zwei Visitor Center: für Petrified Forest, den versteinerten Wald, und für Painted Desert, die bunte Wüste. Da wir durch den südlichen Parkeingang einfahren, können wir uns erst die braun, schwarz, rot, gelb und weiß schillernden Holzstämme ansehen, die hier in Massen herumliegen. Aber es ist kein Holz mehr, sondern Stein. Jedes Detail der unter Wasser und Schlamm begrabenen Stämme ist noch zu sehen: Rinde, Astlöcher, Wurzelreste.

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Man sieht es dem Foto nicht an, aber es war ganz schön windig im Petrified Forest.

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Es ist erstaunlich, wie detailreich sich die Strukturen der Bäume nach rund 220 Millionen Jahren erhalten haben.

Natürlich darf man nichts anfassen und schon gar nichts mitnehmen. Am Parkausgang werden die Fahrzeuge sogar stichprobenartig untersucht - jedenfalls verkündet das ein Schild. Seltsam allerdings, dass schon meilenweit vor dem Park ein Laden nach dem anderen gewaltige Mengen auch großer Versteinerungen anbietet. Mancher Hof ist mit Bruchstücken geradezu übersät. Wie kommen die Inhaber zu diesen Schätzen?

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Die Painted Desert tut uns den Gefallen, pünktlich im Nachmittagssonnenlicht zu strahlen. Es gibt etliche Aussichtspunkte, von denen wir nur drei ansteuern. Denn wir haben noch einige Meilen zu fahren.

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An der Painted Desert gibt es eine ganze Reihe von Aussichtspunkten mit Parkmöglichkeit.

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Statt des zunächst geplanten Canyon de Chelly wollen wir einen Südschlenker in unsere Route einbauen. Dieter hat das ausbaldowert und mit dem El Morro National Monument ein neues Ziel gefunden. Und unsere - zugebenermaßen ziemlich alte - Karte sagt, dass es kurz hinter dem Monument einen sehr schönen Natur-Campground geben soll. Nur elf Plätze, aber wir wollen unser Glück versuchen.

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Unterwegs - auch die Rinder haben freien Zugang zum Highway.

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Die Fahrt zieht sich, führt aber durch einsames und ungeheuer abwechslungsreiches Land. Wir haben den zu Hause mit ¨Roadmusic¨ bespielten Musikstick im Autoradio stecken und genießen. Gegen 4 pm sind wir am El Morro. Zum Visitor Center geht es rechts ab. Nach der Karte muss der Campground fünf bis zehn Meilen weiter östlich links von der Straße liegen. Wir halten Ausschau und halten Ausschau - vergeblich. Mist. Plan B ist, nach Grants durchzufahren und auf dem dortigen KOA abzusteigen. Zwei kleine Probleme sind mit diesem an sich guten Plan verbunden. Erstens haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Campgrounds jetzt in der Nebensaison ziemlich früh schließen - 6 Uhr zum Beispiel. Und wir sind nicht mehr in Arizona, sodass die Zeit auf Irenes Uhr nicht stimmt: Tatsächlich ist es schon kurz nach 5. Gut 40 Meilen haben wir noch vor uns. Kann gerade so klappen.

Wir schaffen es. Der KOA-Host stellt sich gerade auf Feierabend ein, als wir aufkreuzen. Nur leider: Der Platz ist voll. Wohin nun in diesem Kaff? Der Mann empfiehlt, es vier Meilen weiter auf dem Lavaland CG zu versuchen:
¨Good luck!¨

Auf Lavaland ist das Büro zu, und ein anderes Wohnmobil steht davor. Die Leute berichten, dass sie über den Platz gefahren sind und keine freie Site gesehen haben. Dieter aber hat von der Straße aus freie Plätze erspäht und will so schnell nicht aufgeben. Am Office steht eine Plastikbox mit Formularen zur Selfregistration bei late arrival. Das klingt doch gut. Während der Mitbewerber abdreht, fahren wir zu den von Dieter entdeckten Plätzen. Hier sind zwar die Wasserhähne trocken, und die Stromkästen haben keinen Saft. Aber wir brauchen keine Anschlüsse und stellen uns einfach auf eine freie Site. Zum Formular mit unseren Daten und der Site-Nummer kommen 29 Dollar Cash, und der Deal ist perfekt. Weder heute Abend noch am nächsten Morgen bekommen wir einen Offiziellen zu Gesicht. Geschlafen haben wir blendend.   

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 13.11.2016, 09:43 Uhr
Montag, 3. Oktober
 
Doch noch El Morro

Beim Frühstück stellen wir uns die Gewissensfrage: Wollen wir auf direktem Weg Richtung Mesa Verde nach Norden fahren oder doch wieder 40 Meilen zurück, um El Morro zu besuchen? Weil wir ja keine Leute sind, die sich so schnell von erreichbaren Zielen verabschieden, entscheiden wir uns für El Morro. Das bedeutet auch: 40 Meilen durch herrliche Landschaft. Als wir nach links zum Visitor Center abbiegen, trifft uns nach 100 Metern fast der Schlag: Ein Schild weist links zum El Morro Campground. Hier also liegt er, direkt am Eingang zu unserem Ziel. Um den Schmerz nicht noch zu vergrößern, schauen wir uns die Sites gar nicht an. Sie sind bestimmt wunder-wunderschön ...

Aber das Monument ist auch nicht zu verachten. Ein 1-Kilometer-Trail führt an hoch aufragenden hellen Felsen entlang zu einem natürlichen Pool, der in die Felswände eingebettet liegt. Die frühen Siedler haben die Wasserstelle auf ihren Trecks nach Westen entdeckt und als Rastplatz für Mensch und Pferde genutzt. Sehr idyllisch ist es hier, die Sonne strahlt die Felswände an. Das haben wohl die Siedler auch so empfunden und sich auf dem glatten Stein verewigt. Namen, Daten, kleine Zeichnungen machen den Inscription Rock zu einer Art Nachrichtenbörse der Siedler. Die älteste (spanische) Inschrift stammt immerhin von 1605. Aber auch ungeachtet der Inschriften und der Geschichten, die hinter ihnen stehen, ist die Felsformation sehenswert. Mit mehr Zeit kann man den längeren Loop von 2 1/2 Meilen nehmen, der bis auf die Felsen hinaufführt.

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Das El Morro National Monument ist sehenswert und auch in ein bis zwei Stunden zu erkunden.

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Aber wir müssen nun Meilen machen. Wir fahren nach Norden Richtung Mesa Verde. Kurz vor dem Nationalpark kommen wir durch Cortez - eine recht große und vergleichsweise belebte Westernstadt, schon in Colorado gelegen. Wir können nicht widerstehen und kehren bei Pizza Hut ein. Erwartungsgemäß lecker und erstaunlich preiswert.

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On the road again.

Jetzt wollen wir Quartier machen, denn eine solche Erfahrung wie gestern brauchen wir nicht wieder. Auf dem Ancient Cedars Mesa Verde RV Resort werden wir freundlich empfangen, aber die Inhaberin lässt keinen Zweifel daran, dass wir Glück haben, noch eine Site zu bekommen. Als sie erfährt, dass wir noch nach Durango wollen, wiegt sie den Kopf: Ob wir schon eine Campplatz-Reservation haben? (Nein). Ob wir schon Zugfahrkarten für den Trainride nach Silverton haben (Nein). Ob wir in Albuquerque, unserer geplanten folgenden Station, während des berühmtem Balloon-Festivals schon gebucht haben? (Nein).

Wir bekommen kalte Füße - nicht nur, weil es hier oben schon ganz schön kühl geworden ist. Die Lady hat allerdings eine Idee: Nach Durango sind es von hier nur  knapp 40 Meilen, wir könnten also zwei Nächte bleiben und dann am Morgen unseres Zugtrips von hier aus starten. So machen wir es und zahlen 35 Dollar pro Übernachtung.

An der wunderschönen Campsite unter Zedern gibt es keine Entspannung, denn jetzt wollen wir es wissen: Bekommen wir überhaupt noch Zugfahrkarten? Die Campgroundchefin hat erklärt, dass die vielen Babyboomers - nun retired - kreuz und quer im Land unterwegs sind, vorzugsweise mit Wohnmobilen. Sie sind nun zur Laubfärbung nach Colorado gekommen und wollen die romantische Zugfahrt erleben. Ob wir noch Karten bekommen, hält sie für zweifelhaft.

Die Internetbuchungsseite zeigt: Es wird voll. Die Deluxe-Klasse ist nicht mehr zu haben, es gibt nur noch Standard. Wir entscheiden uns angesichts der Temperaturen gegen den offenen Waggon (für Durango sind am Mittag magere 11 Grad Celsius vorhergesagt, und in Silverton wird das Thermometer knapp an der 0-Grad-Grenze landen) und buchen die letzten beiden freien Plätze für knapp 200 Dollar. Gleich hinterher auch noch eine Campsite für den Abend danach, denn wir kommen erst um 6 pm wieder am Bahnhof an. Die Tour geht am 5. Oktober um 8.45 Uhr in Durango los, führt in dreieinhalb Stunden in das Minenstädtchen Silverton und nach zwei Stunden Aufenthalt wieder dreieinhalb Stunden retour nach Durango. 

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: sil1969 am 13.11.2016, 11:25 Uhr

Was ist denn das blau-weiße Teil auf dem Tisch beim Essen?

Das ist ein holländischer Salzstreuer, den wir aus dem Roadbear-Austauschregal mitgenommen - und am Ende wieder aufgefüllt zurückgestellt haben.

Ah....Danke.

Das denken wir uns auch öfter: Bevor man noch lange herumfährt und sucht, kann man eine Nacht mal ohne Strom und Wasser aushalten.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 13.11.2016, 17:59 Uhr
El Morro kannte ich zum Beispiel noch gar nicht, das habe ich mal notiert :)
Tolle Reise bisher!
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 14.11.2016, 19:38 Uhr
Dienstag, 4. Oktober

Auf den Spuren der Pueblo-Indianer

Diese Nacht war kalt. So kalt, dass wir abends tatsächlich die elektrische Heizung gebraucht und mitten in der Nacht die zweite Decke über uns gebreitet haben. Gut, dass Roadbear vorgesorgt hat.
Am Morgen ziehen wir die wärmsten Sachen an, die wir haben. Das Zwiebelprinzip bewährt sich wieder einmal. Aber Irene beschließt, eine Legging oder Strumpfhose zum Anziehen unter der Jeans zu kaufen, denn in Silverton sind für Mittwoch 4 Grad angesagt - mittags!

Erst einmal aber brechen wir auf in den Mesa Verde Nationalpark. Hinter dem Visitor-Center geht es hinauf in die Berge. Die Bäume hier sind zwar nicht groß, aber die Laubfärbung ist wunderschön anzusehen. Höher und höher windet sich die Straße. Wir steuern das Spruce Tree House an, die einzige Klippensiedlung, die auf eigene Faust erkundet werden kann. Dachten wir. Doch ausgerechnet 2016 ist das Spruce Tree House wegen Restaurierungsarbeiten geschlossen. Wir können es nur auf der gegenüberliegenden Seite des Canyons betrachten - wenig spektakulär, zumal es vormittags im Schatten liegt.

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Der Mesa Verde Nationalpark, ein "Muss" (sicher nicht nur auf unserer Route).

Ein bisschen enttäuscht sind wir schon. Deshalb bekommt jetzt die Option einer guided tour doch ihren Reiz. Cliff Palace und Balcony House stehen dafür zur Verfügung. Dachten wir. Cliff Palace aber öffnet erst im nächsten Frühjahr wieder, erklärt die Rangerin. Aber für Balcony House gibt es noch Karten für die Tour um 3.30 pm. Bis dahin haben wir noch über drei Stunden Zeit, aber wir nehmen die Karten für 8 Dollar (für zwei).

Dieter schlägt vor, den Mesa Loop zu fahren, einen 6-Meilen-Rundweg mit zahlreichen Stopps an Sehenswürdigkeiten. Und das lohnt sich wirklich. Fast drei Stunden verbringen wir hier, besuchen gemütlich einen Aussichtspunkt nach dem anderen. Wir sehen Pueblo-Siedlungen in der Ebene, die in die Erde hinein gebaut worden sind. Wohnkeller sozusagen. Die frühesten Bauten stammten aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. Es gab Wohnräume und Vorratsräume und Kivas, wo kultische Handlungen, aber wohl auch gesellige Zusammenkünfte stattfanden. Ein kleines rundes Loch im Boden symbolisierte den Zugang zur Unterwelt.

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Der Mesa Loop führt zu einer ganzen Reihe von Pueblo-Siedlungen, die in die Erde hinein gebaut wurden.
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Immer mit besonderer Verbindung zur Unterwelt und mit einem Belüftungssystem, das Rauchvergiftungen vorbeugen sollte.

Am Mesa Loop eröffnen sich aber auch wunderbare Blicke auf die Klippensiedlungen. Unser kleines, aber leistungsstarkes Fernglas hat seinen großen Auftritt. Die Befürchtungen, dass Menschenmassen uns den Besuch von Mesa Verde vergällen würden, bewahrheiten sich übrigens nicht. Zwar war es am Visitor Center schon morgens richtig voll, aber der Park ist riesig. Vom Eingang bis Balcony House sind es 25 Meilen, da verläuft sich der Besucherstrom.

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Die Klippenhäuser sind rund 600 Jahre alt.
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Der Höhepunkt des Tages ist die Tour zum Balcony House. Ranger Roland, ein Native American, schleust die Gruppe mit 50 Personen durch die Klippen. Schon der Zugang ist spannend: Es geht ein paar Stahltreppen hinunter, dann an der Canyonwand entlang und anschließend eine 32 Fuß (10 Meter) lange, steile Leiter hinauf. Viele Teilnehmer haben offenkundig Muffensausen, aber wir schlagen uns als Bewohner einer Bergregion bravourös und sicher. Oben wartet der erste Raum von Balcony House. Tatsächlich haben die Ureinwohner hier Balkone vor ihre gemauerten Häuser unter den Felsüberhängen gebaut. Was hat sich auf den Balkonen wohl abgespielt? Wurde hier Essen gelagert oder saßen die Leute in der Sonne vor ihren Wohnzimmern? Fest steht nur, dass die Anasazi, die Ureinwohner, Bauern waren. Sie kletterten Tag für Tag die Felsen hinauf, um Corn (Mais) anzubauen. Aus dem Mais wurde mit Hilfe von Steinen Mehl gemahlen, das  gut lagerfähig war. Außerdem musste vom Canyon tief unten Wasser geholt werden. Die Anasazi lagen gewiss nicht auf der faulen Haut.

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Ranger Roland an der 10 Meter langen, steilen Leiter, dem einzigen Zugang zum Balcony House. Aber nicht der einzigen Leiter...

Wir gehen durch schmale Felslücken in die nächsten Wohnungen. Roland legt großen Wert darauf, dass niemand etwas Menschengemachtes berührt. Schließlich sollen die historischen Bauten auch die nächsten Generationen überdauern. Daher darf auch außer Wasser kein Lebensmittel und kein Getränk in die Siedlungen gebracht werden. Nicht einmal ein Kaugummi.

Um wieder an die Oberfläche zu kommen, müssen wir zuerst auf Knien durch einen 45 Zentimeter breiten und vier Meter langen Tunnel kriechen. Der Rucksack auf dem Rücken ist da hinderlich, Irene muss ihn abnehmen und vor sich herschieben. Dann noch zwei fast senkrechte Leitern, und wir haben es geschafft.

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Dieter an der letzten Leiter, dann sind wir wieder an der Oberfläche.

Auf dem Rückweg zum Campground kaufen wir ein und gönnen uns Riesengarnelen und Olivenbrot. Außerdem schlagen wir im Liquor Store beim Wein zu, denn weder bei Safeway noch bei Walmart findet sich Alkohol in den Regalen. Um 7 pm geht ein langer, schöner Tag mit köstlichen Meeresfrüchten und einem Glas Weißwein aus dem Columbia-Valley in Washington State zu Ende. 
 
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 15.11.2016, 18:44 Uhr
Mittwoch, 5. Oktober

Unter Dampf

Die Nacht am Mesa Verde Campground ist kurz. Um 5.45 Uhr klingelt der Handy-Wecker. Morgentoilette und schnelles Frühstück, um 7 Uhr sind wir abgedockt. Wir haben keine Zeit zu verlieren, denn um 8.45 Uhr fährt unser Zug. Aber schon um 8.15 Uhr soll nach den Informationen der Railroad-Company das Boarding beendet sein. Und wir haben noch knapp 40 Meilen vor uns. Etwas nervös fahren wir über die Interstate nach Osten.

Anmerkung Dieter:
Der Begriff ¨nervös¨ klingt relativ harmlos, aber selten zuvor in der Geschichte des motorisierten Straßenverkehrs dürfte ein Fahrzeugführer von einer Beifahrerin derart hemmungslos zum Verstoß gegen sämtliche Verkehrsregeln gedrängt worden sein, wie es auf diesen knapp 40 Meilen der Fall war. Um so wichtiger ist es, dass verantwortungsvolle Kraftfahrer Aufforderungen wie: ¨Gib endlich Gas¨, ¨die Ampel ist nicht Rot¨ und ¨den Schleicher schaffst Du auch noch¨ mit aller Entschiedenheit widerstehen und trotz des vermeintlichen Zeitdrucks der Sicherheit ihrer Mitmenschen einen höheren Stellenwert beimessen als einer wie auch immer gearteten Zugfahrt. Im späteren Verlauf des Tages haben Irene und ich nach einer gewissen Zeit der stillen Einkehr und der zu keinem übereinstimmenden Ergebnis führenden Selbst-Analyse des Geschehenen auch wieder miteinander geredet.
Dies musste dem auch einem Reisebericht aufzuerlegenden Mindestmaß an Aufrichtigkeit wegen angemerkt werden. Sonst wird der Mond über Colorado irgendwann noch eckig. Doch jetzt wieder Irenes wahrheitsgemäße Schilderung:

Kurz vor 8 stehen wir in der Schlange zum Parkplatz. Den Parkplatz (8 Dollar) haben wir zusammen mit den Zugtickets vorgebucht. Allerdings kostet ein RV-Parkplatz 10 Dollar, wie wir jetzt auf dem Schild lesen. Deshalb geht Irene mit zwei Dollarnoten in der Hand zum Parkplatzwächter. Er ist nett und erlässt uns die Zusatzgebühr. Er streicht unseren Namen in der Liste ab.
Wir haben uns am Morgen warm angezogen, denn es ist kalt hier oben in Colorado. Irene hat sich gestern extra eine Leggings gekauft, die nun unter der Jeans den Po wärmt. Auch die Halstücher kommen zum Einsatz.

Pünktlich stehen wir am Bahnhof, wo gerade der 8-Uhr-Zug abgefahren ist. Um 8.15 Uhr sitzen wir auf unseren Plätzen im Wagen (Coach) 24. Außer uns hat nur eine Holländerin die Zeitvorgabe ernst genommen. Die übrigen Mitreisenden trudeln erst nach und nach ein. Unter kräftigem Tuten des Horns startet die Dampflokomotive um 8.45 Uhr. Wir sitzen auf der linken Seite. Da der Zug in Silverton komplett gewendet wird und die Passagiere ihre Plätze behalten, sehen wir auf der Rückfahrt die Aussicht auf der anderen Zugseite.

Gemächlich zockeln die Waggons am Animas River entlang durch die Ausläufer von Durango. Wir sehen nach vier Meilen unseren Campground, wo wir für den Abend vorgebucht haben. Immer wieder stehen Leute an der Strecke und winken uns zu.
Der Zug dampft langsam, mit rund 15 Meilen per hour, die steiler werdenden Berge hinauf. Einen Zwischenstopp gibt es an der Stelle, an der Robert Redford 1969 in dem Streifen "Zwei Banditen" als Sundance Kid gemeinsam mit Paul Newman als Butch Cassidy den Zug überfallen hat.

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Die lange, aber abwechlungsreiche Fahrt gewährt immer neue Blicke auf die Bergwelt.

Nach und nach stellt sich die Crew vor. Der Schaffner, das Mädchen vom Bistro und eine Frau, die allerlei Wissenswertes berichtet. Wir sind umgeben von einer niederländischen Reisegruppe, die von ihrem Bus in Silverton abgeholt werden wird. Außerdem sitzt vorne ein allein reisender Kanadier. Das heißt - so ganz allein ist er nicht. Ein Teddy ist sein Reisegefährte, und der Bär beansprucht einen Sitzplatz neben seinem Freund. Etwas eigenartig für einen rund 40-Jährigen.

Irene genehmigt sich einen Kaffee mit einer ordentlichen Portion Baileys. Immerhin sind dreieinhalb Stunden Zugfahrt zu überstehen. Die Landschaft ist herrlich, es geht durch bunte Wälder und an Felswänden vorbei immer höher. Ab und zu schieben wir das Fenster hoch, um zu fotografieren. Dabei weht die kalte Luft ins Abteil. Kaum zu glauben, dass auch im offenen Wagen eine Menge Leute sitzen. Sie müssen entweder in Felle gekleidet sein oder sich die Gliedmaßen abfrieren.

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Irene friert, Dieter spendiert: ein Baileys-Kaffee-Gemisch mit deutlich höherem Baileys-Anteil.

Pünktlich um 12.15 Uhr treffen wir in Silverton ein. Gut zwei Stunden haben wir zur Erkundung dieses Wildweststädtchens. Die Straßen hier sind nicht gepflastert, sondern breite, staubige Gravel Roads ganz wie zu den Zeiten, als der Gold- und Silberrausch hier für Leben sorgte. Die Holzhäuser sind zum großen Teil erhalten geblieben, es wirkt alles urig und authentisch. Natürlich sind in den Gebäuden reihenweise Souvenirshops und Lokale untergebracht. Aber das kommt uns gerade recht.

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Zwischenstation in Silverton, das sich den Reiz eines Westernstädtchens erhalten hat.
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Die wenigen Wahlplakate auf unserer Reise warben meist für Donald Trump.

Wir kehren ein im Bent Elbow, einem wirklich hübschen Restaurant, das mit seiner Vergangenheit als Bordell renommiert. Die ¨Shady Ladys¨ haben in Silverton nachhaltige Spuren hinterlassen. Im Bent Elbow lassen wir uns nicht an der Bar, sondern an einem Tisch neben dem Klavierspieler nieder. Er könnte in jedem Western Karriere machen: zum Zopf gebundene lange Haare, Westernhut und kariertes Hemd, eine spitze, knallrote Nase, rote Apfelbäckchen und ein freundliches Lächeln im Gesicht. Unermüdlich greift er in die Tasten. Wir essen Wrap und Sandwich - sehr lecker.

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Das Bent Elbow erwies sich als gute Wahl für die Mittagsrast.

Nach dem ausgedehnten Bummel durch die Shops besteigen wir unseren inzwischen gewendeten Zug und genießen die Fahrt, wo wir diesmal aufregende Blicke in die Schluchten links der Strecke bekommen. Die Sonne meint es gut mit uns und strahlt den ganzen Tag vom blauen Himmel. Mit einer Minute Verspätung sind wir um 6 pm wieder in Durango.

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Obwohl wir doch heute fast nur gesessen haben, sind wir ganz schön geschafft. Das viele Schauen strengt eben auch an. Unser Campground ist schnell angefahren. Wir docken an und essen heute provisorisch: Ein Wrap aus Silverton, den Dieter nicht mehr geschafft und in einer Box mitbekommen hat, und die beiden Muffins, die wir uns als Proviant am Morgen eingepackt, aber nicht gebraucht haben. Irene packt auf den Schinken noch Tomate, Zwiebel und Käse und gibt das Ganze für drei Minuten in die Mikrowelle - lecker!   

Der Campground ist ruhig gelegen und hat eine Spezialität: Die Restrooms sind mit einem Code versehen: 3-4-2. Das ist an sich nichts Besonderes, aber hier muss man vor und nach Eingabe des Codes noch Knöpfe in bestimmte Richtungen drehen, außerdem sind die Zahlen an der Eingabe nicht arabisch, sondern römisch. Wenn man es eilig hat, ist das eine echte Herausforderung. Irene meistert sie, beobachtet aber neben sich Männer, die einen vollkommen ratlosen Eindruck machen. Dieter berichtet allerdings später, dass man beim Herrenklo den römischen Ziffern mittels Kugelschreiber eine arabische ¨Übersetzung¨ beigefügt hat. So viel zum Thema Pfiffigkeit.

Dieter meint: Ein Kommentar zu dem diesmal von Irene im Wesentlichen korrekt wiedergegebenen Sachverhalt erscheint mir zu billig. Allerdings hatte ich beim Besuch des männlichen Restrooms den Eindruck, als sei hinter zwei der verschlossenen Toilettentüren ein Hauch von Leggings sichtbar gewesen. Die wären dann wohl Damen zuzuordnen, die den eigenen femininen IQ-Zugang nicht zu überwinden vermocht und in ihrer Not bei den Simple-Minds Zuflucht gesucht hatten. Was mich zu der These verleitet, dass sich der von Irene verwendete Begriff der Pfiffigkeit nicht einem bestimmten Geschlecht zuordnen lässt. Zumindest nicht pauschal. Überdies ist es ja auch ein herausragendes Zeichen solidarischer Schwarm-Intelligenz, als Orientierungshilfe für seine Mit-Männer den römischen Ziffern beim Eingang zum Restroom arabische Zahlen hinzuzufügen. Diese bahnbrechende und im besten Sinne des Wortes der Erleichterung dienende Errungenschaft war unzweifelhaft nur bei den Herren zu verzeichnen. Vielleicht gereicht es manchen Frauen ja sogar zur Freude, wenn einige ihrer Geschlechtsgenossinnen an den römisch gesicherten Zugängen scheitern - mit allen Folgeerscheinungen. Erwähnenswert wäre in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch gewesen, dass der Damen-Restroom am Morgen zum Schauplatz einer derart massiven Fön-Orgie wurde, dass sämtliche Sicherungen unter Überlast die komplette Elektrik des Restroom-Gebäudes lahmlegten. Überflüssig anzumerken, dass es ein Vertreter der mit römischen Ziffern überforderten Spezies war, der die Sache wieder ausbügelte. Da sich das Thema an dieser Stelle fundiert ohnehin nicht erschöpfend behandeln lässt, morgen wieder Irenes Sicht auf die Dinge.

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Wolfgang am 15.11.2016, 23:19 Uhr
......Seltsam allerdings, dass schon meilenweit vor dem Park ein Laden nach dem anderen gewaltige Mengen auch großer Versteinerungen anbietet. Mancher Hof ist mit Bruchstücken geradezu übersät. Wie kommen die Inhaber zu diesen Schätzen?


Hi,

die Versteinerungen finden sich nicht nur innerhalb der Parkgrenzen, sondern auch außerhalb auf privatem Grund. Dieses Petrified Wood wird in diesen besagten Läden verkauft und ist völlig legal.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 16.11.2016, 19:33 Uhr
Zwei Daumen hoch für Dieter für die herrlich trockenen Kommentare ;)
Aber natürlich auch für Irene und den hervorragenden Schreibstil!
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 16.11.2016, 19:39 Uhr
Donnerstag, 6. Oktober

Kunst zum Mitnehmen

Etwas blauäugig beschließen wir, heute nach Santa Fe zu fahren. Online haben wir gestern den Rancheros Campground gebucht. Unterwegs wollen wir eigentlich zwei Ziele ansteuern: Taos, eine im Adobestil erbaute Stadt mit einem lebhaften Kulturleben, und Alamos, wo ein Museum über das ¨Manhattan-Projekt¨ (die Entwicklung der Atombomben) informiert. Den Tipp mit Taos haben wir aus dem recht kleinen, aber sehr informativen ADAC-Reiseführer Südwesten. Der Klassiker Grundmann/Synnatschke hat für Taos nur ein paar nichtssagende Zeilen übrig.

Als wir die Reiseroute in unser Navi eingeben, stellen wir ein bisschen erschrocken fest, dass wir uns mehr als 250 Meilen vorgenommen haben. Dabei ist Alamos noch gar nicht berücksichtigt. Diese Visite verschieben wir also vorerst und steuern Taos an. Das sind schon knapp  200 Meilen.

Diese Fahrt durch die San Juan Mountains und den Carson National Forest aber ist so eindrucksvoll, dass wir jede Meile genießen. Die Fall foliage, die Laubfärbung, macht die Strecke durch die Berge zu einem einmaligen Erlebnis. Es ist, als ob der liebe Gott seinen Farbkasten ausgepackt hat. Und zwar nicht den mit den zarten Frühlingstönen oder den knalligen Sommerfarben, sondern die ganze Palette mit den sanften, gedeckten, warmen Farben des Herbstes. Die Bäume schimmern rot und golden, die dunkelgrünen Nadelbäume bilden den Hintergrund, das zitternde Espenlaub liefert ein unglaublich bewegtes und bewegendes Spiel im Licht der Sonne. Eine sich auf die Winterruhe vorbereitende Natur lässt uns teilhaben am Tanz der Blätter und an der Schönheit ihrer Kleider. Unglaublich schön. Hinter jeder Kurve wechselt das Landschaftsbild, wir können uns gar nicht satt sehen. Colorado macht seinem Namen als Staat der vielen Farben wirklich alle Ehre.

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Die Fotos können nicht mehr als einen groben Eindruck von dem Farben- und Bewrgungsspiel vermitteln,
das uns in den San Juan Mountains begleitete.

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Unterwegs gab es noch einen sehr speziellen Verkehrsstau, den wir in Deutschland seltener erleben.

Am Rio Grande stoppen wir bei einer Siedlung, die uns durch ihre eigenartige Architektur auffällt. Ökologisch denkende Alternative haben hier offenbar ihre Visionen umgesetzt. Erdhäuser und burgartige Solarpälaste sehen wir. Man darf allerdings nicht in die Anlage hinein.

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Auch alternative Lebensformen möchten keinen unangemeldeten Besuch. Verständlich.

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Einige Gebäude der Siedlung erinnerten uns in Teilen an das Hundertwasserhaus in Magdeburg. Aber sie sind deutlich weniger farbenfroh und niedriger.

Taos hat ein urbaneres Erscheinungsbild zu bieten als sonstige US-amerikanische Städte. Rund um die Plaza hat sich eine richtige Stadt entwickelt. DIe Gebäude sind samt und sonders im Adobe-Stil errichtet - das ist Vorschrift in Taos. Wir bummeln ein wenig und entdecken schließlich eine Kunstgalerie. Die Malerin Pat Pollard hat hier gerade eine Ausstellung. Aber auch Werke mehrerer anderer Künstler hängen an den Wänden. Uns gefällt auf Anhieb ein Gemälde, das einen alten roten Chevy zeigt, der irgendwo in der Wüste steht. Die Stimmung des Südwestens ist so gut eingefangen, dass wir uns entschließen, das Bild zu kaufen. Witzig: Die Galeristen Elizabeth Jose ist selbst die Malerin. Sie hat deutsche Vorfahren, berichtet sie uns, und ist nun begeistert, dass ihr Painting nach Deutschland geht.

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Elisabeth Jose und ihr Chevy, der bei uns neben dem Bild eines roten Fahrrads
vor einem Breslauer Hauseingang einen gebührenden Platz gefunden hat.


Rund 80 Meilen liegen noch vor uns. Kurz hinter Santa Fe beziehen wir unsere Campsite auf dem Rancheros Campground, direkt an der Route 66. Noch bevor Elektrik und Wasser angeschlossen sind, lodern die Flammen des Holzkohlefeuers. Wir haben Hunger. Zwei Ribeye-Steaks landen auf dem Grill, dazu gibt es Salat und Olivenbrot. Die Steaks bekommt Grillmeister Dieter perfekt medium hin - ein Genuss!


Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: U2LS am 16.11.2016, 20:01 Uhr
Es ist, als ob der liebe Gott seinen Farbkasten ausgepackt hat. Und zwar nicht den mit den zarten Frühlingstönen oder den knalligen Sommerfarben, sondern die ganze Palette mit den sanften, gedeckten, warmen Farben des Herbstes. Die Bäume schimmern rot und golden, die dunkelgrünen Nadelbäume bilden den Hintergrund, das zitternde Espenlaub liefert ein unglaublich bewegtes und bewegendes Spiel im Licht der Sonne. Eine sich auf die Winterruhe vorbereitende Natur lässt uns teilhaben am Tanz der Blätter und an der Schönheit ihrer Kleider.

Das ist ja Poesie in reinster Form *Like*
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 17.11.2016, 19:52 Uhr
Freitag, 7. Oktober

Nicht westlich von Santa Fe, sondern mittendrin

Gleich nach dem  Frühstück bucht Irene im Office die Campsite für eine zweite Nacht, denn es ist nett hier. Allerdings auch lausig kalt, denn wir befinden uns auf 2000 Meter Höhe. Aber wir hoffen auf wärmende Sonnenstrahlen und werden nicht enttäuscht.

Rund zehn Meilen fahren wir in die Innenstadt von Santa Fe, wo öffentliche Parkplätze gleich neben der zentralen Plaza warten. Allerdings wollen die Parkwächter für das Wohnmobil ordentlich Dollars sehen: 40 Dollar kostet der komplette Tag. Wir zahlen per Creditcard und können gleich unseren Rundgang starten. Santa Fe ist komplett im Adobe Stil erbaut. Die Stadt hat 70.000 Einwohner, wirkt aber ein bisschen verträumt an diesem Morgen. Das ändert sich am Nachmittag, als rund um die Plaza viele Touristen auftauchen. Shops über shops bieten New Mexican Kunst, Kunsthandwerk, Schmuck und Kleidung an. Die Qualität liegt deutlich höher als bei den meisten Touri-Shops, die wir bisher so gesehen haben.
 
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Der Adobe-Stil dominiert in Santa Fe und prägt die sehenswerte Hauptstadt New Mexicos.

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Wir besichtigen die St. Francis Church, die erst gut 100 Jahre alt ist. Am beeindruckendsten finden wir den Garten mit dem von dem Künstler Gib Singleton gestalteten Kreuzweg. Lebensgroße Bronzestatuen machen den Leidensweg Christi erlebbar - mit einem Jesus, dessen Gesichtszüge ungewöhnlich alt wirken und erst im Tod entspannen - als sichtbares Zeichen der Erlösung.

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Die St. Francis Church und ein Kreuzweg, der uns eine ungewöhnliche Nähe zum Leiden Christi empfinden lässt.

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Auf der quadratischen Plaza bieten unterdessen unter den Arkaden die Natives ihre Waren feil. Viel Türkisschmuck, aber eher Massenware, soweit wir das beurteilen können.

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Unser Ziel ist jetzt das Georgia O`Keeffe  Museum. Die Künstlerin (1887-1986) hat lange in New Mexico gelebt und ist in Santa Fe gestorben. Viele der Gemälde haben die Landschaft des Südwestens zum Thema. O`Keeffe ist übrigens derzeit die teuerste Malerin der Welt, ein Blumenbild erlöste 2014 sagenhafte 62 Mill. Dollar. Die Sammlung in Santa Fe ist reichhaltig. Informationen zu O`Keeffes Leben, Fotos und Originalzitate ergänzen die Ausstellung. Uns gefällt nicht alles, aber von einigen Gemälden sind wir begeistert.

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Das Georgia O`Keeffe  Museum präsentiert eine reichhaltige Auswahl von Arbeiten der derzeit teuersten Künstlerin der Welt.

Auf Plakaten hat Irene entdeckt, dass an diesem Wochenende im Convention Center die jährliche Quilt Fiesta stattfindet. Quilts sind die aufwändige Handarbeitsspezialität der Siedler: Vor allem bunte Decken werden aus vielen kleinen Stoffteilen zusammengenäht und gefüttert. Durch kunstvolles Übernähen werden die Schichten verbunden, sodass nicht nur die Stoffe, sondern auch die Nähte ein besonderes Muster ergeben.
Die besten Quilterinnen des Südwestens stellen nun hier aus. Über 100 Quilts von sagenhafter Kunstfertigkeit sehen wir uns an. Natürlich wurden die schönsten schon von einer Jury prämiiert, aber an der Visitor's choice beteiligt sich Irene und wirft die Karte ein, auf der sie ihre drei Favoriten notiert hat.
Rund um die ausgestellten Schmuckstücke gibt es Dutzende von Ständen, an denen die Quilterinnen sich mit Zubehör und vor allem mit Stoffen eindecken können. Und es gibt Nähmaschinen-Demonstrationen. Mit unseren Nähmaschinen hat das allerdings kaum noch etwas zu tun. Die Hightech-Geräte arbeiten vollautomatisch, am integrierten Computer entwirft die Quilterin das Muster, dann geht alles wie von selbst. Aber nicht alle Frauen setzen auf Technik. Eine Quilterin zeigt uns den Stich fürs Handquilten. Am Schluss kaufen wir zwei gequiltete Topflappen (pot holder), die Dieter sich gewünscht und, wie er meinte, als Belohnung für die treue Gefolgschaft bei der Veranstaltung auch verdient hat.

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Das ist kein Bücherregal, sondern ein prämiierter Quilt.

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Der Cougar, Sieger der Ausstellung.

Nachdem Dieter im Postoffice endlich seine Briefmarken gekauft hat, suchen wir uns einen Platz zum Mittagessen. Wir nehmen das erstbeste Lokal - keine schlechte Wahl. Die Osteria d`Assisi serviert Italienisches. Wir gönnen uns ein halbes Dutzend Austern (Irene) und Calamari (Dieter) als Vorspeise, dann gibt es Entenkeulen bzw. Forelle.

Anmerkung Dieter:
In ihrer kurzen Ausführung über die  Briefmarken übergeht Irene eine tieferliegende Fragestellung, um den Begriff  "Problem" zu vermeiden. Die sicher nicht nur bei uns zur Kontroverse Anlass gebende Frage lautet: Soll man in Zeiten von Internet, E-Mail und WhatsApp überhaupt noch Postkarten an die lieben Zurückgebliebenen senden, zumal die Grüße bisweilen sogar erst nach der Rückkehr der Reisenden eintreffen? Ich meine, man sollte es tun, denn eine Postkarte mit einem schönen Foto hat für den Empfänger wie auch für den Absender einen besonderen Stellenwert. Wenn Irene in dieser Beziehung anderer Auffassung ist, dann akzeptiere ich das natürlich. Wie ich andererseits aber auch erwarte, dass meine Suche nach Briefmarken und die in den nächsten Tagen folgende und ungleich komplexere Suche nach den geeigneten Postkarten-Motiven und das noch weitaus komplexere Ringen um die dazu passenden Formulierungen nicht mit einem kurzen, aber den Reisegefährten gezielt ins Mark treffenden Sätzchen herabgewürdigt wird, dass "Dieter endlich seine Briefmarken gekauft hat". Das Bummeln in der Welt beeinhaltet eben auch Verpflichtungen gegenüber denjenigen, die nicht dabeisein konnten oder die man nicht dabeihaben wollte. Doch jetzt wieder Irene zur Sache selbst. Ich hoffe derweil, dass ich hinsichtlich dieses Themenkomplexes zu keinen weiteren Anmerkungen genötigt werde.

An der Plaza werfen wir einen Blick in die vom Reiseführer empfohlene Lobby des La Fonda Hotels - nicht besonders spektakulär in unseren Augen. Dafür steht jetzt ein Superlativ an: die älteste Kirche der USA! Die Mauern der San Miguel Church im Adobestil stammen aus dem Jahr 1610. Erheblich mehr Besucher sind in der Loretto Chapel anzutreffen. Auch sie hat einen Superlativ zu bieten: Die erste gotische Kirche des amerikanischen Westens. Aber das zieht die vielen Leute nicht an, die für 3 Dollar pro Person ins Kirchenschiff treten. Sie wollen das Wendeltreppenwunder sehen. Eine sehr schöne hölzerne Wendeltreppe führt hinauf zur Chorempore. Die Treppe hat weder innen noch außen Stützen, sondern scheint sich selbst zu tragen - entgegen den Gesetzen der Ingenieurskunst, heißt es auf der Infotafel.

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Die Mauern der San Miguel Church im Adobestil stammen
aus dem Jahr 1610.


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Das Wendeltreppenwunder in der Loretto Chapel.

Weil uns Santa Fe so gut gefällt und wir die Museen auf dem Museum Hill und die berühmte Canyon Road noch nicht gesehen haben, beschließen wir am Nachmittag, noch einen weiteren Tag auf unserem Campground zu verlängern.   
 
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 18.11.2016, 19:47 Uhr
Samstag, 8. Oktober

Meilenweit Kunst

Santa Fe die Zweite. Heute ist es bewölkt, ganz wie der Wetterbericht vorhergesagt hat. Am Nachmittag erleben wir sogar ein paar Regentropfen - in Santa Fe, wo 325 Tage im Jahr die Sonne scheint. Aber eben auch 30 Tage nicht.

Wir parken wieder direkt neben der Kathedrale. Diesmal kostet es interessanterweise 45 Dollar. Unser Argument, dass wir gestern nur 40 Dollar bezahlt haben, sorgt zwar dafür, dass der Boss herbeikommt, aber er ist "so sorry", es bleibt bei 45. Sieht so aus, als ob wir gestern ein Schnäppchen gemacht haben ...

Immerhin, die freundliche Kassiererin fragt, woher wir kommen, und bei der Antwort ¨Germany¨ bricht es aus ihr heraus. Ihr Vater sei Deutscher und stamme aus Regensburg, wo ihr Onkel immer noch lebt. Sie nennt uns auch seinen Namen und möchte wissen, ob wir ihn vielleicht kennen. Wir verneinen mit Bedauern, so klein ist Deutschland nun auch wieder nicht.

Wir starten im New Mexico History Museum im Palace of the Governor gleich an der Plaza. Es gibt allerlei Historisches zu sehen, darunter einen toll erhaltenen Planwagen (Mug Wagon). Aber uns interessiert vor allem die Ausstellung im Hinterhaus: ¨Lowriders, Hoppers and Hot Rods: Car Culture of Northern New Mexico¨. Dass manche Amerikaner automobilverrückt sind, weiß man ja. Aber was die Leute alles mit ihren Autos anstellen, ist doch erstaunlich. Wir lernen, was ein Lowrider ist. Einerseits ein Auto, das tiefergelegt und mit Chrom und allerlei Zubehör aufgemotzt wird. Andererseits aber auch sein Besitzer, dem es mehr auf Show, weniger auf Geschwindigkeit ankommt.

Besonders irre: Die blank polierten Straßenkreuzer werden so tief gelegt, dass die Karosserie fast den Asphalt berührt. Andere hieven die Autos mit Hilfe von Hydraulik meterhoch in Luft. Lowriders sind offenkundig eine eigene Community, sogar Lowrider-Fachzeitschriften gibt es.

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Echt abgefahren und eine ganz andere Art von Kunst: die Ausstellung über Lowrider.

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Zu den ¨must sees¨ von Santa Fe gehört die Canyon Road. Auf rund einer Meile reiht sich hier Galerie an Galerie. Nicht etwa Touristenware, sondern zum überwiegenden Teil ernsthafte Kunst. Die Maler und Bildhauer betreiben ihre Läden in der Regel selbst, haben aber oft auch noch die Werke von Kollegen im Angebot. Wer durch die Canyon Road bummelt, kann sich ein Museum für Gegenwartskunst im Hinblick auf diese Region eigentlich sparen.

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Die Canyon Road ist selbst ein Museum für Gegenwartskunst. Und nicht das Schlechteste.

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Kunst gucken macht hungrig. Zurück im Zentrum, kehren wir in dem französischen Bistro Mamou ein. Mal wieder gut getroffen. Eggs Benedict und Pilzomelett sind gut. Leider sitzen wir hinten im Lokal direkt neben der Theke mit den Backwaren. Irene kann den Kopf gar nicht wenden von diesen so köstlich aussehenden Tartes, Eclairs und Baisers. Da muss es dann noch ein Kaffee mit einer Tarte au Citron zum Nachtisch sein: himmlisch.

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Die Tarte au Citron - vorher.

So gestärkt, nehmen wir das zweite Museum des Tages in Angriff, das New Mexico Museum of Art. Hier hat die Kunst der Natives ihren Platz, und wir sind gespannt, was uns erwartet. Eine Sonderausstellung ist Rick Bartow gewidmet. Dieser Maler und Bildhauer hat ein breites Spektrum an Motiven und Techniken. Vieles ist düster und regelrecht verstörend. Seltsame Mischwesen zwischen Mensch und Tier sehen wir, sehr expressiv und kraftvoll. Bartow ist ganz sicher nicht nur als Native Artist bedeutend - von manchen anderen dort präsentierten Künstlern kann man das vielleicht nicht sagen.

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Eine Sonderausstellung ist Rick Bartow gewidmet.

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Im New Mexico Museum of Art.

Irene hält nun noch ein bisschen Ausschau nach einem Ring aus Türkis. Wir haben so viel Schmuck gesehen, aber das Passende noch nicht gefunden. In den Shops werden wir auch nicht fündig. Deshalb werfen wir jetzt doch einen Blick die indianischen Stände  an der Plaza. Und siehe da, es klappt: Ein Türkisring wechselt für 40 Dollar Cash den Besitzer. Der Kunsthandwerker hat sogar einmal in Düsseldorf für eine Galerie gearbeitet.

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So sehen die Adobe-Häuser im Rohbau aus:  OSB-Platten bilden die Wände. Außen wird der braun-beige Lehmputz schön rundlich aufgetragen.

Einschub: Alltagsorganisation

RV: Die Zuständigkeiten sind ziemlich klar umrissen. Dieter ist wie zu Hause fürs Frühstück, fürs Spülen und für den Grill zuständig. Irene kümmert sich ums sonstige Kochen und um die Wäsche, außerdem um die allgemeine Ordnung. Auf dem Campground ist Dieter der Strom- und Wassermann, Irene hat die Hoheit über die Abwasserentsorgung. Beim Autofahren wechseln wir uns ab.

Anmerkung Dieter:
Irenes Darstellung ist im Kern korrekt, nur erschließt sich mir auch bei heftigstem Nachdenken nicht, was in aller Welt unter dem Begriff "allgemeine Ordnung" zu verstehen sein soll. Fakt ist, dass ich die in meiner Obhut befindlichen Sachen, angefangen bei Kleidung und Schuhen über Handtücher und Frühstücksutensilien (wie die jeden Morgen frisch aus Alufolie angefertigten Eierbecher) bis hin zu Spülgut, Kaffeemaschine und Toaster eigenhändig weggeräumt habe. Was da noch einer nicht ohne Grund nebulös-schwammig gehaltenen "allgemeinen Ordnung" zuzuordnen sein soll, vermag ich nicht im Entferntesten zu erahnen. Ach ja: Einmal hat Irene ein von mir am WoMo-Heck zum Trocknen aufgehängtes Handtuch reingeholt. Aber rechtfertigt diese solitäre Handreichung tatsächlich, die Aufrechterhaltung der "allgemeinen Ordnung" für sich allein zu reklamieren? Oder hat sich in Irenes Worten nicht vielmehr ihr Gewissen mit der bohrenden Frage gemeldet, ob die Hausarbeit während der Reise wirklich gerecht verteilt war? Das ließe für die nächste Tour im Frühjahr hoffen.

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Dieters Eierbecher-Konstruktion, jeden Morgen eine neue Kreation.

Wir haben uns auf dieser Reise häufig gegen Full-Hook-Up entschieden, sondern stattdessen die Dumpstation auf dem Campground genutzt, falls nötig. Wir hatten das Gefühl, dass die Nur-Wasser-und-Elektrizität-Plätze oft netter gelegen waren. Außerdem waren sie preiswerter.

Strom ist für uns relativ wichtig, weil der Fernseher dann läuft. Wegen des Präsidentschaftswahlkampfs haben wir immer wieder angeschaltet. Außerdem brauchen Toaster und Kaffeemaschine externen Saft.

Technik: Zwei Smartphones und ein Tablet  haben den Kontakt zur Außenwelt gehalten. Für Irenes Smartphones haben wir eine Simly-Karte für Daten (4 GB) und Telefon (das bedeutet auch: eine amerikanische Telefonnummer, sehr praktisch), das Tablet hat nur eine Datenkarte (3 GB)  zum Surfen bekommen. Dieters Smartphone haben wir nicht amerikanisiert, damit er zur Not unter seiner Nummer erreichbar ist.

Unterwegs haben wir - vor allem in der Wildnis - oft kein Netz. In der Nähe von Siedlungen aber funktioniert das mobile Internet gut. Abends auf dem Campground haben wir oft kostenloses WiFi, sodass wir auf drei Geräten parallel surfen und senden können.
 
Viel Technik - neben den genannten Geräten auch noch zwei Kameras, ein E-Book-Reader, eine elektrische Zahnbürste, ein Navi - braucht auch viel Strom. Wir haben uns im Walmart ein weiteres Ladekabel für den 12-Volt-Anschluss im Auto gekauft, an dem wir zwei Verbraucher  gleichzeitig laden können. Das Navi steckt dauerhaft in dem zweiten 12-Volt-Anschluss. Wenn wir auf dem Campingplatz Strom haben, nutzen wir die Steckdosen im RV. Dafür sind allerdings die Steckeradapter nötig, die wir von zu Hause mitgebracht haben.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: U2LS am 19.11.2016, 10:47 Uhr
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Dieser Indianerkopf kam mir gleich so bekannt vor, den hatte ich schon irgendwo mal gesehen....

Dann fiel´s mir ein; es war im März 2010 im Desert Botanical Garden in Phoenix, AZ:

(https://lh3.googleusercontent.com/2z8Xyxh7Yp3GQxq018uampNDvgmjSE8IEY9F6PS72Re45iF-zI14IuykbtryEC5yQRvmioygGHWVSVsRiqZObItmk4ayTe2koG2dSjMHlp0EguPMtMu0iZ3EncutTE1EhqZYCtCrR-Grlb1MzfObcH23kSnGAVipGhIfv8ry6i2XjzDX5tM58byVjP7tEIi3MtUtDn4PuTZsxByP9bZEjl1lH3wp2_dE1oqf8XmjrGvDTVxXB7Hvs4q7IdWD_lbnkUdlmSQ9udxSvRkszWwWXF9O8sjUm_hHkrTPmJlErZDRRV3SDxu2CrUkcvrsh_r1pMBlLjqY_EqShMRyr9J2-RouttcM4Yd87QtPcbBJUKg2_SvReMbfguT82Ab50YMwk4kd-Yp5E9ro0YV26k27LHYV8_0ayL81zN0phaSKZqZcWqVS-ZBUtK5xmIZgAluwoB44U4h9UYtZXahO1gX-_2u25MqZQeEho_g25OfU4SSsKFXVMetSDd8IfiVTJlnNbU8kMJd5udzGEROUgG85myNkwCM5dh3YiBZsMoV7Gb4A2n-cSRSJCVF7O-weCDKQFgnC4q9zpVdJawfbRZRFmq8DA5xK-9xS7nzleGg78EOpNwaJ=w1232-h924-no)
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 19.11.2016, 13:21 Uhr
Hallo Lothar,
gerade die Bronze-Arbeiten entlang der Canyon Road beeindrucken schon allein mit ihrer Größe. Dennoch: Relativ dicht gedrängt kommen sie längst nicht so gut zur Geltung wie in der Wüste (danke fürs Foto). Auch Figuren brauchen eben Auslauf.
Gruß
Irene
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 19.11.2016, 17:45 Uhr
Sonntag, 9. Oktober 2016

Debate mit Blitz und Donner

Eines muss man Dieter ja lassen: Er gibt nicht so leicht auf. Nachdem die bisherigen Ansätze, ein Footballspiel zu besuchen, aus verschiedenen Gründen gescheitert sind, hat er nun in Tucson eine Gelegenheit aufgetan. Die Universitätsmannschaft Arizona Wildcats hat ein Heimspiel gegen Los Angeles am Samstag um 12.30 Uhr. Die Karten gibt es online. Wir buchen also zwei Karten zu je 125 Dollar im Heimblock. 42. Reihe, also nicht ganz vorn. Aber Spitzenpreise von 300 Dollar wollen wir dann doch nicht bezahlen.

Das Problem: Die Tickets, die uns zum Download geschickt werden, müssen ausgedruckt werden. Das PDF auf dem Smartphone genügt nicht. Einen Drucker haben wir nicht an Bord, also bitten wir im Campground-Office um Hilfe. Kein Problem: Nach ein paar Minuten haben wir unsere Tickets in der Hand.

Jetzt wird noch ein bisschen an der Reiseroute gebastelt, denn eigentlich sind wir am Samstag schon weiter Richtung Death Valley unterwegs. Das Football-Intermezzo verlängert nun den Aufenthalt in Tucson.

(https://abload.de/img/20161009_135215fpst8.jpg)

Es geht nach weiter Süden in die Wärme. Und in ein abendliches Gewitter.

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(https://abload.de/img/20161009_140956_hdrl8sv6.jpg)

Irene fährt.

Nach dem Dumpen kommen wir kurz vor 11 endlich los. Unser Ziel ist heute Alamorgordo, ohne nennenswerte Stopps. Wichtig ist uns nur, dass wir abends die Presidential-Debate im Fernsehen verfolgen können. Wir buchen also einen einigermaßen zivilisierten Campground. Der KOA in Alamogordo bietet sich da an. Wir bekommen die letzte freie Site und probieren gleich den Fernseher. CBS funktioniert, das ist die Hauptsache. Ansonsten haben weder der Campingplatz noch die Stadt Besonderes zu bieten.

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Der KOA in Alamogordo.

Um 7 pm sitzen wir also vor der Kiste. Donald Trump und Hillary Clinton müssen Fragen der Zuschauer beantworten. Jeder hat zwei Minuten Sprechzeit, dann kommt das nächste Thema. Natürlich spielt das Video eine Rolle, das frauenfreindliche Äußerungen vom Trump dokumentiert. Die Kandidaten sind erst vorsichtig, werden aber zunehmend aggressiver. Dann aber spielt uns das Wetter einen Streich. Ein heftiges Gewitter entlädt sich direkt über uns. Das Problem sind nicht Blitz und Donnerschläge, sondern der Regen, der auf das  Wohnmobil prasselt. Dadurch hören wir auch bei maximaler Lautstärke kaum, was die Kandidaten sagen.

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Noch stärker als die verbalen Attacken der Kontrahenten prasseln bei der zweiten Präsidentschafts-Debatte
die Regentropfen auf uns herunter.





   
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: wolfmark am 19.11.2016, 18:28 Uhr
Ganz toller Reisebericht, ich freue mich schon auf die Fortsetzung  :D
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Gast am 19.11.2016, 21:35 Uhr
Der RB gefällt mir sehr gut.  Das Bild mit der Unterschrift "Irene fährt" irritiert mich aber etwas ... da stimmt doch was nicht, oder?

Freude mich schon auf die Fotsetzung.
Liebe Grüße
Selke
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 19.11.2016, 22:09 Uhr
Hallo Selke,
gut beobachtet, das Bild ist ein spiegelbildliches "Selfie" von Dieter, wie man an den "Ricola"-Bonbons in der Ablage erkennen kann. Ich habe natürlich links gesessen.
LG Irene :D
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 20.11.2016, 10:38 Uhr
Montag, 10. Oktober (Kolumbus Day)

Weiße Wildnis

Heute könnte der schönste Tag unserer Reise gewesen sein. Jedenfalls war es ein außergewöhnlich schöner Tag. Nur ein paar Meilen Anfahrt haben wir von unserem Campground zum White Sands Nat. Monument zu bewältigen. Im Visitor Center noch vor dem Parkeingang holen wir uns die obligatorische Karte. Der erste Stopp ist der Boardwalk, der in die hier noch reich bewachsene Dünenlandschaft führt. Wirklich interessant sind die Erläuterungen am Wegesrand, es lohnt sich, stehenzubleiben und die Texte zu lesen. Wir machen sogar das Spuren-Quiz, bei dem neun Fußspuren den entsprechenden Tierarten zuzuordnen sind: gar nicht so einfach.

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Ein kurzer Boardwalk führt in die Dünenlandschaft von White Sands ein.

Wenige Meilen weiter endet die asphaltierte Straße, und der Parkloop wird zu einer Waschbrettpiste, die unser Wohnmobil so richtig durchschüttelt. Dieter fährt kaum schneller als Schritt, aber es rappelt gefährlich. Der Alkali Flat Trail ist unser Ziel (jedenfalls Irenes). Auf dem Parkplatz mitten in der weißen Sandwüste ist schon eine Menge los: Kinder und junge Leute rodeln die Hänge neben der Straße unter großem Juchhei hinunter. Sie benutzen Plastikrodel, die am Visitor Center verkauft werden.

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Rodeln auf den Sand- und Gipsdünen ist ein großer Spaß.

Wir machen uns auf den Weg, White Sands zu Fuß zu erkunden. Irene liest die Hinweise zum Trail: 5 Meilen = 8 Kilometer, strenuous (anstrengend), genug Wasser, Sonnenschutz, Kompass und Smartphone soll man dabeihaben. Dieter liest das nicht.

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Hinweisschilder kann man lesen, man muss es aber nicht. (Man sollte es aber, Anm. Dieter.)

Rote Stangen weisen den Weg durch die Dünen. Zuerst treffen wir noch Leute und wandern auf den Fußspuren unserer Vorgänger. Aber nach ungefähr einer Dreiviertelstunde sind wir allein in dieser weißen Wildnis. White Sands ist eine Gipswüste, die größte der Erde. Unter dem lockeren weißen Sand befindet sich eine festgebackene Gipsschicht. Wir klettern steile Dünen hinauf und stolpern auf der anderen Seite wieder hinunter, immer den nächsten Wegweiser in 100 bis 200 Metern Entfernung im Blick. Wer sich hier verläuft, hat wirklich ein Problem, denn die Wüste misst mehr als 20 Quadratkilometer. Aber Dieter hat ja seinen Kompass.

Der mutige Wanderer erfährt ungefähr nach drei Kilometern, worauf er sich eingelassen hat. Er rechnete wohl mit einem kleinen Einstunden-Hike. Dass er vom Parkservice mit drei Stunden netto veranschlagt wird, bringt Dieter kurz aus der Fassung. Dann aber hat er ein Einsehen - zum Glück: Der Weg ist von atemberaubender Schönheit. Und wir sind komplett allein in dieser gleißend hellen Welt. Erst eine halbe Meile vor dem Ende des Rundwegs treffen wir wieder auf Leute.
 
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20 Quadratkilometer Einsamkeit in gleißend heller Wüstenlandschaft und gefühlvolles Barfußlaufen auf dem leicht sandigen Gips sind eine faszinierende Erfahrung.

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Eigentlich hätte man sich ja zu Beginn der Tour in das Hiking-Register eintragen sollen, damit die Ranger wissen, wer noch aussteht. Dieter macht es hinterher: "Dann wissen sie zumindest, dass wir weg waren."

Wieder einmal sind wir mehr als glücklich, in unserem Wohnmobil unser Zuhause dabei zu haben. Inklusive Kühlschrank, der kalte Getränke und - purer Luxus in dieser Hitze - einen großen Sack voller Eiswürfel im Gefrierfach bereithält. Dazu gibt es Snacks und Kekse. Kochen wollen wir uns jetzt nichts, Dieter drängt zum Aufbruch.

Gut 100 Meilen sind es bis zu unserem heutigen Ziel Deming. Dort gibt es nichts Besonderes - außer einer großen Anzahl von Campgrounds. Wir sind uns also ziemlich sicher, dass wir heute ein Plätzchen finden. Allerdings hat Dieter einen besonderen Platz im Internet gefunden: den Campground im Rock Hound State Park. Wir steuern ihn an - nach Einkauf und Tanken ist es schon halb sechs, als wir ihn erreichen. Eine Internetreservierung hatten wir versucht, aber in Stateparks kann man, wie wir uns jetzt erinnern, nur mindestens 24 Stunden und maximal 14 Tage im voraus buchen. Wir müssen es also auf gut Glück versuchen.

Und dieses Glück ist uns hold. Als wir etwas ratlos über den weitläufigen, wunderschön angelegten und von Bergen umgebenen Platz kurven, überholt uns ein Ranger und lotst uns zu der letzten freien Site - sogar mit Wasser und Strom. Zwischen Kakteen und Ocotillas stehen wir, neben dem Wohnnmobil ein überdachter Sitzplatz und natürlich ein Grill. Gerade geht die Sonne unter, wir schauen in die goldene Ferne. Unterdessen bruzzeln zwei Ribeye-Steaks auf dem Feuer. Dazu gibt es Salat und Zuccini-Gemüse.

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Der Campground im Rock Hound State Park ist nicht nur hübsch gelegen, sondern auch von den sanitären Anlagen her top-gepflegt.

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Zuerst machen uns kleine Mücken zu schaffen, nachdem uns größere Exemplare schon in White Sands ordentlich zerstochen haben. Irene greift jetzt kurzentschlossen zur probaten Insektenwaffe Deet, die wir aus Florida mitgebracht haben. Ein paar Sprühstöße reichen, und die lästigen Viecher lassen uns in Ruhe. Im Mondlicht sitzen wir in unserem Wüstengarten, die Grillen stimmen zum Konzert in die leisen Klänge der Gitarre ein. Zum stimmungsvollen Abschluss gibt's Beethovens "Für Elise".

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Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 21.11.2016, 19:08 Uhr
Dienstag, 11. Oktober

Felsentürme

Das Chiricahua Nat. Monument ist unser Ziel. Schlappe 180 Meilen haben wir zu fahren, erst über die Interstate 10 durch flaches Prärieland, dann über kleinere Straßen mit vielen Wellen und abwechslungsreicheren Ausblicken. Im Park gibt es einen kleinen Campground, der auch ein paar Womo-Plätze hat. Darauf setzen wir unsere Hoffnungen, denn bis zur nächsten Siedlung müssten wir wieder 35 Meilen retour fahren.
Leider klappt es diesmal nicht. Schon am Parkeingang verkündet ein Schild "Campground full". Die Rangerin im Visitorcenter bestätigt das.

Trotzdem machen wir uns natürlich auf den Weg, die Felsenlandschaft zu erkunden. Zwei Hikes kommen uns gerade recht: der Massai Point Nature Trail und der Weg zu den Grotten am Echo Canyon. Beide sind eigentlich nicht lang (eine bzw. zwei Meilen). Sie führen durch eine aufgetürmte Felsenlandschaft, die vulkanischen Ursprungs ist. Die Erosion hat Risse und Sprünge ins Gestein gesprengt. Dadurch brachen Teile der Felsen weg, Türme blieben stehen. Auch die Felsnadeln, die in Reih und Glied emporragen, sind von Wind und Wetter angenagt. Nichts ist kompakt, Tausende von Rissen und Spalten ziehen sich durchs Gestein. Manche Felsbrocken liegen nur noch an einer Stelle lose auf. Dieter legt einen Schritt zu, als er die balanced rocks passiert.

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Das Chiricahua Nat. Monument ist etwas abseits gelegen, aber die imposante Felsenlandschaft ist den Abstecher wert.

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Auch wenn der Campground voll ist, sind die Trails alles andere als überlaufen. Chiricahua ist wohl eines der abgelegensten Highlights auf unserer Reise. Aber die lange Anfahrt lohnt sich unbedingt. Auch der Trail zu den Grottoes ist spektakulär. Hier bilden gewaltige Felsen, die hoch oben zwischen Türmen klemmen, Höhlen. Nur eine Frage der Zeit, wann sie herunterstürzen ... Wir folgen dem Pfad noch eine Weile - der Höhlenweg war als roundtrip ausgeschildert -, haben aber das Gefühl, dass es keineswegs zurück in Richtung Parkplatz, sondern immer tiefer ins Tal hinein geht. Schilder sehen wir auch nicht mehr. Deshalb kehren wir schließlich um und gehen den wunderschönen Trail zurück.

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Einer der Trails führt zu den spektakulären sog. "Grotten".

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Kurz vor 3 pm verlassen wir den Park und machen uns auf den Weg zurück nach Willcox. Dieter hat den Grande Vista Campground ausfindig gemacht. Etwas speziell sind hier die restrooms: Nicht nur Duschen, sondern auch Toiletten sind nur mit Vorhängen abgeteilt. Na ja ...

Es ist inzwischen richtig heiß in Arizona. Da hier keine daylight saving time (Sommerzeit) gilt, haben wir gegenüber New Mexico eine Stunde gewonnen. Die Mägen aber sind noch ziemlich leer - vor allem Irenes. Das ist für die Stimmung eher ungünstig. Dazu kommt, dass sie sich jetzt noch zwei Stunden mit der Campground-Planung für die kommenden Tage befasst, aber durch das extrem lahme Internet ständig ausgebremst wird. Dritter Minuspunkt: ein wunderbarer Hexenschuss, der das Aufstehen nach dem Sitzen zur Qual macht. Mit einem Wort: Die eheliche Kommunikation von weiblicher Seite gleicht eher dem Fauchen einer gereizten Katze.

Anmerkung Dieter: "Gereizter Puma" wäre hier die wohl passendere Beschreibung. Letztlich hat Irene jeden angefaucht, der seinen Kopf aus dem WoMo steckte, nur war es immer Derselbe. Prankenlos und rein sachlich betrachtet ließ sich Irene von den beiden aufeinander zurollenden Konfliktwellen "Irene hat Hunger" und "Irene hat Hexenschuss" in den frühkindlichen "Keiner-kümmert-sich-um-Irene"-Sog treiben, der bei ungünstigem Verlauf und ohne Abebben der Flutbewegungen in den umgehenden Abbruch der Reise hätte münden können. Dann wäre hier Schluss. Ist aber nicht. Im Gegensatz zum Hungergefühl ("feed me") kann man gegen den leidigen Hexenschuss nicht viel machen. Klar ist, dass abrupte Bewegungen die Schmerzen noch verschlimmern. Deshalb habe ich, zumal ich mich ohnehin nicht mehr aus dem Wohnmobil heraus traute, die Zuständigkeit für die an anderer Stelle von Irene angeführte "allgemeine Ordnung" komplett übernommen. Konkret: Ich fege gerade, während Irene versucht, einigermaßen schmerzfrei ihr Reisetagebuch fortzufühen. Und tatsächlich: Diese moralische Rückenmassage nimmt der "Hexenschuss"-Welle schon einiges an Fahrt. Der "Hunger"-Tsunami lässt sich allerdings nicht einfach wegfegen. Irene schildert den dramatischen Fortgang der Ereignisse mit ihren eigenen Worten:

Abhilfe gegen die Gereizheit, das weiß Dieter nach fast 27 Ehejahren genau, kann nur die schnelle Zufuhr größerer Kalorienmengen schaffen. Ausgerechnet heute aber hat sich der Mann in den Kopf gesetzt, auswärts zu essen. Und zu Fuß zu dem vom Campground-Host empfohlenen Lokal zu gehen. "One mile or so" hieß es vage. In der Dunkelheit marschieren wir mit Taschenlampe und Kartenskizze bewaffnet los. Ins Nichts. Hier gibt es hysterisch bellende Hunde vor Mobilhomes, gruselig leuchtende, zwei Meter hohe aufblasbare Katzen in Vorgärten (Halloween!), aber nichts zu essen. Nach diversen Auseinandersetzungen um die Technik des Kartenlesens und ungefähr drei Meilen Fußweg erreichen wir schließlich doch noch unser Ziel. Das mexikanische Restaurant in der Maley Street entpuppt sich als hässlicher Fastfood-Schuppen, aber gegenüber steht ein Eisenbahnwaggon, der zu einem BBQ- und Steakhouse umgebaut wurde. Hier nehmen wir draußen Platz. Bud und gewaltige Portionen kommen im Nu, und mit jedem Bissen kehrt der eheliche Frieden zurück. Da macht es letztlich gar nichts, dass wir meilenweit zu unserem Camper zurücklaufen müssen. Die jungen Leute, die in ihren Pickups mit laut dröhnender Musik die Straßen rauf und runter fahren, werden sich gewundert haben, denn außer uns geht hier niemand zu Fuß.

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Reise und Ehe sind gerettet: Irene blüht nach der geballten Kalorienzufuhr wieder auf. Bereit für neue Entdeckungen.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 22.11.2016, 19:15 Uhr
Mittwoch, 12. Oktober

Gunfight at Tombstone

Nur 60 Meilen sind es bis zur Western-Stadt Tombstone (spricht sich ¨Tuumstoun¨, bedeutet Grabstein). Das Städtchen ist heute eine Touristenattraktion und rühmt sich als ¨the town too tough to die¨. Tombstone hält die Erinnerung an den Gunfight beim OK Corral wach - Tag für Tag wird der Shoot-out nachgespielt, an dem Wyatt Earp und seine Brüder sowie Doc Holliday beteiligt waren.
Aber so weit sind wir noch nicht. Erst sichern wir uns eine Campsite auf dem Tombstone RV Park ca. eine Meile vor der Stadt. Hier lockt uns vor allem der Pool, denn es ist wieder richtig heiß, und das bedeutet um die 30 Grad im Schatten.

Vor einer kühlenden Erfrischung fahren wir aber in die Stadt. Parken ist kein Problem: Gleich hinter der Allen Street ist ein kostenfreier großer RV-Parkplatz. Von dort sind es nur wenige Schritte mitten ins Geschehen. Kurz nach Noon ist hier noch alles ruhig. Der Gunfight ist für 2 pm angekündigt. So schlendern wir ein bisschen durch die Stadt, aber eingedenk der Erfahrungen von gestern steuert Dieter ohne Zögern die im Reiseführer und vom Campground Host empfohlene Lokalität an: Big Nose Kate's Saloon. Es ist brechend voll, wir bekommen einen schönen Tisch im hinteren Bereich, etwas erhöht, sodass wir alles überblicken.
Ein guter Musiker spielt Western-Songs, die Kellnerinnen sind im Westernlook gekleidet, mit kurzen Röckchen und engen Miedern - eher aus der Bigsize-Abteilung. Wir essen Burger und Calcone (die sich allerdings als höllisch scharf entpuppt).

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Big Nose Kate's Saloon - hier also hat Doc Holliday verkehrt.

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Die Western-Musik war professionell, das Repertoire breit gefächert.

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Nichts gegen eine scharfe Calcone, aber das Ding hier war schweißtreibender als jeder Marsch
durch die Wüste. Von ehelicher Fürsorge getrieben hat Irene schließlich mit Dieter getauscht und die Scharfmacher aussortiert.


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Obwohl touristisch geprägt, hat sich Tombstone den Charme einer Westernstadt erhalten.

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Direkt vor unserem Tisch hängen allerlei Verkleidungsutensilien an einem Ständer. Die Gäste machen sich einen Spaß daraus, mit einem Gewehr und Westernhut zu posieren oder sich als ¨Shady Lady" auf dem Klavier zu räkeln. Die Chefin des Etablissements macht mit den Handys der Gäste dann ein Foto. Diese Chefin - ebenfalls in Mieder geschnürt, aber nicht ganz so kurz berockt - könnte übrigens als Big Nose Kate selbst durchgehen, denn ihre Nase ist markant. Allerdings wollen wir ihr nichts unterstellen, denn Kate war wohl die erste Prostituierte in dem von Silbersuchern überrannten Städtchen Ende des 19. Jahrhunderts. Aber sie war auch eine clevere Unternehmerin und wurde später die Freundin des berühmten Doc Holliday.

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Kate's Saloon ist als Gebäude erhalten geblieben. Hier war zur Blütezeit Tombstones das Grand Hotel. Im Keller wohnte der Hausmeister, genannt der ¨Swamper¨. Heimlich, still und leise grub er von seinem verschwiegenen Schlafzimmer aus, das nie jemand anderer betrat, einen Stollen, der ihm Zugang zu dem unterirdischen Gangsystem verschaffte, das die Tombstoner Silbervorkommen erschloss. Und so konnte er Unze für Unze und Nugget für Nugget herausschaffen. Wenn man von Kate's Saloon die steile Wendeltreppe zum Giftshop hinuntersteigt, kann man das Kellerzimmer und das Bett des Hausmeisters sehen, ebenso wie den Anfang des Stollens.
Ob der Swamper sein Silber unter die Leute brachte oder irgendwo versteckte, weiß man nicht. Aber es geht das Gerücht, dass er gelegentlich im Keller herumspukt. Vielleicht schaut er nach, ob der Schatz noch da ist, nach dem schon Generationen von Tombstonern gesucht haben.

10 Dollar pro Person kostet der Eintritt zum Gunfight, der nicht auf der Allen Street, sondern in einem abgezäunten Hinterhof stattfindet. Eine Tribüne für die Zuschauer öffnet den Blick aufs Geschehen. Zu Beginn der Show bekommen wir Zuschauer Anweisungen: Immer wenn die Good Fellows auf der Szene erscheinen oder abgehen, haben wir zu jubeln. Und wenn die Bad Boys kommen, müssen wir buhen. Und so geschieht es.
Die Story erschließt sich uns nur zum Teil. Warum die ¨Bösen¨ in der Stadt so schlecht gelitten waren - sie waren versoffen und wollten ihre Waffen nicht abgeben, na gut - , hatte sicher verborgene Gründe. Jedenfalls wurden die armen Kerle in der 30 Sekunden dauernden Schießerei am 25. Oktober 1881 erschossen. Die Guten überlebten.

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So richtig schlau geworden sind wir hinsichtlich der Hintergründe der wohl berühmtesten Schießerei des Wilden Westens nicht.

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Aber die "Bösen" waren am Ende tot.

Mit dem Eintrittspreis für den Gunfight erwirbt man auch die Berechtigung, das 25 Minuten dauerende Historama der Ereignisse anzuschauen (schenken wir uns), und einen Nachdruck der damaligen Ausgabe des ¨Tombstone Epitaph¨, der örtlichen Zeitung, zu bekommen. Das Blatt gibt es im historischen Zeitungsgebäude in der 5th street. Der Eintritt in das dortige Museum ist frei. Der Besuch ist für uns das Highlight des Tages. Wir trauen unseren Augen kaum, als wir vor zwei voll funktionstüchtig erscheinenden Intertype-Setzmaschinen stehen. Sie gleichen der alten Linotype, die in unserer Firma noch zu besonderen Ereignissen reaktiviert wird. Der Setzer schreibt auf einer Schreibmaschinentastatur, die Lettern werden zu ¨Sluds¨ zusammengefügt. Ist ein Fehler im Satz oder wird der Text nicht mehr gebraucht, schmilzt die Maschine die Bleizeilen wieder ein. Leider fehlt in dem kleinen Museum fachkundige Begleitung, um zu klären, warum ganze Seiten in Blei gegossen waren und nicht wie früher bei uns (bis in die 1980er-Jahre) Zeile für Zeile von den Metteuren zu einer Zeitungsseite zusammengefügt wurde.
Dafür war die Schriftsetzergewerkschaft in den USA genauso aktiv wie bei uns - den Herausgebern und Reportern war streng verboten, die Sluds zu berühren. Taten sie es dennoch, wurde der Satz komplett eingeschmolzen, und der Setzer begann von Neuem. Wir erinnern uns an den gewerkschaftlichen K(r)ampf bei der Einführung des Fotosatzes in Deutschland.

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Nicht der Gunfight, sondern die überraschende Begegnung mit den beiden Intertype-Setzmaschinen war für uns das Highlight des Tages.

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Bevor wir zu unserem Campground zurückkehren, ist noch ein kurzer, aber durchaus ertragreicher Shopping-Moment gekommen. Bei den Westernklamotten finden wir so recht nichts, was man auch in Deutschland abseits der Karnevalstage anziehen könnte. Dafür entdecken wir bei Arlene's eine schöne Türkis-Kette. Mit diesem Kauf sind wir nun endgültig und deutlich über unserer Freigrenze, wir werden also in Frankfurt erstmals Bekanntschaft mit dem Zoll machen. Wir sind gespannt.

Anmerkung Dieter: Im Grunde ist an Irenes Schilderung, was das Shoppen anbelangt, nichts auszusetzen. Allenfalls, dass einige Details der Ergänzung bedürfen, will man der Gefahr begegnen, dass ein falscher Eindruck entsteht: Dass wir "bei den Westernklamotten so recht nichts finden", ist eine Darstellung, die mit dem tatsächlichen Ablauf des Einkaufserlebnisses nur insoweit zur Deckung gebracht werden kann, als man den männlichen Teil des "Wir" mit seinen ebenso zahlreichen wie vergeblichen Versuchen ausblendet, bei Irene für den Kauf verschiedener Kleidungsstücke wie Hemden und Stiefel zu werben. Die mehrfach zu Protokoll gegebene Aussage "Das kannst Du nicht tragen" bezog sich ausnahmsweise einmal nicht auf die wegen altersbedingt schrumpfender Muskelpakete nachlassende Fähigkeit, erworbene Waren unbeschadet zum Wohnmobil zu schleppen. Gleichwohl gerne getragen habe ich "die schöne Türkiskette", die nicht "wir", sondern die Irene ganz allein bei Arlene's entdeckt hatte. Für mich verblieb bei ihrem Einkaufserlebnis letztlich nur, die Tax herunterzuhandeln. Doch ganz ohne Neid: immerhin darf ich alle drei Tage Gallonen über Gallonen von Benzin kaufen.

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Am Campground dauert es nur Minuten, bis wir die Badesachen anhaben. Zum ersten Mal in diesem Urlaub steigen wir in den Pool, herrlich erfrischend. Eine Familie mit zwei Jungs ist außerdem noch da. Wir kommen mit den Leuten ins Gespräch. Es ist eine australisch-englische Familie, die sich auf einer Einjahresreise befindet. Sie sind vor vier Wochen in Seattle gestartet und touren nun die nächsten Monate durch die USA. Das zweite halbe Jahr wollen sie in Mittelamerika verbringen. Sie haben kein gemietetes Wohnmobil, sondern einen Truck und einen Trailer (Wohnanhänger) gekauft. Den Trailer werden sie verkaufen, wenn sie die USA verlassen. In Zentralamerika wollen sie dann in Motels und Hotels übernachten. Wir fragen nach den Kindern und erfahren, dass sie ein Jahr lang von den Eltern privat unterrichtet werden. Das ist in England erlaubt. Die Eltern büffeln unterdessen Spanisch, um für die Reise nach Süden gerüstet zu sein. Aber die Frau ist entspannt. Sie sei schon einmal durch Zentalamerika gereist, ohne ein Wort Spanisch oder Portugiesisch zu sprechen, das habe wunderbar geklappt. Wir staunen über diese Familie und wünschen ihr einen safe trip.

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: NähkreisSteffi am 22.11.2016, 20:01 Uhr
Hallo ihr beiden,

jetzt bin ich wieder auf dem Laufenden! Super Reisebericht. Die Kommentare sind zum  :lachroll:

Weiter so!

Steffi
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 22.11.2016, 22:42 Uhr
Ich bin jetzt auch wieder up to date nach dem Wochenende :)
Macht einfach Spaß mit euch, wäre der Bericht ein Buch, wäre es ein page-turner.
Bei dem schnellen Einstellen der Berichte befürchte ich allerdings, dass wir vor der Weihnachtszeit schon fertig sein werden...
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: U2LS am 23.11.2016, 08:22 Uhr
Die Mägen aber sind noch ziemlich leer - vor allem Irenes. Das ist für die Stimmung eher ungünstig.

Irene, das kann ich dir voll und ganz nachempfinden; so geht es mir auch immer, wenn ich nicht regelmäßig etwas zwischen die Zähne bekomme.

Im Chiricahua hat es mir damals auch sehr gut gefallen. Ich war allerdings im März dort und da lag noch Schnee:

(https://lh3.googleusercontent.com/Wr686UQa3LWpplQ2u4QPNOwaGbg1KjnPVgUKDPfmwC0v55wxnnN5377ruIAmQKJ9mBRUzef__ydrZg8x4aqUsvX1Qu9ZH9ecQYwN5paOvNB2Nk8wai4_XMagkRXRpGM-M3Hnvtu4LhJ_iJRNFdmL-5bRAs1oz6kfNc5NQpYpm8_roJEehL79epPmQzWEJzuWPbIed7PVgkUTUVvb9oJSKXBrzpVOY1Mf-sa3EeFPnG_caJo73di5YWlzha9jzTXpXDIrh021iaXa4upgzWvrcx_YQOhI0sfxtxvRnqEWazcIQu9o9LRAuDGJlqL5nDMwazeB4nHKiUUTUN-OjWyl8T1GbAbaDf2eHj33aqmAgO4o7Ri9XUwN4izoWePMdO6QhNmar54gm05z6upwMZUXIHBGalsuOSuV94ZwR32vrtgG_BA-56UzbueASjW_3PMrastNtOKL-Qq2dEvYY37q7iKjf-tmWE1r-ba9yfqE-vn1ew71vVHjbRdGH1MNV_1dupNfmSX2yhS0Cuzevsv0USSGHw6DY9Drps0xLdXbJLMY7WhwWpQk3Vo_QL5Mwum4Ic3jcVfckdHOgMBdTpv5Do7Y5JfKW93TTeY-yrTZTNyVh4fo=w1232-h924-no)

(https://lh3.googleusercontent.com/vreXClPDxkP2Y_x1u3Q4gvh9qOGR8OFsy6E3MFw_iBUOv4-B9nbxwOf9Fec8YvTjaxETB2EusIm3AdXB3YiKgXOYgu1-LOVxThIvIBq0VKWot63cPPkEDrkvtQRDFomCvklZNJjfu0SInx2LmJrZKJvPUwhzAklDZsDVU5Kksv8OOyvpOjUF-sCTo5-XVvDCsYTJT8uo5U4emPC7bDik_WV37tp7SB4r4D2VeKr4DFO3sUyTaMjgg0mdL9eO5SR1Twq6pN5m6YEG6-29FbxQxg4LwaByErTlZWuRJVEGHpnOH5els0vZTzNlVEuyz9tKjxQT23NAUHNaQnye0hhzhB2wQKRHA_l1nXjJTzUfdMUcrj0Q3pMigkQy1wG23MPPhAeCT-QfSfBy63tUCFE1iPTRSBcUJVBwNyyjLT594gsDT0pyf8XY3tXnh8lGWDBqqsTLt9hS8pox4WUauJtnI-Zs5E4d2rhg33_v3OEPAdLnexwdnnSk2ZP8-H457ubqvpwPhsaoDEA8F4zJRXjGLzk5CHUX1O4rxEFHPjAq0fLQwoXjPSIYm8xkSOkmSXrIIpphwKfCi2dBxwbpC9hgxTeNtEzBBvX5z5nZZxVS-bKA6vgA=w1232-h924-no)

Dieter, deine Anmerkungen sind Pulitzer Preis verdächtig  :D :D :D
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 23.11.2016, 19:24 Uhr
Donnerstag, 13. Oktober

Kandelaber in der Wüste


Bevor wir in Richtung Tucson aufbrechen, besuchen wir noch den Boothill Graveyard von Tombstone. Der Eintritt ist frei, 3 Dollar muss man lediglich bezahlen, wenn man die kleine Broschüre mit Informationen über die 150 auf Boothill Begrabenen haben möchte. Wir möchten. Der Friedhof ist authentisch, wurde aber 2005 ziemlich kräftig aufgeräumt. Viele hölzerne Grabkreuze sind dabei erneuert worden, aber die Original-Inschriften wurden übernommen. Die meisten Toten wurden 1881/82 beerdigt, und kaum einer starb eines natürlichen Todes. Zum Teil verrät die Inschrift sogar den Namen des Kontrahenten oder Mörders, häufig heißt es aber auch ¨killed  bei Apaches¨ oder ¨shot by indians¨. Viele Kreuze tragen die Inschrift ¨Unknown¨. Aber Billy Clanton und die mit ihm am OK-Corral erschossenen McLaury-Brüder haben einen Ehrenplatz auf dem Friedhof, und der Text am Grab lässt keinen Zweifel daran, welche Version der Geschichte der Autor für richtig hält. ¨Murdered¨ heißt es da.

(https://abload.de/img/dsc03249t7sdc.jpg)

Das Grab von Billy Clanton und den McLaury-Brüdern.

(https://abload.de/img/dsc03259orsae.jpg)

Da hatte Burt wohl sieben Kugeln.

Es lohnt sich, in der kleinen Broschüre zu blättern, denn hier steht wesentlich mehr als auf den Grabmalen. Zum Beispiel, dass Mrs. Stump 1884 während der Geburt ihres Kindes starb, weil der Arzt ihr eine Überdosis Chloroform gegeben hatte. Das Grab von Marshal White ist mit Münzen und Dollarnoten übersät - wie die Lady an der Kasse kundtut, ist das ein Zeichen der Wertschätzung für die Leistungen des Marshals, der seinen Versuch, einen Cowboy zu entwaffnen, mit dem Leben bezahlt hat.

Eine Meile hinter dem Friedhof werden wir wieder einmal von der Border Patrol angehalten. Wir sind ganz nahe an der mexikanischen Grenze, und die Polizei kontrolliert jedes einzelne Fahrzeug, um illegale Einwanderer aufzuspüren. Wir müssen unsere Pässe zeigen, zwei freundliche Sätze, dann dürfen wir weiter.

Ungefähr eine Stunde Fahrt haben wir bis Tucson vor uns. Etwas ausgebremst werden wir vom ersten Stau unserer Reise. Auf der Interstate 10 ist ein Pickup in Brand geraten. Wir sehen nur noch das ausgebrannte Wrack und viel Polizei und Feuerwehr.

In Tucson steuern wir gleich den Lazydays-KOA-Campground an. Ein riesiges Gelände mit mehr als 1500 Plätzen. Wir werden gewohnt professionell eingecheckt. Eine shady site kann man uns leider nicht bieten, sagt die Dame am Desk. Aber unsere Site sei nice. Recht hat sie. Wir sind am Rand einer Reihe untergebracht, haben einen runden Tisch mit vier Stühlen und einen Pampelmusenbaum, der voller Früchte hängt und ein bisschen Schatten spendet. Auf der Fahrt zu unserer Site verstehen wir erst, wie unsere Frage nach Schatten aufgefasst worden ist. Es gibt zwei riesige Dächer über dem Campground, unter denen die Camper stehen können. Diese Dachkonstruktionen sind mit Solarpaneelen bestückt - sie produzieren Strom und spenden Schatten. Wir finden die covered sites nicht so hübsch und sind froh, dass keine mehr frei war.

Wir richten uns auf dem Campground gar nicht erst ein, sondern steuern gleich den Saguaro Nat. Park (West) an. Das soll unser Nachmittagsprogramm werden. Rund 22 Meilen ist der Park von unserem Campground entfernt. Tucson ist die zweitgrößte Stadt Arizonas, die Entfernungen sind nicht zu unterschätzen. Die letzten Meilen führen durch die Tucson Mountains vorbei am Arizona Desert Museum und an Old Tucson (beides steht für morgen auf dem Plan). Eine wunderschöne Strecke durch Kakteenwälder.

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Der Saguaro National Park bietet reichlich Möglichkeiten, die Kakteenwälder (und mehr) zu genießen.

Im Visitorcenter lassen wir uns beraten, welcher Hike in Frage kommt. Keiner will übrigens unseren Annual Pass sehen, mit dem Eintritt nehmen sie es wohl um diese Jahreszeit in den Nationalparks nicht so genau. Wir fahren eine gute Meile zum Hugh Morris Trailhead, stellen unser RV ab und machen uns auf den Weg. Er wird als lang und anspruchsvoll angekündigt. Mountain Lions, sechs Arten von Rattlesnakes, aggressive Bienen und das überaus giftige Gila Monster sollen den Trail bevölkern. Wir ziehen die hohen Wanderstiefel an und rüsten uns mit drei Flaschen Wasser aus. Dieter trägt uns diesmal bereits zu Beginn der Wanderung ins Trail-Register ein. Man gibt die Startzeit und den Wasservorrat an und soll sich bei der Rückkehr auch wieder registrieren.

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Auch in hohem Alter können selbst Männer noch dazulernen: erst eintragen, dann losmarschieren. Ist doch gar nicht
so schwer, sich diese Reihenfolge zu merken.


Der Weg ist hervorragend ausgebaut und führt in Serpentinen stetig nach oben. Wir wandern durch einen Wald von Saguaro-Kakteen, die so aussehen wie mehrarmige Leuchter (Kandelaber). Manche sind an die zehn Meter hoch, andere haben zahlreiche Seitenarme. Sie wachsen zwischen den Felsbrocken. Wir hören Vögel pfeifen, sehen kleine Springmäuse, aber leider lässt sich weder ein Berglöwe noch ein Gila Monster blicken.

Wir sind mutterseelenallein auf dem Trail. Von weit oben beobachten wir, wie ein Auto neben unserem Wohnmobil parkt. Wie wir später im Trailregister sehen, handelte es sich um Engländer, die sich aber schon nach einer halben Stunde wieder ausgetragen haben.

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Wir marschieren bis auf die Höhe, eine gute Stunde in brütender Hitze. Der Ranger am Visitor Center hat uns empfohlen, einfach umzukehren, wenn wir genug haben. Am höchsten Punkt des Trails folgen wir seinem Rat. Dieter hat Probleme mit der linken Wade, deshalb ist der Weg hinunter nicht ganz ohne. Nach rund zwei Stunden sind wir wieder am Auto - etwas geschafft, aber glücklich, gemeinsam ein weiteres Naturerlebnis genossen zu haben.

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Am Campground lockt der von Palmen umstandene Pool, der sogar bis 10 pm geöffnet ist. Die Abkühlung ist nach der hitzigen Wanderung wohltuend und erfrischend. Bei genauerer Betrachtung der Campground-Map stellen wir fest, dass es sogar noch einen zweiten Pool gibt - auf diesem Riesenplatz wohl angemessen.

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Wir essen heute im Campground Restaurant, das ganz schön groß, aber fast leer ist. Wir nehmen an, dass die Saison der Snowbirds noch nicht wirklich begonnen hat. Nach unseren Erfahrungen in Florida dürfte auch hier zwischen November und Ostern der Bär steppen. Aber noch herrscht die Ruhe vor dem Sturm.



Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 23.11.2016, 21:25 Uhr
Ich dachte erst du hättest dir das Gila-Monster als Gruselgeschichte ausgedacht... so die Kategorie Nessie, Yeti und co, aber nein, Google belehrt mich eines besseren :O
Dann bin ich ja froh, dass ihr so ein Monster nicht gesehen habt.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 23.11.2016, 21:48 Uhr
Hallo Yaphi,
danke für das Mitgefühl, aber wir sind nicht von der ängstlichen Sorte. Zudem hat Dieter zur Gefahrenabwehr vom Grizzly bis zum Puma immer seine Pfeife dabei. Die hilft auch, um in den verzweigten Walmart-Gängen oder auf Shopping-Touren nach mir zu fahnden (er ist halt so). Ein Gila-Monster werden wir übrigens morgen noch "live" sehen, wenn auch hinter Glas. Im Übrigen haben wir drei Jungs (Männer), da kann uns nur noch wenig schocken...
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 24.11.2016, 19:16 Uhr
Freitag, 14. Oktober

Wüstenstadt Tucson

Diesen Weg kennen wir schon: Durch die malerischen Tucson Mountains geht es wieder Richtung Saguaros. Kurz vor dem National Park biegen wir aber Richtung Arizona Desert Museum ab. Zu unserer Überraschung ist es schon um 9.30 Uhr ziemlich voll auf den Parkplätzen. Direkt nach dem Eingang (Tickets 20,50 Dollar pro Person) werden wir von einer weißhaarigen, aber sehr drahtigen Volunteer angesprochen. Es stellt sich heraus, dass sie in Deutschland geboren ist und jedes Jahr nach Bayern zu Verwandten reist. Sie mag Deutschland und gibt uns den Tipp, gleich zur ¨Raptor-Show¨ zu gehen, zu der eigentlich nur ¨members¨ des Museums zugelassen sind. Eine Freiflugschau von Vögeln erwartet uns. Es geht los mit einem Raben, dann folgen eine große Eule und Falken. Die Tiere sind zum ersten Mal nach einem halben Jahr Sommerpause wieder bei einer Flugshow. Ganz nah streichen sie über die Köpfe der Besucher. Dem großen Falken, der zuletzt dran ist, gefällt offenbar die Freiheit. Er kommt nicht zu den heftig winkenden Rangern zurück, sondern schwingt sich stattdessen Richtung Berge davon. Sicher wird er aber später wiederkommen.

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Die Vögel werden mit Winkzeichen angelockt und nach dem Anflug mit Fleischhäppchen belohnt.

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Suchbild mit kamerascheuem Raben.

Wir wandern den Desert Loop Trail ab. Das Desert Museum ist eine Mischung aus Botanischem Garten, Wüstenpark und Zoo. Die didaktische Aufbereitung macht - wie immer in Amerika - richtig Spaß. Wir gehen auch den Kids Trail. Hier ist manches so nett und anschaulich präsentiert, dass wir uns gerne bücken, um die Klapperschlange hinter dem Fenster einen halben Meter über dem Boden zu sehen. An einem Felsbrocken steht ein unauffälliges ¨Lift¨. Das haben wir übersehen, aber der Junge neben uns hebt den (Kunststoff-)Stein sofort an und entdeckt darunter interessante Käfer (natürlich hinter Glas).

Wir sehen ein Javalina im Schatten dösen. Diese Tiere sehen aus wie Wildschweine, gehören aber einer anderen Gattung an. Höhepunkt ist der Mountain Lion. Ein beeindruckend großer Puma jagt durch sein Terrrain. Er ist so lebhaft, dass wir ihn von allen Seiten zu sehen bekommen.

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In freier Wildbahn haben wir den Mountain Lion leider nicht zu Gesicht bekommen. Aber auch der Museums-Zoo vermittelt einen Eindruck von der Eleganz seiner Bewegungen.

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Schon am Vormittag ist es brütend heiß im Museum. Für diese Jahreszeit sind die Temperaturen mit über 93 Grad Fahrenheit (34 Grad Celsius) außergewöhnlich hoch. Wir gönnen uns einen Eiscafe in Phoebe's Imbiss. Vorher waren wir im Reptilienhaus und im Aquarium. Bei den Reptilien steht ein Volunteer, der eine Schlange in der Hand hält. Irene sucht auf der Kamera das Schlangenbild, das wir im Slide Rock State Park geschossen haben. Der Experte identifiziert das Tier als Arizona Mountain King Snake. Sie ist, wie alle King Snakes, harmlos. Heimisch ist sie im kühleren Norden des Staates, nicht im heißen Süden.

Im Reptilienhaus ist eine ganze Reihe von unauffällig gefärbten Klapperschlangen zu sehen - sie wirken ganz harmlos. Und Irene kann endlich ihr Lieblingswüstentier, das Gila Monster, aus der Nähe beobachten. Leider schläft es gerade. Um so lebhafter sind die Skorpione. Sie sind im Vergleich zu den Exemplaren, die man aus Spanien kennt, winzig. In dem dunklen Terrarium erkennt man zunächst gar nichts. Erst wenn man den Lichtknopf drückt, sieht man die fluoreszierenden Körper mit dem charakteristisch eingerollten Schwanz. Ob wir in der Wüste auch schon einem Mini-Skorpion begegnet sind, ohne es zu merken?

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Frösche,

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Klapperschlange,

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und endlich das friedlich schlummernde Gila-Monster.

Nach den Tieren und Pflanzen wollen wir uns eine Dosis Wildwest-Romantik geben. Old Tucson liegt gleich um die Ecke. Im Gegensatz zum Desert Museum ist hier wenig Betrieb. Mehr als 100 Western und Serien wurden in dieser nachgebauten Stadt gedreht. Die wohl auch bei uns bekannteste: High Chaparell. Wir durchstreifen die Kulissen. Zum Teil handelt es sich um komplette Häuser, die auch innen eingerichtet sind, zum Teil stehen nur halb verfallene Fassaden. Man kann sich mit einer kleinen Bahn oder per Pferdekutsche durch die Stadt fahren lassen. Night tours werden von September bis Halloween angeboten. Dann spukt es in der Dunkelheit überall in Old Tucson, wir sehen die entsprechenden Dekorationen in der Mittagssonne leuchten. Für uns am interessantesten ist die chronologische Videozusammenfassung der vielen Filme, die hier gedreht wurden. In den 50ern und 60ern hatte Old Tucson seine große Zeit, aber die letzten Streifen stammen aus dem 21. Jahrhundert. Viele Western-Helden von Rang und Namen standen hier vor der Kamera.

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Eine Kunstwelt: Old Tucson, aber für Freunde des Westerns sicher einen Abstecher wert.

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Wir fahren in die Stadt zurück, um unser Basislager für die kommenden zwei Tage zu beziehen. Dieter hat den Sentinel Campground an der Grande Street ausgesucht, der als einziger so stadtnah gelegen ist, dass wir gut zum Football-Stadion der Universität kommen. Schön sei der Platz nicht, hat Dieter verlauten lassen, aber zumindest mit Pool ausgestattet.

Unser Campground ist ein komplett asphaltierter, nicht allzu großer Parkplatz. Immerhin haben wir einen Außensitzplatz, der allerdings jetzt um 3 in der prallen Sonne liegt. Wir schwitzen bei weit über 30 Grad, deshalb kühlen wir uns erst mal im Pool ab. Das Becken ist klein, aber mit sehr erfrischendem Wasser gefüllt (unheated). Genau das Richtige für uns.

Gegen 4.30 sind wir bereit zu weiteren Taten. Wir haben ein Logistikproblem zu lösen. Um zum Footballspiel morgen Mittag zu kommen, hat uns die Campgroundlady empfohlen, ein Verkehrsmittel namens Link zu nehmen. Es soll ein paar Blocks weiter einen Kiosk geben, wo wir die Fahrkarten dafür kaufen können. Wir machen uns auf den Weg - ungefähr eine Meile an der Grande Street entlang, die zum Glück mit einem Bürgersteig versehen ist. Von einem Kiosk allerdings keine Spur. Stattdessen treffen wir auf eine hilfsbereite Familie, die an einer Bushaltestelle wartet. Nach längerem Palaver empfiehlt uns die Mutter, mit dem Bus nach Downtown zu fahren und dort ein Ticket für den Link-Suntrain zu kaufen. Der Bus kommt auch prompt. Dieter will zwei Tickets für 3 Dollar kaufen, aber der Fahrer winkt ab. Wir sollen einfach durchgehen und uns setzen, auf Bargeschäfte ist er nicht eingerichtet. So bekommen wir ein kostenloses Shuttle in die Stadt.

Im Bus treffen wir auf eine andere hilfreiche Seele. Durch Irenes Berlin-Tasche aufmerksam geworden, will sie wissen, was wir so machen. Sie berichtet, dass sie kürzlich in der Schweiz war. Nach dem Aussteigen führt sie uns zu der Ticketbox, wo wir unsere 24-Stunden-Karten lösen können.

Das klappt allerdings nur mit Problemen: Unsere sämtlichen Kreditkarten erkennt der Automat nicht, und bei den Dollarnoten müssen wir zigmal probieren, bis er die 8 Dollar schluckt. Als es endlich klappt, sind wir total entgeistert, denn im Entnahmefach liegen statt der von uns gekauften zwei insgesamt fünf Sunpasses. In diesem Moment kommt glücklicherweise ein Link-Mitarbeiter vorbei und fragt, ob er uns helfen kann. Er gibt uns zwei Tickets und nimmt die anderen drei an  sich - sie sind vermutlich irgendwie liegengeblieben.

Nun sind wir auf den folgenden Tag vorbereitet und können uns den Anforderungen des Abends widmen, die da heißen: Essensaufnahme. Wir suchen mit Googles Hilfe Restaurants und finden uns schließlich in einem Laden wieder, der mexican food des etwas gehobeneren Genres anbietet. Allerdings ist das Licht so schummerig, dass wir die Getränkekarte nur mit Hilfe unserer Taschenlampe entziffern können. Bei der Speisekarte ist das nicht nötig, denn sie wird uns auf einer großen Tafel vorgehalten und Gericht für Gericht vorgelesen. Wir entscheiden uns für Lachs (Dieter) und Geschnetzeltes (Irene). Dazu gibt es Salat, köstlichen Reis, Bohnen und Tortillas. Es ist wirklich lecker, auch wenn man sich vorkommt wie im Dunkelrestaurant.

Mit unserem Sunpass fahren wir per Link-Tram nach Hause. Der Pass wird mit dem ersten Gebrauch aktiviert, indem man ihn im Zug auf den Scanner legt. Ab jetzt gilt er 24 Stunden. Das dürfte für unser Football-Abenteuer morgen reichen.

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So liebt man eine Wettervorhersage. Aber selbst die Sonne hat ihre Schattenseiten...
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: U2LS am 24.11.2016, 20:13 Uhr
Mehr als 100 Western und Serien wurden in dieser nachgebauten Stadt gedreht. Die wohl auch bei uns bekannteste: High Chaparell.
High Chaparall, eine der Serien meiner Jugend *träum*. Mensch Irene, hättest du mir das nicht ein paar Jahre früher sagen können!? ;-) Diese Westernstadt hätte doch damals zu meinem Pflichtprogramm gehört!


Dieter will zwei Tickets für 3 Dollar kaufen, aber der Fahrer winkt ab. Wir sollen einfach durchgehen und uns setzen, auf Bargeschäfte ist er nicht eingerichtet. So bekommen wir ein kostenloses Shuttle in die Stadt.
Diese Amis sind einfach unkompliziert. Stelle mir gerade die (rhetorische) Frage, ob so etwas bei uns auch möglich wäre?



(https://abload.de/img/20161014_083719w8sxt.jpg)

So liebt man eine Wettervorhersage.

Genau, diese hübschen Wetterfeen schaue ich mir auch gerne an  :wink: :D 8)
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 25.11.2016, 19:16 Uhr
Samstag, 15. Oktober

Die Wildcats zeigen ihre Krallen nicht

Das Football-Spiel beginnt erst um 12.30 Uhr, aber Dieter drängt schon um kurz nach 9 zum Aufbruch. Man könne ja in Downtown noch einmal aussteigen und ein bisschen bummeln, argumentiert er. Als aber in unserer Link-Bahn schon unübersehbar viele Football-Fans in leuchtend rotem Outfit zusteigen, sieht sich Dieter bestätigt, dass man lieber zu früh als zu spät am Ort des Geschehens sein sollte. Und er hat diesmal Recht, das muss ich anerkennen. Als wir an der Universität aussteigen, sind außer uns schon Tausende von Fans unterwegs. Vor dem Stadion sind riesige Wiesen mit Hunderten von Ständen gefüllt, an denen es Gewinnspiele gibt, Fanartikel verkauft und Imbisse sowie Getränke angeboten werden. Um 10.15 Uhr machen die Cheerleader Stimmung, eine mexikanische Band spielt, und dann laufen die Spieler Spalier durch die Menge. Ein großes Familienfest ist das, und wir statten uns mit einer durchsichtigen Tasche aus, denn ins Stadion darf man keine sonstigen Behältnisse mitbringen. Das hatten wir noch aus dem Mile-High-Stadium in Denver in Erinnerung (http://forum.usa-reise.de/index.php?topic=64715.0). Deshalb hatten wir unsere Utensilien in eine einfache Plastiktüte gepackt. Aber der neue Bag der Arizona Wildcats ist natürlich viel stylisher.

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Schon früh herrscht Festtagsstimmung am Stadion der Wildcats an der Universität von Arizona.

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Einzug der Matadoren.

Unsere ausgedruckten Tickets funktionieren am Einlass problemlos. In Reihe 42 sitzen wir, hoch oben auf der Tribüne ziemlich in der Mitte. Man hat einen guten Überblick. Aber man kann es nicht beschönigen: Wir grillen in den kommenden dreieinhalb Stunden wie die Brathähnchen. Die Sonne knallt auf die Tribüne. Die Temperatur unten auf dem Feld beträgt sagenhafte 137 Grad Fahrenheit, das sind 58 Grad Celsius. Da müssen die armen Kerle in ihren gepolsterten Sachen und unter den Helmen rennen und die armen Mädchen sich beim Cheerleading abzappeln. Deshalb wollen wir nicht meckern: Wir müssen schließlich nur stillsitzen und zuschauen ...

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Nach und nach füllt sich das Stadion.

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Die Spannung steigt, es geht los.

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Bei sagenhaften 58 Grad Celsius (137 Grad Fahrenheit) auf dem Spielfeld.

Dieter hat auch das gewusst: Die Trojans der University of Southern California aus Los Angeles sind einfach zu stark für die Wildcats aus Arizona. Mit 48 zu 14 gehen die Wildkatzen regelrecht unter. Schon nach der Halbzeit leeren sich die Ränge deutlich - die Spannung ist raus, und vielen Leuten ist es wohl einfach zu heiß.

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Zu heiß für die Wildcats, "unser" Team wird mehr und mehr chancenlos. Am Ende siegt die bessere Mannschaft.

Wir halten aus bis zum Schluss und streben dann unserem Train zu. An der Haltestelle gibt es eine Schrecksekunde, als Dieter beim Sprechen die Bordsteinkante übersieht und rückwärts auf die Fahrbahn stürzt. Glück gehabt: Es ist nichts passiert.

Anmerkung Dieter: Es ist für einen Reisebericht sicher ohne jede Bedeutung, für die Dokumentation des Ablaufs des Sturzes, seiner Ursachen und Folgen aber sehr wohl erforderlich, Irenes Darstellung in diesem Punkt zu ergänzen. Dass ich ¨beim Sprechen¨ die etwa 22,73 cm hohe Fahrsteigkante an der Straßenbahnhaltestelle übersehen habe, ist zutreffend und zum Teil wohl auf die Sonnenbrille zurückzuführen, die farblich abgesetzte Warnmarkierungen - wie im konkreten Fall ein gleißendes Rot - mittels Farbfilter zum Schutz der Augen auftragsgemäß in ein fahles Aschgrau transponiert hat. Hinsichtlich der Ursache des Abgangs gleichwohl bedeutsamer aber war, dass es sich bei der fraglichen Unterredung erneut um einen Disput über die von uns einzuschlagende Richtung "west" oder "east" handelte. Dass Irene (west) diesmal tatsächlich Recht hatte, ändert nichts daran, dass ihr nachhaltiges Insistieren, richtig zu liegen, ursächlich für meine Unaufmerksamkeit bei dem von hochgradiger Emotionalität durchdrungenen ¨Sprechen¨ war. Auch wenn es vom nachfolgenden Sturz auf die Gleise (hoffentlich) keine Video-Aufzeichnung gibt, kann ich mir vorstellen, dass der Versuch, den plötzlichen Verlust des Gleichgewichts mittels mehrerer seitlicher Trippelschritte irgendwie auszugleichen, etwaigen Beobachtern nicht sonderlich elegant erschienen sein dürfte. Dessenungeachtet ist die Formulierung ¨Glück gehabt¨ ein Schlag ins Gesicht all jener Turn- und Judo-Trainer, die uns in jungen Jahren das Abrollen über die Schulter bis zum Erbrechen haben üben lassen. Es ist daher wohl nicht nur ¨Glück¨, wenn jemand bei einem solchen Sturz auf harte Straßenbahnschienen und auf nur wenig weicheren Asphalt mit immerhin 62 Jahren und rund 76 Kilo Lebendgewicht den Kopf oben behält, über die rechte Schulter abrollt, den Aufprall ohne Schramme, Schürfwunde, Bruch oder blauen Fleck abfängt und überdies das mit zu Boden gehende Fernglas völlig unbeschadet bleibt. Offen gestanden: Im Nachhinein bin ich ein bisschen stolz, dass in der Jugend Gelerntes auch im Alter noch derart nützlich sein kann, ohne dass ich mich nach weiteren Stunts als Asphalt-Cowboy sehne. Ohne Quatsch: Wenn zum Zeitpunkt des Sturzes eine Straßenbahn eingelaufen wäre, hätte alles Abrollen nichts genutzt, und Irene hätte ein paar Unannehmlichkeiten gehabt, aber auch ein nettes Sümmchen kassiert. Trotz der nicht ganz unverlockenden Perspektive, sturzartig reich zu werden, habe ich sie gebeten, in der begrenzten Anzahl der Fälle, in denen sie mit der Wegeführung richtig liegt, dezenter zu argumentieren und mich nicht auf die Palme zu bringen.

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Unsere Link-Bahn bringt uns heil und unbeschadet zurück.

Nach der obligatorischen Abkühlungsrunde im Mini-Pool am Campground beschließen wir, noch eine Restaurant-Empfehlung auszuprobieren. Maricisas Seafood an der Grande Street. Tintenfisch (Dieter) und Krabben (Irene) schmecken sehr gut.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Wilder Löwe am 25.11.2016, 22:32 Uhr
Habe Euren Reisebericht gerade in einem Rutsch gelesen. Sehr amüsant. Reise den Rest der Strecke gerne mit.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Culifrog am 26.11.2016, 08:05 Uhr
Noch nie wurde ein Sturz schöner beschrieben, als den von Dieter. Bei allem Mitleid habe ich mich köstlich amüsiert und dies nicht erst jetzt. Das ist einer der besten Reiseberichte, die ich je gelesen habe. Irene, Du schilderst so lebendig und Dieters Kommentare sind das Tüpfelchen auf dem i.

Liebe Grüsse
Gaby
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 26.11.2016, 10:41 Uhr
Ich kann es vor meinem geistigen Augen sehen, wie Dieter sich souverän über die Schulter abrollt, in einer fließenden Bewegung aufspringt und ohne mit der Wimper zu zucken, weiter auf Irene einredet, die so verwirrt ist, dass sie in dieser Runde des ehelichen Streitgesprächs eine Niederlage eingestehen muss, obwohl sie richtig lag.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 26.11.2016, 18:57 Uhr
Noch nie wurde ein Sturz schöner beschrieben, als den von Dieter. Bei allem Mitleid habe ich mich köstlich amüsiert.

Hallo Gaby, danke für das Mitgefühl. Es ist für einen Mann wohltuend zu wissen, dass es auch unter euch Frauen noch Warmherzigkeit gibt.

Ich kann es vor meinem geistigen Augen sehen, wie Dieter sich souverän über die Schulter abrollt, in einer fließenden Bewegung aufspringt und ohne mit der Wimper zu zucken, weiter auf Irene einredet, die so verwirrt ist, dass sie in dieser Runde des ehelichen Streitgesprächs eine Niederlage eingestehen muss, obwohl sie richtig lag.

Hallo Yaphi, wenn dem nur so gewesen wäre! Irene und eine Niederlage eingestehen sind ein Kapitel für sich. Wobei auch diese Frau nach Jahrtausenden femininer Sozialisation mit allen Wassern der Diplomatie gewaschen ist und locker in der Lage gewesen wäre, eine Deeskalations-Strategie einzuschlagen und trotzdem ihren Willen durchzusetzen. Stattdessen aber hat sie ihrem Reise- und Ehegefährten auf dem Höhepunkt des Richtungsstreits sinngemäß einen nicht einmal zweidimensionalen Orientierungssinn zu attestieren geruht und ihn (mich) damit evolutionsgeschichtlich irgendwo zwischen Regen- und Wattwurm der Kategorie der Wirbellosen zugeschlagen. Welcher Mann mit Rückgrat würde da nicht in die Luft gehen und den Boden unter den Füßen verlieren?


Sonntag, 16.  Oktober

Ein Fahrtag

Gut 300 Meilen haben wir heute bis Kingman vor uns. Zuerst geht es über die Interstate 10 bis Phoenix. In Wickenburg machen wir Mittagspause. Henry Wickenburg, ein aus Essen stammender Goldsucher, war Gründer und Namensgeber des aufgeräumten Städtchens. Es wird uns auch in Erinnerung bleiben als der Ort, an dem wir am längsten auf unser Essen gewartet haben. Der Imbiss mit Burger und Salat kostet uns eindreiviertel Stunden in dem  - immerhin hübsch gelegenen - Lokal. Zur Entschädigung bietet Wickenburg nette Skulpturen am Wegesrand, die zum Teil sogar auf Knopfdruck ihre Geschichte erzählen.

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In Wickenburg gibt es eine ganze Reihe größerer und kleinerer Skulpturen. Dieser Kollege hockt am Jail Tree. Hier wurden Strafgefangene kurzerhand festgekettet, ein Gefängnis benötigte man also nicht. Pfiffig, denn dann konnte auch keiner ausbrechen

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Hektik ist in Wickenburg ein Fremdwort. Vor allem beim Servieren von Burgern. Man wartet ...

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... und wartet ...

Auch wenn es nur ein Fahrtag ist: Die Straße 93 ist einfach jede Meile wert. Es ist, als ob der Südwesten noch einmal seine ganze Schönheit vor uns ausbreiten will. Die Berge zeigen ihr Relief im Gegenlicht, dichte Wälder von Joshua Trees stehen rechts und links der Fahrbahn, Saguaros und Teddybear Chollas wechseln sich ab. Immer höher schraubt sich die 93 in die Berge. Als wir gegen 16 Uhr in Kingman ankommen, weht ein kräftiger warmer Wind, die Hitze von Südarizona haben wir hinter uns gelassen.

Wir haben auf dem Kingman KOA eine Patio Site reserviert. Was genau das ist, sehen wir erst jetzt. Die große Campsite hat einen breiten betonierten Bereich, auf dem nicht nur ein Gasgrill für uns bereitsteht, sondern auch ein Esstisch mit vier dick gepolsterten Stühlen sowie ein niedriger Loungetisch mit vier ebenfalls gepolsterten Sesseln. Sofort müssen wir an unsere 2013er-Reise denken, als wir zu siebt unterwegs waren. Das wäre wirklich eine ideale Location für die ganze Familie gewesen!

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Unsere Patio Site auf dem Kingman KOA bietet reichlich Platz und Komfort.

Aber auch zu zweit ist es nett. Wir gehen erst mal in den Pool, der zwar laut Website seit gestern außer Betrieb sein soll, aber es ist nicht kalt genug, sagt die Campgroundlady. Weil das Wasser im ziemlich großen Pool doch reichlich kühl ist, räkeln wir uns sogar mal kurz im Hot Tub.

Mit Steaks vom Grill, Salat und roten Kartoffeln lassen wir den Tag bei einer Flasche Merlot ausklingen. So langsam geht unsere Tour zu Ende, auch wenn das Death Valley noch vor uns liegt. Aber ein bisschen Bilanz ziehen wir schon jetzt und sind uns einig, dass es wieder eine wunderbare Reise mit ganz unterschiedlichen Eindrücken und Erlebnissen war. Wie immer in Amerika kommt es uns so vor, als sei es ewig her, dass wir aus dem Flugzeug gestiegen sind. Dabei sind heute erst genau drei Wochen vergangen ...
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 27.11.2016, 10:11 Uhr
Montag, 17. Oktober

Auf'm Damm

Wären wir vier Wochen früher unterwegs, könnten wir das Ziel des heutigen Tages, das Death Valley, nicht ansteuern. Zwischen Mai und September verbieten die Wohnmobilvermieter die Fahrt ins Tal des Todes - es könnte den Tod für manchen Motor bedeuten. Aber jetzt ist Oktober, und die große Sommerhitze ist vorüber. Die Temperaturen steigen trotzdem noch auf über 40 Grad.

Von Stovepipe Wells, unserem Campingplatz für die erste Nacht, trennen uns immerhin noch 250 Meilen. Wieder fasziniert uns die Straße 93 mit phantastischen Ausblicken. Es ist sicher eine der schönsten und abwechslungsreichsten Straßen im Westen.

Außerdem hält sie für uns eine Überraschung bereit. Wir hatten gar nicht gesehen, dass sie genau am Hoover Damm vorbeiführt. Kurzentschlossen fahren wir dort ab und nehmen den kurzen Stich zu diesem Technik-Wunderwerk. Kurz vor dem Damm werden wir zur Sicherheitskontrolle gebeten. Jedes einzelne Fahrzeug wird untersucht, für Wohnmobile gibt es einen gesonderten Check. Ein Officer schaut sich unser Zuhause von innen an, ist aber innerhalb von zehn Sekunden wieder draußen - ich sage nur: allgemeine Ordnung! Seine attraktive Kollegin nimmt sich allerdings um so mehr Zeit, sie kommt mit Dieter ins Gespräch und lässt sich von ihm jedes einzelne Außenfach öffnen (wir haben sechs), schaut in Koffer und Gitarrenkasten, will von Dieter wissen, was er repertoiremäßig so drauf hat und warum er eine Trillerpfeife um den Hals trägt. Man hört sie schallend lachen, als Dieter ihr die Walmart- und Shopping-Story serviert. Sie denkt wohl, es sei ein Scherz. Bevor es noch zur Session und Verbrüderung kommt, trifft glücklicherweise das nächste WoMo am Checkpoint ein. Die Kontrollen, so erfahren wir noch, sind wegen und nach 9/11 so massiv eingeführt worden. Der Hoover Damm ist ohne Zweifel ein empfindliches Anschlagsziel.

Irene meint sich zu erinnern, dass es in den 80er-Jahren eine Gebühr kostete, über den Damm zu fahren. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Wir parken unser Gefährt kostenlos auf Parking Lot Nr. 13 auf der Arizona-Seite und wandern auf den Damm. Dieter hatte ihn sich größer vorgestellt, aber die Technik, die in diese Berge und Schluchten gepfropft worden ist, beeindruckt uns schon.

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Kurzer Abstecher zum sehenswerten Hoover Damm. Ohne ...


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... und mit Dieter.

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Das Tal des Todes wartet hinter der Bergkette der Amargosa Range auf uns. Die Wolken, die über den umgebenden Bergen hängen, schaffen es nicht bis zum Talkessel, deshalb regnet es hier praktisch nie. Niederschlagsmenge im Oktoberschnitt: 0,2 Zentimeter. Hier wachsen nur Pflanzen, die extrem gut an die Trockenheit angepasst sind, logisch. Aber dass auch Tiere hier genügend Nahrung und Wasser finden, grenzt an ein Wunder. Dennoch gibt es im Death Valley eine reiche Flora und Fauna mit zahlreichen endemischen Arten.

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Auf dem Weg ins Death Valley.

Im Visitor Center von Furnace Creek bekommen wir Karte und Parkzeitschrift. Der Eintritt in den Nationalpark kostet mittlerweile stolze 25 Dollar, aber unser Interagency Pass deckt das natürlich ab. Außerdem lassen wir uns beraten, welche Ziele wir ansteuern können. Da wir gravel roads meiden müssen (Vorschrift von Roadbear), ist unser Bewegungsraum eingeschränkt. Auch manche paved road ist für uns verboten, erklärt die Rangerin, weil nur Fahrzeuge bis zu 25 feet Länge dort zugelassen sind. Wir haben leider 26 feet. Trotzdem identifizieren wir anhand der Vorschläge in der Parkzeitschrift einige Ziele, die wir auf die Liste für morgen setzen.
 
Erst einmal fahren wir aber nach Stovepipe Wells. Wir haben eine Campsite gebucht und melden uns im Office gegenüber dem Campground an. Besonders schön ist die Site nicht gelegen - 14 Wohnmobile parken in Reih und Glied nebeneinander. Der riesige Platz daneben ist ist nur von ein paar Zelten belegt, ein einsames Wohnmobil steht ebenfalls mitten in der Prärie. Lieber würden wir auch etwas einsamer stehen, aber Hook up gibt es nur in unserer Reihe. Na ja.

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Blick vom Campground in Stovepipe Wells.

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Der Pool ist sehr geräumig, und passables Essen gibt es im angrenzenden Saloon auch.

Dafür frequentieren wir im letzten Abendlicht den ziemlich großen Pool. Er ist mit einer Codekarte zugänglich, die die Gäste des Resorts und die Camper bekommen. Bis es dunkel ist, entspannen wir uns am Wasser. Auf dem Rückweg besorgen wir im General Store, der eigentlich ein Giftshop ist, eine Flasche Chardonnay, denn heute Abend soll es Shrimps geben, die wir seit Tagen im Tiefkühlfach horten. Allmählich escheinen die Sterne am Himmel, aber die berühmten spektakulären Night views von Death Valley erleben wir nicht, weil der fast noch volle Mond alles überstrahlt.

An diesem Abend lernen wir zwei Campnachbarn kennen. Ein Neuseeländer interessiert sich für unser Wohnmobil. Er fährt ebenfalls einen Coachman Leprechaun, allerdings bei El Monte gemietet. Das Fahrzeug ist wohl 30 Fuß lang, hat aber keinen Slide out. Er besichtigt unser Gefährt von innen und bestätigt, dass es erheblich besser ausgestattet und in besserem Zustand ist.

Als Dieter unterm silbernen Mondlicht in die Gitarrensaiten greift, kommt Bob aus Kanada um die Ecke. Er spielt selbst Gitarre und wir plaudern eine Weile. Er ist retired und fährt mit einem Trailer durch die USA, besucht dabei die verstreute Verwandtschaft und verbringt dann den Winter in Mexico. Wir fragen, ob das nicht gefährlich ist, denn aus dem Grenzgebiet hört man die abschreckendsten Geschichten. Er winkt ab, da werde viel übertrieben, und weiter im Süden, an der Baja California, sei es sicher und wunderschön. Er gehe dort mit Begeisterung fischen und sorge so fast täglich selbst fürs Abendessen. Außerdem sei das Leben in Mexico extrem günstig für Leute, die Dollars (auch kanadische) in der Tasche haben.  

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 29.11.2016, 20:23 Uhr
Dienstag, 18. Oktober

Planschen in 29 Grad warmem Wasser

Wir lassen uns von den Einschränkungen, die unser Womo mit sich bringt, nicht von Zielen abbringen, die wir für lohnend halten. Zu einem solchen Ziel hat Irene den Mosaic Canyon erklärt. Nach der Karte ist er über eine 2,4 Meilen lange Gravel Road zu erreichen. Und das könnte doch genau der Hike sein, der im Death Valley auf uns wartet.

Wir brechen also von Stovepipe Wells per Womo Richtung Canyon auf, stellen aber nach 200 Metern fest, dass die Road bereits hier links von der Straße abzweigt, uns aber keinerlei Parkmöglichkeit bietet. Das ist der Nachteil im Death Valley: Man kann mit einem großen Fahrzeug nicht einfach so am Straßenrand wenden. Wir fahren also etliche Meilen in eine zwar schöne, aber eigentlich falsche Richtung, bevor wir drehen können.
Vom Parkplatz in Stovepipe Wells machen wir uns dann hochmotiviert zu Fuß auf den Weg. Die Gravel road lässt sich gut gehen, wenn uns nicht gerade rücksichtslose Autofahrer in eine Staubwolke hüllen.

Schon bald sehen wir die in der Sonne glänzenden Autos auf dem Parkpatz am Eingang zum Mosaic Canyon. Es ist heiß, aber es sieht so aus, als wären wir gleich da. Hier erleben wir ein Phänomen dieser Wüste: Die Entfernungen sehen überschaubar aus, aber die Wege ziehen sich endlos hin. Noch eine Kurve und noch ein Kurve. Aber nach eineinviertel Stunden ist es geschafft, und wir tauchen in den Canyon ein. Das lohnt sich: Die Wände bestehen aus schierem Marmor. Zum Teil ist er durch urzeitliche Gewässer poliert, die Oberfläche glänzt in der Sonne. Vielfarbige Adern durchziehen das Gestein. Hinter jeder Ecke wartet ein neuer Fotoblick. Manchmal muss man über die Felsen klettern, und auf dem Rückweg stellen wir fest, dass die glattgeschliffenen Steine sich sehr gut eignen, um auf dem Hosenboden hinunterzurutschen.

Während die anderen Wanderer am Parkplatz wieder in ihre klimatisierten Autos steigen, haben wir nach dem Mosaic Canyon noch eine Stunde Rückweg vor uns. Diese Wanderung (insgesamt etwa 3 Stunden) hat uns ein kleines Stück Desert-Feeling vermittelt. Wir belohnen uns mit einem Lunch im Stovepipe Wells Saloon.

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Der 2,4-Meilen-Fußweg zum Canyon ist doch etwas mühsamer als zunächst gedacht, Dieter hängt etwas zurück.

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Aber der Mosaic-Canyon mit seinem glänzenden Marmor entschädigt uns für die Mühe reichlich.

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Sogar klettern ist erlaubt, wir sind schließlich in den USA und nicht in Deutschland.

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Dieter hat leider irgendwas mit der Brille und versucht, den Marmor-Canyon zu ertasten.

Anmerkung Dieter: Soso: Ich hatte also „irgendwas mit der Brille“. Warum plötzlich so unkonkret, liebste Gefährtin? Schreib doch ruhig, dass der Zuweg zum Mosaic-Canyon angeblich in einer Dreiviertelstunde bewältigt sein sollte. So hast du es mir jedenfalls erzählt. Macht doch nichts, dass es am Ende fast doppelt so lang war. Hin wie zurück. Und berichte auch ruhig von den Staubwolken, die uns auf der gesamten Tor-Tour zum Canyon einhüllten – verursacht von einer kleinen Armee auf uns zurasender Jeeps und SUVs, deren Piloten Fußgänger auf dieser 2,4-Meilen-Cross-Strecke aus für mich nachvollziehbaren Gründen für eine Fata Morgana halten mussten, die sich beim Aufprall schon auflösen werde. Gerne hätte ich auch mehr gesehen von dem Canyon, wenn meine Augen nicht derart verklebt gewesen wären, dass ich die Lider mit den letzten vier verbliebenen Tröpfchen des mir zugeteilten Wassers allenfalls millimeterweise habe öffnen können, während die Kunststoffgläser meiner Gleitsichtbrille unter der mit nachlassender Flüssigkeitsaufnahme nur spärlich versiegenden Zufuhr an Schweißtropfen von den sich bildenden Salz-Kristallen fast bis zur Erblindung verätzt wurden. Klar, ich hatte „irgendwas mit der Brille", liebste Gefährtin. So kann man es auch sehen.

4 Uhr ist Checkin-Time in Furnace Creek. Wir lassen unser Wohnmobil, unser Home in den vergangenen drei Wochen, auf dem Parkplatz des Inn stehen und machen uns mit Gepäck für eine Nacht durch den schmalen Gang auf den Weg zum Elevator. Auf Ebene 3 des in den Hang gebauten Hotels befindet sich die Lobby. Wir bekommen Suite 435 auf der obersten Ebene. Das Hotel ist nett - ein Hauch von Luxus in einer Wüstenoase -, aber es ist nicht zu übersehen, dass hier einige Investitionen auf die lange Bank geschoben worden sind. Alles wirkt etwas abgewohnt. Wir haben ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein großes Bad und direkten Zugang zum ausgedehnten Terrassendeck, das allerdings auch andere Gäste nutzen können. Wir sind aber fast immer allein, ein heftiger, warmer Wüstenwind weht hier oben. Insgesamt finden wir das Furnace Creek Inn einfach zu teuer - wir haben 538 Dollar für eine Nacht bezahlt, das ist selbst mit Wüstenzuschlag überzogen und lässt sich auch nicht mit vergoldeten Badezimmer-Armaturen begründen.

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Das Furnace Creek Inn ist  ein schöner, wenn auch teurer Abschluss des Ausflugs ins Death Valley.

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Nachdem wir für den Abend im Restaurant des Inn einen Tisch reserviert haben, zieht es uns zum Pool. Er liegt gleich neben dem üppig grünen Garten, in dem  wunderschöne Palmen Schatten spenden. Auf den Wegen liegen überall Datteln. Ein eigenartiger Kontrast zu der lebensfeindlichen, von der Hitze verdorrten Welt draußen. Der Pool ist groß, Handtücher liegen bereit. Als wir ins Wasser steigen, bleibt die erhoffte Erfrischung leider aus: 84 Grad Fahrenheit (ungefähr 29 Grad Celsius)  ist das Wasser warm. Nett für ein paar Züge, aber dann erleben wir den Sonnenuntergang doch lieber von der Liege aus.

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Ein Pool mitten in der Wüste, von warmen Quellen gespeist.

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Das Dinner ist nett, aber nicht überragend. Das Restaurant ist rappelvoll, Küche und Service haben alle Hände voll zu tun. Wir nehmen Lamm (Dieter) und Duck (Irene), als Vorspeise gibt es geräucherten Lachs bzw. Salat, was unser Server Gary für eine gute Wahl  hält. Das sagt er bei jeder Wahl, aber es klingt trotzdem nett. Außerdem gönnen wir uns eine Flasche Merlot.

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 30.11.2016, 17:33 Uhr
Mittwoch, 19. Oktober

Noch einmal Circus Circus

Bevor wir an diesem Morgen auschecken, steuern wir noch einmal den Pool an. Dann machen wir uns mit unserem RV auf nach Badwater. Der tiefste Punkt des US-amerikanischen Festlands liegt 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel. Tatsächlich gibt es hier Wasser, aber es ist sehr salzig. Und Salzkrusten überziehen die Ebene. Auf dem Rückweg machen wir Halt am Golden Canyon und wandern ein Stück hinein - die Canyonwände schimmern tatsächlich golden, spektakuläre Felsformationen locken uns immer tiefer in die Schlucht.

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Mehr Salz als Wasser: Badwater.

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Unser Kobold Leprechaun will auch noch einmal aufs Bild. Wer ganz genau hinschaut, sieht an den Felsen oberhalb ein kleines weißes Schild, das die Höhe des Meeresspiegels markiert.

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Einstieg in den Golden Canyon, diesmal ohne Staubwolken.

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Letzte Station im Death Valley ist Zabriskie Point. Atemberaubende Aussichten in alle Richtungen - Death Valley zeigt hier einen besonders schönen Ausschnitt von dem, was es zu bieten hat. Je länger wir uns hier aufhalten, desto interessanter finden wir die unglaublich abwechslungsreiche geologische Welt des Tals.

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An Zabriskie Point sollte man nicht vorbeifahren, die Aussicht ist phänomenal.

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Nach gut 120 Meilen sind wir zurück in der Zivilisation, und zwar in ihrer speziellen Ausprägung: Las Vegas. Wir fahren den Circus Circus Campground an, der uns schon 2007 beherbergt hat. Damals gehörte er noch zu KOA, inzwischen wird er vom Circus Circus Casino-Hotel betrieben. Aber wir erinnern uns noch an viele Details aus dem Urlaub, den wir mit unseren beiden jüngsten Söhnen im Südwesten verbracht haben.

Es unser letzter Urlaubstag, und deshalb ist Kofferpacken angesagt. Weil wir doch einiges gekauft haben, wird der Platz knapp. Aber schließlich ist alles einigermaßen verstaut, und wir sind um 6 pm bereit für die dritte und letzte Presidential Debate, die sogar in Las Vegas stattfindet. Tickets für dieses Event waren für uns auch im Vorfeld nicht zu bekommen, die Studenten der Universität hatten Vorrang. Also schauen wir uns die Debatte im Fernsehen an - Hillary Clinton wird von Trump nach unserem Eindruck mehr in die Defensive getrieben als in der zweiten Debate.

Um 8 Uhr stürzen wir uns schließlich ins abendliche Circus Circus  - übrigens bei sehr angenehmen Temperaturen. Wir hauen an den einarmigen und armlosen Banditen rund 50 Dollar auf den Kopf - Gewinne bleiben leider aus. Glück haben wir trotzdem. Vor unseren Spielchen nämlich haben wir noch ein paar Mitbringsel für die Kinder gekauft. Auf dem Weg zurück zum Campground fragt Dieter: ¨Hast du die Tüte?¨ Natürlich nicht. An irgendeinem Spielautomaten ist sie stehengeblieben. Aber wo? Und wo waren wir überhaupt? Irene erinnert sich, neben dem Cashier einen Stand ¨Lost and Found¨ gesehen zu haben. Den steuert sie jetzt an. Der Guy dort fragt intensiv, was sich denn in dem white plastic bag befunden hat. Und dann zieht er die Tüte hervor. Irene muss ihre Personalien angeben und darf dann mit der Beute abziehen. Wozu brauchen wir bei so viel Glück und Ehrlichkeit einen Gewinn am Automaten?

Circus Circus bietet uns noch eine abendliche kurze Trapezvorstellung. Dafür ist der Adventuredome, der Vergnügungen für Kinder bietet, am Abend geschlossen. Im Casinobereich dürfen sich Kinder und Jugendliche ja nicht aufhalten. Überrascht sind wir, dass im Casino einige Automaten immer noch kräftig rasselnd Münzen ausspucken. Es gibt eine Menge Spieler - vor allem Frauen -, die ihre Gewinne am liebsten in barer Münze zur Kasse schleppen und nicht diesen profanen Barcode-Ausdruck mögen.

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Zurück in Las Vegas, und den Circus Circus Campground gibt es nach dem Besitzerwechsel glücklicherweise immer noch.

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Einen zentraleren "Liegeplatz" kann man sich nicht vorstellen.

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Eine kleine Trapezvorstellung gibt es im Casino auch noch - samt außerplanmäßigem und verletzungsfreiem Abgang ins Netz.
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 01.12.2016, 19:25 Uhr
Donnerstag, 20. Oktober

The end

Um 9 Uhr fahren wir bei Roadbear am Boulder Highway - nur 6 Meilen von Circus Circus entfernt - auf den Hof. Wir sind die ersten Returner an diesem Morgen und führen unseren Chassis-Schaden vor. Die Schadenssumme addiert sich auf deutlich über 1000 Dollar, aber das ist die Obergrenze für unsere Selbstbeteiligung. Die Kreditkarte wird entsprechend belastet, dank der Dertour-Buchung werden wir die 1000 Dollar hoffentlich zurückbekommen.

3244 Meilen sind wir gefahren. Da wir ein 3000-Meilen-Paket vorgebucht hatten, werden noch 110 Dollar (45 Cent pro Meile) fällig. Außerdem 38 Dollar für Gas. Zurück bekommen wir die 30 Dollar für den neuen Abwasserschlauch, den wir bei Walmart gekauft haben, weil der alte kaputt war. Das Shuttle setzt uns gemeinsam mit einem Paar aus Israel schon kurz nach 11 am Flughafen ab. Der Condor-Flieger geht erst um 4.30, also mehr als genug Zeit fürs Mittagessen.
 
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Wie immer ein ebenso schwerer wie unausweichlicher Moment: Es geht zurück.

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Lake Mead

Der Flug verläuft ruhig, ein bisschen schlafen können wir. Mittags um 1 sind wir in Frankfurt und können mit als erste unsere drei Gepäckstücke in Empfang nehmen. Erstmals steuern wir nun die rote Zolltür an. Dahinter befindet sich ein geräumiges Büro mit sechs Zollbeamten, die uns etwas überrascht anschauen. Wir tun kund, dass wir über die Freigrenze hinaus geshoppt haben. Einen Zettel mit den größeren Posten haben wir vorbereitet, Quittungen für die beiden größten Summen legen wir vor. Für Kleinkram haben wir eine Pauschale von 150 Dollar angesetzt. Unterm Strich stehen rund 1500 Dollar. Der Beamte nickt und rechnet zwei Minuten am PC. Dann präsentiert er uns die Rechnung: 82 Euro Zoll. Wir hatten mit deutlich mehr gerechnet, denn auf der Internetseite des deutschen Zolls steht klipp und klar, dass bei Überschreiten der Freigrenze (430 Euro pro Person) der gesamte Einkauf zollpflichtig wird, also der Freibetrag nicht zollfrei bleibt. Der nette Zöllner aber zieht den Freibetrag für uns beide ab, 860 Euro. Erscheint uns auch "gerecht", denn warum sollte man auch für den Freibetrag Zoll entrichten?

Frohgemut streben wir dem Parkhaus zu. Dabei werden wir überholt von drei Zollbeamten, die wir eben im Büro gesehen haben. Sie sind nicht nur mit Pistolen, sondern auch mit Rucksäcken und Funk bewaffnet und machen einen entschlossenen Eindruck. Bestimmt knöpfen sie sich nun Leute vor, die durch den grünen Ausgang gegangen sind. Wir haben ein so gutes Gewissen!

Unser Barcode öffnet willig die Parkhausschranke, und nach weiteren zwei Stunden hat uns die herbstlich gefärbte Heimat wieder.

Fazit: Eine sehr abwechslungsreiche Reise mit vielen kleineren Highlights, die sich zum großen Teil nicht in Bildbänden wiederfinden: das Valley of Fire gehört dazu, auch Mesa Verde und die Zugfahrt von Durango nach Silverton, Santa Fe hat uns sehr gut gefallen, White Sands und Death Valley sind unvergleichlich, wenn man Wanderungen nicht scheut. Die Anstrengung gehört zum Erleben dazu.

Obwohl es eine ganze Reihe guter Gespräche gegeben hat, sind wir insgesamt mit den Leuten seltener in Kontakt gekommen als bei unseren früheren Reisen. Vielleicht lag es an der Jahreszeit, weil es früher dunkel wurde und wir meist erst in der Dämmerung die Campgrounds erreicht haben. Aber sicher nicht nur, denn gesellige Angebote, so wie wir sie  beispielsweise bei unserer Reise durch Florida (Jenseits von Miami) und bei unsere Yellowstone-Tour erlebt haben, gab es nicht: kein Karaoke, kein Chuckwaggon-Dinner, keine Live-Musik, kein Bingo-Abend und erst recht kein Rodeo.

Übernachtungen vorbuchen? Das ist immer Abwägungssache, weil man sich in gewisser Weise ja auch bindet, wenn man Geld nicht in den Sand setzen will. Wir haben nur die Hotels und zwei Campgrounds vorgebucht, waren aber überrascht, dass im Oktober noch so viel Betrieb auf den Campgrounds herrschte, dass wir teilweise nicht mehr unterkamen, auch nicht bei den schön gelegenen RV-Plätzen in den State-Parks. Man kann jedenfalls angesichts der zunehmenden Zahl von RV-Campern nicht davon ausgehen, dass man im Oktober die freie Auswahl in Nevada, Arizona, Colorado und New Mexico hat. Wer weiß, dass er irgendwo länger als eine Nacht bleiben will, sollte schon vorbuchen und sich ein schönes Nachtlager sichern.


Meilen: 3244
Kilometer: 5221
Benzinkosten: gut 700 Dollar

Nationalparks/National Monuments/State Parks: Valley of Fire SP, Red Rock SP, Sunset Crater NM, Red Rock SP, Slide Rock SP, El Morro NM, Mesa Verde NP, Petrified Forest NP, Painted Desert NP, White Sands NM, Rock Hound SP, Chiricahua NM, Saguaro NP (West), Death Valley NP.

Städte: Las Vegas, Taos, Santa Fe, Tucson
Kosten Campgrounds: im Schnitt ca. 40 Dollar pro Nacht
Eingekauft: Fast immer bei Walmart
Lohnendstes Ziel: Death Valley (und danach White Sands)

So, dann bleibt jetzt nur noch der Abschied von allen Mitreisenden, herzlichen Dank für eure Begleitung. Vielleicht liest man ja nochmal voneinander. Für uns geht es im Frühjahr nach Washington DC, Tennessee, Georgia und South Carolina - diesmal per Pkw. Wann immer es für euch los geht und wohin euch eure Reise auch immer führt: bleibt gesund and have a safe trip

wünschen

Irene und Dieter
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Flying-N am 01.12.2016, 20:58 Uhr
 :dankeschoen:  euch beidenfür diesen wunderbar erfrischenden Reisebericht, ich habe Tränen gelacht!

Ein Hoch auf die allgemeine Ordnung im RV (und auch sonst),  :rv:

Nic
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Yaphi am 01.12.2016, 22:21 Uhr
Ich bedanke mich auch vielmals, ein toll geschriebener und immer wieder lustiger Bericht. Mal wieder viel gelernt und Neues gesehen.
Ich werde ab jetzt auch immer das Aufgabenfeld "Allgemeine Ordnung" übernehmen, das klingt nach viel Kontrolle und wenig Arbeit, eine quasi ideale Zusammensetzung :)
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Culifrog am 02.12.2016, 09:21 Uhr
Auch von mir ein herzliches Dankeschön. Der Bericht war unterhaltsam, super geschrieben und mit tollen Fotos gespickt. Eigentlich schade, dass er schon fertig ist.

Liebe Grüsse
Gaby
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Andi12882 am 02.12.2016, 10:23 Uhr
Auch von uns vielen Dank für den tollen Bericht. Da bekommt man richtig Lust, sofort wieder loszufliegen....
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: NähkreisSteffi am 02.12.2016, 16:15 Uhr
Wieder eine tolle Reise mit 1 A Bericht. Schade, dass sie schon vorbei ist.  :winke:

Ich wünsche euch schöne Weihnachten und einen guten Rutsch.  :gitarre:

Hoffentlich bis zum Nächsten Mal  :dankeschoen:

Viele Grüße

Steffi
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: saibot am 03.12.2016, 14:14 Uhr
Hallo Irene, vielen Dank für den tollen Bericht, den ich mit großem Interesse verfolgt habe!  :daumen:

Einen Gruß auch den Herrn Oberstudiendirektor, der mit der einem Lateinlehrer eigenen Präzision leichtfertig oberflächliche Darstellungen eines Wegbegleiters mit Hilfe fundierter Kausalketten ins rechte Licht zu rücken wusste.  :lol:

Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 03.12.2016, 15:43 Uhr
Hallo liebe virtuelle Reisegefährten, schön, dass ihr aus unseren Aufzeichnungen etwas Neues entnehmen bzw. ein bisschen Reisegenuss schöpfen konntet. Es sollte ein bisschen zurückgeben von dem, was wir bei der Planung unserer Reisen aus dem Forum an Hilfe und Anregungen bekommen haben.

Einen Gruß auch den Herrn Oberstudiendirektor

Nicht ganz getroffen - großes Latinum ja, Lehrer nein. Mein Ehegespons liebt (mich und) die Sprache, muss sich aber beruflich bei allzu blumigen Schilderungen meist zügeln. Deshalb lebt er bei außerberuflich verfassten Texten seinen Drang zum Sprachdrechseln um so begeisterter aus    :think:  :kratzen: :idee:
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Simone_JJ am 03.12.2016, 17:31 Uhr
Hallo Irene, hallo Dieter,

 :dankeschoen: für den tollen und unterhaltsamen Bericht. Habe die letzte Woche gerade in einem Rutsch durchgelesen.  :daumen:

Wir sind ungefähr 2 Wochen später auf Euren Spuren gewandelt und ich möchte ganz kurz klugscheißen. Da unsere ganz hervorragende Cabin in Tombstone http://www.cabinsintombstone.com (http://www.cabinsintombstone.com) kein WLAN hatte, habe ich mir auf dem Friedhof das Buch "Upstairs Girls - Prostitution in the American West" gekauft und der guten alten Big Nose Kate wird ein ganzes Kapitel gewidmet. Sie hatte schon lange vor ihrer Zeit in Tombstone eine Hop on hop off Beziehung mit Doc Holliday. Die haben sich 1877 in Fort Griffin kennengelernt.
Den Gunfight habe ich auch nicht wirklich gecheckt. Aber ich habe sämtliche Zeugenaussagen im Epitaph gelesen (Billy The Kid war übrigens auch vor Ort) und mich gefühlt, als hätte mir jemand erzählt, den Weihnachtsmann gibt's gar nicht... Die bösen Erschossenen sollen teilweise gar nicht bewaffnet gewesen sein oder erst nach den ersten Schüssen gezogen haben... :?  Halloho!? Jaaa, Tombstone ist toll.

Ich freue mich schon auf den Südstaaten-Bericht.  :D

Viele Grüße
Simone :winke:
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: sil1969 am 07.12.2016, 13:29 Uhr
War wirklich sehr unterhaltsam!  :D Vielen Dank fürs Mitnehmen und schöne Grüße an dein "Ehegespons" (herrlich!  :lol:)
Titel: Re: Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: Hibis am 08.12.2016, 01:11 Uhr
 :dankeschoen:

für den schönen und unterhaltsamen Bericht.
Hat Spaß gemacht mit euch unterwegs zu sein.

Gruß aus dem Schwarzwald

Hibis   :winke:
Titel: Antw:Gradwanderung: Heißkalte Womo-Tour durch Arizona und New Mexico
Beitrag von: ireula am 28.12.2016, 09:50 Uhr
Nachtrag:

Wir bekommen für diesen Eintrag  keinen Rabatt bei unserem Reiseveranstalter   :engel1:, möchten aber doch das Ergebnis unseres Womo-Schadens noch abschließend kundtun: Die 1000 Dollar, die wir als Selbstbeteiligung für den selbst verursachten Schaden  bei Roadbear bezahlt haben, befinden sich wieder auf unserem Konto. Dertour als Veranstalter, über den wir im Reisebüro gebucht hatten, hat nach Prüfung aller Unterlagen (inkl. Schadensskizze und Fotos) das Geld überwiesen. Hätten wir direkt bei Roadbear gebucht, was ja problemlos möglich ist,  wären wir wohl auf dem Schaden sitzengeblieben. Insofern unsere Empfehlung: Seht euch nicht nur die Preise, sondern auch die Vertragsbedingungen genau an!

Einen guten Rutsch ins Reisejahr 2017!

Irene und Dieter