Samstag, 27.09.
Mining Towns, Backroad Pässe und die Eisenbahn
Um 6.30 h klingelt der Wecker, wir trödeln mit dem Aufstehen aber noch ein wenig herum. Die Nacht war so angenehm, dass Elke's Schlafsack zum ersten Mal zu warm war. Vom benachbarten großen Gefängnis hörte man mitten in der Nacht aggressives Hundegebell. Es gibt erst mal Frühstück vor der Hütte. Es ist noch recht frisch und es scheint aber ein schöner Tag zu werden; kaum Wolken am Himmel. In der Morgensonne gibt es erst mal einen schönen Kaffee auf der Bank vor der Cabin, dann gehts aber los.
Morning is golden
Wir tanken noch voll - 3,63 $ p. Gallon ist zum ersten Mal in diesem Urlaub sehr günstig. Auf der 24 geht es noch ein Stück weiter südlich bis Lathrop und von dort weiter nach St. Elmo. Heute stehen nochmal Backcountryroads auf dem Programm. Vom Abzweig in Lathrop fahren wir ca. 11 Meilen gen Westen bis kurz vor St. Elmo, hier geht es links auf die 295 (Gravelroad) nach Hancock. Es ist was los; ganze Familien sind mit ihren ATV’s unterwegs und dazu noch jede Menge Hunter. Die Laubfärbung in diesem Tal ist sagenhaft; die Aspen leuchten in tiefsten Gelbtönen wie gold. Die Gravelroad ist recht gut zu fahren und bis zur Allie Belle Mine, die den Hang heruntergerutscht ist und schief über die Straße hängt, sind es ca. 20 Minuten. Ein kurzer Fotostopp und weiter geht es noch bis zur Hancock Town Site, wo allerdings nur noch ein paar Holzbalken vom ehemaligen Saloon zu sehen sind – absolut nicht der Hit. Von hier könnte man zum Ost-Portal des Alpine Tunnels und über den Hancock Pass, da er aber sehr hoch eingestuft ist fahren wir da nicht lang.
Wir kehren um und fahren nach St. Elmo; ein uriges kleines Städtchen das 1880 entstand und einst Forest City hieß. Das Postoffice bestand darauf, dass der Name in St. Elmo geändert wird, da bereits weitere Städte mit dem gleichen Namen bestanden. St. Elmo wuchs mit dem Erfolg der Mary Murphy Mine und einigen anderen Minen der näheren Umgebung und entwickelte sich zu einem Hauptversorgungszentrum im Landkreis. Bis zum Bau der Eisenbahn war St. Elmo für Reisende nach Tincup, Alpine und einigen nahen Pässen ein Zwischenstopp; als die erste Eisenbahn der Denver, South Park & Pacific Railroad ihren Dienst aufnahm, erhielt die Stadt einen Hauptbahnhof. In ihren besten Tagen hatte St. Elmo rund 1.500 Einwohner. Durch die vielen Arbeiter des Alpine Tunnel war die Stadt am Wochende sehr gut besucht. 1890 wurden bei einem Großband zwei Blocks im Geschäftszentrum zerstört und nie mehr aufgebaut. Anno 1910 bewirkte ein Rückgang von Frachtlieferungen die Schließung des Alpine Tunnel und 1926 war die Weiterführung der Eisenbanhlinie nach St. Elmo nicht mehr einträglich und man stellte schließlich auch diese Verbindun ein. St. Elmo ist einer der besterhaltenen Minenstädte in Colorado mit den meisten Gebäuden entlang der Hauptstraße, die noch so wie vor 100 Jahren aussehen. Sie wird im National Register of Historic Places geführt und ist ein must-see für Besucher, die einen Blick auf eine Wild-West Mining Town aus dem 1800 Jh. werfen wollen. Einige Blockhäuser scheinen wieder bewohnt, wenn auch nur saisonal.
Golden Forest
St. Elmo
Farbenspiele
Ein kurzer Fotostopp und es geht weiter auf dem Tincup Pass Trail; d. h. nach der Miner’s Exchange rechts über die Brücke und dann gleich wieder links der Beschilderung folgen. Die Route ist mit 3 bewertet, also sollten wir das locker packen. Auch hier ist jede Menge Verkehr, doch der ein oder andere lässt uns überholen und wir müssen nicht ständig Staub schlucken. Die Strecke wird im Verlauf immer heftiger; anfangs ist sie nur „rocky“, dann wird sie steil und im letzten Anstieg zum Summit warten üble Steinbrocken und Stufen auf uns, d. h. wir kommen nur sehr langsam vorwärts. Auch der Abstieg hat es in sich, bis zum Mirror Lake ist dieser Trail kein Spaß. Elke steigt an den ganz üblen Stellen aus und lotst Andy, die riesige Haube des Commander macht es ab und an schwierig einzuschätzen, wie die Hindernisse ohne Schaden zu bewältigen sind. Mittlerweile hat es zugezogen und es regnet leicht. Gegen 13.30 h haben wir uns eine kleine Pause verdient und machen Mittag, die schlimmste Strecke liegt hinter uns.
Nächster Stopp ist in Tincup, gegründet 1879 als Virginia City nachdem die Gold Cup Mine entdeckt wurde. 1892 wurde aus diesem Ort Tincup, Virginia Cities gab es wohl schon damals zu viele. Es heißt, Menschen überfluteten Tincup - eine der wildesten und rauhesten Mining camps in Colorado. Die Bars und Spielsaloons hatten rum um die Uhr geöffnet. Trunkenheit und Schießereien waren an der Tagesordnung. Organisiertes Verbrechen herrschte nicht nur in den Bars oder Spielsaloons sondern auch in der Verwaltung und öffentlichen Ämtern.
Ein kleiner Auszug aus dem Roadbook:Als der erste Marshal 1880 sein Amt antrat, war er angewiesen nichts zu sehen, nichts zu hören und nichts zu tun - seine erste Verhaftung war auch seine letzte. Er blieb nur wenige Monate und als er unbezahlt die Stadt verließ, quittierte er seinen Dienst. Der zweite Marshal nahm gelegentlich einige Trinker fest, ließ sie einsitzen um sie dann auch wieder selbst zu befreien. Der dritte Marhsal belästigte einen Saloon-Besitzer eines Nachts und was geschah? Er lebte nicht lange genug, um diese Entscheidung zu bereuen. Der vierte Marshal wurde geisteskrank und beendete selbst sein Leben. Der fünfte Marshal wurde erschossen. Eine große Leistung für so eine kleine Stadt, oder?
Tincup hatte anno 1882 einige Tausend Einwohner und was die größte Silberproduktion in der Gunnison Region, trotz fehlender Eisenbahnanbindung. Wegen fehlender Transportmöglichkeiten transportierten die Minen die Ausbeute mittels Packtieren. Schließlich brachte der Bau des Alpine Tunne die Eisenbahn in die Nähe, nach Pitkin. Tincup erholte sich von einer Rezession, die durch hohe Transportkosten verursacht wurde. Auch den Silver Crash in 1893 überlebte diese Stadt. Das Glück hielt bis in 20. Jh. um dramatsich in einem großen Feuer zu enden, als ein Laden Feuer fing, der Kerosin verkaufte und die Stadt bis auf einen Block auf die Grundmauern niederbrannte. Dies war im Jahr 1906. Die Stadt wurde wieder aufgebaut, aber nicht mehr wie einst wiederhergestellt. Im Jahr 1913 brannte es ein weiteres Mal und beschädigte etliche Gebäude sehr stark.
Nachdem die Gold Cup Mine im Jahr 1917 schloss, zerfiel Tincup sehr schnell.Etliche Cabins dienen heute als Wochenenddomizil und werden von einer kleinen Community am Leben erhalten. Wir halten an der Kirche bzw. der City-Hall – dieses Gebäude wird für beides genutzt und wurde 1903 errichtet. Ein paar Leute sind dabei, die Hall winterfest zu machen. Wir dürfen aber gerne einen Blick hineinwerfen. Wir kommen unweigerlich ins Gespräch und berichten von der üblen Strecke, die mit einer 3 absolut unterbewertet ist. Da auch unser nächstes Vorhaben, der Cumberland Pass Trail mit 3 bewertet ist, wollen wir davon lieber absehen – für heute reicht es mit rocky Road. Uns wird allerdings versichert, dass der Trail absolut easy zu befahren ist und überhaupt nicht schwierig, der Tincup Pass hingegen wird auch von den Locals als schwer empfunden. Gesagt getan, vorerst machen wir aber am Cemetary von Tincup Halt und sehen uns dort ein wenig um. Der Cemetary ist auf vier Hügel und somit vier Bereiche aufgeteilt - für Protestanten, Katholiken, Juden und Konfessionslose (hier sind eindeutig die Rabauken gemeint, die samt Gewehr und ihren Stiefeln beigesetzt wurden).
Wie versprochen, ist der Trail über den Cumberland Pass kein Vergleich zu dem, was wir heute schon hinter uns haben und wir kommen in Null komma nichts vorwärts bis zum Abwzeig Alpine Tunnel Road.
Diese alte Railroadgrade nehmen wir auch noch mit, ist diese Route mit einer schlappen 1 bewertet. Aber auch diese Bewertung stimmt mit der Strecke, die sich nun vor uns auftut, absolut nicht überein; mit einem normalen Straßenfahrzeug ohne high clearance ist hier nichts auszurichten, vor allem nicht auf den letzten Meilen. Die Railroardgrade ist wiederum gesäumt von gold-leuchtenden Aspen. Zum Teil geht es direkt neben der Fahrspur senkrecht den Hang hinunter; ein Glück dass wir keinen Gegenverkehr haben.
Die 9,6 Meilen bis zum restaurierten Bahnhof ziehen sich ganz schön. Wir sind wieder auf 3.500 m Höhe, es weht ein eisiger Wind und das letzte Stück zur historic Site kann nur zu Fuß zurücklegt werden. Hier oben wohnen jede Menge Marmots und lassen sich sogar ablichten. Ein paar Gleise sind noch gelegt und vom Enginehouse stehen noch die Grundmauern. Absolut sehenswert! Den Tunnel gibt es allerdings nicht mehr; dieser ist verschüttet.
Mittlerweile ist es 16.30 h und wir haben noch Einiges an Wegstrecke vor uns. Es geht wieder auf dem selben Weg zurück, dann nach Pitkin und über Ohio und Parlin zur 50, die uns nach Gunnison führt. Wir gehen erst mal was essen und da wir Hunger haben, muss es auch schnell gehen. Da kommt der Sonic gerade recht; viel Auswahl an Fastfood gibt es in Gunnison eh’ nicht. Wir checken im Waterwheel Inn ein, packen unsere Wäsche und fahren nochmal los zur Laundry. Gegen 20.00 h sind wir zurück und lassen den Abend bei einem oder zwei Coors Revue passieren.
Gefahrene Strecke: 205 km
Übernachtung: Water Wheel Inn, Gunnison 72,26 $