Liebe USA-Freunde
Viele von uns sind auch gern abseits gut beschilderter Straßen, im Backcountry, unterwegs. Zum Glück gibt es da heute zur Orientierung viele verfügbare Hilfsmittel, wie Trailbeschreibungen, topografische Karten und GPS-Geräte, die einem das (Über)Leben erleichtern können – wenn man mit diesen umgehen kann!
Im Zusammenhang mit den inzwischen umfangreich verfügbaren GPS-Koordinaten und den dazu empfohlenen USGS-Topo-Maps taucht bei Neueinsteigern oft die Frage auf, wie sich die Koordinaten auf diesen finden lassen und welches System dahinter steckt. Hab mich auch gerade mal wieder mit der Materie beschäftigt und stelle Euch deshalb die Essenz als kleine und hoffentlich leicht zu verstehende Basis-Anleitung zur Verfügung.
Ich beziehe mich dabei auf ein Beispiel aus Peter F. Schäfers „Wandern im Südwesten der USA“, einem Wanderführer der großzügig mit GPS-Daten und Kartenempfehlungen gespickt ist. Die in diesem Buch empfohlenen Kartenmaterialen sind die recht detailreichen USGS Topo-Maps der 7,5 Minute Series (Maßstab 1:24.000) und die verwendeten Koordinatenangaben beziehen sich alle auf das weit verbreitete UTM-System.
Die hier gewinnbaren Erkenntnisse sind aber nicht nur für diese Konstellation zu gebrauchen und können auch auf viele andere topografische Materialien, außerhalb der Welt von USGS und USA, transferiert werden.
Schauen wir uns also so ein Kartenblatt mal an.
In der oberen rechten Ecke finden wir die die Bezeichnung des Kartenblattes. Hier ist es ist der u.a. für die Wanderung 25 empfohlene Coyote Buttes Quadrangle. Wir sehen noch, dass dieser sich im Coconino-County des Bundesstaates Arizona befindet und dies ein Kartenblatt der erwähnten 7,5 Minutes Series ist. Schon mal richtig!
In der unteren rechten Ecke gibt es eine rudimentäre Legende und man kann auf einer kleinen Minikarte die Lage dieses Quadranten in Arizona erkennen. Daneben sieht man eine Darstellung, die uns eine Übersicht darüber verschafft, wie die angrenzenden Quadranten heißen, um diese für weiterführende Planungen leichter finden zu können.
Diese schöne Hilfsübersicht gibt es manchmal auch nicht!!! Man findet dann aber immer an den Blattschnitten (den seitlichen Kartenbegrenzungen) die Bezeichnung des jeweils auf dieser Seite anschließenden Kartenblattes, wie hier, auf dem Bild eines anderen Kartenblattes, zu sehen. Das nächste Blatt in Richtung Osten heißt also hier im Bsp. Red Breaks Quadrangle.
Unten, in der Mitte, finden wir den Maßstab der Karte (1:24,000 in der 7,5 Minutes Series). Oh Wunder, die Amis sind ja richtig weltoffen, es gibt in der zugehörigen Skala nicht nur Meilen und Füße sonder auch Kilometer und Meter. Große Freude kommt auf!
Links unten dann noch einige, teilweise auch für uns wichtige, Produktionsdaten. Der Herausgeber ist die United States Geological Survey, also die USGS. Die Ausgabejahre sind meist in den 80er Jahren angesiedelt, was so einige Ungenauigkeiten erklärt, vor allem bei der Dartellung von Gebäuden. Landschaftlich ändert sich in solchen Zeiträumen aber normalerweise nicht so viel.
Das Koordinatengitter der Karte (Grid) ist ein 1000 Meter Universal Transverse Mercator-Gitter (UTM). Darum also die Vorliebe für UTM-Koordinaten im Wanderbuch, um diese direkt und ohne Umrechnung auf Grad und Minuten auf die Karte übertragen zu können – sehr schön!
Außerdem bekommt man noch mitgeteilt, dass sich der Kartenquadrant in Sektor 12 befindet (auch wichtig für die UTM Koordinatenangabe) und dass wir ein 1927 North American Datum (NAD27) haben und dies soll für unser GPS-Gerät noch von großer Bedeutung sein.
Mal noch ein kurzer Blick auf das eingezeichnete Gitternetz. Hier gibt es von Karte zu Karte auch Variationen. In unserer Beispiel-Karte ist das schwarz eingezeichnete Gitter unser UTM-Grid. Am Blattschnitt stehen dazu die UTM-Koordinatenangaben, hier z.B. 4095000mN oder 401000mE oder auch nur 4094 oder 402 mit klein geschriebenen Anfangsziffern. Nur die Linien an diesen UTM-Ziffern stellen das für uns bedeutende Grid dar. Es finden sich meist noch andere Gitter, im Bsp. in rot zu sehen, die für uns im Folgenden bedeutungslos sind. Wir bleiben im praktischen UTM-System.
Es gibt auch reichlich Kartenblätter, in denen dieses UTM-Gitter nicht durchgezeichnet, sondern nur am Blattrand angedeutet ist. Hier hilft nur Eigeninitiative, indem man, möglichst vor Tourbeginn, dieses Gitter selbst einzeichnet oder sich dafür Hilfsmittel herstellt, die auf einer Vielzahl von Blättern einsetzbar sind (z.B. und sehr simpel, eine Transparentfolie mit passend aufgedrucktem oder mit Folienstift aufgezeichnetem Grid). Ein Beispiel ist im Folgebild zu sehen (die kleinen blauen Striche geben das UTM-Grid an).
Soviel zu den ersten Dingen, die man in Augenschein nehmen sollte. Nun zur praktischen Handhabung, die ich zweigeteilt habe. Zuerst suchen wir eine vorgegebene UTM-Koordinate auf unserem Beispiel-Kartenblatt. Danach bestimmen wir die Koordinate eines bestimmten Punktes auf der USGS-Topomap, um sie in unsere GPS-Gerät eingeben zu können.
1. Suchen eines UTM-Koordinatenpunktes auf dem Beispiel-KartenblattDem Wanderbuch haben wir die Koordinate 12 S 0410511E UTM 4094738N (NAD27) für das Kartenblatt „Coyote Buttes“ entnommen. Wo befindet sich nun dieser Punkt?
12 S
Bedeutet, dass der Punkt sich in dem UTM-Sektor 12 S befindet. Das UTM-System teilt die Erde in 60 Sektoren ein, ähnlich den Stücken einer Apfelsine. Auf diesen Zonen liegt jeweils ein rechtwinkliges Gitternetz, in dem man sich per Rechtswert (engl. Easting) und Hochwert (engl. Northing) orientieren kann. Dieses System hat sich in neuerer Zeit als deutlich praktischer und einfacher, als der Umgang mit dem geographischen Koordinatensystem von Länge und Breite erwiesen – ihr werdet sehen!
NAD27
Bedeutet das Kartendatum, auf das sich der Autor bezieht und welches, wie wir herausgefunden haben, das Kartenbezugssystem unserer auserwählten USGS-Karte ist. Diese Angabe ist nicht immer den Koordinaten-Angaben angefügt. Es ist jedoch unbedingt erforderlich, dies herauszufinden, da es hier eine große Vielfalt gibt, die zu nicht unerheblichen Abweichungen im UTM-System führt (dazu noch später). Oft wird angenommen, dass bei fehlender Angabe das weit verbreitete Kartenbezugssystem WGS84 gemeint ist, man sollte sich jedoch nicht darauf verlassen!!!
UTM
Bedeutet, dass wir es sich um eine UTM-Koordinate handelt.
0410511E
Dies ist der Rechtswert (Ost-West-Wert innerhalb der Zone), welcher im UTM-System immer sechsstellig ist. Die Null muss man sich daher eigentlich wegdenken. Auf den meisten GPS-Geräten wird jedoch als Positionsformat UTM / UPS eingestellt und da das verwandte UPS-Sytem siebenstellig ist, muss man halt auf dem Gerät den UTM-Rechtswert mit einer vorangestellten Null eingeben.
4094738N
Dies ist der Hochwert (Süd-Nord-Wert innerhalb der Zone), welcher im UTM-System immer siebenstellig ist.
Werfen wir nun einen Blick auf den Rand unserer Beispielkarte:
Am oberen Rand sehen wir die Rechtswerte 409 und 410 mit jeweils groß geschriebener 09 und 10. Die Hauptnummern 09 und 10 werden immer groß und/oder fett zweistellig angegeben. 410 ist dabei eine Abkürzung für 410000mE und stellt den Rechtswert der Gitterlinie dar (manchmal sind auch die 3 Nullen hinter der Hauptnummer mit angegeben). Die Linie befindet sich also 410000 m östlich der Westbegrenzung des Sektors 12 S.
Bis zur nächsten Gitterlinie unseres 1000m-UTM-Grid nach Osten sind es 1000 m. Diese hat dann die Bezeichnung 411 oder 411000mE. Dazwischen, nämlich 511 m östlich der Linie 410, befindet sich die gedachte senkrechte Linie, auf der sich unser Rechtswert (0)410511E befindet, denn die letzten 3 Ziffern geben den Abstand der Koordinate von der westseitigen Gitterlinie in Metern an.
Die waagerechten Gitterlinien sind in der gleichen Weise beschriftet. 4094 ist also wieder als Abkürzung für 4094000mN zu verstehen und stellt den siebenstelligen Hochwert der waagerechten Gitterlinie dar. Die Linie befindet sich also 4094000 m nördlich des Äquator im Sektor 12 S.
738 Meter nördlich dieser Linie befindet sich also die gedachte waagerechte Linie, auf der sich unser Hochwert 4094738N befindet.
Im Schnittpunkt der beiden gedachten Linien ist also unsere UTM-Koordinate:
12 S 0410511E UTM 4094738N zu finden.
Der gesuchte Punkt auf der Coyote Buttes Topo-Map ist also der blaue Punkt.
Markiert man sich nun so die wichtigen Wegpunkte einer Tour und verbindet diese dann mit Linien so hat man eine Route, der man, unter Verwendung des Kartenblattes und evtl. der noch erforderlichen angrenzenden Blätter, relativ gut im Gelände folgen kann. Je mehr Wegpunkte man aus Beschreibungen hat, um so genauer wird die Route.
Gibt man nun die Koordinate dieses blauen Punktes in einen „UTM-kompatiblen Beamer“ ein, so landet man hier …
… am, von uns so getauften, „Navelrock“ in den Paria Canyon-Vermillion Cliffs, sprich in der berühmten Sandsteinwelle und freut sich
So nun aber schnell wieder weg, haben ja für heute kein Permit
Das war ja einfach und darum geht’s nun schnell zur zweiten Anleitung.
2. Bestimmen der UTM-Koordinate eines uns unbekannten Punktes auf dem Beispiel-KartenblattWir haben eine Karte, auf der uns ein netter Mitmensch eine Wegpunkt-Markierung für ein Highlight in einer recht unübersichtlichen Region des Südwestens eingemalt hat. Da ein GPS-Gerät vorhanden ist, wollen wir nun die Koordinaten ermitteln und uns bequem zu dieser Stelle führen lassen.
Die etwas ausführlichere Verfahrensbeschreibung in unserem ersten Anleitungs-Punkt macht uns diese Arbeit nun leichter verständlich. Mal schauen.
Es ist dasselbe Kartenblatt, darum wissen wir schon mal, dass wir uns in Sektor 12 S einer Karte mit 1000m-UTM-Grid NAD27 befinden. Fehlen uns ja nur noch der Rechtswert und der Hochwert!
Westlich des Punktes ist die Gitterlinie 410 und südlich des Punktes ist die Gitterlinie 4094 zusehen. Hätten wir also schon mal:
12 S 0410xxxE UTM 4094xxxN (NAD27)
Nun benötigen wir noch die Positionsdaten innerhalb dieses Gitterquadrates mit 1000 Meter Kantenlänge. Dafür legen wir uns ein noch kleineres, zehngeteiltes Gitter über das Quadrat und haben so schon mal eine weitere Aufteilung in 100-Meter-Schritten. Dies reicht eigentlich völlig aus, um die Meterzahlen abzulesen, denn zwischen den Linien kann man mindestens auf 10 Meter abschätzen und zur Zielfindung ist das genau genug.
So schätzen wir also den Rechtswert innerhalb des Hilfsgitters auf 340 m und den Hochwert auf 400 m und haben nun die folgende Koordinate passend ergänzt:
12 S (0)410340E UTM 4094400N (NAD27)
Fertig! Der Wegpunkt wird nun im GPS-Gerät gespeichert, wobei wir vorab die richtige Einstellung des Gerätes auf das Positionsformat „UTM /UPS“ und das Kartenbezugssystem „NAD27“ nicht vergessen.
Am Ende des Tages, an dem wir uns mal sowieso wieder in der Gegend aufhalten, weist uns der kleine elektronische Helfer zielstrebig zum geheimnisvollen Highlight und das ist wirklich eine Schönheit im Abendlicht ...
… die zweite Sandsteinwelle.
Ah ja, die Koordinaten hätten wir auch aus dem Wanderbuch nehmen können. Mal schauen, 12 S (0)410336E UTM 4094404N sagt Schäfers Peter und da liegt unsere Koordinate nur 4 m weiter östlich und 4 m weiter südlich - passt also prima!
Wer gut aufgepasst hat, der kann jetzt aus den beiden Beispiel-Koordinaten noch etwas mehr herauslesen:
12 S (0)410340E UTM 4094400N (zweite Sandsteinwelle)
12 S (0)410511E UTM 4094738N (Sandsteinwelle)
Sprich, die zweite Sandsteinwelle liegt demnach, nur laut Zahlenwerten, ca. 171 m südlich und ca. 338 m westlich von der berühmten Sandsteinwelle.
Noch ein Tip: Das mit dem Gitter drüber legen, dass kann man unterschiedlich handhaben. Ich messe das einfach waagerecht und senkrecht mit der Lineal-Skala am Kompass und halt in dann an die Maßstab-Skala unten am Kartenblatt – einfach und genau genug. Manche drucken oder zeichnen sich passende Gitter für ihre Karten auf Transparent-Folie, die man dann einfach auflegen kann und es gibt auch fertige Hilfsmittel, wie Ecklineale, Netzteiler und Planzeiger (die man sich auch selbst basteln kann), wie z.B. dieses hier:
Zum Schluss noch mal etwas zu dem berüchtigten Kartendatum. Testweise „vergesse“ ich jetzt mal zu Hause mein hier üblicherweise verwendetes WGS84- auf das NAD27-System umzustellen und speichere mir die Koordinate als Wegpunkt ab.
Nun fahre ich mal schnell virtuell in die USA und laufe voller Erwartung los. Mein GPS meint nach einer Weile und vielen Ungereimtheiten, dass das Ziel erreicht sei. Aber die zweite Sandsteinwelle ist unsichtbar oder von einer amerikanischen Minengesellschaft für Mineralgewinnung weggeschürft worden oder so …?!?
Durch das falsche Kartenbezugssystem bin ich nämlich hier, an dem grünen Punkt, gelandet.
Auch eine nachträgliche Umstellung des Gerätes am vermeintlichen Zielort auf NAD27 bringt erstmal keine Änderung, da das GPS die Koordinaten nun intern umgerechnet hat.
12 S (0)410405E UTM 4094197N statt 12 S (0)410340E UTM 4094400N
D.h., ich bin 5 m zu weit östlich und 203 m zu weit südlich und die Nachlässigkeit hat mir außer gefährlicher Kraxelei, oberhalb einer Steilwand am Top Rock, nichts als Schwierigkeiten gemacht.
Fazit: In Wildnisgebieten gehören Kenntnisse und Erfahrungen zur Orientierung im Gelände zu den unverzichtbaren Fähigkeiten. Unbedingt vorab und real praktisch probieren, auch wenn Karten und andere Materialien erst vor Ort erhältlich sind. Dies ist, wie im Beispiel oben zu sehen, trotzdem möglich. Ein GPS-Gerät ist übrigens nicht unverzichtbar und keinesfalls als ausschließliche Orientierungshilfe geeignet. Wie ihr seht, geht es auch „zu Fuß“ und die Technik macht die ganze Sache nur bequemer!!!
Zu diesem Thema gibt es übrigens noch unendlich viel weiterführenden Lesestoff in der Buch- und Internetwelt.
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