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Autor Thema: Teure User-Namen  (Gelesen 3905 mal)

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DocHoliday

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Teure User-Namen
« am: 12.06.2005, 12:43 Uhr »
Habe gerade bei Heise gelesen, dass ein Forenbetreiber abgemahnt wird, weil einer der User einen markenrechtlich geschützten Namen als Pseudonym benutzt hat. Streitwert 100.000€, Abmahngebühr 5200€!

Wenn das rechtlich Bestand hat, wird es wohl bald keine Diskussionsforen im Internet mehr geben, da eine Überprüfung aller User-Namen auf ihre markenrechtliche Relevanz durch den Forenbetreiber gar nicht möglich ist.

Auch in diesem Fall handelte es sich um eine Marke, die zwar eingetragen ist aber gar nicht genutzt wird.

Hier kann man wirklich nur auf die Vernunft der Gerichte hoffen.

Näheres gibt es hier
Gruß
Dirk

HectorSamuel

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #1 am: 12.06.2005, 13:00 Uhr »
Holla...

da ist wohl irgendwer über das Ziel hinausgeschossen... oder? Kann man nur hoffen, das der Betreiber Rechtschutzversichert ist, die Versicherung das übernimmt und den gegnerischen Anwalt klagen lässt.

Und dann sollte das Gericht diesem verbrecherischen Treiben mancher Anwälte und Rechteinhaber endlich mal einen Riegel vorschieben.

Warum gibt es kein Gesetz, das einen Rechteinhaber verpflichtet erstmal mit einem freundlichen Brief auf eine angebliche Marken-Verletzung hinzuweisen?

Ist doch alles krank... da werden dann möglichst Schüler oder junge Erwachsene  abgemahnt, verklagt und evtl. schon vor dem ersten Job in die Schulden getrieben. Und der Gesetzgeber schaut zu, vereinfacht teilweise noch die Möglichkeiten dazu. Da kann ich nur den Kopf schütteln...

mikest

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #2 am: 12.06.2005, 14:33 Uhr »
Um diese laufenden Abmahnungen zu unterbinden, müsste einfach das Gesetz geändert werden. Nur scheint sich die Politik darum nicht zu kümmern.
Dieser Abmahnwahn einiger Anwälte ist doch schon lange über das Ziel hinausgeschossen. Webseitenbetreiber werden angemahnt, weil sie vor Jahren einen Link auf nicht erlaubte (kopier) Software angebracht und vergessen haben, diesen zu entfernen, etc. Die c't berichtet laufend über solche Fälle.
Gruß
Micha

pemag

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #3 am: 12.06.2005, 16:41 Uhr »
Erstens mahnen die Anwälte ab solange sie Kohle bekommen .
Zweitens kann ein Gesetz nicht innerhalb von Tagen geändert werden . Es gibt bei jedem Gesetz Befürworter und Gegner . Da zieht sich das Gesetzgebungsverfahren schon mal in die Länge .

So 1,2,3 ....... Jahre .  :lol:

Reinhold

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #4 am: 12.06.2005, 18:20 Uhr »
Wenn ein Markenname gar nicht genutzt wird, woher soll man dann wissen, das der Name rechtlich geschützt ist :?:
Reinhold

Reisen durch den Westen der USA: http://www.hi-america.de

Andre

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #5 am: 12.06.2005, 19:47 Uhr »
Die Forderung nach Unterlassung ist schon irgendwo verstaendlich bzw. gerechtfertigt. Man stelle sich bloss mal vor, es wuerde sich hier ein User unter dem Namen "adeo reisen", "delta airlines" oder "usa-reise.de Webmaster" anmelden und auch seine persoenliche Meinung vertreten. Das wuerde dann schon einen offiziellen Charakter tragen und Rückschluesse auf die echte Marke bzw. den Inhaber geradezu provozieren.
Unverstaendlich ist jedoch, warum man das, z.B. als Markeninhaber, nicht auf vernünftigem Weg durch eine kurze Ermahnung loesen kann, ohne damit gleich jemanden in den finanziellen Ruin zu schicken. Aber dazu kennen wir die Vorgeschichte nicht.

mrh400

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #6 am: 12.06.2005, 20:17 Uhr »
Hallo,
Zitat von: Andre
Aber dazu kennen wir die Vorgeschichte nicht.

Die Vorgeschichte ist meist ganz banal: Anwälte grasen das Netz nach bestimmten Begriffen ab und versenden dann vorgefertigte Mahnschreiben. In mindestens 90 % der Fälle liegt keine bewußte oder beeinträchtigende Verwendung geschützter Begriffe statt, sondern es handelt sich überwiegend um Versehen, die mit einem kurzen mehr oder weniger freundlichen Brief erledigt werden könnten.
Die Anwaltswelt ist aber bei uns ziemlich überbesetzt, da muß man halt neue Geschäftsfelder erschließen.
Gruß
mrh400

Andre

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #7 am: 12.06.2005, 21:04 Uhr »
Diese Abmahnmasche ist bekannt, aber das sieht mir in dem speziellen Fall eher so aus, als wenn die Initiative tatsaechlich vom Inhaber der Marke ausgeht.
Wenn dieser den Forenbetreiber bzw. den entsprechenden User auf seine Interessen bzw. den Schutz seiner Handelsmarke im Vorfeld bereits hingewiesen, darauf aber keine Reaktion erfahren hat, wird er foermlich dazu gezwungen, seine Interessen auf dem Rechtsweg zu schuetzen.
Jeder, der mit Unternehmertum hart daran arbeitet, seinen Firmen- oder Markennamen mit erstklassiger Arbeit oder Produkten aufzuwerten, kann natuerlich nicht tatenlos zusehen, wenn andere ihn zweckfremd missbrauchen.

mrh400

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #8 am: 12.06.2005, 22:13 Uhr »
Hallo,
ich glaube eher, daß die Initiative von dem Anwalt ausgeht, der das Unternehmen darauf aufmerksam gemacht hat, daß dessen Name irgendwo genutzt wird (auch wenn der Name von der Firma aktuell nicht genutzt wird, kann er aus zugänglichen Registern entnommen werden - und sich darauf zu stürzen ist erfolgversprechender als im Geschäftsverkehr genutzte Namen - die wird man nämlich eher vermeiden) und daß man doch dagegen vorgehen müsse....

aber ich kann mich ja auch täuschen
Gruß
mrh400

PAL

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #9 am: 12.06.2005, 22:38 Uhr »
Ich bin mir sicher, dass dies hier der Versuch einer Massen- bzw. Serienabmahnung werden wird.
Soweit ich noch weiß, wird der Markenrechtsschutz in Schutzklassen eingeteilt. (Aktuelles Beispiel die Firma Hormel Foods aus USA, die den Markennamen "SPAM" bisher nur für Dosenfleisch hatte und nun auch auf downloadbare Software ausgeweitet hat.)

Weiterhin kann ich mir nicht vorstellen, daß ein Foren-Nick einen Markennamen im Geschäftsverkehr darstellt.

Servus
Peter

PAL
in D auch als Markenname geschützt
hoffentlich muß ich mich jetzt nicht in "Kumpel" umbenennen

Hank

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #10 am: 13.06.2005, 06:51 Uhr »
Das meint ein Jurist dazu:

Zitat
MARKE ALS NICK: ABMAHNUNG ?

Kann ein Forenbetreiber abgemahnt werden, wenn einer der Besucher eine
geschützte Marke als Nicknamen benutzt? Eine Anwaltskanzlei versucht es
jedenfalls. Bericht und Abmahnung sind hier zu finden. heise online berichtet auch.

1. Eine Abmahnung des Forenbetreibers setzt dabei zunächst voraus, das der Forenbetreiber für die Benutzung der geschützten Marke als Nickname durch einen Forenbesucher (also einen Dritten, mit dem der Forenbetreiber nichts zu tun hat) überhaupt verantwortlich ist.

Das Problem: Der Forenbetreiber verwendet die Marke gar nicht selbst. Das ist der alte Irrtum, dass alles was auf einer Webseite steht, auch deren Betreiber zuzurechnen ist. Tatsächlich stellt der Forenbetreiber nur den “organisatorischen” Rahmen für die Nutzung seines Forums durch die Forenbesucher bereit, genauso wie e**y nur den organisatorischen Rahmen für die Durchführung von Online-Auktionen der e**y-Nutzer bereitstellt.


Gleich ob Forenbetreiber oder e**y: Für Rechtsverletzungen der Nutzer der jeweiligen Plattform haften grundsätzlich zunächst die Nutzer selbst. Den Forenbetreiber trifft höchstens die (abgeschwächte) “Provider”haftung als sog. “Host-Provider”, weil er im Regelfall NICHT zu einer vorherigen Überprüfung von allem, was auf seiner Plattform passiert, verpflichtet ist.

Erst wenn er über eine Rechtsverletzung informiert wurde (etwa durch den Hinweis eines Besuchers des Forums oder weil ein Mitarbeiter des Betreibers zufällig darauf gestoßen ist), muss der Forenbetreiber den Hinweisen nachgehen und die Rechtsverletzung beseitigen. Tut der Forenbetreiber dies nicht, haftet er ebenso wie der verantwortliche Forenbesucher auf
Unterlassung und Schadensersatz und kann sich ggf. sogar strafrechtlich verantwortlich machen (etwa bei einer Beleidigung).

Ergebnis: Der Forenbetreiber muss Rechtsverletzungen der Forenbesucher nachgehen, wenn er von Ihnen konkrete Kenntnis hat. Eine (kostenpflichtige) Abmahnung kommt erst in Betracht, wenn der Forenbetreiber trotz Kenntnis nicht aktiv geworden ist. Der Forenbetreiber ist also in der Regel für eine Abmahnung der falsche Anspruchsgegner.

2. Selbst wenn ausnahmsweise der Forenbetreiber der richtige Anspruchsgegner sein sollte, stellt sich die entscheidende Frage, ob der Forenbesucher überhaupt mit seinem Nicknamen eine geschützte Marke verletzt hat. Ansonsten läuft jeder Anspruch ins Leere.

Hier sollte man zunächst überprüfen, um was für eine Marke es sich überhaupt handelt. Denn eine Marke muss stets für bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen eingetragen werden (sog. Klassen im Markenrecht).

Wenn klar ist, wofür die geschützte Marke steht, muss überprüft werden, ob die Verwendung als Nickname durch einen Forenbesucher überhaupt unter den Schutzbereich der Marke fällt (Beispiel: In einem Forum über sanfte Hautcremes tritt ein Forenbesucher unter “Nivea” auf). Ist das nicht der Fall, kann man die Verwendung auch nicht verbieten.

Danach ist zu klären, ob die geschützte Marke im “geschäftlichen Verkehr” verwendet wurde, wie es das Gesetz ausdrücklich verlangt. Längst nicht jede Verwendung eines Markennamens geschieht im geschäftlichen Verkehr. Forenbesucher treten meistens rein privat auf und haben keine geschäftlichen Interessen. Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr (nicht zu Verwechseln mit gewerblichem Handeln, also dem Streben nach Gewinn) wird zwar recht
großzügig von der Rechtsprechung bejaht, setzt aber immer eine gewisse Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit im Tun voraus. Selbst bei regelmäßigen Diskussionsbeiträgen in (privaten) Foren wird die Geschäftsmäßigkeit aber kaum zu bejahen sein.

Also: Keine Ansprüche gegen den Forenbesucher als “Markenverwender” und damit auch keine Ansprüche gegen den Forenbetreiber, selbst wenn er auf die vermeintliche Markennutzung aufmerksam gemacht wurde.

3. Bleibt abschließend noch die Frage, warum in der Abmahnung auch das
Wettbewerbsrecht (mit Hinweis auf die bis zum 07.07.2004 und damit nunmehr ungültige Fassung des UWG) angesprochen wurde. Denn das Markenrecht selbst gibt in § 14 Abs. 5 MarkenG Unterlassungsansprüche und in § 14 Abs. 6 MarkenG eigene Schadensersatzansprüche.

Zwar stellt die rechtswidrige Verwendung einer geschützten Marke im Wettbewerb auch eine unlautere Wettbewerbshandlung dar, aber der Gesamteindruck der Amahnung (Berechnung der Kosten, Höhe des Streitwerts, Bezugnahme auf § 1 UWG, Ansatz einer Einigungsgebühr) legt doch eher die Vermutung nahe, dass man nicht so genau wusste, was man tat …

Im Übrigen läßt die Abmahnung offen, woraus sich das erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen Forenbetreiber (der die Marke nicht rechtswidrig verwendet hat) oder dem Forenbesucher (der noch nicht einmal im geschäftlichen Verkehr handelt) und dem Markeninhaber ergeben sollte.


Quelle
Cheers,

Hank !




pemag

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #11 am: 13.06.2005, 08:11 Uhr »
So richtig erklärt ist damit nichts . Das Gesetz ist dehnbar . Kommt immer darauf an , wie man es sieht . Im schlimmsten Fall haben dann doch wieder die Gerichte zu entscheiden . Als hätte die nichts beseres zu tun .

mrh400

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #12 am: 13.06.2005, 09:13 Uhr »
Hallo,
Zitat von: Hank
Zitat
3. Bleibt abschließend noch die Frage, warum in der Abmahnung auch das
Wettbewerbsrecht (mit Hinweis auf die bis zum 07.07.2004 und damit nunmehr ungültige Fassung des UWG) angesprochen wurde. Denn das Markenrecht selbst gibt in § 14 Abs. 5 MarkenG Unterlassungsansprüche und in § 14 Abs. 6 MarkenG eigene Schadensersatzansprüche.

Zwar stellt die rechtswidrige Verwendung einer geschützten Marke im Wettbewerb auch eine unlautere Wettbewerbshandlung dar, aber der Gesamteindruck der Amahnung (Berechnung der Kosten, Höhe des Streitwerts, Bezugnahme auf § 1 UWG, Ansatz einer Einigungsgebühr) legt doch eher die Vermutung nahe, dass man nicht so genau wusste, was man tat …

Im Übrigen läßt die Abmahnung offen, woraus sich das erforderliche Wettbewerbsverhältnis zwischen Forenbetreiber (der die Marke nicht rechtswidrig verwendet hat) oder dem Forenbesucher (der noch nicht einmal im geschäftlichen Verkehr handelt) und dem Markeninhaber ergeben sollte.

Der ganze Kommentar klingt mir sehr plausibel (bin zwar auch Jurist - wenigstens von der Ausbildung her, aber kein Markenrechtler). Der von mir hier nochmals zitierte Teil spricht imho für die These, daß es sich um die Aktion eines Anwalts handelt, der - vielleicht auch mangels vertiefter Kenntnisse - zuwenig zu tun hat.
Gruß
mrh400

Hank

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #13 am: 14.06.2005, 06:33 Uhr »
Cheers,

Hank !




pemag

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Re: Teure User-Namen
« Antwort #14 am: 14.06.2005, 07:37 Uhr »
:lol:  Das wird wahrscheinlich ein langer Briefwechsel . Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen , daß damit die Sache erledigt ist .

Man darf gespannt sein .