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Autor Thema: Good Karma - Masala und der Duft von Jasminblüten (Südindien Frühjahr 2015)  (Gelesen 15122 mal)

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Inspired

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God's own Country, das bedeutet eigentlich Kerala, wo es grün und fruchtbar ist. Aber auch die angrenzenden Bundesstaaten Karnataka und Tamil Nadu zähle ich nun einfach mal dazu. Das Aroma von Masala-Gewürzmischungen und Jasminblüten liegt über dem ganzen fabelhaften farbenfrohen Land. Pujas (Hindu-Zeremonien), auch wenn sie offenbar zu den einträglichsten und verlässlichsten Geschäftszweigen gehören, geben Energie und gutes Karma, davon bin ich überzeugt!

Dieses Land ist wie Feuer und Eis, es weckt Widerstand und Anbetung, Glauben und Ungläubigkeit, es zaubert mir ein debiles Grinsen ins Gesicht, es nimmt mich gefangen und nimmt mich für sich ein.

Ich weiß wieder mal, wofür ich reise und bin wieder mal davon überzeugt, dass die Welt es so will, mich mag und alles dafür tut, dass es mir auf Reisen gut geht.

Aber von vorne:

DI, 17.3., früher Abend: Ich bekomme mit, dass die Lufthansa Streiks ankündigt für Mittwoch, den 18.3., aber nur auf der Kurzstrecke. Am späten Abend bekomme ich mit, dass sie auch Streiks für die Langstrecke ankündigt, aber für den Donnerstag, 19.3.

Und am Mittwoch, den 18.3. bekomme ich mit, dass auch am 20.3. gestreikt wird, aber nur auf der Kurz- und Mittelstrecke.

Puuuuuh, ich kann wohl fliegen, checke online am Donnerstag ein, mache mich auf den Weg nach Frankfurt und verbringe einen feucht-fröhlichen Abend mit Kollegin Tanja. Ich wusste gar nicht, wie dankbar man sein kann, dass NICHT gestreikt wird auf meiner Strecke und sehe das als schlechtes Zeichen für Lufthansa an.

Und ansonsten? Einen Fahrer, der sich als absoluter Glücksgriff herausstellen wird, habe ich ab Mangalore engagiert, die Hotels sind gebucht, und meine weitere Reisevorbereitung erschöpft sich über ein grobes Studiums des Reiseführers hinaus im Sehen des Filmes “Slumdog Millionaire” irgendwann mal vor ein paar Jahren und Hören von “Shantaram” als Hörbuch vor einem Jahr. Na ja, wird schon gut gehen, bin ja reiseerprobt...

FR, 20.3.2015 -Anreise

Und am Freitag erwache ich mit schwerem Schädel, bin zu doof, die Sonnenfinsternis um 10.40 Uhr wahrzunehmen und mache mich auf die Socken, die ich in den kommenden drei Wochen sicher nicht mehr sehen oder anziehen werde.

Nach viel Kaffee und einem Croissant am Flughafen schlendere ich gemächlich über den Airport zu meinem Gate, das irgendwie am Ende der Welt ist, und stelle fest, dass die Maschine nur halb voll ist. Das liegt am Langstreckenstreik gestern, sodass eine Menge Inder auf der Heimreise heute Morgen nicht gelandet sind in Frankfurt, sondern noch in den USA oder wo auch immer gestrandet sind.

Ich beschließe, dass eine leere Dreierreihe am Fenster meine ist, kann mich während des Fluges lang machen, und zu allem Überfluss ist der Hotspot an Bord für mich kostenfrei, da ich eine Flatrate habe. Und los geht es!



So verbringe ich 7,5 Stunden surfend, ausgestreckt schlafend, essend und den dritten Teil der Tribute von Panem schauend in der Luft. Der Hotspot ermöglicht mir, alle auf dem Laufenden zu halten, die es wissen wollen und auch die, die es nicht wissen wollen.

Es gibt einen ersten Eindruck indischen Essens, den Blick auf das nächtliche Teheran von oben und jede Menge Wein für mich.





Kurz vor der Landung bekomme ich Muffensauen: Klappt es mit dem Taxi? Darf ich überhaupt einreisen? Habe ich etwas übersehen? Diese Fragen stellen sich mir, während beim Landeanflug wie eine Puppenstube unter mir gelblich beleuchtet die typischen Ladengassen und Häuserreihen Mumbais liegen, kleine Details in einem riesigen Lichtermeer.

Nein, alles ist prima. Ich begrüße liebevoll meine treue Reisetasche und  mache mich auf den Weg. Einem etwas schüchternen und unbeholfenen Geschäftsmann erkläre ich noch mal fix, wie ATM funktioniert, erstehe souverän einen Voucher für ein Cool Cab für umgerechnet 15 Euro und überwache die ansonsten schweigende Fahrt zum Trident Hotel Nariman Point mit Google Maps. Übrigens: Keine Rede von den durch “gut Informierte” angekündigten Hinweisen des Taxi-Wallahs darauf, dass das Hotel abgebrannt sei oder aktuell nicht zugänglich sei, weil es in einer Crime Zone liege um mich in ein anderes Hotel zu schleifen.

Unterwegs Szenen wie aus einem 3D-Film: Kleine, dünne, indische Gestalten sitzen mitten in der Nacht gegen 3 Uhr am Straßenrand und flechten Blumen und bündeln Pflanzen. In mir lacht es und ich bin angekommen, zumindest ein Teil von mir ist es.

Nach einer knappen Stunde Fahrt werde ich als hochherrschaftliche Memsahib aus meinem Cool Cab befreit. Ein charmanter, gut aussehender und groß gewachsener Mann mit Turban und strahlendem Lächeln nachts um halb drei öffnet mir die Tür, ein anderer trägt mir meinen Koffer. Ich gehe flotten Schrittes voraus und lasse mir souverän ein Upgrade auf die Club-Etage aufschwatzen, das hatte ich bei beiden Besuchen in Kuala Lumpur auch. Hier bietet es mir eine Limousine zurück zum Flughafen, Frühstück auf dem Flur, auf dem mein Zimmer liegt, Nachmittagskaffee mit etwas zu Beißen, die kostenfreie Cocktailstunde abends  mit Snacks und freies WLAN. OK, ist erschwinglich, wird gemacht!



Noch ganz knapp ein paar Mails schreiben und ab ins Bett!

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SA, 21.3.2015

Heute ist Indien light angesagt, das “light” wird ausgeglichen durch die 40 Grad Außentemperatur, die allerdings im Laufe des Tages durch eine frische Brise relativiert werden.

Ich gehe zu Fuß zum Gateway of India. Hier wird es das erste Mal voll, ansonsten alles sehr gechillt. So ganz bin ich noch nicht angekommen, allerdings merke ich das erst zwei Tage später. Kein Wunder, das Reisen strengt an und ich brauche eigentlich Erholung, dazu der krasse Temperaturunterschied zu Deutschland und die Zeitverschiebung.

















Ich gehe weiter durch den Stadtteil Colaba und rette mich immer wieder mal für ein paar Minuten in ein klimatisiertes Geschäft.

Plötzlich auf der Straße ein Unfall. Niemandem ist etwas passiert, sodass es bei ein wenig Streiterei bleibt und es nicht zu einer Prügelei kommt. Aber der beteiligte Mopedfahrer hat dabei seinen Eimer Farbe verloren, sodass die Straße plötzlich lustig leuchtend grün eingefärbt wird. Tja, in Indien ist das Leben bunt. Ob das wohl so bleibt oder ob, wie es in Deutschland wäre, der Schuldige die Reinigung zahlen musste? Hoffentlich ist die Farbe wasserlöslich!

Ich schnappe mir ein metered Taxi, das mich für umgerechnet keine 70 Cent (so viel auch nur, da der Fahrer keine 8 Rupies Wechselgeld hat, worüber ich großzügig hinwegsehe) zum Stadtteil Fort bringt. Englisch kann er fast gar nicht, aber er versteht, wohin ich will.



Übrigens gibt es hier mehr Verständigungsschwierigkeiten als im Norden: Während das Hindi dort ziemlich hart gesprochen wird, wird die hiesige Sprache (Maharati, nicht jeder spricht Hindi) eher gerollt und entsprechend auch das Englisch gesprochen, als ob der jeweilige Sprecher ein rohes Taubenei im Mund hat, das weder zerbrechen noch verschluckt werden darf. Das führt auch dazu, dass der mir mitgeteilte Wucher-Wechselkurs von 5950 Rupies für 100 Euro ausgesprochen wird wie “financefighty” - hääääää?

Hier sehe ich mir den berühmten Bahnhof an, an dem vormittags die Dabbahwallahs mit traumwandlerischer Sicherheit und ohne lesen und schreiben zu können, Tausende der von liebevollen Ehefrauen gekochten Essen zu den schwer schuftenden Ehemännern bringen. Hoffentlich schaffe ich es noch, hier vormittags zu landen, denn wegen der Zeitverschiebung habe ich nur schlecht und kurz geschlafen und habe das Hotel zu spät verlassen, nämlich erst um 11 Uhr.











Eigentlich habe ich für heute schon wieder genug, und da ich mich ja auch ein bisschen erholen will, beschließe ich, den Tag am Pool zu beenden.

Unterwegs, ja “this is India”, ein Festzug mit lauter tanzenden, gut gelaunten Menschen: Keine Ahnung, ist es eine Demo? Eine Hochzeit? Wahlwerbung? Eine Werbeveranstaltung eines Mobilfunkanbieters oder Energieversorgers? Egal, ich fotografiere eifrig, und die Betreffenden lassen sich auch gerne knipsen.











Auf dem Weg gibt es noch einen Snack und einen kurzen Stopp an der St. Thomas Cathedral. Ich passiere den altehrwürdigen High Court. Und mit Ehrfurcht vor der Begeisterung derer, die mittags um 14 Uhr bei Gluthitze Cricket spielen, schieße ich ein paar Fotos am Oval Maiden.

















Ein Schläfchen am Pool ist erholsam nach der kurzen Nacht und dem Aufstehen gegen 5 Uhr laut innerer Uhr, zumal die angeblich noch 35 Grad aufgrund des ziemlich heftigen Windes kaum spürbar sind.





Ich gehe ins Zimmer und dusche, verlasse dann das Hotel und genieße die Sonnenuntergangsstimmung an der Promenade mit Blick auf die Skyline. Indien hat mich wieder. Dieser Moment zwischen  Verkäufern inmitten von Anblick und Geruch von quietschrosa Zuckerwatte, Popcorn und gebrannten Mandeln, Verkäufern von Tee und Wasser und Obst, bringt mich Indien näher. Ich habe heute keine einzige heilige Kuh auf den Straßen gesehen, bin in keinen Dreck getreten, bin nicht öfter als bei einem Stadtbummel in Frankfurt oder München angebettelt worden, aber in diesem Moment, in dem der typische süßlich-faulige Indienduft aus Räucherstäbchen, Blüten, Essen und Verwesung mir hier begegnet, zeigt mir, dass ich wieder da bin...







Den Tag beschließe ich mit Wein und ein paar Snacks in meiner Club-Lounge. Ich verstehe mich mal wieder selber nicht mehr: Da mache ich so gute Erfahrungen beim ersten Besuch und fahre angstvoll und fast schon böse zum zweiten Indienbesuch. Ich bin beruhigt und freue mich auf alles, was nun kommt.

Ha-Tschi

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Ich reise mit. Ich kenne einige, die schon in Indien waren, aber so ganz konnte ich mich bisher nicht begeistern. Wenn ich schon nicht da bin, bekomme ich so zumindest Erfahrungen aus erster Hand  :wink:

Wilder Löwe

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Ich komme auch wieder mit und schwelge in Nostalgie.
Viele Grüße
Katrin

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Ja, Indien polarisiert ziemlich: Ich finde das Land einfach nur toll!

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SO, 22.3.2015

Der Tag beginnt diesig und früher als gestern. Schon gegen 23 Uhr habe ich geschlafen und bin somit nun gegen 7.30 Uhr gut ausgeschlafen.

Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg mit dem Taxi zum Victoria-Bahnhof, der Central Station, wo ich hoffe, die Dabbah Wallahs zu treffen. Der Taxi-Wallah, der mich vor dem Hotel als erstes anspricht, wird gleich von mehreren Kollegen lautstark in die Flucht geschlagen, was auch immer er wohl falsch gemacht haben mag, er springt panisch ins Auto und düst mit quietschenden Reifen davon. Ich nehme von den Kollegen trotzdem keinen. Sie wollen für die Fahrt zum Bahnhof einen Fixpreis von 150 Rupies. Der korrekte Preis betrage 50 Rupies, schätze ich, und liege genau richtig. Ich gehe einmal um die Ecke, und der erstbeste Taxifahrer fährt mich nach Taxameter für exakt den Preis.

Nun weiß ich auch wieder, warum ich für heute eigentlich bei Reality Tours die Dharavi-Tour gebucht habe. Ich wollte gerne unter der Woche in Mumbai unterwegs sein. Aber da die Company mich mangels Kundschaft für heute so nett gebeten hat mich der Tour morgen anzuschließen, stehe ich hier auf einem ziemlich leeren Bahnhof und kann wieder nicht die Dabbah Wallahs bewundern… Immerhin ist der Bahnhof World Heritage Site und verdient entsprechende Aufmerksamkeit.













Am Bahnhof vorbei mache ich mich auf den Weg zu den verschiedenen Märkten, die dahinter liegen und lande als erstes beim Crawford Market. Jemand erklärt mir, er sei staatlich verpflichtet mich über den Markt zu führen, das sei sein Job, “no money, Mam”. Ich gehe einfach weiter und er trollt sich, dann brauche ich ihn wohl doch nicht so dringend...

Es ist Mangosaison und einige der begehrenswerten Früchte landen in meiner Tasche, sicherlich immer noch zu teuer, aber egal. Nach zähen Verhandlungen zahle ich mindestens 50 Rupies mehr als ich zahlen wollte, aber immerhin auch 30 weniger als der “last price” des Mango-Wallahs ist. Im Nachhinein erfahre ich allerdings, dass ein Kilo Mangos derzeit noch 120 bis 150 Rupies kostet, also habe ich mich mit 150 Rupies wohl tapfer geschlagen.

Ich schlendere durch die bunte Markthalle mit Obst und Gemüse, in der leider auch bedauernswerte Tiere in der Hitze ohne Wasser in viel zu kleinen Käfigen auf einen Käufer warten. Am liebsten würde ich alle Katzen, Hunde, Tauben, Wellensittiche und Häschen kaufen und sie in Freiheit entlassen.





Knapp hinter der Markthalle liegt die Jama Masjid, die (noch?) verschlossen ist. Es schließen sich Marktgassen an.











Übrigens: Ich bin schon den zweiten Tag in Indien und bin noch nicht angegrabscht, übers Ohr gehauen oder übel angestarrt worden. Ich habe noch niemanden gesehen, der auf die Straße gep… hat und außer im Bahnhof bin ich noch nicht über so dreckigen Boden gegangen, dass ich befürchten musste mir Pest und Cholera bei einem Sturz zu holen, und auch der Bahnhof war nicht schlimmer als der meines Heimatortes in den 70ern.

Ich reagiere das eine oder andere Mal sicherlich etwas pampig, wenn jemand mir etwas aufschwatzen will, aber es überwiegen diejenigen, die einfach freundlich grüßen, Kinder, die “helloooooo” und “bye bye” sagen.

Es wird schon wieder verdammt heiß, sodass ich in einem Café den ersten Mangolassi dieses Urlaubs trinke. Ach, was sage ich, bei der Glasgröße nehme ich doch glatt gleich zwei! Leider sind die Dosas gerade nicht lieferbar, auf westliche Sandwiches oder Pizza habe ich keine Lust, also bleibt es dabei.

Ich lasse mich von einem Taxi zu den Hanging Gardens fahren. Diese liegen am Ende der Bucht, bzw. des Marine Drives, an dem auch mein Hotel steht, definitiv zu weit zum Laufen bei der Hitze! Das Viertel heißt Malabar Hill, eine der reichsten Gegenden Indiens.

Die Hanging Gardens sind mäßig spannend, so als Garten für sich betrachtet, aber auch hier liegt über allem ein indischer Sound und indisches Flair. Leute entspannen in Pavillons im Schatten.





Hinter den Hanging Gardens liegt die gruselige Bestattungsstätte der Parsen: Erde, Feuer, Wasser dürfen nicht mit Toten beschmutzt werden, und so werden hier in den Towers of Silence die Toten in Türme auf Gitter gelegt, sodass Aasgeier sie holen sollen. Die dann von der Sonne ausgetrockneten Knochen fallen dann durch das Gitter in den Turm. Da die Geier aber ausgestorben sind, was am Paracetamol liegt und ich nicht weiß, ob wieder welche angesiedelt wurden, wie 2012 geplant, weiß ich nicht, ob hier aktuell bestattet wird. Jedenfalls kreisen keine Geier hier und es liegen auch keine verlorenen Finger und Ohren zu meinen Füßen.

Ich gehe wieder den Malabar Hill hinunter, komme vorbei an ärmlichen Hütten der Obdachlosen aus einigen Latten und Planen und stehe plötzlich vor dem Hare Krishna Tempel.

Wow, hier geht die Post ab: Das Hare Krishna Mantra wird gesungen. Das ist ja ganz einfach, hat schließlich auch in die Popsongs meiner Jugend Einzug gefunden, und so singe ich mit, schwinge die Arme über dem Kopf, wenn es die anderen tun und klatsche mit, wenn es die anderen tun. Ebenso wie die Aussteiger in den 70ern sehen die Gläubigen hier sehr glücklich aus bei dem, was sie tun. Fotografieren ist erlaubt, ich werde von den Gläubigen angestrahlt und darf mich setzen, brav auf die Frauenseite rechts.

Ich höre ein wenig zu und gehe dann wieder. Hier hat es mir gefallen, sehr empfehlenswert!



















Eher der Vollständigkeit halber gehe ich noch zum Chowpatty Beach, dem südlichen Stadtstrand von Mumbai. Im moderneren Norden gibt es noch einen anderen Strand, aber den werde ich wohl nicht zu sehen bekommen. Es sind einige Leute hier: Eisverkäufer, ein Mann schläft in der Gluthitze im Sand. In der trüben Brühe, die aus der Ferne so verlockend glitzert, badet niemand.





Ich will lieber am Pool schlafen und schnappe mir das nächste Taxi, das mich die letzten drei Kilometer für weniger als einen Euro zum Hotel bringt. Ich lasse mir die Mangos schmecken als Ersatz für das Mittagessen. Ansonsten endet der Tag wie der gestrige…






MisterB

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Hi.

>>Upgrade auf die Club-Etage aufschwatzen

>> Frühstück auf dem Flur   :kratz:

Was war das denn fürn Upgrade ?   :D

Bitte mehr von den tollen Bildern. Ich glaube da muss ich unbedingt auch mal hin. Ich will auch mal so einen Scherenschleifer mit eigenem pedalangetriebenen Schleifapparat in Aktion sehen. *lol*

Gruß
Bernd
Meine kleine Reiseseite mit meinen Reiseberichten
http://www.berndsteinke.de


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Berechtigte Fragen:

Alsooooo: Frühstück in der Club-Lounge auf der gleichen Etage.

Besser? ;)

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MO, 23.3.2015

Heute geht es ins Abenteuer in den Dharavi-Slum.

Und so langsam erkenne ich Indien wieder, das sich mir die letzten Tage sehr zivilisiert präsentiert hat, vielleicht auch wegen meiner Abschottung hinter die Mauern meiner 5 Sterne…

Ich gehe zu Fuß zum Treffpunkt für die Tour. Noch ist es nicht so heiß, und ich möchte ein wenig Street Life mitbekommen. Heute ist Montag, deshalb ist deutlich mehr los als am Wochenende.



Am Wegesrand steht ein Mann, dessen Beine zittern. Ich denke, ach, der Arme, ist das Parkinson in dem Alter schon? Aber nein, als ich mich nochmals nach ihm umdrehe, sehe ich seine Hand sich in der Hosentasche heftig bewegen und kann mir den Grund denken. Na dann, viel Spaß noch.

Die Dharavi-Tour beginnt pünktlich. Meine Mitreisenden sind ein belgisches Paar und ein Paar aus New York. Der Guide heißt Rakesh und hat ein sehr warmes Lächeln und ist selbst in einem Slum aufgewachsen, allerdings nicht in Dharavi. Der Fahrer ist blutjung, bildhübsch und hat Glutaugen. Beide sprechen tolles Englisch und sind äußerst angenehme Zeitgenossen. Beide haben das, was viele Inder der relaxten Sorte haben: Sie lachen mit den Augen, zum Heulen schön.

Zunächst erfahren wir beim Vorbeifahren am Victoria Terminus, dass 10 Millionen Menschen täglich die Bahnen nutzen, jeden Tag sterben einige, denn sie überqueren die Gleise unerlaubt oder stürzen aus den offenen Türen der Züge. Die Züge halten für so etwas jedoch nicht an.

Wir passieren das größte Rotlichtviertel Mumbais und erfahren etwas über die Situation der Prostituierten hier in der Stadt, die teilweise wie Sklaven gefangen gehalten werden, in jedem Fall aber außerhalb der Gesellschaft leben und keine Chance haben zu ihrer Familie zurück zu kehren.

Wir bekommen erste Infos zu den Slums: Diese sind nicht die improvisierten Schutzhütten aus ein paar Stäben und Planen, wie es sie immer wieder am Straßenrand gibt, sondern Wohngebiete auf öffentlichem Grund. Wer in einem legalen Slum lebt, hat Glück, denn er hat Wohnrecht. Die illegalen Slums können jederzeit ersatzlos abgerissen werden. Außerdem gibt es in Mumbai noch die zahllosen Obdachlosen, berufsmäßige und organisierte Bettelei und etwa 250.000 Straßenkinder.









Entgegen allem, was man so landläufig denkt, wird in den Slums hart gearbeitet - wie hart, davon können wir uns heute überzeugen. Und nein, wir werden nicht angefasst, nur angestarrt, nicht angebettelt, weitgehend ignoriert.

Die Gemeinschaft hier ist eng, wie ich schon aus “Shantaram” erfahren durfte. So leben aber heute auch teilweise noch die im Slum, die es geschafft haben: Ärzte, Bankangestellte, Lehrer und Mitarbeiter aus den Hotels. Wir sind akzeptiert, da Reality Tours eine gute Beziehung zu den Bewohnern hat.

Wir halten zunächst jedoch noch an Dhobi Ghat, der größten Wäscherei Asiens. Aus ganz Mumbai wird hier die Wäsche gesammelt, nach Farben sortiert gewaschen, getrocknet. Und wie durch ein Wunder bekommt jeder die eigene Wäsche zurück, da diese mit einer Kennzeichnung nach einem System versehen wurde, das wohl nur die Wäscher selbst verstehen.















Im Slum herrscht Fotoverbot. Zwar gibt es inzwischen auch Slumtouren, bei denen man fotografieren darf, aber Reality Tours ist das Original, hat sich die Rückgabe eines Großteils der Einnahmen an den Slum auf die Fahne geschrieben, und ist eine Non-Profit-Organisation, die die Guides gut bezahlt und nicht mit der Armut der Slumbewohner Geschäfte macht. Das verdient meiner Meinung nach Unterstützung, und ich hoffe, dass das Image auch der Wahrheit entspricht.

Wir besuchen zunächst die Commercial Area. Hier wird Plastik und Aluminium recycelt. Es stinkt erbärmlich. Hier sind fast nur Männer zu sehen, die vom Land kommen und aus finanzieller Not hier arbeiten und ab und zu ihre Familien besuchen. Die Lebenserwartung derer, die hier arbeiten, ist nicht sehr hoch. Die Gifte, die hohe Unfallgefahr, und niemand ist krankenversichert. Dennoch strömen immer noch viele nach Mumbai, dem reichen finanziellen Zentrum, in dem noch Geld verdient werden kann. Wir haben vom Dach eines Plastikrecyclers einen Überblick über den gesamten Slum mit den auf den Dächern gestapelten Gegenständen, den Wellblechbaracken und den engen Gassen, in denen man verdammt aufpassen muss, dass man nicht ausrutscht und im Dreck landet.

Es schließt sich zunächst die muslimische Wohngegend an, dann die hinduistische Wohngegend. In den Wohngegenden sind mehr Frauen unterwegs, denn die Bewohner hier leben hier mit ihren Familien und verlassen den Slum zum Arbeiten. Wir erfahren, dass es hier immerhin 2 bis 3 Stunden täglich Wasser gibt, außerdem Strom, sofern er nicht ausfällt und eine Kanalisation. Außerdem gibt es Schulen, Krankenhäuser, einen Markt, Restaurants.

In den Wohngegenden gibt es außerdem nur Betriebe, die ohne Gifte auskommen. Somit ist es hier ruhiger und es stinkt weniger. So schauen wir in eine Bäckerei und eine Schneiderei, in der gerade rosa Mädchenkleider genäht werden.

An einer Ecke stehe ich im Weg, Derjenige, der mit seinem Gepäck auf dem Kopf vorbei möchte, spricht mich nicht an, sondern klopft auf ein Blechfass neben mir, aber er drängt mich auch nicht zur Seite.

Dennoch haben die winzigen Häuser, von denen wir eines besichtigen, keine eigenen Bäder, sondern es werden allgemeine öffentliche Toiletten benutzt, der Abwasserkanal stinkt und das Wasser wird ungeklärt in das Arabische Meer geleitet. Das leerstehende Haus, das wir ansehen, wird normalerweise von 4 bis 5 Personen bewohnt und hat eine Größe von insgesamt vielleicht 12 qm inklusive Ecke für den Herd und den Wassertank.

Wir gehen ein ganzes Stück durch eine enge Gasse, die fast zu Platzangst führt. Gut, dass es so spannend ist, dass ich gar nicht zum Nachdenken komme. Man kann hier wegen der herunterhängenden Stromleitungen nur gebückt gehen. Begegnen darf einem hier niemand, der Boden ist nass von der überirdisch liegenden leckenden Wasserleitung, es ist duster. Dennoch riecht es aus so mancher Behausung lecker nach Essen, manchmal aber auch deutlich unangenehmer.

Leider können wir wegen einer Trauerfeier das Community Center nicht besichtigen, aber die angrenzende Schule schon.

Es geht noch über das Gebiet der Töpfer in das Büro von Reality Tours, in dem wir online mit dem hier vorhandenen WIFI einen Rückmeldebogen ausfüllen und uns für die Zusendung eines Links zu Fotos aus Dharavi eintragen können.

https://www.flickr.com/photos/119419058@N08/sets/72157641841763365/

Übrigens: Im Gegensatz zu allen Tours wird hier nicht in einem einleitenden Vortrag vor dem Verdursten und dem Tod durch Unfall gewarnt, obwohl das hier sicherlich deutlich wahrscheinlicher ist als auf einem einfachen Trail in einem amerikanischen Nationalpark. Dennoch gibt es nach der Anfahrt zum Slum und vor der Rückfahrt die Möglichkeit eine ordentliche Toilette zu besuchen und Wasser zu kaufen, und auch unterwegs kann man nochmals Wasser kaufen.

Ist die Dharavi-Tour mit Reality Tours empfehlenswert? Ja, unbedingt: Auf eigene Faust bekommt man das hier nicht zu sehen. Den Umgang des Guides mit den Bewohnern empfinde ich als respektvoll, und da die Organisation vielen Guides, die selbst aus Slums stammen, Arbeit gibt, finde ich, man muss keine Skrupel haben. Auch die Bevölkerung des Slums schien zumindest nicht gegen uns Besucher zu sein.

Schließlich hat die Tour mein Bild von den nicht arbeitenden und in ihrem Elend herumgammelnden Slumbewohnern deutlich zurecht gerückt. Und ebenso wie der unendliche Reichtum der Bewohner des Nobelviertels Malabar Hill zu Mumbai und Indien gehört, so gehört auch die Armut in den Slums zu Indien. Kein Grund das zu verschweigen, sofern der Umgang mit diesem Thema mit dem nötigen Anstand und Respekt verbunden ist.

Früher als sonst nehme ich meinen Platz auf der Poolliege ein und wasche den Staub ab. Früher als sonst habe ich daher auch genug und breche auf zu einem Bummel an den Colaba Causeway und nochmals zum Gateway of India. Nun erst merke ich, dass ich vorgestern bei meinem ersten Besuch hier noch gar nicht wirklich angekommen war. Nun erst kann ich das bunte Treiben wirklich genießen. Im Grunde esse ich heute erstmalig in diesem Urlaub so richtig indisch im Café Leopold und genieße das Dunkelwerden am kitschig beleuchteten Gateway of India.







Und nun passiert auch das, was im letzten Indienurlaub so typisch war: Ich darf gemeinsam mit den vielen indischen Touristen in die Kameras grinsen. Eine bettelnde Mutter schickt ihr kleines Mädchen hinter mir her um mir die Wasserflasche abzubetteln...

Und morgen? Morgen ist Schluss mit Indien light, morgen  geht es in den Süden: Ich hoffe auf Landleben, bunte Tempel, Tee- und Gewürzplantagen. Und vor allem hoffe ich, dass der von Ashok Taxi Tours, der Agentur von Indien 2013, empfohlene Fahrer auch wirklich eine gute Seele ist.

Wilder Löwe

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Toller Bericht bisher. Besonders die Slumtour hört sich sehr interessant an, denn wie Du schon sagst, alleine bekommt man das nie zu sehen.
Viele Grüße
Katrin

Inspired

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Danke, Katrin.

Leider verbinden so viele Deutsche (Europäer) Indien mit Horrorgeschichten und schrecklichen Bildern: Da geht es immer wieder um Vorurteile zu Dreck, Gestank, Korruption, Gewalt.

Leider hatte man auch in mir diese Vorurteile geschürt vor der ersten Reise 2013, aber obwohl der Norden viel krasser war als der Süden, fand ich es bei weitem nicht so schlimm, wie man es sich in der Phantasie ausmalt.

Der Süden hingegen ist hinsichtlich dieser Aspekte meiner Meinung nach nicht von anderen asiatischen Zielen wie Thailand, Malaysia oder auch Bali zu unterscheiden.

Ich denke auch, dass sich einiges tut. Ich habe etliche Male Schilder gesehen, die auf plastikfreie Zonen hinwiesen (nun ja, wenigstens den Versuch gibt es), Rauchen in der Öffentlichkeit ist verboten, Vermüllung wird bestraft, und wenn man in einem Laden sagt, man will keine Tüte wird dort weniger mit Erstaunen und Unverständnis reagiert als in den USA. Dann bekommt man eine Tüte aus so dünnem Stoff oder die Ware steckt man in eine mitgebrachte Tasche.

Inspired

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DI, 24.3.2015

Das ist ja gerade nochmal gut gegangen! Beim Einschlafen weit nach Mitternacht fällt mir auf, dass man ein ausgedrucktes Ticket braucht um den Flughafen betreten zu dürfen. Und Miss Kontrollzwang hat es ausgerechnet bei diesem Schriftstück nicht so eng gesehen, hat nur das Update zu veränderten Flugzeiten mit Buchungsnummer, aber ohne Namen dabei.

Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf, mache ich mich auf den Weg zur Rezeption. Noch auf der Etage werde ich angehalten von meinem Lieblingsmitarbeiter mit dem sanften Blick, der mir das Internetterminal mit Drucker zeigt (ich hätte ihn küssen können), und ein paar Minuten später sinke ich wieder in die Kissen, puuuuuh.

Viel zu kurz ist die Nacht. Das Auschecken zieht sich ewig hin, begleitet von dem üblichen indischen Smalltalk wohlerzogener Hotelmitarbeiter: “Is it your first time in India?” “Is it your first time in Mumbai?” “How was your stay?” “Where are you heading to now?” Irgendwie ziemliche Beschäfitigungstherapie.

Ein schnelles Frühstück, und ein Chauffeur in weißer Livree fährt mich in einer schwarzen Limousine ohne Hinduschrein zum Flughafen.

Fahren können die hier alle: beherzt, aber ohne mich durchzuschütteln, obwohl es manchmal wirklich knapp erscheint und man froh sein kann, dass alle schön in ihrer Spur bleiben.

Das erwachende Mumbai hat irgendwie etwas. Es geht im grau-rosa Morgendunst vorbei an beleuchteten Mini-Tempeln, gleißend beleuchteten Bauten aus Stahl und Glas, an Industrieanlagen, und nun bekomme ich doch noch die Hadschi Ali Moschee im diffusen Licht der Dämmerung auf ihrem Felsen im Meer vor Mumbai zu sehen.

Natürlich bin ich viel zu früh am Flughafen. Und vor den Toren des Flughafens hat Jet Airways einen Schalter, in dem man mir bestimmt auch mein Ticket nochmals hätte ausdrucken können. Im Gegensatz zu den anderen indischen Flughäfen geht hier alles sehr fix und sehr locker. Fast unmerklich landet der Handgepäckstempel auf dem Anhänger, als ich in der Schlange für Frauen durch den Sicherheitscheck gehe.

Der Flug dauert nur eine Stunde. Zwischen zwei indischen Herren eingequetscht, verschlafe ich ihn trotzdem vollständig.

Meine Tasche und dann Mr. MCS Shekhar werden begrüßt. Er wird mich die kommenden knapp drei Wochen fahren. Er geht mir nur bis zur Schulter, ist ein äußerst freundlicher Mann: Tiefschwarz, nur auf dem Kopf stellenweise leicht ergrauend mit strahlend weißen Zähnen. Und auch er lacht übrigens mit den Augen, wie ich an den kommenden Tagen immer wieder feststelle, wenn sich unsere Blicke im Rückspiegel begegnen.

Wir fahren knapp 1,5 Stunden nach Udupi, wo ich im Krishna-Tempel die einzige Touristin bin. Shekhar begleitet mich in den Tempel und erklärt mir einige der Riten. Ich darf auch Wasser in Empfang nehmen, es schlucken (mache ich natürlich nicht) und mir den Rest auf den Kopf streichen.

Herrlich, wie selbstverständlich freundlich, offen und ein bisschen neugierig ich aufgenommen werde!







Leider darf man im reich mit Silber ausgestatteten Haupttempel nicht fotografieren, nicht einmal den Tempelelefanten davor, aber in einem Nebentempel darf ich knipsen und mache es gern.













Nach dem Tempelbesuch gehe ich essen. Shekhar lädt sich nicht selbstverständlich selbst mit ein, sondern ich frage ihn, ob er mitkommen möchte. Fast widerstrebend willigt er ein. Na bitte, den einen Euro für das zweite Essen für ihn habe ich doch gerne übrig!

Es geht weiter in mein Domizil für eine Nacht, ins Paradise Isle Beach Resort. Zum Glück nur für eine Nacht, denn das Hotel könnte schön sein, wirkt aber deutlich vernachlässigt. Man findet meine Reservierung erst auf den zweiten Blick und nimmt erst einmal so hin, als ich vorweise, dass diese bereits bezahlt ist.

Ich will an den Pool, aber das ist nicht schön. Es gibt keine schönen Liegen, das Wasser ist etwas trübe, es riecht unangenehm nach Abwasser. Als eine Reisegruppe Inder aufkreuzt, weiß ich zunächst nicht, ob ich es lustig oder nervig finde, denn es sind wirklich sehr viele, die sich gegenseitig ins Wasser schubsen. Eine Atmosphäre wie im Freibad in Deutschland an einem Augusttag in den Sommerferien mit 35 Grad. Als zwei von denen anfangen sich ernsthaft zu prügeln, entscheide ich mich für “nervig”.

Gut, dann gehe ich doch lieber am Strand spazieren. Das wiederum ist sehr schön. Irgendwann stößt zufällig Shekhar dazu, der mir erzählt, dass er weder raucht, noch trinkt, noch Betelnüsse kaut im Gegensatz zum Fahrer 2013, was ich auch sehr angenehm finde. Als ich sage, dass ich noch ein bisschen weiter gehen will, springt er schnell auf und verabschiedet sich. Ich denke, er will nicht nerven. Sehr schön - so kann “einen Fahrer haben” also auch sein…















Ich lerne in der Kneipe nebenan, in der ich nun endlich auch Masala Dosa (so eine Art hauchdünner eher knuspriger Pfannkuchen gefüllt mit Gemüse) zu essen bekomme. Am Nebentisch sitzen einige junge, moderne Inder mit Kater “Smokey”, den ich gerne mal fotografieren darf.


MisterB

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Jetzt habe ich ein wenig gegoogled und mir auch mal die Reality Tours angeschaut.
Nach ein wenig weiterschauen kriegt man auch unzählige andere Anbieter die einen mehr oder weniger persönlich durch die Stadt und auch durch die Slums führen.
Also check. :)

Deine Beschreibung deiner Tour mit dem netten Herren als Fahrer startet ja auch schonmal ziemlich gut an.
Verrätst du auch hier, welche Agentur das ist und wie du das gebucht bzw. arrangiert hast ?

Also der Lonely Planet Indien ist schonmal bestellt. Ich glaube ich muss da mal viel lesen. Je nachdem werde ich dann nämlich mein Reiseziel Mittel/Südamerika nächstes Jahr schnell mal tauschen gegen Indien. Da habe ich jetzt echt absolut Lust drauf !

Wie sieht es aus mit "im Land rumkommen" ? Ist das Fliegen von A nach B empfehlenswert oder doch mal der Zug ?

Gruß
Bernd
Meine kleine Reiseseite mit meinen Reiseberichten
http://www.berndsteinke.de


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Hallo Bernd,

da kann ich nun ganze Romane schreiben ;)

Wenn du dich für Südindien interessierst und nicht unbedingt auf Tiger im Nationalpark aus bist, dann würde ich im Herbst fahren, dann, wenn es in Deutschland fies wird. Dann ist im Süden nämlich die Regenzeit vorbei und alles wird schön grün.

Ich bin bei beiden Reisen größere Strecken geflogen. Zwar berichten Backpacker, dass man prima mit dem Zug fahren kann, allerdings wollte ich das nicht allein als Frau. Ich fahre ohnehin nicht so gerne Zug, und ein Nachtzug wäre auch in Deutschland nicht meine erste Wahl gewesen, denn auch wenn man Geld für ein Hotel spart, würde ich wohl nicht zu denen gehören, die am nächsten Morgen entspannt ankommen. Na ja, vor allem ginge es mir um das Abenteuer Zugtoilette, das ich persönlich mir gerne ersparen wollte ;)

Mit Jet Airways habe ich auf 3 Inlandsflügen gute Erfahrungen gemacht. Dann wurde mir noch IndiGo empfohlen, ist eine Ecke billiger und hat wohl auch einen guten Ruf. Inlandsflüge sind gut erschwinglich.

Und Shekhar kannst du einfach buchen, indem du ihn per Mail oder Whatsapp kontaktierst. Den gibt es nicht über eine Agentur. Und die Kontaktdaten gibt es bei mir.

Ich habe sehr lange überlegt, ob ich das mache oder über eine Agentur buche. Das Problem ist, dass die Agenturen dir das vor Ort alles ganz gut machen, es dann aber Glückssache ist, ob der Fahrer OK ist oder dich doch in irgendwelche Shops schleppt oder es mit dem Trinken nicht so genau nimmt oder irgendwie versucht dich zu dominieren, weil man ja als Doofie ohne Indienkenntnisse schon sehr auf den angewiesen ist. Ich zumindest neige dann schneller mal dazu etwas abzunicken nach dem Motto: Er wird schon wissen, was er tut.

Ich habe also mit etwas Muffensausen, ob der wohl da sein würde und ob alles klappt, am Flughafen gestanden, obwohl ich mir da ziemlich sicher war, denn wir hatten die Tage vorher immer mal Kontakt.

Du kannst planungstechnisch da jede Variante haben. Du brauchst halt einen zumindest groben Plan, dass er abchecken kann, wie viele Kilometer du fährst und welchen Preis er dir da nennt. Er muss ja auch sehen, ob eine Strecke machbar ist. Beispielsweise haben wir an einem Tag für läppische 250 Kilometer 8 Stunden gebraucht (mit einigen Fotostopps und einer Mittagspause und warterei, als er für Kerala noch Steuern zahlen musste).

Der hilft dir schon den Plan zu vervollständigen, Hotels zu finden, setzt dich an allen Sehenswürdigkeiten und an Restaurants ab nach deinen Wünschen und nachdem du über seine Vorschläge entschieden hast.  Oder du machst es wie ich, besprichst den Plan mit ihm im Vorfeld und buchst deine Hotels vor.

Und wenn ich noch so scharf nachdenke, finde ich nicht das Geringste an ihm als Fahrer auszusetzen: Keine Manipulationsversuche, nicht die kleinste Unzuverlässigkeit, keinerlei Distanzlosigkeit. Du darfst eben nur von einem Fahrer und der Tour nicht erwarten, dass er dein Guide ist und dir das Lesen des Reiseführers erspart oder dass der Tata Indigo XL gleichzusetzen ist mit einem SUV des Autovermieters deines Vertrauens in den USA.

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MI, 25.03.2015

Den heutigen Tag finde ich ein bisschen grau und langweilig. Das kann auch daran liegen, dass der Himmel heute überwiegend bedeckt bleibt.

Es geht früh los, die Fahrt heute nach Hassan ist weit. Superpünktlich steht Shekhar vor dem Hotel und ich bin froh, diesen äußerst schwülen Ort verlassen zu können.



Es geht zunächst durch etwas vertrocknete Landschaft zu einem Jain-Tempel, bei dem wir gegen 9 Uhr ankommen. Für die wohl obligatorische Donation gibt es hier sogar eine Quittung des Pforten-Wallahs, der extra für uns das Tor aufschließt, damit ich nicht bei der Hitze über 100 Stufen aufwärts gehen muss. Er erklärt mir auch, dass das Gerüst um die Statue keinesfalls ein Baugerüst ist, sondern dass von dort im Rahmen einer Festivität die Statue begossen wird mit hunderten von Litern bzw. Kilos von verschiedenen geweihten Pulvern und Flüssigkeiten wie Milch und Kokosraspel - lecker!







Wir schrauben uns weiter die Berge hinauf, wo es grüner und angenehmer von der Temperatur her wird.

Wir halten jedoch kurz um uns Kokosnüsse schlachten zu lassen, Sie kosten hier fast nichts, wahrscheinlich hält hier kaum jemals ein Auto mit Touristen drin.



An einem besonders steilen und kurvigen Pass ist ein kleiner Tempel aufgebaut. Shekhar hält hier kurz und bedankt sich artig bei Vishnu, dem er folgt, dass wir heile oben angekommen sind.

Wir machen eine Kaffeepause, und das kleine Mädchen an der Theke des Minishops mit ein paar Tischen unter Sonnenschirmen sollte eigentlich eher zur Schule gehen, spricht aber trotzdem ein ganz passables Englisch. Ich hoffe, heute ist nur schulfrei oder es sind Osterferien.

Wir halten noch einige Male dort, wo Kaffee wächst, dort, wo Jackfruit wachsen und dort, wo der Pfeffer wächst (hier bleibe ich gern, sollte jemand mich hierher wünschen) und dort, wo Ingwer verkauft wird. An einer Pfefferplantage nötigt Shekhar mich geradezu zum Aussteigen, und die Mitarbeiter kommen langsam zu dem Zaun, vor dem ich stehe, sodass die Neugier auf beiden Seiten besteht.













Die letzten Kilometer nach Belur vergehen schnell. Hier kann ich den Tempel ansehen, der in jedem Reiseführer gefeiert wird. Außer mir ist wieder mal keine Weißnase unterwegs, dafür eine Gruppe Schüler, die alle rosa T-Shirts tragen von einem Tourismusverbund.













Auch der Tempel in Halebid ist in ganz ähnlichem Stil gebaut. Als ich gerade überlege, ob ich vielleicht eine Gruppe fröhlicher Frauen in ihren farbenfrohen Saris um ein Foto bitte, bitten sie schon mich sie zu fotografieren, allerdings schauen sie bitterernst drein bis auf eine. Hätte ich die Damen mal ohne deren Wissen geknipst!







Auch in Halebid besichtige ich nicht so lange, wie Shekhar wohl für mich eingeplant hat. So störe ich ihn beim Autoputzen. Aufgrund der gesparten Zeit aber fahren wir noch zu zwei unbekannten Jain-Tempeln im Ort, an denen ich allein bin, denn so sehr viele Anhänger des Jainismus gibt es hier nicht und bei Touristen sind diese Tempel unbekannt. Und da sage nochmal jemand, dass es in Indien immer so voll sei!







Das Mallige Hotel, in dem ich heute nächtige, ist sehr modern und ziemlich neu. Leider steht Indien “modern” nicht, wenn es nicht um ganze 5 Sterne geht, so wirkt das Hotel eher gewollt als gekonnt und ein wenig billig. Es riecht schlecht im Zimmer. So richtig kann ich mich nicht entscheiden, ob es eigentlich eher nach den ungewaschenen Trainingstrikots einer ganzen Fußballmannschaft riecht oder nach einer toten Mäusekolonie unter dem Bett. Angeblich ist es das Insektenmittel. Stimmt, ein bisschen Mottenkugel ist dabei. Der Raumbedufter, der mir angeboten wird, stellt mich nicht zufrieden. Mal sehen, hoffentlich gibt es morgen keine Kopfschmerzen!

Ha-Tschi

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Wow, die Tempelanlagen sehen toll aus!

KarinaNYC

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Ich fahr auch mit  :winke:

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Schön, Karina!

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DO, 26.03.2015

Heute geht es in den Dschungel. Wieder einmal geht es superpünktlich los, und wir brauchen etwa 4,5 Stunden über Land bis nach Kabini, wo ich im Red Earth Resort einchecke.

Vorher aber gibt es Landarbeiter zu beobachten, einen Schmied, der eine Kuh beschlägt, eine Prozession, die zum Tempel zieht. Shekhar sieht alles Interessante noch vor mir und stoppt bevor ich ihn darum bitten kann. Alle lassen sich gerne beobachten und fotografieren. Ich aber bekomme fast schon ein schlechtes Gewissen, dass ich diese meistens äußerst schwere Arbeit bei der Hitze fotografiere, sie malerisch finde und mich an den Bildern ergötzten will, die so idyllisches typisches Indien zeigen.

Besonders die Frauen, die in einer Ziegelei arbeiten, tun mir Leid. Und mir fällt auf, dass hier in Behältern zu vielleicht etwa 5 bis 10 Litern das Wasser zum Bewässern der frischen Setzlinge einzeln vom Brunnen herbeigetragen wird.



 





 







Besonderer Höhepunkt ist ein Wochenmarkt. Auf der einen Seite wird Gemüse verkauft. Hier finden sich auch viele Frauen.

Auf der anderen Seite werden Kühe verkauft, Hier finden sich fast ausschließlich Männer. Man steht hier um mich herum und starrt mich genau so neugierig an, wie ich die Geschäfte anstarre. Und immer wieder muss Shekhar auf Kannada beantworten, dass ich aus Deutschland sei.

Die Geschäfte übrigens werden geheim unter einem Handtuch ausgehandelt, unter das beide Geschäftspartner die Hände stecken und per Fingersprache den Preis für die Ware aushandeln.

Ich finde, dass die Kühe bildschön sind: Sie sind sauber gewaschen und auf der Stirn mit Farbe und manchmal auch mit Blumen geschmückt.



 









Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich ohne Begleitung und “Coaching” durch Shekhar hier so unbefangen bewegt hätte.

Es geht dann noch eine ganze lange Zeit weiter. Shekhar kennt das Resort nicht, er muss einige Male fragen, und auch die Navi, die ich auf dem Handy habe, hilft weiter. Kurz vor der Ankunft im Nirgendwo frage ich mich noch, wo ich denn hier wohl gelandet bin, aber das Resort selbst sieht nur von außen unscheinbar aus.

Zunächst aber werde ich mit viel Tam-Tam empfangen, muss mir viel zu viel anhören und etliche Fragen beantworten.

Um Shekhar tut es mir an dieser Stelle Leid. Ich werde so in Beschlag genommen, dass ich keine Gelegenheit habe mit ihm noch zu besprechen, ob ich ihn an den beiden kommenden Tagen brauche und wann wir übermorgen abfahren. Tja, im einen Moment noch der kompetente Betreuer der doofen Touristin, die sich ohne ihn nicht auf den Markt getraut hätte und die an seinem Rockzipfel hängt, im nächsten Moment vom Hotelpersonal aufs Abstellgleis gestellt und herumkommandiert. Kein Wunder, dass es Anil auf der letzten Reise irgendwie schwerzufallen schien damit umzugehen und er mir gegenüber daher gelegentlich den großen Max hat heraushängen lassen.

Den Nachmittag verbringe ich am leeren Pool, am späten Nachmittag mache ich einen Bummel entlang des Ufers des Sees bis die Sonne untergeht. Hier gibt es einen Mangotree, der zum Resort gehört, der spendet Schatten und (leider noch unfreife) Früchte. Überhaupt ist das gesamte Resort wie ein blühender Garten Eden mit Papaya, Mango und Jackfruit.















Ist jemand der Meinung, in Indien ist es immer voll? Beiweitem nicht: Ein Paar, das ein Boot belädt, ein Mädchen, das die Hühner einsammelt, ein Bauer, der die Ziege abführt, das war es. Eine Inderin sitzt abseits auf der Wiese und schaut auf den See. Das war es in einer Stunde Spaziergang. Nur in der Nähe des Resorts sind Touristen unterwegs. Es gibt heute einige Gäste, die aus Deutschland kommen, es soll einen Platz mit Feuer und Musik geben, aber erst einmal muss ich in so einer Nussschale fahren, 20 Minuten lang. Die ganze Zeit überlege ich, wie ich um Himmels Willen hier jemals wieder herauskommen will. Aber es gelingt, und auch ein schönes Foto Richtung Sonnenuntergang ist vom Wasser aus gelungen.

















Diese kleinen Hotels mag ich. Und ich mag sie auch wieder nicht, wenn sie allzu familiär sind. Irgendwie stehe ich mehr unter Beobachtung als mir lieb ist und ich fühle mich ein bisschen überbehütet. Aber die meisten Mitarbeiter hier finde ich super. Nach dem üblichen Smalltalk ziehe ich mich früh zurück. Morgen ist Wecken um 4.30 Uhr, denn es geht auf Tigersafari.

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FR, 27.03.2015

Gääääähn, bin ich froh, dass ich rechtzeitig wach geworden bin. Aber es zieht sich alles ein wenig: In “unserem” Safarikontingent hat es wohl keinen Platz mehr gegeben, sodass ich erst zu einer anderen Lodge gefahren werde, bevor es losgeht. Dann werde ich von da zum Startpunkt der Safari gebracht.







 



Wir sitzen mit 7 Gästen und Fahrer in einem offenen Jeep. Neben dem Fahrer sitzt ein auf Fotos heißer gockelhafter und irgendwie cholerisch wirkender Inder mit einer Kamera, die ähnliche Ausmaße hat wie mein Oberschenkel - und das will derzeit schon was heißen! Hinter ihm sitze ich und neben mir die nicht sehr glücklich wirkende Ehefrau des gockelhaften Fotografen. Hinter uns sitzt eine vierköpfige indische Familie.

Man kann in den Nagarhole Nationalpark übrigens nicht einfach so privat fahren, muss eine von der Regierung organisierte Tour nehmen. Hierfür gibt es feste Zeiten. Buchen kann man die Touren über die Resorts. In gewisser Weise eine gute Sache, finde ich, denn so wird den Tieren Ruhe gegönnt, niemandem passiert etwas, und man hat eine Chance Tiere zu sehen, wenn sich hier keine Autokolonnen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang durch die Natur schieben.

Es beginnt unspektakulär, aber für einzelne Antilopen und ein paar Affen hält der Fahrer gar nicht erst. Er ist auf Größeres aus. Er hält immer mal und lauscht. Später erfahre ich auch, was er hören will: Sobald eine Raubkatze in der Nähe ist auf der Suche nach Frühstück, warnen sich die potenziellen Opfer gegenseitig. Und das warnt auch den Fahrer und Spotter.

Es ist sehr trocken. Hierdurch steigen die Chancen auf Tiersichtungen.

Ein paar eher unspektakuläre Tiere wie Wildschweine laufen uns über den Weg und immerhin ein paar Wildhunde posieren brav und geduldig für uns. Und auch das eine oder andere weitere Tier verirrt sich selbst bei meinem Ungeschick vor die Linse.








   



Wir sind hinter einem anderen Jeep. Plötzlich gibt der Fahrer Gas und macht nach einiger Strecke den Motor aus, rollt auf den anderen Jeep auf, gerade noch rechtzeitig für uns um einen Leoparden vorbeischleichen zu sehen, ganz wie eine europäische Wald- und Wiesenkatze, die mal eben nachsehen geht, ob neben dem doofen Trockenfutter nun auch noch ein Hühnerbrüstchen im Fressnapfgelandet ist. Wow, wer hätte das gedacht.

Wir stehen noch eine ganze Weile an dem mutmaßlichen Weg der Katze und warten. Wieder Warngeräusche, man sieht die Mietze durch das Gestrüpp schleichen, selbst der Spotter ist ganz aufgeregt. Doch alles Warten nutzt nichts, nun ist er oder sie wohl weg.





Es geht weiter, und fast schon gebe ich den Gedanken auf, dass sich noch etwas anderes zeigt, als ein Schakal uns brav auf der Gegenfahrspur entgegen kommt.



Und am Gasgeben merke ich, dass es wieder etwas Interessantes gab, denn der Spotter ruft nur “straight, straight” und ich folge mit dem Blick seinem Arm, sehe gerade noch einen Tigerpopo (oder ist es nur ein indischer Statist im Tigerfell?) im Dickicht verschwinden.

Und auch hier hat unser Spotter die richtige Spürnase. Nachdem er fast von dem herrischen Fotografen dafür verprügelt wurde, dass er nicht näher herangefahren ist, sehen wir seine Majestät nochmals die Straße queren. Ich bin wieder mal nicht schnell genug und kann mich nur noch auf dem Display des King of Wildlife-Photography vor mir neidvoll davon überzeugen, dass es tatsächlich ein Leopard und ein Tiger waren, die wir gesehen haben.

Wie war es nochmal? Auf Reisen ist die Welt gut zu mir. Ich werde heiß beneidet von allen, denen ich das erzähle. Und in Shekhars Augen sehe ich, dass ich wohl wirklich größtes Glück hatte, denn er scheint es wirklich nicht zu glauben. Und auch im Hotel werde ich nach meinem Erfolg gefragt und zu diesem beglückwünscht.

Vom Rückweg noch ein paar Impressionen:





Die Zeit bis zur nächsten Safari am Nachmittag überbrücke ich damit mir einen Sonnenbrand am Pool zu holen.

Am Nachmittag ist es weniger schön auf Safari, aber letztlich auch ganz nett. Zwar geht es nun ohne längere Anfahrt, aber wir sitzen mit fast 20 Personen nun in einem Bus. Immerhin, ich darf vorne sitzen. Der Spotter ist auch nicht so drauf wie der heute Morgen. Er lässt den Fahrer einfach über die Pisten fahren, lässt nicht den Motor ausschalten, mahnt nicht so zur Ruhe im Wagen wie der von heute  Morgen, der fast ärgerlich war, wenn jemand gesprochen hatte.

Auch Shekhar und ein anderer Fahrer dürfen im Bus mit Platz nehmen. Shekhar verbringt die Fahrt über die buckeligen Pisten größtenteils im Schneidersitz auf dem Mittelbänkchen zwischen dem Fahrer und mir.



Wir sind nicht so erfolgreich wie am Vormittag, aber schön ist es trotzdem im goldenen Abendlicht am Ufer des Kabinilakes. Hier sehen wir große Antilopenherden und einige Elefanten, die sich sehr schön für uns in Pose stellen.

















Auf der Rückfahrt ein kurzer Stopp im Dorf, in dem die Vorbereitungen für ein Fest im vollen Gange sind. Schade, dass wir dann schon wieder weg sind. Aber als wir kurz halten, hängt eine Traube Kinder an meinem Fenster und jedes probiert seine Englischkenntnisse aus.



Meine Empfehlung übrigens: Morgens eine Jeeptour, abends eine Safari vom Wasser aus um die weidenden und trinkenden Tiere mit Panoramablick genießen zu können, denn morgens ist es eher dunstig über dem Wasser, sodass man die Tiere nicht so schnell zu sehen bekommt bei einer Bootstour.

Ich bin bei der Ankunft im Hotel ziemlich KO und beschließe, dass der Abend nicht mehr so lang werden darf, auch wenn ich mir morgen den Wecker für die Weiterfahrt nach Mysore nur auf 7 Uhr stellen will.

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SA,28.03.2015

Morgens an den Kabini Backwaters:



Es geht nach Mysore. Und wie immer hat Shekhar schon einen Plan parat: Leider umfasst dieser eine Menge staatlich geführter Einrichtungen - und da diese sooooo wichtig sind, ist dass Fotografieren der äußerst lohnenswerten Sehenswürdigkeiten leider verboten. Also sortiere ich den Tag heute (mit Fotos nur außerhalb der Sehenswürdigkeiten) nach den Stopps unterwegs.

Zunächst geht es vorbei an dem Dorf mit dem Tempel, in dem das Fest heute offenbar schon eingeleitet wurde durch einen Lauf durchs Feuer: Man sieht nur noch die Aschenbahn, sonst ist leider nichts mehr zu Gucken übrig. Shekhar meint es sicher gut und erzählt mir auf den 1,5 Stunden Fahrt sehr viel zu Mysore, zu der Geschichte der dort ansässigen Maharajafamilie und zu dem, was es sonst alles in und um Mysore herum zu sehen gibt. Ich schalte irgendwann ein wenig ab, auch wenn es mir Leid tut. Ich würde eigentlich ganz gerne einfach nur die Landschaft vorbeigleiten lassen. Der Autismus, dessentwegen ich gerne allein unterwegs bin, kommt heute voll durch.

Erster Halt: Die Seidenfabrik in Mysore: Ein Zweckbau mit Technik, die ein wenig wirkt wie die der 60er Jahre und es wohl auch ist, na ja, vielleicht auch schon der 70er Jahre… Unvorstellbar in Deutschland - in jeder Hinsicht!

Zunächst hätte man sicherlich in Deutschland Touristen gar nicht erst zwischen den Webstühlen herumlaufen lassen, man hätte sicher hinter einer Glasscheibe die Aussicht genießen dürfen. Wir aber nicht. Es herrscht ein Höllenlärm bereits da, wo hunderte von Spulmaschinen die Seide aufwickeln. An diesen Maschinen sind überwiegend Frauen am Werk, die mir ein paar Fäden in die Hand drücken und winken. Männer stehen zwischen ihnen herum und notieren etwas, vielleicht irgendwelche Arbeitswerte? Das heißt, einige der Herren sitzen auch an der Seite auf umgedrehten Eimern und lesen Zeitung.

Noch netter wird es in dem Saal mit an die 50 Webstühlen, die jeweils betreut werden von halbnackten Herren in Flip-Flops und ohne Gehörschutz, wobei sich manche Watte oder Plugs in die Ohren gesteckt haben. Hier werden helle Stoffe mit Goldfäden gewebt. Die Vergoldung der Fäden übrigens findet in einer Art abgeschlossenem Käfig statt.

Ich habe allein von den 5 Minuten darin einen Gehörschaden und konnte nur sanft lächelnd Shekhars Erläuterungen und die bruchstückhaften Erklärungsversuche der Mitarbeiter verfolgen. Diese allerdings sind sehr nett und freuen sich über mein Interesse.

In einem anderen Saal wird die Seide von am Boden hockenden Männern für die Färbung vorbereitet, dann wird sie mit Wäscheklammern zum Trocknen aufgehängt und schließlich von Frauen auf Qualität kontrolliert.

Sowohl wir als auch Schulklassen laufen ohne Belehrung und Begleitung irgendwie dazwischen herum. Da müsste man wohl wirklich mal den Betriebsrat informieren über diese Zustände! Wichtig ist den Mitarbeitern allerdings, dass ich in der Zugangsliste einen Kommentar hinterlasse, und dieser lautet wahrheitsgemäß: “Very interesting - thank you!”

Es geht weiter zu einer Sandelholzfabrik, die immerhin von außen ein Foto wert ist. Mir wird in unverständlicher Sprache irgendwas dazu erklärt, von dem bei mir nur ankommt, dass ich mich in der wichtigsten und mit der Herstellung von Sandelholzöl in absoluter Topqualität befassten Fabrik der Welt befinde. Auch hier geht es gemächlich zu. Hier würde ich schon wegen des angenehmen Duftes, der in allen Räumen der Fabrik aus dem Jahr 1917 steht, lieber arbeiten als einer der Spulmaschinen oder Webstühle in der Seidenfabrik.



Und hier ist das Wichtigste, dass ich mit meinem Guide, den ich ohnehin nicht verstanden habe, noch für ein Foto mit seinem Handy posiere.

Heute ist übrigens der Tag, den ich immer einmal im Urlaub habe, der Tag, an dem ich unwillig und unwirsch bin und andere schlecht behandele, weil ich mich schlecht behandelt fühle. Es begann schon beim Auschecken, wo ich ungeduldig mit den Fingern trommelnd warten muss, bis ich meine Rechnung bekomme, obwohl alle so überaus nett und freundlich hier sind.

Es geht weiter mit all den Sehenswürdigkeiten, die so dermaßen malerisch und herrlich sind, und die ich trotz allem nicht ablichten darf. Maulend gebe ich an jeder Sehenswürdigkeit meine Kamera ab und schleiche mit einem “Flunsch” durch die Gemäuer ohne zu verstehen, worum es hier eigentlich geht.

Aber Shekhar hält wieder mal an einem Tempel, vor dem Kinder den Boden mit bunten Farben bemalen für ein Fest. Ich möchte gerne eins fotografieren, doch alle nötigen mich, auch noch das eigene und das der Freundin zu knipsen, was ich auch brav tue. Und da einige Kinder nicht nur den Boden, sondern auch sich selbst bemalen, ist auch das ein Foto wert, das die Rasselbande erfreut, als ich es auf dem Display vorzeige.





Der nächste Halt ist die größte Sehenswürdigkeit von Mysore, der Palast. Auch hier darf ich nur außen knipsen, aber immerhin ist der Palast nicht so voll wie die in Nordindien, sodass ich Dank des deutschen Audioguides ausnahmsweise mal nicht höflich lächeln muss zu bemühten Erklärungen, die ich mangels Sprachbarriere ohnehin nicht verstehe und mir einfach alles in Ruhe ansehen kann. Und hier im Palast entspanne ich ein wenig und bewundere prunkvolle Intarsien, luftige Säulenhallen mit toller Ausstattung, den Anblick von Affen auf den Simsen der Außenmauern.







Es geht vorher allerdings noch noch in den Tempel vor dem Palast, hier darf ich fotografieren, aber hinter mir schleicht wieder jemand her, der mich auf die Notwendigkeit einer Donation hinweist, und zwar mehrfach und lautstark.





Shekhar wartet auf dem Parkplatz. Wir checken fast direkt neben dem Palast im etwas abgewrackten Parklanehotel ein und machen uns sofort wieder auf den Weg. Beim Verlassen des Raumes fällt mir noch der gut gemeinte Hinweis neben dem Fenster auf, dieses wegen der Affen geschlossen zu halten… Mittagessen in einem bei Touristen offenbar völlig unbekannten Lokal ist angesagt und dann die Besichtigung der Jayalakshmi-Mansion, die etwas verfallen und abgeschieden und völlig unbeachtet am Wegesrand liegt.

Während ich erst noch ob des einsamen Schlenderns durch den Palast und des dann guten Essens sehr heruntergekommen war, stehe ich nun wieder kurz vor dem Explodieren.

Auch diese herrlichen Räume dürfen nicht geknipst werden, dabei sind sie gerade wegen ihres sehr morbiden Charmes und der noch durchschimmernden Pracht soooo sehenswert. Und zu allem Unglück schleicht der nächste Trinkgeldgierige hinter mir her, sodass ich die Räume nicht einmal genießen kann. Er packt seinen gesamten englischen Wortschatz aus, bestehend aus “come”, “no”, “here” und zu guter Letzt “pay!” (obwohl er meine gemurmelten zugegebenermaßen respektlosen Kommentare auf Deutsch sicher auch ohne entsprechende Sprachkenntnisse kaum fehlinterpretieren konnte), nachdem er mich störend, mich beobachtend und mich zur Weißglut treibend permanent rülpsend mich “begleitet” hat, während die einzigen anderen Gäste, ein indisches Paar, die Räume in aller Ruhe erobern durften.



 



Der arme Shekhar hat es heute nicht leicht mit mir. Ich erkläre ihm, dass ich nun auf den Markt lieber allein gehen möchte. Den ganzen Tag immer in Begleitung zu sein, das ist nichts für mich, und auf dem Markt geht es ja auch eher um das Schauen. Er setzt mich mit einem Hinweis auf ein Kaffeegeschäft und einen Süßigkeitenladen mit Sweets feinster Qualität an der Markthalle ab.

Kaffeekauf:







Und wie immer, wenn ich mich von dem “alle sind böse, lasst mich bloß in Ruhe” im Kopf verabschiede, denn hier rechne ich ja damit angesprochen und bequatscht zu werden, ändert sich schlagartig das Bild.

Ich kann aber auch völlig unbehelligt über den Markt streichen. Ganz am Anfang ein netter und gebildet wirkender älterer Inder berät mich beim Kauf einer Einkaufstasche, denn ich habe meine vergessen. Ich handele sie zäh herunter von 80 auf 60 Rupies und meine Wasserflasche, der gerade erstandene Kaffee und ein Kilo Mangos landen darin.

Wieder einmal gehen die Augen über zwischen Obst, Gemüse, Blumen, Farbpulver und allerlei Zeug, von dem ich keine Ahnung habe, was es wohl ist.









 



Als Kontrastprogramm gönne ich mir noch die sehr moderne Einkaufsstraße, in der ein Seidengeschäft neben dem nächsten ist, nur unterbrochen von Geschäften wie “Bata” und “Jockey” und der einen oder anderen Apotheke. Ganz interessant sind ein Kaufhaus und ein modernes Shoppingcenter, das in Größe und Angebot natürlich nicht mit denen in den USA vergleichbar ist, aber einen Einblick bietet, wo man als moderne Inderin modische Salwar Khameez kaufen kann, wenn man nicht auf den Bazar gehen will.

In der Dämmerung bin ich wieder in der Nähe des Palastes und stelle (wieder einmal) fest, dass die blaue Stunde meine Lieblingstageszeit in Indien ist. Neben dem Palast ist ein offenbar äußerst beliebter Tempel. Barfuß stehen die Gläubigen in langer Schlange an, erst holen sie sich ihre Segnung, dann bekommen sie ein Schälchen Mais. Ein gleichförmiges Mantra, das ich noch Stunden später im Ohr habe, tönt über den Platz. Der Verkehrslärm mit Motorengeräuschen, Hupen und schrillen Pfiffen der Polizisten versinkt im Hintergrund, Atem und Herzschlag verlangsamen sich, ich gehe mit Frieden im Herzen zum Hotel zurück.




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SO, 29.03.2015

Heute geht es ein bisschen gemächlicher als gestern zu. Und es verspricht ein wunderbarer Tag zu werden!

Es beginnt schon damit, dass Shekhar ganz nebenbei an einer Kreuzung das Fenster öffnet, für 10 Rupies einen Strang gebundener Jasminblüten ersteht und mir diese nach hinten reicht. Die könne ich mir doch ins Haar binden. Nun bin ich absolut kein Blume-im-Haar-Typ in der karierten Bluse, die ich heute trage schon gar nicht, aber der Duft umweht mich, und ich werde im Laufe des Tages von asiatischen Touristen angesprochen, wo es so etwas gebe und zweimal von Indern, die mir “nice Flowers” hinterher rufen. Noch abends beim Ausbürsten der Haare kommt ein Hauch Jasmin in meiner Nase an, obwohl ich die Blüten schon nachmittags am Pool abgelegt habe. Blumen gibt es im Verlauf der Reise noch öfter, und so werden meine Erinnerungen an Südindien für immer mit dem Jasminduft verbunden bleiben.

Wir fahren jedoch mit Blumen im Haar zunächst zum Cauvery-River, der hier im Süden ähnlich heilig ist wie der Ganges im Norden. Hier halten wir an zwei Stellen und mir gehen wieder mal die Augen über ob der Schönheit und Farbenpracht indischen Lebens.Die Stelle ist übrigens im Reiseführer nicht zu finden, und nicht zum letzten Mal wundere ich mich über die Menschen hier, denen ich mit gezücktem Fotoapparat auf die Pelle rücken darf.

Familien pilgern hierher um Zeremonien abzuhalten, im heiligen Wasser zu baden und ihre Wäsche darin zu waschen.

Der erste Punkt ist ein Ort, an den Menschen kommen, die genau ein Jahr zuvor ein Familienmitglied verloren haben. Männer opfern ihre Haare inklusive des ansonsten unvermeidlichen Schnurrbartes, es gibt eine Zeremonie. Ich darf ungehindert fotografieren.













 

Wir fahren weiter zum zweiten Punkt. Hier geht es turbulenter und lustiger zu. Irgendwie nett, wie die Kinder, verbunden mit Badespaß, an die Religion herangeführt werden. Und das Abhalten einer Zeremonie hält einen Priester beim Vorbereiten eines weiteren Schrittes nicht davon ab zwischendurch ein paar Worte mit mir zu wechseln. Alles sehr, sehr freundlich und aufgeschlossen.

Nur das lebende Huhn mit einer Lebenserwartung von wahrscheinlich nur noch wenigen Minuten, das hierher getragen wird, tut mir Leid.

Einige Menschen lassen hier ihre Kleidung zurück nach dem Bad, sozusagen als Opfer. Wer die Opfer sind, das entscheidet sich aber an ganz anderer Stelle: Eine offensichtlich sehr arme Frau sammelt Saris und Ähnliches ein. Shekhar ist der Meinung, sie wird die Stoffe verwerten, etwas daraus nähen, und nach einigen Tagen wird der gebrauchte und geopferte Sari als Hose für Touristen auf dem Bazar ankommen. Dieser Gedanke wird mich für den Rest der Reise davon abhalten billigen Quatsch zu kaufen.





 











 

Wir fahren noch zu einem Tempel ganz in der Nähe, in dem ich mich in der Schlange zum Heiligtum anstellen darf. Das ist äußerst selten, denn in die Tempel darf man, zum Heiligtum kaum jemals. Für die Gläubigen Warterei, für mich ein großer Spaß. Ich werde angelächelt während wir durch die Warteschlange stehen, und einer fragt mich “Hoddidunaddidy?” Ich rate richtig und antworte “German”, worauf er mir begeistert die Hand schüttelt. Die Frage lautete wohl also tatsächlich: “What is your nationality?”

Auf dem Rückweg hält Shekhar noch an einem Betrieb, der Zuckerrohr verarbeitet. Hier geht es ähnlich zu wie in der Rumdestille auf Grenada. Allerdings wäre mir bei den hygienischen Bedingungen hier wohler, würde man hochprozentigen Rum und keine Zuckerbrocken herstellen. Dennoch spiele ich kurz mit dem Gedanken, solchen Zucker mitzunehmen, denn den gibt es so hergestellt bei uns nicht: Das Zuckerrohr wird per Hand durch eine Presse gejagt, das ausgepresste Rohr auf dem gesamten Grundstück zum Trocknen verteilt und per Hand von einem Mitarbeiter ins Feuer gegeben, das unter den großen Becken brennt, in denen die Masse so lange eingekocht wird, dass man sie in Formen füllen und zu Quadern mit Loch drin pressen kann.







Wir fahren noch zur Kathedrale, die irgendwann von den Briten im gotischen Stil erbaut wurde. Und während ich denke, dass ich mich hier auf sozusagen vertrautem Boden bewege, muss ich beim Betreten des Gotteshauses laut lachen - auch hier stehen die Schuhe vor der Tür! Und ansonsten fällt auch hier auf, dass es streng zugeht: Während ich mich in den Hindutempeln immer willkommen fühle, steht hier eine sehr gestrenge Dame mit einer Art Schlagstock in der Tür und herrscht mich an: “Camera off, camera off.” Nee, ich glaube, ich konvertiere!





Und die Moschee unterwegs:







Es schließt sich ein Mittagessen an. Zum Essen gibt es wie so oft schönen Joghurt. Der dient als Nachtisch. Und dazu kommt der Kellner mit einem Napf Zucker und gibt mir einen riesigen Löffel davon in das kleine Näpfchen. Shekhar winkt erschrocken ab, aber der Kellner reagiert mit einer Geste, die in etwa besagt, “ach, hab dich nicht so” und haut mit einem strahlenden Lächeln zu mir noch einen Löffel drauf.

Erst am späten Nachmittag wird es weiter gehen. Ich nutze die Pause um ein wenig auf der Dachterrasse des Hotels und in dem kleinen Pool dort zu entspannen.

Gegen 16.30 Uhr fahren wir los. Shekhar fährt mich noch an einigen Prachtbauten aus der britischen Kolonialzeit vorbei, die nun fast alle in staatlicher Hand sind und Post, Polizei oder Militär beherbergen.



Wir fahren hoch zum Chamundi-Hill, wo ich von einem Inder fast in eine Schlange zum Allerheiligsten gezogen werde, denn um 18 Uhr schließt der Tempel für eine Puja, und vorher wollen wir alle doch noch gesegnet sein, oder? Wieder strahlen mich große braune Kulleraugen an...

Der Tempel ist nicht soooo wahnsinnig sehenswert, wenn auch wegen des Gedränges in der Spätnachmittagsatmosphäre erlebenswert. Die meisten Touris fahren hierher wegen des Blickes auf die Stadt, der mir aber wegen des Blickes gegen die Sonne und des Dunstes über der Stadt verwehrt bleibt. Also, Leute, fahrt hier lieber morgens her!







Ich gehe zu Fuß eine ganze Reihe von Stufen runter zum Ochsentempel, der letztlich eine Granitstaue eines Ochsen und einem Altar davor besteht. Auch hier erlebe ich mal wieder, wie Kinder in die Religion einbezogen werden: Eine Mutter mit ihrem etwa zweijährigen Sohn drückt dem Jungen einen Zehner in die Hand, den er in die Opferschale legen darf. Sie hält ihre Hand über das Feuer und streicht die so erhaltene Segnung dem Jungen über den Kopf, dann das Gleiche nochmals für sich selbst. Sie nimmt einen Löffel gesegnetes Wasser, gibt es dem Jungen zu trinken und streicht den Rest auf seinen Kopf, das Gleiche für sich selbst. Sie nimmt einen Tupfer roter Farbe und drückt dem Jungen einen Punkt auf die Stirn, das Gleiche für sich selbst.

Ich habe hier heute erlebt, wie selbstverständlich, fröhlich und offen die Religion praktiziert wird, wie selbstverständlich andere wie ich willkommen sind. Und ich freue mich, dass ich das erleben darf, wieder mal fast unbehelligt von allem, was einem so in Indien angedroht wird. Und irgendwie lassen mich heute auch wieder die Guides kalt, die mich natürlich auch heute den ganzen Tag über immer wieder ansprechen.

Wir fahren zum Palast, in Kürze beginnt die Illumination. Staunend stehe ich vor dem Licht von 90.000 Birnen, oder realistischer wohl nur 85.000, wie bei näherer Betrachtung deutlich wird, das die Konturen des Palastes hervorhebt, außerdem die aller Nebengebäude.













Ein herrlicher Tag geht zu Ende, der sicher davon beeinflusst war, dass ich keine Sehenswürdigkeiten mit indischer Bürokratie hatte, was aber zum großen Teil auch daran lag, dass ich nach meinem Down gestern wieder zu Ausgeglichenheit gefunden habe und meine Perspektive auf das Land wieder deutlich eingerenkt ist.

KarinaNYC

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Das Farbpulver-Bild  :liebe: :liebe: :liebe: :liebe: :liebe:

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MO, 30.3.2015

Wir verlassen Mysore und sind auf dem Weg nach Ooty, so die Kurzform von Udhagandalam, einer Hill Station, die man auch sehr nett mit einem Toy Train erreichen kann, aber für den fehlt mir die Zeit, und außerdem mag ich es zwischendurch mal halten zu können, wo ich es möchte.

Wir fahren erst durch Reisfelder und Shekhar biegt für mich ein kleines Stück in eine Stichstraße ein, damit auch ein paar idyllische Fotos gelingen.






Es geht weiter durch das Bandipur Tigerreservat (die Bezeichnung ist glatt gelogen, denn hier gibt es schon lange keine Tiger mehr) und den Mudumalai-Park, in dem es auch nur Affen und Antilopen gibt.


 

Wir nähern und Ooty. Schade, dass ich nicht rechtzeitig geschaltet habe: Unterwegs eine Geschwindigkeitskontrolle, wer hätte das gedacht? Wieviel es wohl kosten mag NICHT bestraft zu werden?

Auf dem Weg ziehen wir vorbei an einer Prozession, eine Bestattung, der Tote wird ganz offensichtlich zur Feuerstelle getragen: Vorne die Männer mit dem Gestell mit dem Toten darauf, dahinter die Frauen.

Die Schule ist aus, Mädchen und Jungen gehen hier doch tatsächlich nach Geschlechtern getrennt in Schwärmen heim: Auf der einen Straßenseite lauter Mädchen, auf der anderen lauter Jungen. Ist echt wahr, I am not kidding you!

Wir nähern uns über 36 steile Haarnadelkurven Ooty, wo es deutlich kühler ist als bisher.



Zunächst geht es in die Teefabrik, in der ich mir die Produktion von Tee ansehen kann. Über allem liegt natürlich Teeduft. Und, was in den staatlichen Fabriken nicht so war, beim Verlassen wird man wie in den USA erst einmal durch den angeschlossenen Shop gelotst.



 

Nun geht es in den botanischen Garten. Hier wird das erste Mal versucht mich übers Ohr zu hauen, und das gleich zwei Mal. Der Eintritt beträgt 30 Rupies, aber das steht auf dem Schild direkt am Ticketschalter nur in der hiesigen Schrift bzw. Sprache. Ich soll 100 Rupies zahlen. Der Preis steht auch auf der Tafel, und 50 Rupies für die Kamera sind auch fällig. Ich sehe auf meine Quittung, auf der ein Eintritt von 30 Rupies steht, und auf die englische Tafel, die dieses als korrekt bestätigt. Ich gehe wieder zum Ticketschalter und sehe schon, wie sich mir eine Hand mit 70 Rupies Wechselgeld entgegenstreckt.

Dann werde ich angesprochen von einem jungen Mann. Der Fahrer habe ihn gebeten mich durch den Garten zu führen und mir hinterher auf dem Markt zu zeigen, wo ich Durians kaufen kann, die möchte ich nämlich gerne mal probieren oder zumindest sehen. Ich will erst automatisch dankbar nicken, als mir aufgeht, dass Shekhar nie im Leben jemanden losschicken wird als meinen Guide und dass er mir auch die Durian selbst zeigen würde.

Der botanische Garten ist schön grün und gepflegt, bietet aber nicht allzu viel. Und auch derjenige, der mir die Durians zeigen wollte, lässt sich nicht mehr blicken. Zurück am Auto stellt sich heraus, dass er wohl belauscht hat, wie Shekhar einen der Locals gefragt hat, ob es welche gibt in Ooty und dann gleich losgestürmt ist. Nun ja, ich habe es ja noch rechtzeitig bemerkt und werde auch bald Indienexpertin.






Und auch in Ooty gibt es eine alte Kirche, wenn ich richtig verstanden habe, das älteste noch bestehende Gebäude der gesamten Nilgiri-Mountains-Region.





Den Tag beschließe ich in einem herrlichen Heritage Hotel (Taj Savoy), in dem ich mich fühlen kann wie eine britische Großgrundbesitzerin, während von einer nahen Moschee der Imam seine Suren singt. Fast schon devot wird Memsahib vom Manager höchstpersönlich in Empfang genommen und ins Zimmer begleitet. Ich sei ein “Special Guest” und erhalte somit ein Upgrade auf ein besonders schönes Zimmer, erklärt er mir, während wir den fast 40 qm großen Schlafraum mit Kamin betreten, an den sich nochmals jeweils 10 qm Ankleidezimmer und Bad anschließen.

Ich relaxe auf dem gepflegten Grundstück und genieße Temperaturen, die einem deutschen Frühsommer bei leichter Brise in Norddeutschland entsprechen. Abends schreibe ich im Garten Reisebericht, während der Manager mich zum wiederholten Mal anspricht, ob alles zu meiner Zufriedenheit sei.




Aber dass um 22.30 Uhr jemand bei mir vor der Tür steht, mir strahlend mit dem Ausruf 'Food!' ein Tablett entgegenreckt und der Meinung ist, ich hätte den Roomservice bestellt, das geht denn doch zu weit. Gute Nacht!

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DI, 31.03.2015

Beim Frühstück bekomme ich keinen Bissen herunter. Nein, nein, nicht, dass es nicht schmeckt, aber alle gefühlt 32 Sekunden steht einer hinter mir und ich muss mit vollem Mund verneinen noch Saft, Omelett, Toast oder Kaffee zu wollen oder ich muss bejahen, dass ich alles habe, was ich brauche. Ein wenig fühle ich mich wie der Gast in dem Loriot-Sketch, der immer wieder auf die Frage “schmeckts?” antworten muss, während er doch eigentlich nur seine Roulade ohne Krausbandnudeln essen will.

Es liegt ein langer Fahrtag vor uns. Erst gegen 17 Uhr werden wir in Kochi ankommen.

Ich ärgere mich ein bisschen, dass ich abgelehnt habe nicht bis Conoor mit dem Toy Train zu fahren, denn bis dahin ist es recht langweilig. Andererseits wären wir dann noch fast 2 Stunden später in Kochi angekommen, also ist es auch wieder gut. Und so wird nur der Bahnhof in Conoor kurz geknipst.



Dann allerdings wird es sehr schön: Teeplantagen säumen den Weg, herrliche Bäume mit blauen Blüten setzen Farbakzente.















Wieder im flachen Land angekommen, wird es langweiliger und vor allem heiß. Zeit für ein Nickerchen, das Weiterschreiben des Reiseberichtes (hat eben auch Vorteile, wenn man nicht selbst fährt) und Beobachtungen am Rande. Ich stelle fest, dass Indien hier im Süden entweder ohnehin moderner ist oder aber das Land in den letzten 1,5 Jahren insgesamt moderner geworden ist. So kommen wir immer wieder auch auf dem platten Land an Filialen einer Starbucksalternative “Coffee Day” vorbei und ich entdecke den einzigen “Applebee’s”, den ich jemals außerhalb der USA gesehen habe. Kurz vor Kochi kommen wir an Autohäusern aller erdenklicher Marken vorbei, und auch ein Decathlon ziert den Weg.

Die Fahrt ist nervig: Erst die steilen Kurven, dann immer wieder Baustellen, Ortschaften, das ständige Gehupe. Kurz vor Kochi gießt es auch noch eine viertel Stunde heftig. So gerne ich auch selbst fahre, hier würde ich es nicht tun wollen.

Nebenbei bietet sich hier auch die Gelegenheit ein wenig mit Shekhar zu schwatzen. Ich habe den Eindruck, dass er ein eher traditioneller Mensch ist, zum Glück ein toleranter traditioneller Mensch, der im besten Sinne Werte der indischen Gesellschaft hochhält, aber sehr gut weiß, dass es anderswo in der Welt auch anders zugeht.

In Kochi bin ich so richtig dankbar mit Fahrer unterwegs zu sein. Shekhar schlägt vor, dass wir die Fähre nehmen, denn das geht schneller als außen herum zu fahren, und er nutzt die Zeit, während ich auf der Fähre die ersten Fotos der chinesischen Fischernetze mache (“stand on this side, so you have the best view”) mir telefonisch schon eine Karte für das Kathakali am Abend zu reservieren.





Sein Zeitplan geht genau auf. Während ich schnell unter die Dusche hüpfe, hat er schon die Karte besorgt für die erste Reihe Mitte, begleitet mich dorthin, und ich kann mir das Spektakel ansehen.

Zunächst kann man zusehen, wie die Darsteller sich schminken bzw. geschminkt werden. Die Farben bestehen allesamt aus natürlichen Zutaten, so besteht der weiße Bart des einen Darstellers aus Reisbrei.









Dann wird ein wenig erklärt, was Kathakali ist, einige der Bewegungen werden erklärt. Die Darsteller drücken mimisch und gestisch Gefühle wie Wut oder Trauer aus, indem sie quasi mit dem Gesicht zur Trommel tanzen, es gibt bestimmte Gesten für Begriffe wie “Sohn” oder “Ehefrau”, und auch Aufforderungen wie “komm bitte!” oder “komm sofort her!” können in unterschiedlicher Stärke ausgedrückt werden.

Die eigentliche Geschichte ist schnell erzählt: Böser König macht unschuldiges Mädchen an. Unschuldiges Mädchen berichtet es weinend dem strahlenden Helden. Der strahlende Held bringt bösen König dafür um. Alle Rollen werden gespielt von moppeligen Herren, die jedoch erstaunlich fix und ausbalanciert dabei sind. Aber dafür haben sie es ja auch viele Jahre lang studiert…







Ich gehe noch ein wenig durch die Stadt, in der ich mich nun am Abend bei nachlassender Hitze wohl fühle. Eine Menge Deutsche sind unterwegs, denn heute hat die AIDA hier angelegt.

Ich finde ein ganz nett aussehendes Lokal. Und, oh Wunder - oder eben wegen der vielen Christen hier nicht “oh Wunder” - findet sich Rindfleisch auf der Speisekarte. Übrigens hat Shekhar zur Heiligkeit der Kühe und deren Verehrung berichtet, dass dem einen oder anderen Viehzüchter hier dann doch das Portemonnaie näher sei als die Heiligkeit, sodass Kühe, die keine Milch mehr geben und somit wertlos werden für den Halter sind,  teilweise skrupellos in den Süden zum Verzehr verkauft werden!

Es gibt Seafood, und ich wage es in Indien, denn meine Erfahrungen im Süden waren bisher, dass es deutlich hygienischer zugeht als im Norden. Zumindest habe ich bisher noch nicht zusammen mit Ratten gespeist hier.

Ich freue mich schon morgen mehr von Kochi kennenzulernen.

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MI, 1.4.2015

Heute geht es gemächlich los. Es ist nur Sightseeing in Kochi angesagt, wobei es hier keine wirklich bombastischen Sehenswürdigkeiten gibt. Die ganze Stadt ist eine Sehenswürdigkeit.

Hier ist es im Gegensatz zu den Höhenlagen, in denen wir die vergangenen Tage unterwegs waren, sehr, sehr heiß und drückend.

Und so stehe ich morgens gegen 9.30 Uhr bereits bei glühender Hitze am Dobikhane, der örtlichen Wäscherei, und sehe, wie die Wäscher in der Hitze in der Lauge stehen und Schwerstarbeit verrichten. Einer singt. Shekhar meint, das tut er, weil er dann den Kopf leer habe und die Anstrengung nicht mehr so merke.

Ich werde total nett empfangen. Einer der Wäscher meint, dass gestern 1500 Touristen von der AIDA in Kochi gewesen seien. Das erklärt, weshalb beim Kathakali so viele Deutsche waren und auch den derzeit recht hohen Preis für die Hotels hier in der Stadt.





Gebügelt wird hier mit altertümlichen Eisen. Eine Frau bügelt noch mit einem mit Kohle gefüllten Eisen.



 

Wir fahren weiter zum Palast bzw. dem alten jüdischen Viertel. Kochi war lange Zeit von den Holländern dominiert, sodass der Palast auch “Dutch Palace” heißt. Hier gibt es vor allem schön bemalte Wände zu betrachten, weiterhin einige Ausstellungsstücke und Erklärungen zum Leben der hiesigen Maharaja-Familie. Fotografieren auch hier wieder streng verboten, aber ich kann trotzdem ein heimliches Bild machen.



Zu Fuß gehe ich durch die Jew town road, die gesäumt ist von Souvenirshops. Pashminas, Statuen von mini bis lebensgroß, Schnitzereien, Gewürze, alles, was das Herz begehrt.

Ich interessiere mich für Schals aus Yak-Wolle. Das spricht sich wohl schneller herum als ich die Straße entlang gehe, denn diese werden mir plötzlich überall unter die Nase gehalten - und alle Verkäufer erklären mir, dass die Schals im Geschäft nebenan billige China-Imitate seien, während nur er selbst die Originale habe.







Die Synagoge ist ein angenehmer Ort: Ein helles Gebäude, durchflutet von Licht und Luft, mit einer Menge Leuchtern aus Glas unter der Decke. Leider ist auch hier das Fotografieren tabu und auch nicht heimlich möglich, weil immer jemand im Raum ist.





Nach einer Weile komme ich wieder am Parkplatz an und wir fahren in den Stadtteil Fort zurück. Zwar ist Kochi wirklich übersichtlich, aber bei der Hitze bin ich ganz froh um jede Minute, die ich nicht draußen, sondern im klimatisierten Auto sitze, sodass ich mich gerne für ein paar Fotos von Kirchen und tatsächlich holländisch angehauchten Häusern herumfahren lasse, vor allem auch zu den chinesischen Fischernetzen, die heute eher bezahltes Fotomotiv sind als dass sie zum Fischen genutzt werden. Dennoch wird Fisch am Straßenrand verkauft und ich hoffe, dass der in den Lokalen fangfrisch ist und sofort auf Eis gelegt wird.
















 




Ein alter Mann bietet mir sehr hübsche Karten an mit eingesteckten Blättern, auf die Motive aufgemalt sind. Echte Kinderarbeit sei das, erklärt er, und meint damit, dass Kinder die Motive gemalt haben, aber ich gehe mal stark von einem Aufdruck aus. Eine Französin kauft drei Karten. Ich möchte mehr und biete pro Karte weniger als sie. Der alte Mann verneint, ich müsse dasselbe zahlen wie die Frau. Das wiederum sehe ich nicht ein, denn bei einer größeren Menge müsse ich auch größeren Rabatt bekommen. Offenbar kann ich überzeugen und ziehe mit den Karten von dannen.

Shekhar wird immer wieder von Kommissionierern angesprochen, die ihn auffordern mich in bestimmte Shops zu bringen gegen 10 % Beteiligung am Umsatz, doch er lehnt ab. Er habe einen guten Namen, der ihm wichtig sei. Er wolle lieber an die Zukunft denken als an das schnelle Geschäft. Und ich finde, da liegt er richtig!

Ich bin gegen Mittag wieder in meinem wunderschönen Hotel Tissa's Inn: Klar, sauber, stilvoll, individuell und überaus freundlich und aufmerksam ohne Phrasendrescherei. So etwas mag ich!

Ich lege mich auf das Dach an den Pool, bis der Himmel sich bezieht und mache mich startklar für die zweite Runde.

Ich besuche die beiden Kirchen noch einmal und ziehe noch ein wenig durch die Gassen und die Shops, was ein wenig nervt, denn ich weiß ja inzwischen, wie ich mit Souvenirs umgehe, dass sie also meistens nicht wirklich einen Platz in meinem Leben nach der Heimkehr finden, und habe auch gar keine Lust mir bei der Affenhitze das Gerede anzuhören.





Es tröpfelt ein bisschen, und weil ich Angst habe gleich unter einer Dusche zu stehen, gehe ich schnell in das gegenüber liegende Café. Das stellt sich als echter Glücksgriff heraus: Irgendwie lässig und völlig ungestylt ist es hier, es gibt WIFI, leckeren Kaffee und zwei warm gemachte sauleckere Törtchen für den Gegenwert von 2,50 Euro.



Ich gehe zum nicht sichtbaren Sonnenuntergang noch zu den Fischernetzen, laufe noch ein wenig durch die Straßen. Weil es gestern gut gewesen ist, gehe ich nochmals ins gleiche Lokal zum Essen und stelle beruhigt fest, dass Fisch und Seafood hier auf Eis unter Glas gelagert werden, sodass der Fisch nicht schlecht werden und nicht von Fliegen getestet werden kann.

Heute ist “dry day”. Der Kellner erklärt, das sei an jedem Ersten eines Monats so in Kerala, denn die Männer sollten nicht das Geld heute am Zahltag gleich vertrinken, sondern es daheim abgeben. Na gut, dann werden sie es wohl morgen erst vertrinken. Ich lasse es nicht darauf ankommen zu testen, ob und wie ich an einen Drink komme, sondern bestelle mir brav Cola zum Essen, denn Wasser hatte ich heute schon 3 Liter.

Recht früh bin ich wieder im Hotel, aber keine Minute zu früh, denn nun klatscht es richtig los und der am Nachmittag noch zurückgehaltene Guss löst sich nun.

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DO, 02.04.2015

Wir verlassen Kochi Richtung Backwaters. Es ist nur ein kurzer Trip von etwa zwei Stunden. Das ist auch gut so, denn auf die Backwaters bin ich ziemlich gespannt, und ich habe nur heute um sie kennenzulernen.

Unterwegs macht Shekhar mich auf die langen Schlangen vor den Alkoholläden aufmerksam, die sich nun nach dem “dry Day” bilden. Hätte ich mich mal mit angestellt, denn in dem Resort, in dem ich heute übernachte, gibt es auch keinen Alkohol...

Vorher halte wir an einer Fabrik für Fußmatten aus Kokos. Das, was wir zum Füßeabwischen benutzten, sorgt hier sicherlich mal wieder für eine verkürzte Lebensdauer der Mitarbeiter, die ohne Schutz die Farbe aufsprühen. Hier ist man sehr, sehr freundlich. Es ist ein rein privates Unternehmen ohne Shop, ohne Eintritt, ohne Trinkgelderwartungen, nichts als die Bereitschaft mir zu zeigen, wie hier gearbeitet wird!

Ich grinse kurz vor mich hin und stelle mir vor, wie es umgekehrt wäre, würde ein Auto vor der Tür meines Arbeitgebers halten, ein paar indische Touristen aussteigen und fotografierend durch die Büros bei uns gehen...

Shekhar hat, wenn ich es richtig mitbekomme, mehrere unterschiedliche Betriebe parat, in denen er mit seinen Gästen willkommen ist, das war auch bei der Zuckerrohrverarbeitung in Mysore so. Aber er hält auch spontan an Betrieben, wenn ich halten will und übersetzt. Und auch dort werden wir freundlich und neugierig reingebeten und dürfen schauen.







Wir fahren zunächst zum offiziellen Anleger der Fährboote. In wenigen Minuten fährt ein Schiff und liefert mich nach 2,5 Stunden in einem nahe gelegenen Ort ab, dessen Namen ich vergessen habe. Das beschert mir einen ersten Eindruck der Backwaters für 70 Rupies.

Shekhar drückt mir noch eine Flasche Wasser in die Hand und los gehts!



 

Ich nehme Platz auf dem Oberdeck, wo man sich wegen der niedrigen Decke nur gebückt bewegen kann. Das ist etwas lästig, aber man hat einen prima Überblick. Die Fahrt ist entspannt, obwohl der Motor laut ist und vor mir ein Mädel aus einer Vierergruppe junger Spanierinnen unentwegt quasselt. Die Passagiere sind nur maximal zur Hälfte Touris, die allerdings ebenfalls tatsächlich nach Kollam wollen, für die anderen ist die Fähre halt ein Verkehrsmittel, das macht es authentischer als ein Ausflugsboot, und man kann weiter fahren.

Es gibt eine ganze Menge zu sehen: Ich selbst würde es nicht tun, aber die Kinder haben beim Baden im Wasser jede Menge Spaß. Ob die Frauen bei der Wäsche auch so viel Spaß haben, wage ich zu bezweifeln.

Zunächst gibt es eine Menge Hausboote, die im Laufe der Zeit knapper werden. Nun sind die meisten Boote außer unserem Fischerboote.


 

 











 









 




   

Der nette Mitarbeiter wirft mich an der richtigen Stelle raus. Das Schiff hält fast gar nicht richtig an, also hüpfe ich schnell raus. Was für ein Unterschied: In der westlichen Welt hätte man das Raushüpfen glatt verboten, hier wird es förmlich von mir erwartet.

Shekhar steht schon breit lächelnd am Anleger und fährt mich zum Hotel in Allepey, dem Palmgrove Lake Resort: Eine wunderschön gelegene Anlage direkt an den Backwaters etwas abseits vom Stadtlärm, in der nicht sonderlich viel los ist. Ich habe ein Cottage mit Dusche im Freien (und einer Dusche innen), auf die ich mich schon freue. Über fleckige Bettwäsche kann ich inzwischen hinweg sehen, denn ich sehe ja an den Bügelfalten, dass sie frisch gewaschen ist. Da sind wohl die Flecken beim Schrubben in den Backwaters nicht ganz rausgegangen. Auch ansonsten ist das Niveau hier leider nicht sehr hoch, aber man ist freundlich und sehr besorgt um mein Wohlergehen und organisiert mir meine nächste Bootsfahrt völlig unkompliziert.

Mein Zuhause für heute:



Ich sitze noch eine Weile am Ufer nur 10 Meter von meinem Cottage entfernt und werde sicher ebenso oft von indischen Touris fotografiert wie ich die Schiffe fotografiere, auf denen sie drauf sind. Ein  bisschen wie im Spreewald, so finde ich, nur wärmer und ohne Gurken...



Dann geht es weiter. Ich habe für einen Spottpreis von nur etwas mehr als 10 Euro eine dreistündige Fahrt gebucht im Paddelboot (der arme Paddler), mit dem es nicht nur auf den Hauptkanälen entlang gehen soll, sondern auch in die Seitenarme.



Leider wird mein Wunsch stundenlang nur durch Seitenarme zu gleiten, nicht erfüllt. So viele von denen, die auch noch befahrbar sind, gibt es hier nicht, aber abendliche Ruhe senkt sich über die Backwaters, das Licht wird golden. Der Verkehr nimmt deutlich ab, nachdem die Hausboote für die Nacht vor Anker gegangen sind. Irgendwie wird alles langsamer.

Irgendwo am Ufer “entschuppt” eine Hausfrau den Fisch für das Essen. Aus einem Tempel schallt Musik, auf einem Boot wird gefeiert. Einige sind noch damit befasst ihr Essen zu angeln, während andere schon beim Baden sind. Dörfliches Leben - irgendwo in Südindien am Wasser - zum Greifen nah.


 



 











 






Meinen Reis beim Abendessen teile ich mir heimlich mit einer etwas scheuen Katze. Eines der gut gewürzten Gemüsegerichte wage ich ihr nicht zu geben. Mit dem Reis ist sie zufrieden, hätte aber gerne mehr. Ich habe Angst, dass das nicht gern gesehen ist und bringe ihr eine Handvoll in eine dunkle Ecke außerhalb des Restaurants.

Morgen geht es schon wieder weiter. Schade, hier könnte ich mich verlieren: Stundenlang am Wasser sitzen mit einem Buch, den Leuten winken und gucken, wie gemächlich der Fluss des Lebens in Kerala, in “God’s own country” so fließt.



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FR, 03.04.2015

Es ist nicht nur ein christlicher Feiertag (Karfreitag), sondern auch ein Hindu-Feiertag in Kerala.

Ich stehe bei Sonnenaufgang auf und gehe barfuß und im Nachthemd zum Wasser. Mir gelingt das letzte Foto des unbewegten Wassers des heutigen Tages, kurz darauf setzt wieder reger Bootsverkehr ein.



Es steht die Fahrt nach Munnar an, den wohl letzten ruhigen Ort dieser Reise, dem wohl letzten etwas kühleren Ort dieser Reise.

Da ein hinduistischer Feiertag ist, sehen wir viele Vorbereitungen für Tempelfeste. Die wohl auffälligste Aktion ist das Entladen eines Tempelelefanten von einem LKW hierfür. Nicht nur für mich ist das etwas Besonderes, eine Menge Menschen stehen hier und beobachten das Schauspiel, wodurch der Verkehr wohl noch mehr aufgehalten wird als es sonst schon der Fall wäre.







Aber auch die Christen sind hier nicht untätig: Den Choral, der die mir begegnende Prozession begleitet, erkenne ich nicht wieder, aber auch hier sind die Menschen anbetend, andächtig, mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen. Selbst die ganz Pietätlosen, die auch nun das Telefonieren nicht lassen können, decken das Telefon taktvoll mit der Hand ab...

Für meinen Geschmack dauert der Trip heute zu lange. Aber das ist nun nicht mehr zu ändern. Wäre es nicht um die absolut lohnenswerte Palastbeleuchtung in Mysore gegangen, hätte ich eventuell zu guter Letzt noch meine Pläne vor Reiseantritt geändert und hätte Udupi und Hassan ausgelassen und mit Mysore begonnen zugunsten von 1 bis 2 entspannenden Tagen mehr auf dem jetzigen Streckenabschnitt.

Unterwegs:





Munnar ist eine Spice-Region, und so besichtige auch ich eine Gewürzplantage, die sich nicht sehr von denen in der Karibik im letzten Herbst unterscheidet. Immerhin wird mein Gepäck so noch ein bisschen schwerer wegen des Masala-Gewürzes für Tee und Kaffee.

Kurz vor Munnar beginnen die Teeplantagen, die ich so sehr mag. Ich steige an einem Punkt aus und stolpere direkt in einen verrosteten Stacheldraht, der in Höhe meines Schienbeines gespannt ist. Mist! Aber ich habe eine Tetanus-Impfung und ich habe Desinfektionsmittel und Pflaster dabei, wird schon gut gehen…





Ich checke im Gruenberg Tea Plantation House ein, dessen Zimmer beispielsweise nach der Loreley benannt sind. Es ist ein sehr modernes und neues Hotel. Ich schlafe mit Blick auf Teeplantagen. Leider wird sich sicher auch hier schnell Patina auf all dem klaren und modernen Mobiliar ablegen, und diese passt nun einmal besser in Heritage Hotels. Aber noch ist alles supersauber und ich bekomme ein Upgrade auf ein Zimmer im obersten Geschoss, sodass ich vom Bett aus durch riesige Fenster, die man auch weit öffnen kann, auf die Teefelder sehen kann. Am liebsten würde ich hier bleiben. Hätte ich es mal gemacht. Hier ist es ruhig und friedlich.





Doch wir fahren wieder los. Shekhar fährt mich in ein ebenso modernes, aber lautes und überfülltes Restaurant. Na gut, wenn es denn wenigstens schnell gehen würde. Aber das tut es auch nicht.

Shekhar fährt mich zu einem absolut nichtssagenden Stausee, an dem in dieser Honeymoonlocation die jungen Paare spazieren gehen, auch wenn es nicht wirklich idyllisch ist. Er lacht über ein Paar, das Händchen hält. Die sind maximal 2 Wochen verheiratet, in einem Jahr tun die das auch nicht mehr, meint er. Und er selbst? Nein, er habe mit seiner Frau ohnehin nie Händchen gehalten. Ich habe den Eindruck, darüber will er nun nicht so gerne sprechen und frage nicht weiter. Ich bin sehr gespannt, ob ich sie und seine Söhne im Alter von nun 10 und 15 Jahren in Mamallapuram kennenlernen werde.

Zu allem Übel ist es trüb und diesig, wolkig und es regnet auch noch ein paar Tropfen, wenn auch nicht viel.







Mir fallen hier die vielen Tücher auf, die die Männer um die Hüften tragen: Sie tragen sie mal lang bis auf die Füße fallend, wickeln sie dann mit einer bestimmten Technik hoch, die ich nicht verstanden habe, um die Säume 10 Sekunden später wieder bis auf den Boden fallen zu lassen. Ich dachte immer, es seien Lungis, aber so heißen nur die karierten Tücher. Die weißen Tücher heißen Dhoti, und ein orangenes Dhoti zeigt, dass der Träger gerade Pilgeraufgaben wahrnimmt. Ich will auch sowas haben. Und ich wundere mich, dass die europäische Mode noch nicht den Rock im Dhoti-Style für die moderne europäische Frau entdeckt hat. Sollte ich es mal dem Herrn Lagerfeld stecken, was es hier so gibt?

Ich bin ganz froh, als ich wieder beim Hotel bin. Und nun schließt sich mein persönliches Highlight des heutigen Tages an: Ich gehe noch ein wenig durch die Teeplantagen spazieren. Auch wenn das im goldenen Abendlicht netter gewesen wäre, ist es sehr interessant: Ich werde von vielen hier angesprochen: Ein kleiner Junge nötigt seine ein wenig schüchternen Geschwister mich zu begrüßen, was sie nicht wollen. Der Opa steht derweil daneben und versucht mich zu fragen, woher ich komme. Eine Mutter führt mir ihren Säugling vor. Etwas später scheint ein Junge, der einkaufen war, förmlich auf mich zu warten. Woher ich komme, er gehe jetzt dort drüben hin zu seiner Familie, das da drüben sei ein tolles Hotel, guck mal das Wasser hier im Becken. Und ich stehe neben dem Jungen und schaue andächtig in das Betonbecken mit dem trüben Wasser, mit dem wohl der Tee gewässert wird.



 







Kurz vor dem Sonnenuntergang werfe ich mich frisch geduscht bei weit geöffneten Fenstern und Balkontür auf mein bequemes Bett und sichte Fotos, während monotone hinduistische Gesänge von einem nahe gelegenen Tempel herüber schallen, die nach und nach von Dschungelgeräuschen abgelöst werden. Nachts sehe ich aus meinem Fenster Glühwürmchen im Gebüsch vor dem Hotel aufleuchten und bin hin und weg.

Mehr und mehr werde ich vom indischen Landleben in den Bann gezogen. Und mehr und mehr entdecke ich, wie beruhigend und ausgleichend die indische Spiritualität auf mich wirkt.

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04.04.2015

Heute ist nicht mein Tag, heute ist mein Chromebook abgeraucht.

Doch der Tag beginnt herrlich. Wir halten immer wieder an den Teefeldern, die wie die frisch geschnittenen Hecken des spießigsten Nachbarn, den man sich vorstellen kann, quasi rasiert sind. Ein herrlicher Ausblick jagt den anderen. So oft wie ich möchte,können wir gar nicht anhalten.
Shekhar tut es dennoch wann immer ich auch nur das Leiseste 'Oooh' von mir gebe.

Gestern war Karfreitag. Heute wird wieder gearbeitet. Frauen rücken mit großen Säcken an und schon von weitem hört  man das Ritsch-Ratsch der Schneidegeräte, mit dem der Tee geschnitten wird. Und ich dachte immer, Tee wird gepflückt...











 





Hier herrscht das, was ich immer als indische Ruhe empfinde. Immer wieder steige ich aus und Shekhar fährt einige Meter weiter zu einem Punkt, an dem ich wieder in das Auto einsteige, zu dem ich fotografierend und schauend und die Atmosphäre einsaugend laufe. Immer wieder weht aus der Ferne indische Musik zu mir, und auch das Hupen der Autos in der Ferne schallt nur gedämpft herüber. Die Teeplantagen sind von Schatten spendenden Bäumen durchsetzt. Manchmal stehen Eukalyptusbäume am Straßenrand, dann liegt ein würziger Duft in der Luft.

Als wir an einem Aussichtspunkt halten und ich eine bemalte Absperrung fotografiere, wobei ich denke, da steht vielleicht 'Trinkt mehr frische Landmilch' oder 'Vorsicht, wer hier fällt, könnte dabei sterben', meint Shekhar, das seien politische Botschaften. Er berichtet über die Dalit, die seitens der indischen Politik mehr in die Gesellschaft integriert werden sollen, indem sie mit hohen Quoten in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden trotz fehlender Qualifikation. Die dadurch insgesamt entstehende Unzufriedenheit erinnert mich an die Pegida-Diskussionen in Deutschland. Und überhaupt begegnen einem in Indien ab und zu Menschen, die die Meinung offen vertreten, dass Hitler doch nicht schlecht gewesen sei.

Irgendwann gibt es keine Teeplantagen mehr. Stattdessen gibt es wieder die normale Vegetation. Das bedeutet hier, dass der Weg teilweise von übermannshohen Hecken aus Trompetenblumen gesäumt ist.

Wir überqueren die Grenze nach Tamil Nadu und plötzlich wird mit dem Grenzübertritt die Landschaft langweilig. Es wird flach und heiß.

Weil die Fotos von einem Reisetag größtenteils verloren gegangen sind, halten wir nochmals an einer Ziegelei. Und überhaupt gibt es in Tamil Nadu vieles zu besichtigen, was einem am Rande begegnet.



Ich alleine wäre mit Sicherheit nicht darauf gekommen an so vielen Situationen anzuhalten. So kommen wir an einer Prozession vorbei, bei der laut Musik gespielt wird vorne weg wird ein kleines Kind getragen. Dieses Kind wird heute mindestens ein Jahr alt, es bekommt den Kopf geschoren und Ohrlöcher gestochen. Meinem Eindruck nach ist dieses Ritual vergleichbar mit der Taufe im christlichen Glauben. Mädchen bekommen dann mit 15 oder -6 Jahren noch einen Stecker in die Nase und können ab sofort geheiratet werden. Dass sie vergeben sind, sieht man dann an den silbernen Ringen an den Zehen.



An einer anderen Stelle fällt wieder laute Musik auf. Wir halten wieder an, ich steige aus und Shekhar sagt mir noch fix, ich solle schnell machen, das sei eine Beerdigung. Habe ich mich verhört bei der Bombenstimmung hier? Ich kann es kaum glauben, dass ich von den lustig tanzenden Menschen eingeladen werde mich dazu zu setzen oder mit zu tanzen während im Hintergrund die Bahre mit dem oder der über und über mit Blumen geschmückten Toten liegt.

Zumindest kann Shekhar kann mir nicht erklären weshalb hier so offensichtlich fröhlich gesungen und getanzt wird. Ich verstehe Indien mal wieder nicht. Aber letztlich werden ja auch in New Orleans Beerdigungen von Jazzmusik begleitet, warum also nicht?



Zum Mittag gibt es wieder mal Thali. Ich esse es mit dem Löffel. Mit den Fingern zu essen ist mir zu anstrengend, auch wenn es stilecht wäre. Ich finde, ein solches Lokal wäre mal eine gute Geschäftsidee, die allerdings sicher nur in einer Großstadt wie Berlin laufen würde. Hier bekommt jeder ein frisches Bananenblatt vorgelegt. Dieses wird gereinigt. Dann laufen Kellner mit großen Schüsseln voller Reis und Beilagen herum und häufen dem Gast so viel davon auf den Teller, äääähhh das Bananenblatt, wie er möchte. Als Zeichen, dass man fertig ist, faltet man das Blatt wieder. Faltet man die Oberseite nach innen, war es gut. Faltet man sie nach außen, hat es nicht geschmeckt. Bei uns liegt die Oberseite innen.



Und nun sind wir auch schon am Hotel. Meine Rechnung, noch 3 Stunden am Pool zu verbringen, bevor es losgeht zum Tempel, geht leider nicht auf. Es scheitert an einer zumindest halbstündigen Eincheckzeremonie. Ich bin sauer!

Noch saurer werde ich, als ich anschließend im Zimmer feststelle, dass mein Chromebook keinen Ton mehr von sich gibt, wirklich keinen einzigen Ton und auch kein Licht geht an.

Heute scheint nicht mein Tag zu sein. Wir wollen gegen 16:30 Uhr losfahren zu einer Tempel-Schule, in der Priester ausgebildet werden. Nur leider gibt es heute eine partielle Mondfinsternis, sodass während dieser Zeit die Tempel geschlossen sind und danach gereinigt werden müssen, sodass diese erst um 20:00 Uhr wieder öffnen. Die Mondfinsternis ist bestimmt auch am plötzlichen Verbleichen des Chromebooks schuld, hätte ich es mal nicht ausgerechnet zu dieser Tageszeit eingeschaltet!

Und so stehen wir vor verschlossenen Türen, als ich feststelle, dass das Chromebook möglicherweise noch die Speicherkarte zerstört hat. Na klasse! Da können selbst die Jasminblüten, die Shekhar mir wieder mitbringt, nicht viel helfen. Oder doch? Ich versuche es im Auto noch mal und zumindest die Bilder von heute scheinen gerettet zu sein.

Wir fahren in die Innenstadt zum großen Tempel. Auch dieser ist natürlich geschlossen. Dennoch ist dieses eventuell sogar ein Glück, denn es sind bei weitem nicht so viele Menschen unterwegs, wie hier im Allgemeinen zu erwarten sind. Ich sehe mich ein wenig um.











Hiermit wird um die Ehe und um Kindersegen gebeten:





Um als Verlegenheitslösung um den Tag noch ein wenig zu nutzen, sehe ich mir die Lightshow im Palast an, zu der die Geschichte Madurais erzählt wird.





Und nun wünschte ich, dass die Prophezeiung von Shekhar hier zutreffen würde. Er meint, ich solle nach der Sonnenfinsternis als Reinigungszeremonie duschen oder mir Wasser über das Haar sprengen, dann würde Vishnu schon dafür sorgen, dass das Chromebook wieder läuft. Leider hat er hiermit nicht Recht behalten. Erst in Deutschland springt das Chromebook wieder an, nachdem es ein wenig zur Ruhe gekommen ist.

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SO, 05.04.2015:

Heute wird es wieder angenehm warm, zumindest gemessen an den Ansprüchen von Kakerlaken, die ja bekanntlich hohe Temperaturen mögen und noch viel mehr Hitze vertragen. Daher machen wir uns schon früh auf den Weg. Da wir gestern die Priesterschule verpasst haben, geht es heute ganz früh nochmals dorthin.

In diesem Tempel ist viel los. Viele Familien sind unterwegs, deren Kinder die Ohrloch-Stech-Zeremonie absolvieren. Auch ein frisch getrautes Ehepaar begegnet mir, das jedoch eher angespannt wirkt, mich jedoch sehr freundlich anlächelt. Ich wünsche Ihnen viel Glück ("Schnappschuss" leider verwackelt).

Ich darf hier auch in das Innerste des Tempels ins Sanktuarium. Allerdings würde ich hier am liebsten gar nicht bleiben. Von hinten wird gedrängelt und geschubst, vorne geht es nicht weiter, ich fühle mich wie in einer voll gestopften Sauna, deren Ausgang ich nur in 100 m Entfernung ahne, jedoch dringend raus muss.











Als ich es endlich zum Ausgang geschafft habe, bin ich froh und glücklich und muss mich erst einmal einige Minuten setzen und erholen. Ein Tauchbecken gibt es hier leider nicht, ich hätte es dringend gebraucht.

Nun steht die Besichtigung der Priesterschule an. Junge Menschen zwischen etwa 6 und 20 Jahren gehen in den Schulungsraum. Sie tragen eine Tasche mit Büchern bei sich, ganz wie normale Schüler. Jedoch tragen sie seltsame Schuluniformen, die lediglich aus einem gelben um die Hüften geschlungenen Tuch bestehen. Ganz wie normale Schuljungs in Indien sprechen auch diese mich an. Pünktlich um neun Uhr beginnen sie zu rezitieren. Es herrscht ein wirres Stimmendurcheinander. Der Guru wird jedoch erst später erwartet.

Ich kann mich völlig unbefangen zwischen Ihnen bewegen und sie beim Lernen fotografieren. Ganz wie normale Schuljungen wollen auch sie die Fotos sehen.





Normalerweise ist ein Besuch auf der Dachterrasse nicht vorgesehen. Ich jedoch darf nach oben gehen und von dort aus den aus dieser Perspektive beeindruckenden Turm des Tempels fotografieren.



In dieser Tempelanlage beeindruckt mich besonders, wie oft ich von Familien inmitten ihrer Feierlichkeiten wahrgenommen und angesprochen werde. Ein Junge wird mit einem Apfel und Süßigkeiten zu mir geschickt. Beim stolzen überreichen des Geschenkes werden wir beide natürlich vom Vater fotografiert.

Beim Verlassen des Tempels und der Schule sehe ich in einem Nebengebäude den Tempelelefanten. Der Mahut winkt mich zu sich, ich darf den Elefanten mit tennisballgroßen Reisklumpen füttern, wie niedlich diese großen Tiere doch sein können!



Es gibt noch einen Abstecher in das Gebäude, in dem die Haare geschnitten und geopfert werden. Mehrere Friseure sitzen auf dem Boden. Ein kleines Kind schreit, die meisten Kinder sind jedoch stolz und halten ganz still. Auch Erwachsene lassen sich den Kopf scheren, der anschließend als Schutz mit gelber Sandelholzpaste bestrichen wird.





Hier klettere ich lieber nicht rauf bei den Temperaturen:



Und nun geht es für die deutsche Touristin und den indischen Fahrer einträchtig zum Shopping. In einem auf Baumwollwaren spezialisierten Geschäft 'Ramraj' kaufe ich einige Dhotis, während er auch einiges kauft. Was er kauft, möchte ich gar nicht so genau wissen.

Bei immer weiter steigender Hitze schließt sich ein sehr kurzer Besuch des Blumenmarktes an. Nicht zu heiß für die Verkäufer zum Herumulken:



Unterwegs:





Und nun geht es weiter zum Palast, den ich gestern ja schon bei Dunkelheit besucht habe. Er ist älter, aber auch deutlich kleiner als der in Mysore und natürlich lange nicht so prächtig.









Für den Vormittag reicht es mir erst einmal. Ich brauche jedoch noch einen Snack, so dass wir zu einer Bäckerei fahren. Mit meiner Beute in der Tasche schließt sich ein Aufenthalt am Pool mit Samosas, klebrigen Süßigkeiten und einem kalten Cola an. Selbst im Wasser ist es mir zu warm, denn das Wasser hat sicherlich deutlich über 30°.

Als es am Nachmittag kühler wird, schließt sich der Höhepunkt der Stadt an. Ich besuche den großen Tempel, in dem ich mich fast 2 Stunden aufhalte. Zu interessant sind die vielen Heiligtümer und Andachtorte. Vor allem gefällt mir in den Tempeln, dass ich als Fremde willkommen bin. Leider darf man hier nur mit dem Handy fotografieren, Kameras sind nicht erlaubt. Das verstehe, wer wolle!















Ich verlasse diesen Tempel fast mit einem heiligen Gefühl. Die Mantras, die auch hier aus Lautsprechern erschallen, die Räucherstäbchen, die besondere Stimmung durch die vielen Gläubigen und die dabei lockere Atmosphäre haben nicht wieder sehr beeindruckt und mich entschleunigt. Fast wie beschwipst verlasse ich den Tempel. Hier hätte ich noch lange sitzen und das Treiben beobachten wollen.

Die riesige Tempelanlage nochmals vom Dachrestaurant eines Hotels aus:


MisterB

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Habe ich das überlesen ? Wo genau bist du hier ?

Gruß
Bernd
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Upps., ääääähhh, ja. Wir sind in Madurai . Danke, Bernd!

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MO, 06.04.2015

Wusstet ihr schon, dass Tempelelefanten im Gegensatz zu den Menschen hier einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen im Jahr haben? Dann fahren sie mit ihrem Mahut in ein Wildreservat und dürfen quasi ganz Elefant sein und sich erholen. Tempelelefanten haben nämlich viel zu tun, wovon ich mich heute wieder überzeugen durfte.

Wir fahren über Trichy nach Tanjore. In Trichy gibt es zwei Tempelanlagen. Eine davon liegt auf einem Berg und ist dort nur zu Fuß zu erreichen. Diese erspart Shekhar mir.

Dafür geht es an eine Stelle am heiligen Cauvery River, an der sich täglich bis zu 100 Priester verdingen, indem sie Pujas für und gegen alles anbieten, dafür, dass der Betreffende bald eine Frau findet oder für verschiedene Riten, die nach dem Tod eines Angehörigen fällig sind (man beachte auf dem Bild die Nummerierung der Priesterplätze...) Ich grinse albern, muss irgendwie an die Loriot-Sketche denken: 'Brauchen Sie zufällig noch einen Weihnachtsmann?'

Shekhar erklärt mir einiges. Heute ist wohl verhältnismäßig wenig los.

 

Zunächst gehe ich zum Wasser. Das behagt mit nicht, weil es schon lange kein Fluss mehr ist, sondern ein trüber Teich, in dem allerlei Unrat neben Opfergaben liegt. Fische scheinen sich hier immerhin noch wohl zu fühlen, sie üben sich nicht im Rückenschwimmen. Niemanden hindert das am Bad.







Der Elefant kommt gerade frisch geduscht zurück, und neben seinem Frühstück und verschiedenen Leckereien, die die Gläubigen ihm zustecken, erwarten ihn schon wieder die nächsten Jobs. So muss er ein widerwilliges weinendes Kind segnen durch einen Rüsselstups auf den Kopf und muss einen Gläubigen segnen, indem er ihn mit Wasser vollprustet. Dann darf er weiter frühstücken...



Ich beobachte eine Zeremonie, bei der der Sohn einer vor wohl etwa 2 Wochen Verstorbenen und seine Famile unter Anleitung des Priesters eine Zeremonie absolvieren. So werden Münzen und Reis auf einen Teller gegeben, der Sohn trägt einen Wasserkrug um den Teller herum, der zuvor angeschlagen wurde, und das auslaufende Wasser wird auf den Teller mit Reis und Geld gesprengt.



Eine Mutter wünscht sich eine Frau für ihren Sohn. Das sieht man an einer Bananenpflanze, die sie zu ihrer Puja mitgebracht haben.



Bei Allem darf ich zusehen und fotografieren, niemand schickt mich weg oder verbittet sich das Fotografieren. Ich muss auch niemandem etwas zahlen... Steht übrigens nicht in meinem Reiseführer, dieser Ort...

Als nächstes geht es zum Sriranganatha Swami Tempel. Er ist innen wohltuend farbenarm, außen umso prächtiger, was ich leider nur erahnen kann, da hier ziemlich viel gebaut, renoviert und saniert wird, sodass auch die Türme mit Plane verhängt sind.

Was ich an Hindutempeln so mag: In ihnen wird  gelebt. Da liegen Leute und schlafen, es gibt etwas zu Essen zu kaufen oder sogar kostenfrei. Beten kann man freilich auch.



In diesem Tempel gibt es eine Stelle, auf die man sich stellen kann um von ihr aus unter Verrenkungen die Tür zum Paradies zu erspähen. Gelingt das, geht man nach dem Tod direkt ins Paradies. Ich bilde mir ein, zumindest einen schmalen Rand der gelben Tür erspäht zu haben, habe also gute Chancen. Ob der indirekte Blick mit dem Handy an einem Selfie-Stick wohl auch gelten würde?



Nach dem Einchecken ins ordentliche Hotel Lakshmi gibt es erst einmal eine kurze Pause, bevor es dann im Nachmittagslicht zum Palast und zum nächsten Tempel geht.

Im Palast gibt es nicht soooo viel zu sehen: Die Palmblattbibliothek darf man nicht fotografieren, den verblichenen bunten Prunksaal schon.











Am Tempel angekommen, sitze ich eine ganze Weile an verschiedenen Stellen um den in der Abendsonne strahlenden Sandstein zu betrachten. Es ist nicht viel los, und ich sitze lange hier, auf Mauern, auf Treppenstufen, auf einer Wiese vor der Tempelanlage und entspanne mich total.









 

Shekhar ist echt ein Schatz, heute überrascht er mich mit frischen Mangos. Die sonst üblichen Jasminblüten fürs Haar muss ich mir allerdings heute selbst kaufen am Tempel, und ich ziehe eine Menge Blicke, Bemerkungen und Lachen indischer Besucher auf mich, als die Verkäuferin mich auffordert mich zu setzen und mir die Blüten gleich in den Zopf zaubert. Macht viel mehr her als wenn ich es selbst mache!

Ich mache mich zu Fuß auf den Rückweg, mitten in der Rush Hour. So manches Mal rettet ein Inder mir das Leben, in dessen Windschatten ich fast schon bei Dunkelheit die Straße überquere. Ich suche mir immer Leute heraus, bei denen aufgrund ihres Alters die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie das schon mehrfach unverletzt geschafft haben.

Abends im Hotelrestaurant: Auf meine Frage, ob ich bitte ein Messer und einen Teller mitnehmen darf für die Mangos, wird mir erklärt, dass es mir aufs Zimmer gebracht wird. Selbst mitnehmen darf ich es nicht, sondern muss brav im Zimmer warten. Nur kurz überlege ich, mir beides einfach von einem der Tische zu schnappen und beschließe dann, mich zu benehmen, wie man es von mir erwartet.

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MO, 06.04.2015

Wusstet ihr schon, dass Tempelelefanten im Gegensatz zu den Menschen hier einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen im Jahr haben? Dann fahren sie mit ihrem Mahut in ein Wildreservat und dürfen quasi ganz Elefant sein und sich erholen. Tempelelefanten haben nämlich viel zu tun, wovon ich mich heute wieder überzeugen durfte.

Wir fahren über Trichy nach Tanjore. In Trichy gibt es zwei Tempelanlagen. Eine davon liegt auf einem Berg und ist dort nur zu Fuß zu erreichen. Diese erspart Shekhar mir.

Dafür geht es an eine Stelle am heiligen Cauvery River, an der sich täglich bis zu 100 Priester verdingen, indem sie Pujas für und gegen alles anbieten, dafür, dass der Betreffende bald eine Frau findet oder für verschiedene Riten, die nach dem Tod eines Angehörigen fällig sind (man beachte auf dem Bild die Nummerierung der Priesterplätze...) Ich grinse albern, muss irgendwie an die Loriot-Sketche denken: 'Brauchen Sie zufällig noch einen Weihnachtsmann?'

Shekhar erklärt mir einiges. Heute ist wohl verhältnismäßig wenig los.

 

Zunächst gehe ich zum Wasser. Das behagt mit nicht, weil es schon lange kein Fluss mehr ist, sondern ein trüber Teich, in dem allerlei Unrat neben Opfergaben liegt. Fische scheinen sich hier immerhin noch wohl zu fühlen, sie üben sich nicht im Rückenschwimmen. Niemanden hindert das am Bad.







Der Elefant kommt gerade frisch geduscht zurück, und neben seinem Frühstück und verschiedenen Leckereien, die die Gläubigen ihm zustecken, erwarten ihn schon wieder die nächsten Jobs. So muss er ein widerwilliges weinendes Kind segnen durch einen Rüsselstups auf den Kopf und muss einen Gläubigen segnen, indem er ihn mit Wasser vollprustet. Dann darf er weiter frühstücken...



Ich beobachte eine Zeremonie, bei der der Sohn einer vor wohl etwa 2 Wochen Verstorbenen und seine Famile unter Anleitung des Priesters eine Zeremonie absolvieren. So werden Münzen und Reis auf einen Teller gegeben, der Sohn trägt einen Wasserkrug um den Teller herum, der zuvor angeschlagen wurde, und das auslaufende Wasser wird auf den Teller mit Reis und Geld gesprengt.



Eine Mutter wünscht sich eine Frau für ihren Sohn. Das sieht man an einer Bananenpflanze, die sie zu ihrer Puja mitgebracht haben.



Bei Allem darf ich zusehen und fotografieren, niemand schickt mich weg oder verbittet sich das Fotografieren. Ich muss auch niemandem etwas zahlen... Steht übrigens nicht in meinem Reiseführer, dieser Ort...

Als nächstes geht es zum Sriranganatha Swami Tempel. Er ist innen wohltuend farbenarm, außen umso prächtiger, was ich leider nur erahnen kann, da hier ziemlich viel gebaut, renoviert und saniert wird, sodass auch die Türme mit Plane verhängt sind.

Was ich an Hindutempeln so mag: In ihnen wird  gelebt. Da liegen Leute und schlafen, es gibt etwas zu Essen zu kaufen oder sogar kostenfrei. Beten kann man freilich auch.



In diesem Tempel gibt es eine Stelle, auf die man sich stellen kann um von ihr aus unter Verrenkungen die Tür zum Paradies zu erspähen. Gelingt das, geht man nach dem Tod direkt ins Paradies. Ich bilde mir ein, zumindest einen schmalen Rand der gelben Tür erspäht zu haben, habe also gute Chancen. Ob der indirekte Blick mit dem Handy an einem Selfie-Stick wohl auch gelten würde?



Nach dem Einchecken ins ordentliche Hotel Lakshmi gibt es erst einmal eine kurze Pause, bevor es dann im Nachmittagslicht zum Palast und zum nächsten Tempel geht.

Im Palast gibt es nicht soooo viel zu sehen: Die Palmblattbibliothek darf man nicht fotografieren, den verblichenen bunten Prunksaal schon.











Am Tempel angekommen, sitze ich eine ganze Weile an verschiedenen Stellen um den in der Abendsonne strahlenden Sandstein zu betrachten. Es ist nicht viel los, und ich sitze lange hier, auf Mauern, auf Treppenstufen, auf einer Wiese vor der Tempelanlage und entspanne mich total.









 

Shekhar ist echt ein Schatz, heute überrascht er mich mit frischen Mangos. Die sonst üblichen Jasminblüten fürs Haar muss ich mir allerdings heute selbst kaufen am Tempel, und ich ziehe eine Menge Blicke, Bemerkungen und Lachen indischer Besucher auf mich, als die Verkäuferin mich auffordert mich zu setzen und mir die Blüten gleich in den Zopf zaubert. Macht viel mehr her als wenn ich es selbst mache!

Ich mache mich zu Fuß auf den Rückweg, mitten in der Rush Hour. So manches Mal rettet ein Inder mir das Leben, in dessen Windschatten ich fast schon bei Dunkelheit die Straße überquere. Ich suche mir immer Leute heraus, bei denen aufgrund ihres Alters die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie das schon mehrfach unverletzt geschafft haben.

Abends im Hotelrestaurant: Auf meine Frage, ob ich bitte ein Messer und einen Teller mitnehmen darf für die Mangos, wird mir erklärt, dass es mir aufs Zimmer gebracht wird. Selbst mitnehmen darf ich es nicht, sondern muss brav im Zimmer warten. Nur kurz überlege ich, mir beides einfach von einem der Tische zu schnappen und beschließe dann, mich zu benehmen, wie man es von mir erwartet.

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DI, 07.04.2015:

Wir verlassen Tanjore und sind auf dem Weg nach Pondicherry. Zunächst fahren wir nur wenige Kilometer weit. Wir halten recht bald an einem Dorf in dem Frauen aus Palmblättern Dächer fertigen. Wir werden freundlich in Empfang genommen. Nur ein kleines Mädchen schreit wie am Spieß, als es mich erblickt. Sie hat bisher noch keine weißhäutige Frau gesehen, ich bin ihr unheimlich. Und außerdem bin ich einen Kopf größer als indische Frauen und derzeit etwa dreimal so breit. Offenbar denkt sie,sie soll gekidnappt oder gefressen werden. Da nützt es auch nichts,dass ich ungeschickt versuche Faxen zu machen und das Mädchen zu belustigen. Das Geschrei wird immer schlimmer. Erst ganz zum Schluss traut das Mädchen sich mir zu winken wie alle anderen Dorfbewohner. Vorbei geht es zurück anbieten Betelnuss kauenden alten Frauen, die mir mit ihren roten Mündern zulachen.











Wir halten in Darasuram, wo es einen einsamen Tempel gibt. Einsam? So ganz doch nicht. Denn hier werde ich wieder und wieder angesprochen, zunächst von einem Priester, der für mich eine Puja abhalten möchte gegen Donation. Das mache ich gerne: Hand zum Bauch (Brahma), zur Brust (Vishnu), zur Stirn (Shiva). Om namah shivaya. Wir halten die Hand über die gesegnete Flamme und streichen sie über die Augen. Das mache ich gerne, ich mag die Rituale.

Das Sanktuarium darf ich nicht fotografieren. Da versteht er keinen Spaß. Dennoch gelingt mir ein Bild, das aufgrund des Rauches von Räucherstäbchen fast ein bisschen unwirklich scheint.



Und nach dem Verlassen des Tempels kommen Inhaber von Seidenwebereien auf mich zu, die mir ihren Betrieb zeigen möchten und mir zu völlig überhöhten Preisen Seide anbieten möchten, wie Shekhar mir vorher erklärt hat.

Schade, es wäre so ein schön friedlicher Ort gewesen.

Wir halten an einer leider sehr kommerziellen Fabrikation von Bronzestatuen. Dementsprechend kurz angebunden verhalte ich mich. Ich bin froh, als wir wieder wegkommen.





Der nächste Tempel wartet, Gangaikondacholapuram. Hier bleibe ich unbehelligt und kann mir in Ruhe alles ansehen. Nur leider bin ich inzwischen ein wenig übersättigt von den vielen Tempeln. Somit geht es bald weiter in Richtung Pondicherry.







Unterwegs halten wir noch einige Male, beispielsweise an einem schönen Teich mit Wasserlilien und an einer Stelle, an der Zuckerrohr verladen wird.





Nun sind wir in Pondicherry angekommen. Ich wusste gar nicht, dass Pondicherry nicht zum Bundesstaat Tamil Nadu gehört. Und somit muss bei der Einreise in diesem Bundesstaat eine Steuer gezahlt werden.

Und übrigens fahren wir offenbar in so etwas wie den Sündenpfuhl des Südens. Alkohol soll wenig kosten und überall erhältlich sein. Als ich Shekhar von Las Vegas berichte, muss ich seine ungläubige Frage verneinen, ob Männer und Frauen denn wenigstens getrennt voneinander rauchen, trinken und spielen. Er ist geschockt.

Pondicherry ist eine Stadt mit französischem Ursprung. Und somit finden sich hier viele Relikte aus der französischen Zeit. Bei der Anfahrt ist Pondicherry allerdings eine indische Stadt wie alle. Mein schönes Hotel 'The Promenade' liegt allerdings im alten Stadtkern. Dieser ist ausgesprochen sauber und gepflegt. Von der Uferpromenade weht ein frischer Wind herüber. Ganz in der Nähe des Hotels ist die Gandhi-Statue, ein sehr schön entspannter und entspannender Stadtpark sowie der Ganesh-Tempel, der für heute mein Ziel ist.





 









Der Tempel befindet sich in einer klimatisierten Halle mit glattem Boden. Eine Wohltat für meine nackten Füße, die heute in den anderen Tempeln auf heißem und unebenem Steinboden und kratzigen ebenfalls heißen Kokosmatten geplagt wurden.  Eine Putzfrau weist mich darauf hin, dass ich doch bitte mit untergeschlagenen Beinen und nicht mit ausgestreckten Beinen sitzen soll, was offenbar eine Frage des Respektes ist der Religion gegenüber. Und wieder soll ich einem Kind gezeigt werden, vielleicht soll auch das Kind mir gezeigt werden, dieses jedoch hat große Angst vor mir mein Gesicht ist zu weiß, und auch mein Bestechungsversuch mit einem Bonbon fruchtet nicht.

Die größte Attraktion ist jedoch der Elefant vor dem Tempel. Dieser macht einen mörderischen Umsatz. Seine Aufgabe: er soll den Gläubigen eine Münze oder einen Schein abnehmen und diese dafür zur Segnung mit dem Rüssel auf den Kopf stupsen.















Es geht weiter in die Einkaufsmeile zu Ram Silk. Schließlich möchte ich noch einen Lungi und eine Kurta als Mitbringsel für K. kaufen.

Um mich herum stehen vier Verkäufer, die mich beraten. Das bedeutet, die gesamte Ware wird aus dem Regal geholt und aus den Plastikfolien und vor mir ausgebreitet. Zum Abschluss des Geschäftes steht die gesamte Mannschaft für ein Foto für mich parat, für das sogar noch mehr Herren herbeigeholt werden. Nur der offensichtliche Abteilungsleiter (ganz vorne im Bild), der am wenigsten kapiert, was ich brauche, aber der seine Mitarbeiter während des Verkaufsgespräch ist mehrfach übel an geherrscht hat, drängt sich in den Vordergrund. Man stelle sich diese Situation mal in Deutschland im Kaufhof vor.



Inzwischen ist es Zeit für das Abendessen, das ich in einem Lokal einnehme, in dem es Pizza aus dem Steinofen gibt. Die Pizza ist wirklich gut und schmeckt nur ein ganz kleines bisschen indisch.

Inzwischen ist die Promenade am Meer für den Autoverkehr gesperrt. Sie ist bevölkert von Fußgängern, die die kühle Brise genießen. Bis tief in die Nacht flanieren die Menschen hier, und nicht nur die Menschen, sondern auch ein Tier, bei dem ich nicht genau weiß, ob es eine große Maus oder aber eine kleine Ratte ist.


MisterB

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Also ich muss ja sagen, das ich diese angemalten Elefanten allesamt total klasse finde.
Ich glaube ich brauch zuhause auch so nen Tempelelefant. Obwohl ..... meine Garage ist dafür bestimmt zu niedrig. Müsste ich erst mal umbauen zuhause :)

Ich habe mittlerweile meinen Lonely Planet Indien halb durchgeackert. Puh. Da habe ich jetzt schon so viel rausgeschrieben wie für drei Urlaube. Da muss ich am Ende wahrscheinlich wieder dreiviertel wegstreichen.
Aber du kannst der Indischen Touristenbehörde schon mal sagen, das du ne Prämie willst. Du hast mich geworben als zukünftiger Besucher  :lol:

Gruß
Bernd
 
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Aber du kannst der Indischen Touristenbehörde schon mal sagen, das du ne Prämie willst. Du hast mich geworben als zukünftiger Besucher 


 :groove:

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MI, 08.04.2015

Auf mich allein gestellt, geht es heute zum Sightseeing. Shekhar ist über Nacht mit dem Bus zu seiner Familie in das etwa 100 km weit entfernte Mamallapuram gefahren.

Zu Fuß mache ich mich auf den Weg zum Aurobindo Ashram. Diesen darf ich leider nur von außen fotografieren. Man ist hier äußerst freundlich. Das Trinkgeld für das Aufbewahren der Schuhe wird abgelehnt. Im Ashram selbst wird nicht gesprochen. Inder und auffallend viele dünne blasse junge europäische Frauen beten am Grab des toten Gurus oder sind in Meditation versunken. Selbst mir tut das Schweigen gut.



Ich verlasse den Ashram wieder und mache mich auf den Weg zur Papiermanufaktur. Auch diese darf ich leider nicht fotografieren. So bleibt mir nur eine Fotografie der dort erworbenen wunderschönen Karten für einen Spottpreis.



Ich streife durch die Stadt und versuche das koloniale Erbe zu entdecken.







Ich passiere einen Tempel, der ein bisschen ärmlich wirkt. Mich zieht die Musik an. die herausschallt. Ich gehe hinein und bekomme auch gleich wieder eine Puja verabreicht. 10 Rupies reichen dem Priester dafür nicht, er hätte gerne 150 und guckt bedauernd, als er merkt, dass es mir das nicht wert ist.







 

Hier in Pondicherry sehen auch die Polizisten anders aus als im übrigen Indien. Ich frage, ob ich sie fotografieren darf, und die Ordnungshüter stellen sich brav auf. So gefällt mir das. Mal sehen, beim nächsten Wunsch jemanden zu fotografieren werde ich die Aufgabenstellung ein bisschen anspruchsvoller gestalten...



Mittlerweile ist es glühend heiß. Ich schleppe mich ins Hotel zurück, wasche dort schnell meine Hose und mein T-Shirt aus, denn diese sind klatschnass. Dann kühle ich mich selbst im kleinen Pool ab. Als ich hinein hüpfe, zischt es, so heiß ist es.

Ich gehe nochmals zum Ganesh-Tempel, weil man da so schön sitzen und Leute beobachten kann. Heute darf Elefant Lakshmi mich auch auf den Kopf stupfen. Erst beim Verlassen des Tempels sehe ich, dass man darin gar nicht fotografieren darf, aber gehindert hat mich niemand.

So hatte ich die Möglichkeit zu beobachten, wie Farbtupfer und Blüten zu Wucherpreisen an den Mann gebracht werden. Immer wieder muss der Priester unter Glockengeläut Nachschub holen.

Abends gibt es wieder Pizza, ich sitze noch ein bisschen an der Promenade und spaziere durch den immer dunkler werdenden Süden der Stadt.



 















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DO, 09.04.2015

Ein letzter Tag mit Fahrt und ein letzter Ortswechsel stehen bevor. Wir machen uns auf die letzte Etappe nach Mamallapuram.

Nur etwa eine Viertelstunde Fahrt hinter Pondicherry liegt Auroville. Das ist die Modellstadt, die gegründet wurde vom Guru Sri Aurobindo. Meine Meinung dazu: muss man nicht gesehen haben. Letztlich kann man nur ein Visitor-Center besuchen und von einem Aussichtspunkt ehrfurchtsvoll das goldene Matrimandir besichtigen, einen Ort der Meditation, zu dem man eine besondere Zugangsberechtigung braucht, auf die man wohl oft tagelang warten muss und für die man in den Startlöchern verharren muss.











Auf der Weiterfahrt gibt es wieder Kleinigkeiten am Rande. So hält der Fahrer bei einem Cashewnussbaum an. Ich suche verzweifelt nach Nüssen, sehen jedoch nur rote Früchte. Die Früchte duften süß und kein kleines bisschen nach Nuss. Die Nuss sitzt über der Frucht. Das war mir gar nicht klar, dass eine Cashewnuss bedeutet, dass man sie einzeln von einer Frucht lösen muss. In Zukunft werde ich sehr viel achtungsvoller mit Cashews umgehen.





Auch darf ich einen Blick in die Schulbücher werfen, die Shekhar in Pondicherry für seine Kinder besorgt hat. Aha, deutsche Geschichte kommt dran, immerhin intensiver als die indische Geschichte in meinem Schulunterricht...



Wir halten an Feldern, an denen Salz gewonnen wird. Die Sonne knallt wieder brütend heiß vom Himmel. Durch das Salz ist das Licht noch heller, ich fühle mich geblendet und stelle mir vor, wie es sich wohl anfühlen muss, bei der Hitze immer wieder viele Kilo Salz auf dem Kopf transportieren zu müssen, das Salz auf der Haut zu haben, überall an Händen und Füßen, im Gesicht, in den Augen. Vielleicht wäre ich dann doch lieber eine der Frauen, die Krabben aus dem Schlamm am Boden der Gewässer suchen.









Die Krabbensammlerinnen:



Wir stoppen noch an einem Dorftempel, an dem Terrakottapferde geopfert werden. Ältere und neuere Modelle stehen in verschiedenen Verwitterungsstufen vor einer Shivastatue.







Doch der Tag wäre nicht perfekt ohne einen weiteren Stopp um Obst zu begutachten und zu kaufen. Ein Stand mit reifen Mangos und Jackfruit lockt.



Wir erreichen Mamallapuram. Zum letzten Mal in diesem Urlaub muss oder darf ich eine der Eincheckzeremonien bewältigen. In Indien bedeutet das normalerweise, dass man ein Getränk gereicht bekommt, kalte Tücher und sich setzen muss, so dass man zum Rezeptionistin aufsehen muss, während dieser Frühstückszeiten, das Internetpasswort, die Lage des Spa, sowie die Möglichkeiten Ausflüge zu buchen oder die Poolnutzungszeiten, die Durchwahl der Rezeption und sämtliche Ansprechpartner namentlich mit ihren Durchwahlen herunter rattert. Es reicht, wenn man dann immer verständnisvoll nickt. Man darf nur nicht verpassen, den richtigen Einsatz zu finden, wenn die Frage lautet, was man schon alles gesehen habe oder wie lange man sich schon in Indien aufhalte.

Man darf seinen Koffer nicht selbst nehmen, sondern muss süß quatschend neben einer Dame hertrippeln, um dann im Zimmer weitere gefühlt 23 Minuten auf den Koffer zu warten, den man gegen 20 Rupies beim 'Boy' auslöst, denn ansonsten erklärt selbiger einem noch eine halbe Stunde lang den Fernseher bis man von selbst merkt, dass etwas nicht stimmt und in die Tasche greift.

Die nächsten Stunden gehören dem Pool und mir. Ich sitze zwischen modernen, weißen, niedrigen Gebäuden, die den großzügigen Pool einrahmen, der von blühenden Frangipani gesäumt ist und statte dem Strand einen kurzen Besuch ab.





Später am Nachmittag werde ich abgeholt zu einer ersten Besichtigungstour. Shekhar fährt mich zur 'Five Ratha'-Anlage und zum Seashore-Tempel. Er setzt mich dann in der Stadt aus, wo ich noch ein bisschen bummeln möchte, um dann am Strand entlang zu Fuß zum Hotel zurückzugehen.

Five Ratha wirkt ein bisschen wie ein Spielplatz im Sand. Irgendwie wahllos steht ein bunter Mix von Gebäuden wie Spielgeräte nebeneinander und durcheinander.







Und der Seashore-Tempel:







Mamallapuram ist ein recht nettes Örtchen. Leider ist es hier sehr touristisch, so dass die Ansprache bei den Geschäften ein wenig massiv ist. Auch am Strand werde ich nicht in Ruhe gelassen. Für 100 Rupies hätte ich dem Verkäufer eventuell noch ein Tuch abgekauft, jedoch finde ich 300 Rupies inakzeptabel. Ich gehe weiter.











Abends geht es in ein Rooftop Restaurant in die Stadt. Shekhar besteht darauf mich wieder abzuholen. Ich bin im Laufe der Reise auch ein wenig bequem geworden, schließlich klappt alles auf diese Weise  immer so gut.

Ich bestelle Seafood, Shekhar möchte nur Pommes. Letztlich lässt er sich mit dem Argument, man könne Essen schließlich nicht wegwerfen, erweichen die Hälfte der Calamares zu essen und meine restlichen Pommes noch dazu.

Er beichtet mir, dass er manchmal heimlich mit seinen Söhnen herkommt um Fleisch zu essen. Das darf seine gestrenge Gattin jedoch nicht wissen. Sie lebt streng vegetarisch und erzieht auch die Kinder so.

Auf dem Rückweg sehe ich auf dem Display seines Telefons: 'Wife'. Er geht ran und ich
verstehe von den 3 Sätzen nur: 'No, vegetarian'.

Für die Lüge muss er morgen wohl in den Ganesh-Tempel, sich mit den Fäusten auf den Kopf klopfen, und dann mit der linken Hand am rechten Ohr und umgekehrt dreimal in den Knien wippen...

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FR, 10.04.2015

Nun geht es auf zum Rest der Stadtbesichtigung.

Erst einmal geht es zum Vishnutempel, wo ich meine Puja dieses Mal auf Englisch bekomme. Wieder mal ein hoher Preis für ein paar Jasminblüten und ein Lotosblatt... Was soll ich denn eigentlich damit machen? Unters Kopfkissen legen, dann schläfst du gut! Also OK, mache ich...



Hier im Ort gibt es Höhlentempel. Ganz in der Nähe ist Krishna's Butterball, ein oft fotografierter Fels, der wirkt. als ob er gleich die Felsen herunterrollen und die Stadt platt machen würde. Macht er aber nicht! Ich dachte immer, Krishna's Butterball liegt direkt am Strand, tut er aber nicht.















Hechelnd gehe ich die paar Meter zum alten und neuen Leuchtturm. In der einen Stunde hier habe ich fast einen Liter Wasser getrunken.





Der alte Leuchtturm ist erst einmal gar nicht als solcher zu erkennen, aber von ihm aus kann man den neuen Leuchtturm super fotografieren.





Shekhar erwartet mich hier, strahlend und völlig unverschwitzt. Wie macht er das bloß? Während er unterwegs tagsüber stets weiße Kleidung anhatte, quasi seine Fahreruniform, trägt er nun zum weißen Shirt eine dunkle Hose. Hier in seinen heimischen Gefilden scheint er es nicht so ernst zu nehmen, vielleicht bin ich inzwischen auch so etwas wie ein privater Gast, denn unsere Vereinbarung bezog sich eigentlich nur auf die Tour und den Airporttransfer.

Es geht noch ein paar Kilometer auswärts zum Tigerheadcave. Hier habe ich zum ersten Mal seit ich mich erinnern kann, das Gefühl, einem Sonnenstich nahe zu sein, sodass es nur ein kurzer Besuch wird.





Auf dem Rückweg wird eingekauft um nach Familie Shekhars Rezept Masalacurry herzustellen. In dem etwas chaotisch wirkenden Laden, der gar nicht so wirkt, als ob es da überhaupt etwas zu verkaufen gibt, erstehen wir Chilis, Senfsamen, Linsensamen und noch einiges andere. Pfeffer hat er aus Kerala mitgebracht, den müssen wir nicht kaufen. Das Ganze muss nun bis zum Nachmittag auf dem Dach trocknen, irgend etwas davon muss wegen des Aromas angeröstet werden, und am frühen Abend fahren wir dann um es in einer Mühle mahlen zu lassen. Wie aufregend!





Die Zwischenzeit verbringe ich einsam und allein am und im riesigen Pool und beobachte, wie eine Frau auf dem Kopf Steine herbeiträgt, die jemand dann zu Treppenstufen verbaut. Schubkarren sind wohl nicht wichtig, solange es so viele Frauen mit gut ausgeprägter Rückenmuskulatur gibt...

Nun wird mein Curry zubereitet. Das ist laut und bunt, und tatsächlich kommt Dank Turmeric auch ein currygelbes Pulver heraus. Um Himmels Willen, wer soll das alles wohl aufbrauchen? Verschenken darf ich es jedenfalls nicht, werde ich eindringlich gewarnt, nur verkaufen, denn das Verschenken von Chili zerstöre die Freundschaft.





Ich bummele wie gestern ein wenig durch die Stadt und am Strand zurück.






Wilder Löwe

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Und was hast Du mit dem ganzen Curry gemacht, den kannst Du doch Deinen Lebtag nicht aufessen?

Frisch gemahlener Curry ist sicher etwas anderes als das Zeug, dass es in Deutschland in Dosen zu kaufen gibt?
Viele Grüße
Katrin

Inspired

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Ja, das ist absoiut etwas Anderes, schon deshalb, weil es frisch ist. Aber es gibt auch in der "persönlichen Mischung" Zutaten, die es im Curry vom Markt nicht gibt.

Und ja, es wurde ein Kilo, denn die Mühle nimmt Aufträge erst ab einem Kilo an.

Man stäubt das Curry aber auch nicht so vorsichtig auf das Essen wie das, was man in Deutschland in den Döschen zu 50 Gramm kauft, man nimmt eben richtig einen Löffel. Insofern reduziert es sich schon.

Und ich habe es hier auch im Familien- und Freundeskreis weiter verteilt. Mein Fahrer hat mir eingeschärft, dass das Verschenken von Chili und Turmeric Freundschaften zerstört und mich beschworen es zu verkaufen, sodass mir derzeit eine Menge Leute noch "ten rupees" schulden ;)

Inspired

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SA, 11.04.2015

Der letzte Tag bricht an. Über diesen gibt es nicht sehr viel zu berichten, außer dass ich hier verbrieft und versiegelt erfahre, dass ich ein gutes Karma habe.

Ich schlafe aus und frühstücke lange.

Dann wappne ich mich am Pool für den langen Rückflug. Zwischendurch bringt Shekhar mir noch ein Kilo frische Mango zum Mitnehmen und mein Masala-Mix.









Erst am Nachmittag habe ich außer dem endgültigen Packen meiner Habseligkeiten noch etwas vor. Es geht um mein Schicksal, ich habe einen Termin zum Horoskop-Erstellen.

Bereits gestern waren wir im örtlichen Vishnu-Tempel, in dem ich von einem der Priester verschwörerisch nach Euro gefragt wurde. Vor dem Tempel fragte Shekhar einen der Priester nach einem Horoskop, denn das fände ich mal interessant. Mehr als einen Tausender solle ich aber nicht zahlen, das sei Wucher, Inder zahlten nur 100 Rupies.

OK, der Priester ist ein wunderschöner Mann, wie er so mit freiem Oberkörper vor mir steht, den gucke ich mir gerne noch ein bisschen an. Um 17 Uhr, denn zwischen 13 Uhr und 15 Uhr ist keine gute Zeit für so etwas, fahren wir also hin.

Da erfahre ich einiges, was ich schon weiß (ich bin an einem Dienstag geboren, ach was), einiges, was ich noch nicht wusste und einiges, was schlichtweg falsch ist und denke immer wieder an das 'Gutachten' aus der Persönlichkeitspsychologie, in dem sich so ziemlich jeder wieder findet. Es ist mit Sätzen aufgebaut, die so ziemlich auf jeden zutreffen und die so ziemlich jeder gerne über sich hört, nach dem Motto: 'Im allgemeinen bist du gründlich, aber du kannst auch mal Fünfe gerade sein lassen.'

Und so stellt sich natürlich hier heraus, dass ich gutes Karma habe, dass mein Element der Wind sei und mein Chakra-Tier der Mungo, dass ich analytisch denke und Intuition habe, dass ich energievoll, zielstrebig und emotional stabil sei, dass ich letztmalig wiedergeboren bin und nur noch dieses eine Mal auf dieser Welt lebe und dann direkt ins Paradies gehe, meine Seele ist also alt und weise... dass ich eine tolle Familie habe, einen guten Stand in der Gesellschaft und es weit bringen werde. Ich stimme zu.

Ich reise gerne (was man einer deutschen Touristin in Indien sicher auch unbesorgt als Fakt sagen kann) und bin tapfer, suche immer nach Lösungen. Ihr könnt mir vertrauen, das hat er auch gesagt mit seinem strahlenden Lächeln und treuherzigem Blick. Tja, mit solch einem Menschen habt ihr es hier zu tun!

Und ja, ich sei stets klar und spreche klare Worte, trotzdem werde ich oft missverstanden. Manch einer sei mir gegenüber unsicher, weil er mich für nicht durchschaubar halte, das sei mein Karma. Und ja, das stimmt, ich weiß, dass das viele so denken, nicht nur im Beruf. Woher weiß er das? Das wundert mich nun wirklich...

Der schöne Blick verdüstert sich, als wir zum 'Bad Karma' kommen. Ich arbeite hart und habe viel mit negativen Menschen zu tun, sodass ich unter großem Druck stehe und oft nicht schlafen kann. Es seien viele 'illegal people', mit denen ich zu tun habe, und nach Kontakten könne mir Händewaschen helfen. Ich solle mich aber bitte um Himmels Willen nicht bestechen lassen. Ich sei direkt, würde aber oft missverstanden. Ich solle das Alleinsein genießen, denn meine Seele sei stark in meiner letzten Inkarnation.

Dieses Jahr allerdings laufe es finanziell nicht so gut, aber das ändert sich 2016. Ich solle die Zeit doch nutzen um zu entspannen, Pläne zu machen und mich spirituell zu entwickeln. 2015 sei das Jahr, das die Grundlage für Veränderung schaffe, na dann mal los!

Und vor Wasser solle ich mich in Acht nehmen (also doch lieber Cocktails trinken?) Na ja, ich weiß schon, weshalb ich keine Kreuzfahrten mache und lieber in Eselsmilch als Schaumbad bade... Und ja, auf meine Sinnesorgane soll ich aufpassen (ab morgen werde ich wieder die Kontaktlinsen tragen, versprochen!)

Tja, und die meisten Touristen zahlten übrigens 3000 oder 4000 Rupies. Und als ich ihm 1000 rüberschiebe, wohl wissend, dass er das bei indischer Klientel nur mit einem ganzen Tag harter Arbeit bekommt und nicht in 38 Minuten, werden die großen braunen Augen feucht. Mehr sei mir die Info über mein Karma nicht wert? Nur 1000 Rupies? Na gut, möge Gott mich schützen...

Er erstellt Horoskope übrigens auch per E-Mail. Dann allerdings ist es teurer, denn der Kollege müsse für ihn schreiben. Er könne Englisch nur sprechen. Wenn also jemand Bedarf habe, ich habe die Visitenkarte eines echten Hindupriesters zur Hand, der allerdings gestern ohne Tuch und strahlend lächelnd deutlich schöner aussah als mit dem typisch indischen "Fotogesicht".



Mit Shekhar fahre ich noch völlig weltliche Masala Dosa essen, genieße den lauen Wind und den Gedanken, dass mir nichts Böses widerfahren wird.

Nun habe ich noch ein bisschen Zeit zu duschen und die letzten Sachen zu packen und checke aus.

Einchecken und Security-Check gehen nach einer letzten Fahrt mit Shekhar schnell. Der Airport ist langweilig, das mit dem free WIFI klappt hier nicht, und die Zeit bis zum Boarding zieht sich.

Nun verlasse ich Indien, und der Reisebericht ist beendet. Und der Kontrast zwischen Geistlichem und Weltlichem besteht auch hier, also:

If you enjoyed this trip, please put donation in hundi:



Indien verabschiedet sich jedoch liebevoll und sanft von mir, und die ersten Schritte auf deutsches Gelände, das Flugzeug, werden begrüßt von einer netten Crew. 'You have nice energy around you', sagt mir obendrein ein indischer Flugbegleiter. Das hat sein Land geschafft!

Indien fast die Seele an, greift ans Herz, gibt dir alles - wenn du das Land nur lässt!

MisterB

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Hallo.
Ich hätte da mal ne Frage oder zwo.
Kannst auch gerne per PN antworten.

Wo/wie hast du den Fahrer aufgegabelt ? Über ne offizielle "Firma" in Indien die das anbietet oder sonstwie ?
Habe ich nem anderen Forum was gelesen, da wurden Adressen von Privat(?) Fahrern quasi unter der Hand weitergegeben.
Kennst du ein Indien Forum welches auch aktuell ist ? Habe ein paar Sachen ergoogled, da waren aber teilweise seit nem Jahr keine Beiträge geschrieben.

Hast du die Route komplett vorgegeben oder hat die der Fahrer sich ausgedacht ?
Hast du die Hotels von Deutschland aus vorgebucht ?
Und ganz wichtig : Was hat der Fahrer gekostet ?

Ich bin gerade auch in Kontakt mit einer Firma in Indien, die auch ganz nett antworten und Routenvorschläge machen (Delhi-Rajasthan) aber erst mit dem preis rausrücken wollen, wenn alles festgeklopft ist. Würde mich mal interessieren mit was da zu rechnen ist.

Hier bei dieser Option hätte ich einen Fahrer und einen Tourguide. Ist es richtig das "unzertifizierte" Guides irgendwelche Tempels oder Forts etc. nicht betreten dürfen ? Mir wurde hier gesagt das der Fahrer nur fährt und der Rest wie Besichtigungen etc. nur vom mitfahrenden Guide gemacht werden dürfen.

Würde mich freuen, wenn du kurz Zeit hättest und antworten könntest.

Gruß
Bernd
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Inspired

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Hallo Bernd,

meine erste Tour in Rajasthan (Reisebericht hier im Forum oder auf meiner Website www.331days.de) habe ich mit dieser Agentur gemacht, die ich dir uneingeschränkt empfehlen kann:

http://www.i-love-my-india.co.in/de/

Die haben jetzt auch brandaktuell das Tripadvisor certificate of excellence ;)

Du kannst deren Website transparente Preisübersichten entnehmen, wobei es natürlich auch von der geplanten Route, Kilometerleistung, ggf. Einwegmiete  etc. abhängt und du die Kosten für "deine" Tour sicher nicht so 1:1 dort ablesen kannst. Ich kann dir aber zu 100% sicher sagen, dass ich sehr, sehr schnell ein konkretes Kostenangebot hatte.

So eine Agentur, die mich nun für den Süden prima beraten hat und dann ein Angebot in horrender Höhe gemacht hat, hatte ich auch erwischt. Leider haben die meinen Wunsch nur den Fahrer zu buchen, völlig missachtet :( Keine feine Art, wie ich finde!

Ob du einen Einzelkämpfer nimmst wie ich im Süden oder eine Agentur wie ich im Norden, ist Geschmackssache. Wenn der Einzelkämpfer einen guten Ruf hat, spricht nichts dagegen. Eine Agentur im Hintergrund ist gut, wenn etwas nicht läuft, dann kannst du dir immer noch helfen lassen.

Ich bin gewohnt allein zu reisen und trabe nicht gerne hinter einem Guide her. Insofern hätte ich es nicht gewollt und schüttele diejenigen, die sich vor Ort verdingen wollen, auch immer ab. Ich persönlich würde niemals eine Tour mit Guide buchen, denn ich liebe es mich auch mal allein still beobachtend in die Ecke eines Tempels zu setzen. Solltest du aber einen Guide wollen, findest du an den meisten Sehenswürdigkeiten mehr als dir lieb ist. Die erzählen dir in der Regel, sie seien offizielle Guides, aber sind es meistens dann eher doch nicht. In jedem Fall würdest du an den allermeisten Orten jemanden finden, wenn du es denn willst. Manchmal gibt es aber auch Audioguides.

Ganz so, wie es dir beschrieben wurde, ist es also nicht, und ich persönlich habe viel gesehen und erfahren auch ohne jemanden, der vor oder hinter mir hertrottet und mich mit Zahlen, Daten, Fakten bombardiert. Ganz davon abgesehen, ist es mir schon genug, wenn ich den Fahrer dabei habe, sodass ich nicht noch mehr "Personal" ;) haben wollte.

Da geht in Indien aber auch mehr zwischen Himmel und Erde ab, als man als Touri so mitbekommt, bis hin zum gemeinschaftlichen Verprügeln eines "Eindringlings", wenn er sich zu sehr in das Territorium der lokalen Guides vorwagt.

Der Fahrer kennt sich mit Öffnungszeiten aus und sagt dir, wo du hin musst, und er kann aufgrund seiner Erfahrung auch abschätzen, wieviel Zeit man wofür braucht und in welcher Reihenfolge man es macht. Ob er dir inhaltlich viel erklären kann, ist eher fraglich. Shekhar jetzt im Süden konnte mir einiges erklären, auch wenn ich nicht immer alles verstanden habe.

Die Hotels habe ich in Rajasthan teilweise vorgebucht, jetzt im Süden komplett. Du kannst dich auch ganz auf den Rat des Fahrers verlassen. Ich persönlich mag es nicht, habe dann immer das Gefühl keine eigene Entscheidung getroffen zu haben und etwas Besseres zu verpassen. Vorteil davon sich vom Fahrer etwas empfehlen zu lassen: Der Fahrer muss nicht die von dir gewählte Adresse suchen, da stellt der eine oder andere sich schon mal doof an und an der einen oder anderen Stelle lässt er durchblicken, dass er es lieber hätte, könnte er wie gewohnt seine Lieblingsstellen anfahren ;)

Lass gerne von dir hören, ich unterstütze dich gerne mit Rat und Tat, wenn ich kann.

LG Birgit


MisterB

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Hallo.
Danke für die schnelle Antwort.
Deine Webseite habe ich eben auch entdeckt.
Auch deinen "Hilferuf-Thread" in dem Forum durchgelesen und da auch ein paar Punkte die ich mir schon gedacht habe bestätigt bekommen.
Jetzt habe ich eben auch die ersten Tage von deinem Nord-Bericht durchgelesen ( oh man heute nur am lesen, wenn mein Chef das wüsste ....) und ich kann dir sagen : Genauso habe ich mir das vorgestellt.
Habe übrigens den Lonely Planet Indien auch als erstes gekauft und gelesen.

Eine Anfrage bei Ashok habe ich eben schon abgesetzt. Mal schauen ob er nächstes Jahr im März was frei hat.
Wenn der Preis entsprechend nach seinem Beispiel auf der Seite rechenbar ist, dann ist das mit knapp 40Eu nicht wirklich teuer. Meine Meinung. Dafür würde bei uns ein Taxifahrer noch nicht mal aus der Türe gehen am Morgen.

.... ach und während ich gerade tippe fliegt auch schon ein Antwort rein von Ashoks Taxi. Huihuihui.
16 Tage plant er. Irgendwie sieht das aber recht stressig aus. Vielleicht habe ich zuviel vorgegeben ?
Ich glaube da muss ich mal noch ein wenig schauen. Entweder irgendwo was streichen oder irgendwo nen faulen Tag zusätzlich einschieben.

Hm. So richtig sorgfältig hat der Schreiber meine Mail aber nicht gelesen. Da muss ich mal noch auf ein oder zwei Punkte hinweisen :)

Angefragt hatte ich noch bei
http://www.indiapersonaltours.com/index.php
Die Tour die vorgeschlagen wird sieht eigentlich gut aus. Das sind aber die die unbedingt den Guide zusätzlich verkaufen wollen.

http://www.driverindiatour.com/DayTrip.aspx
Die haben bisher nicht geantwortet. Mal kucken. Da würde ich nochmal fragen. Wenn da dann wieder nix kommt sind die raus.

Diesen Link hatte ich aus nem anderen Forum für Indien. Die Seite wurde auch von einem zufriedenen Kunden gebastelt.
Aber irgendwie überzeugt mich das am wenigsten von den genannten.
http://fahrer-indien.com/

Gruß
Bernd


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Wilder Löwe

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Danke für den schönen, farbenfrohen Bericht. Er hat noch mehr Lust auf Indien gemacht. Meine Tochter hat auch wieder mitgelesen und ist ebenso begeistert. Wenn sie noch ein paar Jahre älter ist, werden wir das wohl mal in Angriff nehmen.
Viele Grüße
Katrin

Inspired

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Dann wird es also vielleicht eine "Mädelstour nach Indien geben? Das ist bestimmt auch eine gute Idee :) :) :