Der südliche Teil der San-Andreas-Verwerfung im US-Bundesstaat Kalifornien steht unter so großer Spannung, dass es zu einem Beben der Stärke acht kommen könnte. Satellitenbilder zeigen, dass die tektonischen Platten der Belastung nicht mehr lange standhalten können.
"Die Verwerfung steht vor einem neuen großen Beben", sagt Yuri Fialko von der Scripps Institution of Oceanography im kalifornischen La Jolla. Der Forscher hat Daten ausgewertet, die zwischen 1992 und 2000 mit den Erdbeobachtungs-Satelliten ERS-1 und ERS-2 der europäischen Weltraumorganisation Esa gesammelt worden waren. Ein Beben im südlichen Teil der Verwerfung sei überfällig, berichtet Fialko in der aktuellen Ausgabe des Magazins "Nature".
In der San-Andreas-Verwerfung treffen die nordamerikanische Kontinentalplatte und die Pazifische Platte aufeinander. Gegenüber der Pazifischen Platte bewegt sich die Amerikanische Platte in südöstlicher Richtung. Die Satellitenbilder zeigen, wie weit sich die Platten seit 1992 gegeneinander verschoben haben. Da sie sich stellenweise verhaken, haben sich Spannungen aufgebaut, die sich in Beben lösen können.
Im nördlichen Teil der rund 1100 Kilometer langen Verwerfung kam es 1906 zu einem Beben der Stärke acht, das die Stadt San Francisco verwüstete. Das Beben ging als "Big One" in die Geschichte ein. Im südlichen Teil, im Gebiet der Städte Los Angeles und San Diego, gab es jedoch seit der Besiedlung durch Europäer vor rund 300 Jahren kein größeres Beben.
Die Platten sind stark verhakt, fand Fialko. Nach seinen Berechnung müssten sie sich jährlich um etwa 2,5 Zentimeter gegeneinander verschieben. In den vergangenen drei Jahrhunderten hat sich demnach ein Verschiebungs-Defizit von sechs bis acht Metern aufgebaut. Sollten sich die Spannungen in einem Beben lösen, würde es in dem dicht besiedelten Gebiet zu Erschütterungen der Stärke acht kommen. Wann sich das Beben ereignet, kann der Forscher nicht abschätzen. "Mit einiger Sicherheit können wir aber sagen, dass sich die Verwerfung der Beanspruchungsgrenze nähert", sagt Fialko.