Von Olite fahren wir zunächst die Nationalstraße N-121 nach Süden und erreichen über die Provinzstraße NA-134 die Ortschaft Valtierra. Valtierra ist bekannt für die vielen Cuevas, die Höhlenwohnungen. Mal sehen ob wir später noch Zeit haben, denn einige der Cuevas kann man besichtigen.
Wir verlassen die NA-134 in Arguedas und folgen den Wegweisern Richtung „Senda Viva“ (ein weiterer Naturpark in der Region) und „Iglesia Nuestra Senora del Yugo“. Auf zunächst geteerter Straße nähern wir uns der zerfurchten Landschaft der Bardenas Reales. Die kürzeste Zufahrt führt über eine unbefestigte Straße zur Wallfahrtskirche. Am heutigen Sonntag ist der Parkplatz der ehemaligen Einsiedelei gut besucht, spanische Familien mit Picknickkorb sitzen auf den Bänken und genießen bei Sonnenschein den freien Tag.
Die Kirche unserer heiligen Jungfrau von Yugo ist ein imposanter Bau, der im Jahr 1677 einer Lokalheiligen geweiht wurde. Es ist ziemlich windig und die Böen peitschen die Bäume und Sträucher bei der Kirche und der nebenan liegenden Herberge. Restaurierungsarbeiten sind im Gang und die Kirche ist zugesperrt. So begnügen wir uns mit einem Rundgang um die Kirche.
Gegenüber der Kirche lockt ein Aussichtsbalkon mit einem Blick über die bizarre Landschaft der Bardenas. Am Mirador Bardena Blanca erhaschen wir einen ersten Eindruck von der zerklüfteten Erosionslandschaft der Halbwüste. Der Blick ist ziemlich dunstig, trotzdem holen wir aus dem Auto das Steiner Fernglas und können durch das Glas blickend, über der weitläufigen, zerfurchten Ebene die Geier kreisen sehen.
Jetzt gibt es kein Halten mehr, die Geierkolonien im Norden Spaniens waren einer der Gründe für den Abstecher aus den Pyrenäen nach Navarra. Am gestrigen Tag haben wir im Anso-Tal schon ausgiebig die großen Vögel beobachten können die auf den Felsen hoch über dem Valle de Anso und Valle de Hecho thronten und zu Flugvorführungen aufbrachen. Im Trekkingladen in Tudela soll man eine Karte der Bardenas Reales kaufen können. Aber heute ist Sonntag und der Laden geschlossen. Im Besucherzentrum der Bardenas würden keine Karten verkauft, berichteten uns zwei Motorradfahrer die neben uns auf dem Campingplatz in Olite gezeltet haben.
Damit wir uns in dem Gewirr aus Pisten nicht verirren, schalte ich das GPS ein und wir machen noch ein Foto von der Schautafel die die Hauptwege zeigt und die am Anfang der unbefestigten Straße in die Bardenas steht. Die Lehmpiste ist in gutem Zustand und nach dem Regen der letzten beiden Tagen schon wieder sehr gut abgetrocknet. Unserem Wüstenabenteuer steht damit nichts mehr im Weg und voller Vorfreude folgen wir der Straße die geradewegs auf die farbenfrohe Hügellandschaft zuhält. Ockerfarbene Lehmhügel, sattgrünes Buschwerk, hellbraun umgepflügte Felder und verwitterte Schafsferche prägen das Bild. Von der Hauptroute die als Straße für motorisierte Fahrzeuge beschildert ist zweigen zahlreiche Nebenstraßen ab. Wir suchen den markanten Castil de Tierro und sind uns alsbald sicher, dass wir die eindrucksvolle Felsnadel in diesem Teil der Bardenas nicht finden werden.
Rot gestreifte Badlands gibt es hier nämlich nicht. Trotzdem folgen wir der Straße noch weiter, testen weitere Nebenrouten an, stoßen auf die ersten Schafherden die von Hütehunden getrieben werden. Naserümpfend fahren wir durch den Schafkot, nicht das erste Mal auf dieser Tour. Am 18. September werden die Schafherden aus den höheren Lagen der Pyrenäen zum überwintern in die Bardenas getrieben, ein Spektakel bei dem Jung und Alt unterwegs ist. Trotz dieses Großereignisses, zeigen sich die Bardenas ziemlich menschenleer. Hier und da ein paar Bauern die noch die restlichen Tomaten, Paprika und Kartoffeln ernten die hier angebaut wurden. Ab und zu ein Schafhirte und ein paar wenige Autos mit Touristen. Fast schon Verhältnisse wie in den Weiten der nordamerikanischen Wüsten. Es gibt hier sprichwörtlich mehr Geier als Menschen. Die riesigen Aasfresser kreisen in der Luft und ihre Silhouette wirft Schatten auf den unwirtlichen Ebenen der Bardenas.
Irgendwann drehen wir um und fahren die Piste retour zur Wallfahrtkirche und nehmen jetzt die geteerte Straße nach Arguedas. Die Kirche ist nämlich auch auf einer gut ausgebauten, geteerten Zufahrt zu erreichen. Über die NA-134 fahren wir in Richtung Tudela und biegen ein paar km südlich von Arguedas auf die beschilderte Straße Richtung „Parce Natural Bardenas Reales, reserva de la Biosferra“ und „Centro de Informacion“ ab. Nach 4,5 km erreichen wir das große Besucherzentrum. Es ist heute wegen Festlichkeiten geschlossen.
Wir folgen der noch kurzzeitig geteerten Straße. Am Abzweig der unbefestigten Straße steht eine weitere Tafel mit einer Parkkarte, doch irgendwie sind die Darstellungen reichlich verwirrend. Aber die Karte brauchen wir nicht, mit Blick in die Ferne sehen wir bereits die gestreiften Badlands und eine Felsnadel die nur der Castil de Tierra sein kann. Begeistert nehmen wir die staubige Piste unter die Räder. Bisher verkraftet unser Skoda die Wüstenpisten hervorragend. Allerdings ist er bereits mit einer feinen Staubschicht überzogen und jedes Mal wenn wir abbremsen, werden wir von unserer eigenen Staubfahne eingeholt und eingehüllt. Eine alte Hütte macht sich in der Landschaft hervorragend und das Marode erhält hier einen ganz neuen Reiz.
Wir stoppen aber nur kurz, schließlich steht in etwa 1 km Entfernung das begehrteste Fotomotiv der Bardenas. Die gestreiften Badlands mit dem freistehenden Castil de Tierra sind nicht umsonst meistfotografiert. Blöderweise parkt ein gelber Reisebus auf dem staubigen Parkplatz bei der Felsnadel, sodass eine Aufnahme in der Totale sich nicht so gut macht: einsame Wüste mit gelben Reisebussen passt irgendwie nicht zusammen. Ausser dem Bus parken hier noch weitere Autos: PKW, Campingbusse, Geländewagen, Motorräder und auch ein paar Mountainbikes lehnen an einem maroden Unterstand beim Parkplatz. In der Weite der Landschaft verteilen sich die Menschen aber gut, sodass wir ungehindert fotographieren können und dies auch ausgiebig nutzen.
Die Felsnadel lichten wir von allen Seiten ab, posieren auf dem Lehmhügel zu Füßen des Cabezo und sehr viel später steigen wir wieder in unseren aufgeheizten Wagen und fahren weiter auf der unbefestigten Straße.
Wir haben keinen genauen Plan wie wir fahren, kommen aber an einem Wegweiser vorbei der Carcastillo 22 km anzeigt. Ein Blick auf die grobe Straßenkarte und wir finden Carcastillo. Es liegt nördlich der Bardenas und von dort könnten wir nach Lumbier fahren. In Lumbier gibt es einen Campingplatz und der Besuch dort war ohnehin angedacht, da Lumbier gleich mit zwei eindrucksvollen Schluchten lockt. Doch bevor wir die Bardenas Richtung Carcastillo verlassen, testen wir noch eine andere Strecke an, die uns näher an die braunen Erosionshügel führt.
Aussteigen und herumlaufen können wir dort leider nicht, es ist militärisches Sperrgebiet und das Betreten streng verboten. Warum das spanische Militär ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet angesiedelt ist, werden wir wohl nicht verstehen, aber nachdem wir in Jaca bereits auf so viele Militäranlagen und Kasernen gestoßen sind, muss die starke Militärpräsenz in diesem Landesteil wohl einen besonderen strategischen Grund haben.
Zurück am Wegweiser Richtung Carcastillo packen wir erst mal unseren Kocher und verspeisen traditionell eine Dose Bohnen. Dies rührt noch von unserer 1. USA-Tour von vor 10 Jahren her, als mein Mann im Vorfeld, gestresst vom Studium nur meinte, er wolle im Urlaub einfach am Grand Canyon sitzen und eine Dose Bohnen essen. Seitdem gehören gebackene Bohnen zum Lebensmittelinventar auf unseren Campingreisen und immer wenn uns eine Landschaft besonders gut gefällt, krönen wir den Aufenthalt mit einer Dose Bohnen, zubereitet auf dem Gaskocher. Gestärkt folgen wir der Straße, deren Zustand sich im weiteren Verlauf leider zunehmend verschlechtert. Frank lenkt unseren Skoda extrem vorsichtig um Schlaglöcher und durch tiefe Wellen im Boden. An Umkehren denken wir aber nicht und das wäre auch extrem blöd, da wir sicher schon 10 km der Wegstrecke nach Carcastillo geschafft haben. Wir kommen an weiteren eindrucksvollen Erosionsstrukturen vorbei.
Bleiche und bräunliche Hügelketten und Badlands lösen sich ab. Glücklicherweise beschränkt sich die gesperrte Militärzone auf die andere Seite der Piste und wir laufen ein wenig in den trockenen Flussbetten herum und kraxeln auf den Hügeln umher. Die Aussicht von hier oben ist grandios. Weit schweift der Blick über die zerfurchte Szenerie.
Mit staubigen Schuhen und staubiger Kleidung steigen wir wieder in den Wagen und weiter geht die Fahrt. Wir sehen sogar ein paar Hoodoos am Wegesrand, kommen an weiten Ebenen vorbei wo Schafe grasen. Auf einem Hügel trotzt ein Baum den Elementen.
Ein Fels wie ein Krokodil lauert am Wegesrand, mit zwei klitzekleinen Aufsetzern schaffen wir es weiter Richtung Carcastillo.
Die Landschaft bleibt weiter ansprechend und interessant trotzdem sind wir froh als wir die geteerte Straße erreichen. Über Provinzstraßen fahren wir nach Norden in Richtung Sanguesa, passieren kleine Dörfer die sich trutzig von der Landschaft abheben. Jeder noch so kleine Ort kann auf eine langjährige Geschichte zurückblicken und mindestens eine romanische Kirche, mal gut, mal weniger gut erhalten, erhebt sich über den geduckten Häusern des Dorfzentrums. Bis nach Lumbier fahren wir 1,5 Stunden, passieren Ebenen mit Photovoltaik-Anlagen und Windkraftparks. Alternative Energiegewinnung ist in diesem Teil Spaniens weit verbreitet.
Der Campingplatz in Lumbier entpuppt sich als absolut ruhig und idyllisch gelegen, unweit der Schlucht Foz de Lumbier gelegen. Der Betreiber des Platzes spricht kein Englisch und wir kein Spanisch. Trotzdem erläutert er uns ausführlich die Sehenswürdigkeiten in der Umgebung und die Annehmlichkeiten die das Dorf bietet. Anhand einer Karte mit Symbolen und verschiedenen Kalenderbildern die im Büro verteilt hängen, verstehen wir sogar das meiste von dem was er uns in einem mind. 10-minütigen Vortrag erzählt. Wir bekommen ein Areal zugewiesen und dürfen uns den Stellplatz selbst aussuchen und entscheiden uns für einen Platz unter schattenspendenden Platanen. Auf dem Campingplatz stehen viele der weißstämmigen Laubbäume. Die Sonne lacht vom Himmel und das Weiss und Grün der Bäume bildet einen reizvollen Kontrast zum blauen Himmel und unserem orange-gelbem Trekkingzelt das alsbald auf der grünen Wiese thront.
Die Sanitäranlagen sind modern und sauber. Zu Fuß ist man in weniger als 20 Minuten im Dorfzentrum von Lumbier und in 30 Minuten zum Eingang der Lumbier Schlucht gelaufen. Diesen Campingplatz können wir sehr empfehlen.
Nachdem unser Zeltlager komplett eingerichtet ist, starten wir erneut mit dem Auto und fahren zum Aussichtspunkt der Foz de Arbayun, der tiefsten Schlucht von Navarra. Jetzt am frühen Abend liegt die gewaltige Schlucht in tiefen Schatten. Trotzdem ist der Ausblick gigantisch und wir beschließen Morgen bei besseren Lichtverhältnissen wieder zu kommen.
Foz de ArbayunDen Abend beschließen wir mit einer Flasche Wein und Essen aus den Vorräten und mit ein paar Gesprächen mit Jacobswegpilgern, die hier ebenfalls auf dem Campingplatz Station machen.