In einem Beitrag zum Grand Canyon in einem anderen Forum habe ich folgendes zu unseren Tagen am Grand Canyon geschrieben.
Im Thema ging es darum, dass ein Tag vollkommen ausreichend wäre, um sich den Grand Canyon anzuschauen. Morgens über den Osteingang rein abends über den Südeingang raus nach Flagstaff.
Diese Einschätzung teile ich nicht! Aber lest selbst:
Wir erreichten den GC nachdem wir zuvor die grandiosen anderen Parks gesehen hatten und waren daher zunächst etwas abgestumpft. Zuerst besuchten wir den Northrim und wanderten ein wenig am Canyonrand herum, ließen die Beine baumeln. Der Nordrand ist viel grüner als der Südrand und nicht so überlaufen. Auf einer kurzen Wanderung, die uns in den Canyon führte, waren wir fast allein inmitten der grandiosen Canyonszenerie, und das obwohl der Weg direkt in der Nähe der Parklodge des Northrims begann.
Als wir dann den Süden aus östlicher Richtung durch die große Navajo Reservation ansteuerten, gefiel es mir dort erst überhaupt nicht. Es war etwas bewölkt und eine Autoschlange zog sich den Eastrim entlang, daß wir nur sehr langsam zum Mothercampground vorankamen. Nachdem wir dann am Abend noch den Sonnenuntergang versäumt hatten (Arizona hat 1 Stunde Zeitverschiebung, da diese bei der Sommerzeit nicht mitmachen), schien der Aufenthalt gelaufen. Aber die Atmosphäre auf dem Mothercampground, zelten direkt im Grünen neben einem Wasserlauf hellte die Stimmung wieder auf. Am nächsten Morgen waren wir schon früh auf und vor dem Sanitärgebäude ästen ein paar Rehe. Vor dem großen Besucherandrang fuhren wir erneut den East Rim entlang, es war noch immer etwas bewölkt, wir schossen die obligatorischen Fotos am Motherpoint und den anderen Aussichtspunkten und lagen wegen des frühen Aufbruchs noch immer sehr gut in der Zeit. Wir gönnten uns daher eine zweistündige Wanderung auf dem Grand View Trail. Dort bekamen wir richtig Lust auf den Canyon und beschlossen, uns ein Wilderness-Permit für die freie Übernachtung im Canyon zu besorgen. Diese, so wussten wir, gab es im Backcountry Office, im Grand Canyon Village. Als wir dort eintrafen, war es längst geschlossen (hatte nur vormittag geöffnet) und wir hätten uns auf die Warteliste für ein Permit eintragen können. Da dort aber bereits mehr wie 50 Namen standen, haben wir darauf verzichtet und beschlossen, den Bright Angel Trail auf die harte Tour zu versuchen (an einem Tag vom Canyonrand bis zum Colorado und zurück). Ja ich weiss, es wird dringend davon abgeraten, dies zu versuchen, aber als geübte Wanderer und Hobbybergsteiger wäre uns dies ohne Zweifel gelungen wenn, ja wenn ...
mich nicht ein Erkältungsinfekt über Nacht erwischt hätte (wir hatten 2 Nächte zuvor in einem Motel übernachtet und die Klimaanlage dort und die Aircondition unseres Autos hatte mir nun einen ordentlichen Schnupfen beschert). Etwas geschwächt traten wir dann aber doch die Wanderung an und wollten gehen, so weit wie möglich. Ausgerüstet mit 4 l Wasser, je 2 Nudelkonserven stapften wir den stark frequentierten Bright Angel Trail hinab. Diesen Weg nehmen auch die Maultierkarawanen, die gehfaule Touristen zur Übernachtung auf die Phantom Ranch im Canyoninneren bringen und Maultierurin bei mehr wie 30° im Schatten (wir hatten Juli!) stinkt gotterbärmlich - der Weg ist nichts für empfindliche Nasen!
Alle 1,5 Meilen gibt es ein Rasthaus, wo man sein Wasser nachtanken kann. Um es kurz zu machen, wir schafften es bis Indian Garden und wieder zurück (4,6 Meilen hin und 4,6 Meilen wieder zurück). Und diese 7,4 km Aufstieg waren mit die anstrengensten km, die ich je gelaufen bin. Dies lag wein wenig an dem knackigen Höhenprofil des Canyons, etwas mehr an der gnadenlosen Hitze und größtenteils an der eingefangenen Erkältung (am Abend glühte ich nicht nur wegen des Klimas, sondern auch mit Fieber!). Am nächsten Tag ging es mir schon besser und wir gönnten uns einen Erholungstag am Westrimdrive. Diese Panoramastraße, die in den Sommermonaten für den Autoverkehr gesperrt wird und dann nur mit einem kostenlosen Shuttlebusbetrieb zu befahren ist, finde ich schöner wie den West Rim Drive. Die zahlreichen Viewpoints dort bieten andere Ausblicke als der East Rim Drive. Man kann dort sehr gut den Wanderweg am Canyonrand entlang gehen und zwischendurch immer wieder an den Stops in den Bus steigen und weiterfahren. Ende ist bei Hermits Rest, wo auch ein Wanderweg (Hermit Trail) in den Canyon führt. Ein kurzes Stück auf diesem Trail kann jeder gehen, dann verhindert ein Felssturz das einfache Weiterkommen und es ist etwas kraxeln angesagt, (nicht jedermanns Geschmack über der gähnende Tiefe des Canyons).
Der Grand Canyon bietet jedem das, was er daraus macht!
Wer oben bleibt und sich auf den kurzen Blick vom Rim beschränkt, wird die weite und tiefe des Canyons nicht verstehen können, da die Schlucht einfach zu groß ist, um sie direkt zu begreifen. Nicht umsonst haben sich die Spanier hier schon die Ä.... wundgeritten, auf der Suche nach einem Weg durch oder um den Canyon nach Norden!
Wer sich jedoch etwas Zeit nimmt, um ein wenig von der Weite des Landstrichs zu erkunden, wird den Canyon lieben! Trotz dem Trubel den jährlich 4 Millionen (oder sind es 5 Millionen ?) verursachen, kann man hier tolle Touren gehen und jeder sein Stück Einsamkeit, Entspannung und Frieden in der faszinierendsten Schlucht Nordamerikas finden.
Wer den Canyon auf Schusters Rappen erkunden möchte, sollte sich den Führer aus dem Conrad Stein Verlag zulegen: USA: Grand Canyon Trails von Johann Schinabeck aus der Serie Outdoor Handbuch - der Weg ist das Ziel.
Dort sind alle Touren gut beschrieben und viel wissenswertes für Planung und Durchführung nachzulesen. Von der Tageswanderung am Rim bis zur mehrwöchigen Tour im inneren des Canyons - für jeden Geschmack das passende.
Eine kurze Wanderung kann jeder einigermaßen gesunde Besucher unternehmen, die Amis tun dies auch! Sie laufen in Badelatschen oder bestenfalls weißen Tennisschuhen mit nicht mehr als einem halben Liter Diet Coke am Gürtel bis zum 1,5- oder 3-Mile-Resthouse des Bright Angel Trails, trinken dort ordentlich und schleppen sich mit ihren mind. 20 kg Übergewicht wieder ächzend und schwitzend nach oben (stimmt dies ist ein Klischee - aber wir haben es häufig angetroffen!)
Zum Schluss noch eines, als wir damals am Grand Canyon standen, war der Dollar bei 2,20 DM und die Kosten für einen Rundflug damit astronomisch hoch. Heute würde ich für den Eindruck aus der Vogelperspektive aber auch diesen Betrag hinblättern!
Vielleicht hilft dieser Beitrag ja, dem Grand Canyon ein paar neue Fans zu bescheren!
Meine Begeisterung für den Grand Canyon und andere Canyons und Schluchten ist grenzenlos, daher mein Nickname ...
Canyoncrawler
PS: An unserem letzen Abend vor der Weiterfahrt nach Vegas bekamen wir doch noch unseren Sonnenuntergang und ich war mit dem Canyon restlos versöhnt!