Ich bin als Wortklauberer ja nicht so gut wie du, versuche aber damit auch mal mein Glück:
In den USA oder Skandinavien versucht man Behinderte so gut wie irgend möglich am normalen Leben teilnehmen zu lassen, sie in die Gesellschaft zu integrieren.
Ich dachte, in den USA sei die Integration von Behinderten bereits gelungen. Jetzt sagst du, es würde nur versucht!?
Ob und in welchem Maß hier oder dort Behinderte in die Gesellschaft integriert sind, kann ich persönlich nicht feststellen. Dafür fehlt mir jeglicher Maßstab. Deshalb nehme ich an einer Diskussion darüber nicht teil.
Maßstab ist für mich z. B. nicht, dass es in den USA selbstverständlich ist, Einrichtungen für Behinderte (z. B. Parkplätze) zu respektieren, während bei uns solche Einrichtungen immer wieder gedankenlos oder gar absichtlich missbraucht werden. Ob das an größerer Achtung von Behinderten oder an den schärferen Sanktionen liegt, weiß ich nicht. Gechwindigkeitsregeln werden in den USA schließlich auch mehr befolgt als bei uns.
Und in Deutschland "versorgt" werden auch nur die Pflegefälle, die ihrerseits auch nur ein Bruchteil der Behinderten ausmachen. Die ganz große Menge der Behinderten (insbesondere der mobil eingeschränkten), die keinerlei Anspruch auf irgendwelche Leistungen haben (und auch nicht benötigen) sind in der deutschen "Gesellschaft" nicht integriert, weil man ihren besonderen Ansprüchen nicht nachkommt (bzw. nur sehr rudimentär).
Sorry, aber du kennst dich einfach nicht aus. Das ist kein Vorwurf, sondern eine ganz alltägliche Feststellung. Wie soll sich ein Laie in dem Behindertenrecht auskennen, wenn es schon für Fachleute aufgrund seines Umfangs schwierig genug ist!?
Es gibt selbstverständliche eine Fülle von Rechtsansprüchen auch für nicht mobile Behinderte, von dir in dem Zusammenhang respektlos Pflegefälle genannt und als kleine Randgruppe abgetan. Du irrst! Die weitaus größte Zahl der Behinderten ist obendrein pflegebedürftig, also auf fremde Hilfe nicht nur draußen, sondern auch im eigenen Haushalt angewiesen.
Den Überblick über die Rechte Behinderter zu haben, war bis zum Inkrafttreten des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch für Fachleute fast unmöglich. 2001 wurde endlich der Versuch gemacht, die Rechte Behinderter in einem einzigen Gesetzeswerk zusammen zu fassen.
Bis dahin war es fast immer so, dass Behinderte ihre Rechte besser kannten, als die Leute in den Behörden. Die Betroffenen waren darin einfach geübter als z. B. ein Mitarbeiter in einem Akademischen Prüfungsamt, der zum ersten Mal in seinem Berufsleben mit einem Spastiker zu tun hat und sich jetzt in dessen Lage versetzen muss, wenn es um das termingerechte Ablegen von Prüfungen geht.
Ich hoffe, dass es inzwischen für alle Beteiligten einfacher geworden ist, die Rechte Behinderter zu kennen, zu wahren und zu erfüllen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Staat gibt, in dem Behinderte weitergehende Rechte haben, als in Deutschland. Inwieweit diese Rechte von welchen Teilen der Gesellschaft mitgetragen werden, kann ich nicht beurteilen. Ich gehe einfach mal davon aus, dass die meisten Rechtsansprüche gar nicht bekannt sind und auch nicht diskutiert werden, solange man nicht in irgendeiner Weise davon betroffen ist.