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Autor Thema: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa  (Gelesen 21072 mal)

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HS777

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #60 am: 15.06.2010, 11:00 Uhr »
Hi !
Nun behaltet mal alle die Nerven und regt Euch nicht unnötig auf !.
Tatsache ist doch das auch in D die vergangenen Jahre das Thema verstärkt angegangen wird und der Bürger/Autofahrer z.B. die Behinderten-Parkplätze beachtet.Das Problem ist leider oft der Mißbrauch des Behinderten Ausweises durch nicht befugte Personen( z.B. wenn der Ausweis des Opas im Auto abgelegt wurde ,aber ein anderer das auto benutzt hat.).Da sind jedenfalls bei uns in der Gegend auch die HiPos schon drauf gekommen und beobachten die Parkplätze um dann gegebenenfalls dem Unbefugten ein Ticket zu verpassen ! .


@ Nic Muc : Das habe ich ebenfalls schon so festgestellt.Wir hatten unser Büro in einer sehr belebten Geschäftsstraße ,über Jahre war dort ein Behindertenparkplatz mit Nummer für eine bestimmte Person,war immer LEER  ! .Dann kam eines Tages der Städt. Bauhof und hat das Schild endfernt,auf Nachfrage beim Vorarbeiter wurde uns mitgeteilt das der Opa verstorben sei .
Der hatte seit Jahren im Altenheim gelebt und somit eigentlich den Parkplatz unbefugt den anderen Mitbürgern nicht zur Verfügung gestellt .Sowas gibts allso auch !.

mfg


EasyAmerica

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #61 am: 15.06.2010, 11:11 Uhr »
Danke, Missis! Endlich mal ein sachkundiger, fundierter Beitrag!  :kuss:

....es gibt im Übrigen gute - sehr gute Sachbearbeiter die sich im SGB IX gut auskennen - nicht immer ist der Gang zum Abteilungsleiter der richtige - denn zuständige Sachbearbeiter haben Tag für Tag mit behinderten Menschen zu tun -  
Sachbearbeiter in Behörden, bei denen Behindertenarbeit das "tägliche Brot" ist, meinte ich nicht. Die haben in aller Regel die entsprechende Spezialerfahrung und das nötige Fingerspitzengefühl.

Ich meinte die Behörden, in denen nicht speziell Behinderte auflaufen, sondern überwiegend Nichtbehinderte. An solchen Stellen ist der Behinderte ein "schwieriger Spezialfall", der aus der täglichen Routine fällt und den Sachbearbeiter überfordern kann. Solche Ämter können sein, sofern sie nicht spezielle Anlaufstellen für Behinderte eingerichtet haben:
- Wohngeldamt
- BAföG-Amt
- Finanzamt
- Akademisches Prüfungsamt
- Arbeitsamt
- Straßenverkehrsamt
- Sozialamt

Speziell für Behinderte eingerichtete Stellen, wie z. B. Versorgungsämter oder deren Nachfolgeorganisationen, habe ich natürlich nicht gemeint.
Viele Grüße
Heinz

Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #62 am: 15.06.2010, 11:48 Uhr »
Zum Parken: Wie mittlerweile jedem bekannt ist gilt dieses "Parken" auf spez. Behindertenparkplätzen behinderten Menschen mit dem Merkzeichen "aG"!

Das ist so nicht richtig (auch nicht mit den Kennzeichen BL), ausschließlich der blaue Parkausweis berechtigt zum Parken auf diesen Plätzen. Und um den zu erlangen, braucht man gewisse Kennzeichen, beispielsweise aG.

Es ist ein (leider verbreiteter) Irrtum, dass bereits der Behindertenausweis "an sich" zum Parken berechtigt. Das ist nicht richtig.

Auch die Taxifahrten sind nicht vollständig kostenlos, sondern jede Strecke muss (bis zum Erreichen der Belastungsgrenze) mit immerhin 5,-€ pro Fahrt bezuschusst werden. Das stellt Kurzfahrten ziemlich in Frage, sehr oft ist die Fahrt zum Hausarzt gerade mal 2 Kilometer und dann zahlt der Betroffene es quasi selbst.

Auch die genannten Umbaukosten unterliegen recht strammen Grenzen, bei weitem nicht jeder Umbau kommt mit dieser Leistung hin, die zudem nur einmalig gezahlt wird. Eine simple OP eines "nicht-Behinderten" kostet in aller Regel mehr, aber das wird nicht so grandios als "Sozialleistung" in den Vordergrund geschoben.

Einen Parkplatz direkt vor der eigenen Haustür erhält man nur, wenn es keine Alternative "in zumutbarer" Entfernung gibt. Letzteres ist leider nicht konkret geregelt und obliegt der subjektiven Meinung des Sachbearbeites. Das führte in meinem konkreten Fall zum "Schildbürgerstreich", dass der Nachbar, der zufälligerweise den gleichen Antrag für sich gestellt hatte, den Stellplatz zugeteilt bekam, mein Antrag jedoch abgelehnt wurde, mit der Begründung, dass die Garage in "zumutbarer" Entfernung sei (ca. 100m entfernt). Die Garage des Nachbarn befand sich in der gleichen Reihe, ca. 20m näher(!). Zwei Sachbearbeiter, zwei Entscheidungen. Ich habe dann einfach die Nachbarn gebeten, den Platz für uns frei zu halten - hat auch halbwegs geklappt.

Eine sehr wichtige Steuerermäßigung (wenn man sie denn überhaupt "gewinnbringend" anwenden kann, viele Renten befinden sich nicht in der zu versteuernden Mindesthöhe) ist die vielen Finanzbeamten(!!!) unbekannte Regelung, dass Menschen mit Kennzeichen BL oder Kennzeichen aG inkl. GdB 100 privat gefahrene Kilometer pauschal bis zu 15.000km pro Jahr absetzen dürfen, die werden mit 30 Cent/km vergütet. Dazu zählen alle Fahrten für den Haushalt, für Freizeit, für Urlaub usw. und (ganz wichtig) die begünstigte Person braucht weder selbst gefahren zu sein (das glauben manche Finanzbeamte, finden aber keine Erklärung, wie ein Blinder das bewerkstelligen soll) noch überhaupt an der Fahrt teilgenommen zu haben.

Nicht richtig ist, dass man mit Kennzeichen aG und GbB 100 kostenlos im Nahverkehr fahren darf (gegen Erlös einer Wertmarke) UND eine Ermäßigung auf die KFZ Steuer bekommt. Richtig ist, dass nur EINE dieser Leistungen (nach Wahl) gewährt wird.

Und last not least sind diese ganzen Dinge eben rechtliche Aspekte sowie Leistungen - aber es ging mir nie um diese "Sachleistungen", sondern darum (um es ganz grob zu sagen), wie es  "in den Köpfen" der (gesunden) Menschen ausschaut und wie (eigentlich selbstverständliche) Dinge (wie Behindertentoiletten usw.) bei uns "gepflegt" werden. Ich bin schwer behindert (Kennzeichen B, G, aG, RF, GbB 100) und fühle mich spontan in den USA wohler als hier - und dieses Gefühl kann niemand wegdiskutieren. Und das kann man wahrscheinlich wirklich nur nachvollziehen, wenn man selbst in dieser Lage ist.

Natürlich klappt auch in den USA nicht alles so, wie es ideal wäre. Und natürlich wird mir hier in Deutschland geholfen (wobei ich überraschend wenig von den ganzen genannten Möglichkeiten auch wirklich bekomme bzw. umsetzen kann) und es gibt auch Präzedenzbeispiele, was ganz hervorragend hier gelöst ist. Ich denke da beispielsweise an die wirklich grandiose Möglichkeit für Schwerbehinderte (die o.g. blauen Parkausweis besitzen), am Düsseldorfer Flughafen überall kostenlos zu parken. Aber bereits in Frankfurt gibt es nichts vergleichbares - wieso nicht?

Und, ja, auch in den USA stellen sich manchmal irgendwelche Idioten auf den Behindertenparkplatz, ohne behindert zu sein. Aber es gibt meistens sehr viele solche Plätze, so dass man einen anderen nehmen kann (in Düsseldorf. im Einzugsbereich der Altstadt gibt es zwei(!) Behindertenparkplätze - und da parken IMMER Gesunde) und wenn ich irgendwo eine Treppe sehe, die beispielsweise zu einer Bahnstation o.ä. führt, dann brauche ich mir keine Sorgen zu machen, da kommt mit absoluter Sicherheit auch noch irgendwo ein Aufzug.

Ich habe einst in Kleinenbroich gewohnt, dort fährt die S-Bahn S8 nach Düsseldorf, das haben wir gerne jeden Samstag in Anspruch genommen (oder auch am lauen Sommerabenden). Bis ich im Rollstuhl saß. Dann ging das nicht mehr. Weil es ca. 15 Stufen zum Bahnsteig hoch sind und es keinen Aufzug gibt. Seit dem fahren wir nicht mehr mit der S-Bahn - mit der ich zwar theoretisch kostenlos fahren könnte, aber was nutzt das, wenn man erst gar nicht auf den Bahnsteig kommt? Auf die Beschwerde des Nachbarn (der den Stellplatz bekommen hat) bei der DB, er könne die S-Bahn nicht erreichen, wurde ihm mitgeteilt, er solle drei Tage vor der Fahrt eine bestimmte Nummer anrufen, es würde dann zur Abfahrt jemand kommen und ihm in die Bahn helfen... (wenigstens haben wir da wirklich ziemlich gelacht).

EasyAmerica

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #63 am: 15.06.2010, 12:26 Uhr »
Über diese Aussage haben sich ein oder zwei Leute tierisch geärgert:
Falsch ist die pauschale Behauptung, dass in Europa, speziel in D, nichts für Behinderte getan werde. Es wird unglaublich viel getan, auch deshalb, weil ein erheblicher Nachholbedarf besteht.
Wenn man so liest, was Missis und selbst der verärgerte JB inzwischen geschrieben haben, hatte ich ja wohl nicht so ganz Unrecht.   :wink:
Viele Grüße
Heinz

dschlei

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #64 am: 15.06.2010, 14:25 Uhr »

Hier dagegen wuerde der naechste Cop (mit 911 gerufen) mit Begeisterung ein Ticket fuer ein paar 100 Dollar schreiben und das Fahrzeug zum Inpound Lot abschleppen lassen (was dann noch einmal einige 100 Dollar kosten wird), wenn der Fahrer dann endlich sein Fahrzeug gefunden hat!  :lol:

1) 911 ist m.W. fuer "true emergencies" gedacht (andererseits gibt's auch Leute, die denken, eine Ratte mit gebrochenem Fluegel ist ein echter Notfall... warum also nicht fuer eine parking violation)

2) Kaum ein Cop wird "mit Begeisterung" ein parking ticket & impound verhaengen - auch wenn er/sie "genervt" vermutlich nicht unbedingt raushaengen laesst

3) Es ist gang und gaebe, dass unberechtigt auf Behindertenparkplaetzen geparkt wird... manchmal offensichtlich, manchmal nicht (borgt man sich halt eben mal Omas Auto mit entsprechender Kennzeichnung); in den wenigsten Faellen wird das wirklich verfolgt.

Aber vielleicht ist es in Deiner heilen Welt ja tatsaechlich anders....  :wink:

Zu 1) Bei den Papieren, die man hier mit dem Behindertenaufhaenger bekommt ist eine Info, dass man bei Problemen mit Violations 911 anrufen soll, die leiten das entsprechend weiter.

zu 2) Scheinbar sind hier die Cops anders.  Wenn abgeschleppt wird, ist Impounding die logische Konsequenz!  Und abgeschleppt wird immer, wenn der Fahrer nicht da ist, um das Fahrzeug selbst zu entfernen.

zu 3) Wer natuerlich illegal einen anderen Aufhaenger verwendet kann nur erkannt werden, wenn ein Polizist die Nummern kontrolliert. Wie oft das geschieht, weiss ich nicht.

Und das illegale Parken sieht in meiner heilen Welt scheinbar wirklich besser aus als in Deiner, scheinbar defekten Welt!
With kind regards from the south bank of the Caloosahatchee River

ratlady

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #65 am: 16.06.2010, 06:45 Uhr »
Zu 1) Bei den Papieren, die man hier mit dem Behindertenaufhaenger bekommt ist eine Info, dass man bei Problemen mit Violations 911 anrufen soll, die leiten das entsprechend weiter.

Das mag zwar sein, dennoch wird m.W. eigentlich generell eher empfohlen, eine non-emergency Nummer zu nutzen - und die in Erfahrung zu bringen, ist nun wirklich nicht ein Unding bzw. Unmoeglichkeit.

Zitat
zu 2) Scheinbar sind hier die Cops anders.  Wenn abgeschleppt wird, ist Impounding die logische Konsequenz!  Und abgeschleppt wird immer, wenn der Fahrer nicht da ist, um das Fahrzeug selbst zu entfernen.

 :roll:

Gut zu wissen, dass bei Euch die Polizei derart unterbeschaeftigt ist, dass jeder Cop angesichts eines parking violation tickets sofort in "Begeisterung" verfaellt... sieht bei uns allerdings anders aus. Oder hast Du das evtl. (bewusst?) falsch verstanden?

Zitat
Und das illegale Parken sieht in meiner heilen Welt scheinbar wirklich besser aus als in Deiner,

 
Oder aber Deine Brille ist etwas rosa-roter als meine...  8)  Nebenbei bemerkt, evtl. sollte man auch mal die "andere Seite der Medaille" bedenken...

Zitat
scheinbar defekten Welt!

Nicht scheinbar, sondern offensichtlich... allerdings gehoert das nicht in diesen Strang  :?

Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #66 am: 13.07.2010, 13:50 Uhr »
Ich komme gerade von einem 16 tägigen Ostküstenurlaub zurück, (Toronto, Niagara,Washington, Boston, NYC) und möchte mich noch einmal zu dem Thema äußern. Ich bin, wie ich früher schon einmal erklärt habe gehbehindert, brauche weder Stock noch Rollstuhl ich kann einige Hundert Meter gehen, aber keine weiten Wanderungen machen, ohne Geländer keine Stiegen steigen und nicht länger als 5 min frei stehen (nein das ist keine Ausrede um mich nicht anstellen zu müssen, es geht wirklich nur wenn ich mich anhalten oder anlehnen kann und das ist mühsam). Ich beurteile die Situation also nicht aus Sicht eines Rollstuhlfahrers, dieser hat ganz andere Probleme als ich, ich kann in jeden Bus einsteigen, und auch einige Stufen machen mir nichts aus solange sie einigermaßen flach, eben und gleich hoch sind und ein festes nicht zu niederes Geländer vorhanden ist.

Nun zu meinen Erfahrungen in den hochgelobten USA:

Es stimmt, dass mehr Behindertenparkplätze vorhanden sind als bei uns, da wir aber nur Städte besichtigen wollten, hatten wir keinen Mietwagen und ich habe nicht davon profitiert.
In den Ubahnen musst man den Aufzug oft suchen bzw sehr weit gehen, viele Ausgänge haben keine Rolltreppe, oder nur in eine Richtung, das mag einem Rollstuhlfahrer nicht helfen, für mich ist eine Rollstreppe etwas wunderbares. Aus meiner Erinnerung, und ich habe viele europäische Städte bereist ist die Situation in Europa besser.

Amerikanische Gehsteige sind für mich schrecklich, es handelt sich immer um verlegte Betonplatten, diese haben Spalten und sind oft mit kleinen Stufen verlegt oder von Wurzeln angehoben, sodass ich mit meinem schleifenden Gang permanent aufpassen muss um nicht zu stolpern. Die in Österreich typischen asphaltierten Gesteige sind dagegen viel bequemer.

Behindertenfreundlichkeit endet auch in den USA dort, wo echter Massentourismus beginnt. In nyc bin ich einige Male in der Ubahn gestanden, oder musste denjenigen um seinen Platz bitten der nicht sofort so tat als würde er schlafen.
Auf der Fähre nach Liberty und Ellis Island, waren alle Behindertenplätze belegt und 2 gesund aussehende Menschen erklärten mir sie könnten bei dem Schaukeln auch nicht stehen, einer daneben bot mir dann seinen Platz an.

Nach meiner Frage hier im Forum bin ich in den Six Flags Great Adventure Park gefahren und habe mir am Eingang einen Special Access Pass geholt. Auf diesem Zettel lässt man die Wartezeit von einem Angestellten eintragen, setzt sich dann neben dem Fahrgeschäft auf eine Bank, wartet ungefähr die selbe Zeit wie in der Schlange, geht dann zu dem Angestellten, dieser zeichnet ab, dass man gewartet hat und man wird durch den Ausgang ohne weiteres Warten hineingeschleust. Das Problem ist nur, dass diese Wartebänke ausnahmslos in der prallen Sonne standen, es hatte 35 Grad, das ist schlichtweg nicht auszuhalten. Die Warteschlangen werden beschattet oder mit Verneblern etwas gekühlt. Angeblich gibt es auch Pässe mit denen man gar nicht warten muss, ich habe mich dazu wohl nicht qualifiziert.

Gottseidank gab es an diesem Tag außer bei Superman kaum Wartezeiten, also habe ich die normalen Wartschlangen genommen, dort kann man sich immer irgendwo anlehnen oder anhalten.
Behindertenfreundlich ist das nicht, ich kann die Parkbetreiber allerdings verstehen, wenn man sieht wie viele Omas und Opas an diesem wirklich ruhigen Tag dort von ihren Enkerln im Rollstuhl durch die Gegend geschoben und in die erste Reihe von King da Ka gehievt werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihnen das Spass gemacht hat, aber die mitfahrenden Teenager hatten ihren Spass.

Alles in allem muss ich sagen, dass ich nicht bemerkt hätte, dass die Menschen dort mit mir anders oder freundlicher umgegangen wären als hier. Bei Warteschlangen bei Sehenswürdigkeiten werde ich hier wie dort vorgelassen. Es gibt in den USA mehr Rampen u Behindertenparkplätze und absenkbare Busse, davon habe ich nicht profitiert sondern unter den unebenen Gehsteigen, Schlaglöchern in Zebrastreifen und fehlenden Rolltreppen  in den Ubahnen gelitten. Ich hatte einmal ein wirklich schönes rollstuhlgerechtes Zimmer, aber dies nur durch Zufall, eigentlich benötige ich es nicht und kann daher weder Verfügbarkeit noch Qualität wirklich beurteilen.

Derjenige der in dem Thread gemeint hat dass in den USA jeder Bindertenpass anerkannt wird, in Europa aber nicht, soll doch bitte einmal in einer beliebigen amerikanischen Großstadt versuchen, ein Behindertenticket bei den Öffis mit dem wirklich offiziell aussehenden, dreisprachigen (de/en/fr) österr Behindertenpass zu lösen. Dazu muss man nämlich in der jeweiligen Stadt bei dem Unternehmen vorsprechen und sich einen Ausweis abholen, das ist für Touristen also eigentlich umöglich.  Ein Busfahrer hat von mir den Behindertenpreis verlangt, alle anderen wollten den Normalpreis.

Das Alltagsleben kann und will ich nicht beurteilen, als Tourist sind europäische Großstädte für mich einfacher zu erkunden, und durch die Ermäßigungen für Behinderte, die es in den USA nur in seltenen Fällen gibt  auch wesentlich billiger.

mfg

Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #67 am: 13.07.2010, 14:08 Uhr »
Als ich letztes Jahr in voller Dunkelheit über die Route 66 fuhr, konnte ich am linken Straßenrand eine kleine Hütte erkennen. Man sah in der Dunkelheit wirklich gaaar nichts. Das einzige, was aber klar und deutlich zu erkennen war, der rollstuhlgerechter Eingang! Das hat mich voll umgehauen! Ein Vergleich zw. USA und Europa erübrigt sich...

Viele Grüße,
Alex.

Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #68 am: 13.07.2010, 14:39 Uhr »
Hallo Alex,

Genau soetwas sagt ein nicht-Behinderter.
Ich habe in meinem Posting extra meine Behinderung und meine Reise dargestellt.
Mir ist klar, dass niemals alles für jeden Behinderten barrierefrei sein wird, für mich wird Reisen immer schwerer sein als für den Durchschnitt ich werde eine Begleitperson brauchen oder fremde Menschen um Hilfe bitten müssen und meine Reise besser planen und mehr Zeit brauchen als andere aber es geht nicht anders und jeder hat seine Probleme.

Natürlich freue ich mich über den rollstuhlgerechten Eingang an der Route 66, aber meinst du nicht auch, dass mehr Menschen von ebenen Gehsteigen und Zebrastreifen in Manhattan profitieren als von der einsamen Rampe?

Und mit meinem Posting wollte ich genau aussagen, dass zur Barrierefreiheit mehr als nur Rampen über Stufen gehört. Behinderte sitzen nicht alle im Rollstuhl und ich kann mir vorstellen, dass die von mir kritiserten Stolperfallen auch für Blinde gefährlich sind. Dann gibt es noch Taube und unzählige andere Arten von Behinderungen, die alle mit der einsamen Rampe nichts anfangen können und sich ein bißchen ärgern, wenn man ihnen von der wunderbaren Barrierefreiheit in den USA erzählt.

Und genau deshalb habe ich den Post detailiert geschrieben, MEINE Vorrausetzungen und MEINE Erfahrungen geschildert und für MICH bin zu der Erkenntnis gelangt, dass die USA um nichts besser sind als Europa und ich bin sicher es geht anderen Gehbehinderten genauso.

Und ich höre die Aussage, da ist eine Rampe, das ist barrierefrei oder gar behindertenfreundlich nicht zum ersten Mal, aber das ärgert mich immer wieder.

Viele Grüße
 

Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #69 am: 13.07.2010, 14:56 Uhr »
Ein Vergleich zw. USA und Europa

Sehe ich nach wie vor auch so. Nur wenn man eben ganz offensichtlich so "wenig" behindert ist, dass man keine einzige der gebotenen Hilfen (Rampen, Aufzüge, Toiletten, Parkplätze usw.) in Anspruch nehmen muss, sondern sich exakt wie ein nicht-Behinderter bewegt, dann kann man das (trotz Behinderung) offensichtlich nicht richtig würdigen.

Und den Anspruch darauf zu reduzieren, dann wenigstens überall billiger hinein zu kommen o.ä., hat überhaupt nichts mit Integration Behinderter zu tun.

@Mcadder:

Freue Dich des Lebens und der Tatsache, dass Du nur eine sehr leichte Behinderung hast, die es Dir ermöglicht, uneingeschränkt und ohne jegliche fremde Hilfe am öffentlichen Leben teilzunehmen. Dieser Thread ist aber denen gewidmet, die nicht dazu in der Lage sind. Und ein finanzieller Vorteil ist das allerletzte, wonach mir beispielsweise der Sinn steht und es ist auch früh schon angesprochen worden, dass das nicht typisch für die USA ist (wobei ich erst gar nicht danach frage).

Und wenn Du dann doch so unsicher gehst, dass Du bei einer schlechten Beschaffenheit des Bordsteins (den es übrigens überall auf der Welt gibt - das ist leider so) ins Straucheln geraten kannst, dann mußt Du Dich selbst fragen, wieso Du dann keine Gehhilfe (Rollator) benutzt, die genau für diesen Zweck entwickelt wurde. Und dass Menschen in Bus und Bahn nicht (wie sonst durchaus üblich - nicht alle, zugegebenermaßen, aber sehr viele) automatisch aufstehen, wenn jemand ohne fremde Hilfe und ohne Gehhilfe, mithin ohne jegliche sichtbare Behinderung, den Bus besteigt, erscheint mir absolut selbstverständlich.

Und was die vermeintliche weltweite Gültigkeit des Behindertenausweise betrifft: das hat überhaupt niemand geschrieben. Es wurde lediglich erwähnt, dass der Behindertenparkausweis, der zum Parken auf Behindertenparkplätzen berechtigt (und den Du nicht besitzt), international anerkannt wird, auch wenn er eigentlich nicht dem lokalen Parkausweis entspricht.

Tinerfeño

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #70 am: 13.07.2010, 15:07 Uhr »


Amerikanische Gehsteige sind für mich schrecklich, es handelt sich immer um verlegte Betonplatten, diese haben Spalten und sind oft mit kleinen Stufen verlegt oder von Wurzeln angehoben, sodass ich mit meinem schleifenden Gang permanent aufpassen muss um nicht zu stolpern. Die in Österreich typischen asphaltierten Gesteige sind dagegen viel bequemer.


Ich konnte es auch teilweise gar nicht glauben, dass hier diese amerikanischen Gehwege so hoch gelobt werden. Angeblich seien in Deutschland viele nicht abgesenkt - das kann ich so nicht unterschreiben. Ganz davon abgesehen, dass man in einigen Gegenden in den USA Gehwege erstmal suchen muss, finde ich nicht, dass die amerikanischen bis auf die eventuell größere Breite so viel komfortabler wären. Insgesamt muss ich sagen, dass die USA nicht sonderlich fußgängerfreundlich sind - was natürlich in dem Fall dann auch Nachteile für Rollstuhlfahrer mit sich bringt.
USA: '06, '08, '09, '10, '13, '14, '15, '17, '18 , '19, '20, '21, '22
Kanada: '08, '10, '14, '16/'17, '19, '22
Australien: '16, '17

Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #71 am: 13.07.2010, 15:13 Uhr »
Ich konnte es auch teilweise gar nicht glauben, dass hier diese amerikanischen Gehwege so hoch gelobt werden.

Und ich habe es noch nicht einmal in Erinnerung - wo steht denn das?

Mcadder

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #72 am: 13.07.2010, 15:41 Uhr »
Jack Black du willst mich wohl unbedingt falsch verstehen. Ich habe in einem früheren Posting bereits geschrieben, dass weiß, dass meine Behinderung leichter ist als manch andere, aber ich darf mir wohl trotzdem auch für mich Barrierefreiheit wünschen.

Und dass Gehsteige und und Straßen in den USA schlechter sind als bei uns wird wohl niemand leugnen. Ich habe eine Zeit lang einen Rollator benützen müssen, glaubst du wirklich, dass der irgendetwas einfacher macht? oder dass ich damit durch die teilweise engen Gänge der NY Ubahn gekommen wäre? Und glaube mir meine Behinderung merke ich jeden Tag und man sieht sie mir bei jedem Schritt an. Auf Reisen habe ich auch immer jemanden mit, der mir hilft, das brauche ich auch.
Finanzielle Ermäßigungen habe ich im letzten Satz erwähnt, darum geht es mir nicht, auch wenn reisen für mich sicher teurer ist als für andere und das für mich und meine Mitreisenden zugebenermaßen ein willkommener Ausgleich ist.

Die Sache mit dem Behindertenticket habe ich angeführt, um zu zeigen, dass es auch in den USA für offensichtlich Behinderte (ja man siehts mir an, wo meinst du gelesen zu haben, dass dem nicht so ist?) bürokratische Hürden gibt.

PS: Ich habe von einem Amtsarzt einen Parkausweis bekommen und musste ihn nicht einmal bestechen, qualifiziert mich das in deinen Augen als Behinderter oder muss ich dir persönlich was vorhumpeln?

lg



Jack Black

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #73 am: 13.07.2010, 15:45 Uhr »
Jack Black du willst mich wohl unbedingt falsch verstehen. Ich habe in einem früheren Posting bereits geschrieben, dass weiß, dass meine Behinderung leichter ist als manch andere, aber ich darf mir wohl trotzdem auch für mich Barrierefreiheit wünschen.

Für Dich ist die USA barrierefrei.

Und dass Gehsteige und und Straßen in den USA schlechter sind als bei uns wird wohl niemand leugnen.

Das hat mit Leugnen nichts zu tun, diese Aussagen mit diesem pauschalen Inhalt ist nicht richtig. Das stimmt einfach so nicht, soll ich mal eben vor die Türe gehen und den Bordstein fotografieren, der hier bei uns zu Hause vorbeiführt? Der ist knapp 1m breit, besteht aus Schlagloch pur und wenn eine Laterne kommt, muss man auf die Straße (ohne abgesenkten Bordstein) ausweichen.

Ich habe eine Zeit lang einen Rollator benützen müssen, glaubst du wirklich, dass der irgendetwas einfacher macht?

Das hat mit "Glauben" nichts zu tun - das weiß ich. Ich muss nämlich einen Rollator benutzen (ohne kann ich GAR NICHT laufen), aber mit Rollator KANN ICH NICHT straucheln und fallen. Geht nicht. Ich kann mich immer abfangen. Und das auf Terrain, was noch viel schlechter ist als irgendwelche Bordsteine.

oder dass ich damit durch die teilweise engen Gänge der NY Ubahn gekommen wäre?

Mit anderen Worten: Du bist also überhaupt in NY in die Bahn hineingekommen. Hier in MG, an meiner Haltestelle, komme ich GAR NICHT in die Bahn, ja nicht einmal auf den Bahnsteig. Weil dort nur eine 12-stufige Treppe ist - keine Rolltreppe (die ich sowieso nicht benutzen kann) und auch kein Aufzug (so wie er in den USA selbstverständlich ist).

Und glaube mir meine Behinderung merke ich jeden Tag und man sieht sie mir bei jedem Schritt an. Auf Reisen habe ich auch immer jemanden mit, der mir hilft, das brauche ich auch.

Ich glaube Dir, dass Du die Behinderung merkst - selbstverständlich. Aber wie Du selbst ausdrücklich betonst, benötigst Du keinerlei der gebotenen Hilfen, Du benötigst keinen Aufzug, kannst sogar Rolltreppe fahren (fantastisch), Du brauchst sicherlich keine behindertengerechte Toilette, ein Behindertenparkplatz steht Dir nicht einmal zu - usw etc. pp. - alle diese Dinge, die es mir überhaupt erst ermöglichen (und vielen anderen Gehbehindert auch), am Leben teilzunehmen, die spielen für Dich keine Rolle. Und da es (u.a.) genau diese Dinge sind, die in den USA so viel besser sind als bei uns, deswegen kannst Du auch nicht beurteilen, wieviel diese Hilfen für Behinderte ausmachen, DIE SIE BENÖTIGEN.

Finanzielle Ermäßigungen habe ich im letzten Satz erwähnt, darum geht es mir nicht, auch wenn reisen für mich sicher teurer ist als für andere und das für mich und meine Mitreisenden zugebenermaßen ein willkommener Ausgleich ist.

Das würde mich interessieren, wieso für Dich reisen teurer ist als für andere?

PS: Ich habe von einem Amtsarzt einen Parkausweis bekommen und musste ihn nicht einmal bestechen, qualifiziert mich das in deinen Augen als Behinderter oder muss ich dir persönlich was vorhumpeln?

Ich weiß nicht, was Du damit sagen willst, aber entweder verwechselst Du etwas oder wir reden von verschiedenen Dingen:

a) ich habe nirgends angezweifelt, dass Du eine Behinderung hast. Aber es gibt eben Unterschiede und Du kommst glücklicherweise weitestgehend ohne Hilfsmittel zurecht.

b) ich weiß auch nicht, was für einen "Parkausweis" Dir ein Amtsarzt ausstellen kann. In Deutschland bekommt man den (EU-weit gültigen) blauen Behindertenparkausweis (von dem spreche ich) dann, wenn man schwerbehindert ist UND gewisse Mindestbehinderungen erfüllt. Diese Anforderungen erfüllst Du ganz sicher nicht (freue Dich doch, dass es so ist). Und den Ausweis stellt auch kein Arzt aus, sondern das Versorgungsamt. Dazu muss man seinen Behindertenausweis einreichen und wenn der Grad der Behinderung (100%) und die Behinderung an sich (Kennzeichen "aG", außergewöhnlich schwere Gehbehinderung) vermerkt sind, wird der Behindertenparkausweis entsprechend vergeben. Ich weiß nicht, ob dieses Verfahren in Österreich grundsätzlich vollkommen anders gehandhabt wird, da es aber auch in Österreich einen Behindertenausweis und den blauen Parkausweis gibt und dieser für die ganze EU Gültigkeit hat, kann ich mir gut vorstellen, dass die Anforderungen sehr ähnlich sind.

Und solltest Du tatsächlich diesen Ausweis besitzen, hätte Dir (falls Du einen PKW zur Verfügung hattest) auffallen können, dass die Anzahl entsprechender Parkplätze in den USA um Faktoren höher ist als in Deutschland (für Österreich weiß ich es naturgemäß nicht).

Tinerfeño

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Re: Behindertenfreundlichkeit USA vs Europa
« Antwort #74 am: 13.07.2010, 16:11 Uhr »
Ich konnte es auch teilweise gar nicht glauben, dass hier diese amerikanischen Gehwege so hoch gelobt werden.

Und ich habe es noch nicht einmal in Erinnerung - wo steht denn das?

Naja, indirekt gelobt halt ;) :

Wie ich schon vorher sagte, es lohnt sich nicht, weiter zu diskutieren.  Wer nicht als Gebehinderter mensch die Moeglichkeit hatte, die Situation in den USA und Deutschland ... zu vergleichen, kann diese Unterschiede auch nciht verstehen, ob es nun die nicht abgesenkten Bordsteinkanten ...
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