Guten morgen allerseits,
heute geht es über den letzten spannenden Andenpass im Verlauf dieser Reise (wie queren die Berge zwar noch einmal auf unserem Weg zurüch nach Chile, das aber auf einer deutlich profaneren und vielbefahreneren Asphaltstraße).
7.11.2014: Salar de Pedernales - FiambalaNach einer relativ erholsamen Nacht packen wir unser Zelt zusammen, machen uns frisch, frühstücken und fahren los. Wir kurven die paar Kilometer zur Ruta C-173 zurück und biegen nach links auf diese ein, Richtung Salar de Maricunga. Die Straße ist hier tadellos in Schuss und wir kämen sehr schnell voran, wenn wir nicht alle paar Minuten anhalten und staunen würden. Wie gestern Abend sind wir unterwegs auf einer - hier auf etwa 3800 Meter gelegenen - Hochebene. Links und rechts von uns stehen farbenfrohe Vulkane und der Himmel ist wolkenlos. Nach einigen Kilometern macht die Straße einen kleinen Bogen nach links und führt leicht bergab. Es liegt der große Salar de Maricunga vor uns, ein etwa 80 Quadratkilometer großer Salzsee, an dessen nordöstlichem Zipfel sich die chilenische Zollstation für den Paso San Francisco befindet. Da wir heute diesen Pass fahren wollen - unser dritter großer Andenpass im Verlauf dieser Reise - ist unser nächstes Ziel die Zollstation.
Auf der Andenhochebene Als wir in das relativ neue Abfertigungsgebäude einrollen, befindet sich witzigerweise - zu dieser frühen Stunde und auf dieser abgelegenen Strecke eher unerwartet - schon ein anderes Auto vor uns. Dieses ist aber schnell abgefertigt, und wir kommen an die Reihe. Immigration bzw. Ausreise und der Zoll sind schnell erledigt. Die argentinische Zollstation befindet sich 130 Kilometer Schotterpiste entfernt bei Las Grutas, so dass wir uns, wieder einmal, einige Stunden lang offiziell in keinem Land befinden. Der Zollbeamte macht uns auch mit einem Radler aus Deutschland bekannt. Dieser hat hier im Zollhaus übernachtet und aufgrund der im Verlauf der folgenden Kilometer recht steil ansteigenden Straße würden die Zöllner den Radler gerne mit einem Auto mitschicken. Dazu sind wir sehr gerne bereit und probieren alle Möglichkeiten aus, ihn samt Gepäck und Rad ins Auto zu stopfen. Trotz aktiver Erfahrung im Tetris-Spielen scheitern wir und entscheiden, nur das Gepäck des Radlers zur etwa 80 Kilometer entfernten Laguna Verde mitzunehmen und bei der dortigen Polizeistation zu deponieren. Mit etwas Schieben und Drücken passen die fünf (ziemlich großen und schweren) Packtaschen in unser Auto und los geht es.
Die ersten paar Kilometer führt die Straße sehr schön am Salar de Maricunga entlang, in dem wir auch ein paar Flamingos sehen. Vor uns überquert ein kleineres Tier die Straße - eine Katze? - Nein, ein Fuchs! Endlich sehen wir den langersehnten ersten Fuchs unserer Reise.
Andenfuchs Kurz darauf kommen wir an einem kleinen Schrein vorbei, einen Monument für die Virgen de la Candelaria. Hier musste sich im Jahre 1780 Mariano Caro Inca, ein aus San Fernando stammender Chilene (heute ist San Fernando ein Stadtteil von Copiapo), aufgrund des schlechten Wetters hinter einem Felsen verkriechen. Dabei fand er - der Legende nach - einen 14 Zentimeter großen Stein welcher die Form der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind in ihren Armen hatte. Als Caro Inca wieder gesund daheim angekommen war, begann ein kleiner Kult um diesen Stein: Jedes Jahr kamen die Familien der Gegend zusammen und verehrten die heilige Jungfrau. Bald wurde eine kleine Kapelle errichtet. Das ganze setzte sich auch nach dem Tod von Caro Inca fort und heute gibt es in Copiapo eine richtige Kirche - über die Jahre mehrfach umgebaut und vergrößert - und hier, am Fundort des Steins, den kleinen Schrein. Dieser setzt - farbenfroh wie er ist - einen schönen Kontrastpunkt in die ansonsten recht karge Umgebung.
Salar de Maricunga Die Straße ist ab der Zollstation frisch asphaltiert. Ursprünglich war ein rascher und kompletter Ausbau bis zum Paso San Francisco vorgesehen, aber dieser wurde aufgrund des Protestes von Umweltschützern - welche sich vor dem nach dem Ausbau folgendem steigenden Verkehrsaufkommen fürchten - abgebrochen. Daher sind wir sehr gespannt, wie lange wir gut vorankommen werden. Am südlichen Ende des Salar de Maricunga zieht die Straße recht steil nach oben und knickt nach Osten ab. Rechts von uns liegt nun das tief eingeschnittene Tal des Rio Llama - die Talsohle ein leuchtend grüngelbes Band in der Puna.
Am Rio Llama Es gibt eine Möglichkeit, über ein kleines Schottersträßchen zum Fluss hinunter zu gelangen und zwar zu einem schönen Wasserfall. Diese Möglichkeit nutzen wir natürlich und schauen uns unten ausführlich um. Neben dem Wasserfall stoßen wir auf eine Herde sich ausruhender Vicunas. Eines der Tiere badet im Sand - so etwas haben wir schon vor drei Jahren in Patagonien beobachtet, damals allerdings aus viel geringerer Entfernung. Einige andere Tiere spazieren sehr grazil und trittsicher entlang einer Bergflanke bergauf.
Ein Vicuna Wieder zurück auf der Ruta 31 Richtung Paso San Francisco kommen wir auf eine Hochebene, wieder umringt von zahlreichen Vulkanen. Zuerst stehen rechts von uns die Nevada Tres Cruces (der höchste Gipfel dieser Kette ragt bis zu einer Höhe von 6748 Metern empor), nach denen auch der hiesige Nationalpark benannt ist. Später ins Bild kommen so prominente Kandidaten wie der Incahuasi (6638 Meter) und der Cerro San Francisco (6018 Meter). Insgesamt wirkt die Gegend hier deutlich wilder als die Landschaft entlang der Strecke zu den weiter nördlich gelegenen Pässen Jama und Sico. Irgendwo hier endet auch der frische Asphaltbelag.
Vulkane auf der Hochebene Etwas später öffnet sich relativ kurz der Blick auf den Ojos del Salado, mit 6891 Metern Höhe der höchste Vulkan der Erde. Wir machen zahlreiche Pausen und Fotostopps und bei einer dieser Pausen passiert ein kleines Unglück: Als Dirk aus dem Auto springt, reißt ihm der extrem starke Wind die Tür des Toyotas aus der Hand und diese knallt gegen sein linkes Knie. Blöd gelaufen, Zähne zusammen beißen und weiter. Später allerdings - Dirk wundert sich, warum das Knie gar so zwickt - finden wir eine bestimmt zehn Zentimeter lange blutende Platzwunde. Das ist insofern dumm, da wir heute an sehr schönen Thermalquellen übernachten wollen - für zumindest einen von uns fällt das Bad in diesen Quellen nun definitiv aus.
Der Ojos del Salado - der höchste Vulkan der Erde Etwa 20 Kilometer vor dem Paso San Francisco kommen wir zur Laguna Verde, einem auf 4300 Metern gelegenen grünen See, der seinen Namen wahrlich nicht zu Unrecht trägt. Zuerst öffnet sich der Blick von oben auf den See. Die satt türkisgrüne Färbung des Wassers ist ein fantastischer Kontrast zur in Grau- und Brauntönen gehaltenen Umgebung. Dann führt die Straße bis fast an das Ufer heran. Hier gibt es heiße Thermalquellen, die wir jedoch auslassen. Stattdessen bestaunen wir ausgiebig, wie sich das vom Wind aufgepeitschte Wasser des Sees an den hellgrauen Steinen des Ufers bricht - und fahren nach einiger Zeit weiter zur nahegelegenen Polizeistation.
Die Laguna Verde Hier wollen wir das Gepäck des Radlers abgeben. Es dauert einige Zeit, bis die Carabineros auf unser Klopfen und Rufen reagieren, aber sie nehmen das Gepäck sehr gerne an und wir werden per Handschlag wieder verabschiedet. Hinter der Laguna kommt noch ein knackiger Anstieg - hier ist auch die Straße in einem nicht allzu guten Zustand - ehe die Passhöhe auf 4726 Metern Höhe erreicht wird. Rechts von uns steht der Cerro San Francisco und vor uns breitet sich die argentinische Asphaltstraße aus. Diese verliert viel sanfter an Höhe als es auf der chilenischen Seite bergauf ging. Insgesamt wirkt die ganze Szene deutlich lieblicher, weniger schroff und alpin, als noch in Chile. Die Puna leuchtet gelb, die Berge rot und grau - wunderschön.
An der Grenze nach Argentinien 21 Kilometer hinter dem Pass kommen wir zur argentinischen Zollstation bei Las Grutas. Es ist fast nichts los, die Immigration ist sehr schnell erledigt - aber der Zoll zieht sich. Als einer der Zollmitarbeiter die Daten unseres Autos in den Computer eintragen will, ploppt ein hässliches rotes Fehlerfenster auf. Die beiden Jungs vom Zoll sind sehr bemüht, aber ihr Computersystem tut sich schwer mit der Tatsache, dass vor zwei Tagen bei der Ausreise aus Argentinien am Paso Sico zwar der Laufzettel für unser Auto mit einem Ausreisestempel versehen wurde, aber die Ausreise scheinbar nicht in das Computersystem eingetragen wurde. Das heißt, wir wollen mit einem Auto einreisen, welches offiziell nie ausgereist ist. Wir erinnern uns - die Grenzstation am Paso Sico hatte ja Probleme mit einem Stromausfall. Scheinbar hat der zuständige Beamte unsere Ausreise nur notiert und dann vergessen, diese ins System nachzutragen. Wir sind nun die Leidtragenden. Es dauert insgesamt 90 Minuten voller ewiger Telefonate mit Durchgeben all unserer Daten, ehe unser Auto kurz durchsucht und wir mit einem Händedruck sowie einem herzlichen "Gute Reise" wieder losgeschickt werden. Während dieser Wartezeit verkriecht sich die sehr flauschige Katze der Zollstation zeitweise unter unser Auto.
Salzsee bei der argentinischen Grenzstation Wir fahren weiter. Die Landschaft bleibt faszinierend farbig hochandin, auch die Berge scheinen noch ein wenig intensivere Farben zu haben als auf der chilenischen Seite. Die Straße verliert in vielen Kurven und Serpentinen langsam aber stetig an Höhe. Seit der Passhöhe steht alle paar Kilometer am Straßenrand eine kleine Notunterkunftshütte - ein Service wohl vor allem für die Radfahrer. Auf dieser Strecke kommen wir auch an einem wohl leicht lebensmüden Vicuna vorbei, welches ganz offensichtlich Selbstmord-Absichten hegt: Das Tier befindet sich ein paar hundert Meter vor uns und auch gut vom Straßenrand entfernt in der Wiese. Als wir uns nähern, setzt es sich recht gemächlich in Bewegung, aber auf einem direkten Kollisionskurs mit unserem Auto. Der Zusammenprall lässt sich mit einem kurzen Tippen auf das Bremspedal verhindern und das Tier läuft seelenruhig weiter, als wäre nichts geschehen.
Endlich haben wir die Einreise geschafft Einige Kilometer vor Fiambala, unserem Tagesziel für heute, beginnt sich die Straße um dicht stehende Hügel zu winden und taucht dann in ein faszinierendes enges Tal ab. Hier sind die Felswände abwechselnd rot und braun - ein besonderer Kontrast ergibt sich durch dunkelgrüne Felsen und der hellgrünen Vegetation eines Bofedals im Tal. Das faszinierende Farbenspiel begleitet uns über viele Kilometer, bis sich das Tal öffnet und wir quer in ein wesentlich breiteres - von Nord nach Süd verlaufendes - Tal, das Valle de Fiambala, kommen.
Bunte Felsen am Straßenrand Hier rollen wir stetig bergab bis in die kleine Ortschaft Fiambala. Den Motorsport-Begeisterten ist dieser Ort vielleicht ein Begriff als regelmäßiges Etappenziel der Ralley Dakar. Da wir im November hier sind, rollen allerdings keine Ralleyautos in das hübsche Städtchen - eine große Oase in einer ansonsten recht trockenen Gegend - sondern nur wir mit unserem Pick-Up. Allerdings fahren wir nur durch, denn eigentlich wollen wir in die Termas de Fiambala. Dieses Thermalbad ist spannend in der Sierra de Fiambala am östlichen Hang des Valle de Fiambala gelegen. Als Übernachtungsmöglichkeiten gibt es sowohl Cabanas als auch einen Campground. Die Cabanas sind leider alle schon vergeben. Als wir nach ein paar Minuten Diskutieren dem älteren Herren am Eingang verständlich gemacht haben, dass wir zelten wollen (er kennt nur das südamerikanische Wort für Zelt, wir nur das spanische) lässt er uns rein. Wir suchen uns einen schönen Stellplatz, und bauen unser Zelt auf. Dabei bekommen wir Besuch von einem überhaupt nicht scheuen Fuchs. Nach einem kurzen Besuch an den Quellen und im dazugehörigen Restaurant verbringen wir den Rest des Abends gemütlich auf dem Campground.
Gefahrene Strecke: 374 km
Schöne Grüße,
Dirk