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Autor Thema: Die-Luft-wird-dünn-Tour-2014: Vier Wochen Atacama, Altiplano und mehr  (Gelesen 46068 mal)

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wuender

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Guten morgen,

heute fahren wir wieder aufs Altiplano und nehmen dabei eine sehr spannende Passstraße.

4.11.2014 Molinos - Salar de Rincon
Nach einem leckeren Frühstück beladen wir unser Auto und brechen wieder auf. Kurz hinter Molinos halten wir an und besteigen einen kleinen neben der Straße gelegenen Hügel, von dem aus wir einen schönen Rückblick auf das Dorf haben, mitsamt der Kirche und der Hacienda.


Rückblick auf Molinos

Die Straße unterscheidet sich nicht sehr vom letzten Teil der gestrigen Etappe. Es geht am westlichen Rand des breiten Tals des Rio Calchaqui entlang. Die Landschaft ist recht arid und, steppenähnlich. Allerdings sorgt das Wasser des Rio Calchaqui - rechts von uns - für saftig grüne Wiesen. Wie gestern sehen und hören wir einige Papageien, heute in Bäumen direkt neben der Straße sitzend. Etwa 45 Kilometer nördlich von Molinos liegt die Ortschaft Cachi, unser erstes Ziel für heute.


Im Tal des Rio Calchaqui

Cachi selbst ist ein nettes Städtchen mit etwas mehr als 500 Einwohnern und liegt malerisch unter den im Nordwesten steil emporragenden Flanken der Nevado de Cachi. Die höchsten Berge dieser Kette sind über 6300 Meter hoch. Cachi existierte bereits, ehe die Spanier hier eintrafen. Hier siedelte der Stamm der Diaguitas und legte ausgeklügelte Bewässerungsanlagen an. Die Ortschaft wurde im Jahre 1673 erstmals urkundlich erwähnt. Nachdem wir die etwas versteckt gelegene Tankstelle gefunden und unserem Auto ein paar Liter Diesel spendiert haben, fahren wir in die Innenstadt und schauen uns etwas um. Sämtliche Gebäude um die hübsche Plaza herum sind im Kolonialstil errichtet, inklusive der im 17ten Jahrhundert errichteten Kirche San José. Auch in dieser Kirche wurde, wie wir schon oft im Verlauf der Reise gesehen haben, in weitreichendem Maße Kakteenholz als Bauholz verwendet. Selbst der Beichtstuhl ist aus Kakteenholz.


Straße in Cachi

Zum Abschluss unseres Besuchs in Cachi spazieren wir in die lokale Tourismusinformation. Wir fragen nach, ob sie uns denn den aktuellen Zustand der Passstraße über den 4950 Meter hohen Abra del Acay verraten können. Dieser Pass bildet die direkte Verbindung in Richtung Norden nach San Antonio de los Cobres - und ist damit für uns der kürzeste  Weg weiter zur Passstraße über den Paso Sico und damit zurück nach Chile. Der Abra del Acay kann sich gerade im Frühling in sehr schlechtem Zustand befinden. In jeglichen Reiseführern wird daher empfohlen, in Cachi oder in der näher am Pass gelegenen Ortschaft Poma nach dem Zustand der Straße zu fragen. Die junge Dame am Schalter der Tourismusinformation sieht auf den ersten Blick gesehen nicht so aus, als könne sie etwas über einen noch etwas mehr als 80 Kilometer entfernten hochandinen Straßenabschnitt erzählen. Wir werden aber positiv überrascht und bekommen ein detailliertes und mehrere Minuten langes Referat über die aktuelle Situation am Abra del Acay: Es schaut gut aus, nur nachts sollten wir nicht fahren, damit wir nicht in einem der tiefen Abgründe seitlich der Straße landen. Das haben wir so definitiv nicht vor, bedanken und verabschieden uns.

Nördlich von Cachi ist die Ruta 40 ein kurzes Stück asphaltiert, allerdings ist der Straßenbelag in einem recht bemitleidenswerten Zustand. Nach etwas mehr als zehn Kilometern geht nach rechts die Straße über die Cuesta del Obispo und den 3300 Meter hohen Paso Piedra del Molino zurück Richtung Salta ab. Diese wunderschöne Gebirgsstraße wird von den meisten Touristen hier verwendet, um den Kreis von Salta nach Cafayate und zurück über Molinos und Cachi wieder zu schließen. Wir hatten den Paso Piedra del Molino leider nicht sinnvoll in unserer Route unterbringen können und uns daher für die kürzere, aber auch deutlich höhere und spannendere Alternative über den Abra del Acay entschieden. Die nach Norden führende Straße dorthin verläuft die ersten paar Kilometer eben und gerade als Schotterautobahn durch eine Art Hochebene. Am Horizont stehen die beeindruckenden hohen Berge der Anden. Dann taucht die Straße in ein Tal ab und ist hier rechts und links von wunderschönen roten Felsen eingerahmt. Wieder fühlen wir uns in den Südwesten der USA versetzt.


Ruta 40 nördlich von Cachi

Aufgrund zahlreicher Kurven und auch zahlreicher nötiger Stopps zum Staunen und Fotografieren kommen wir nicht mehr allzu schnell voran. Kurz vor der kleine Ortschaft La Poma verlassen wir das hübsche Tal wieder und kommen wieder auf eine Hochebene. Nun stehen die tollen roten Felsen weiter von uns entfernt. Wir kommen an einem Paar rechts der Straße gelegenen schwarzen Vulkanen vorbei, den Gemelos. Auf einen Besuch in La Poma verzichten wir, ebenso lassen wir die Puente del Diablo aus, eine ursprünglich von Lava gebildete Röhre im Gestein, durch die nun ein Fluss fließt. Ein Besuch dieser Klamm ist nur mit einem lokalen Führer erlaubt. Stattdessen bewundern wir lieber in aller Ruhe die uns umgebende Landschaft. Die Qualität der Piste verschlechtert sich graduell immer mehr, zuletzt fahren wir auf einem sehr schmalen, mit größeren Felsklumpen durchsetzten Schotterband und alle paar Minuten lustig durch eine Furt. Wir kommen immer näher an die vor uns liegenden Berge heran bzw. durch enge Täler an diesen vorbei. Dabei bekommen wir immer neue Einblicke in sich vor uns öffnende Täler und fragen uns jedes Mal von neuem, wo denn die Straße weiter gehen soll.


Auf der Zufahrt zum Abra del Acay

Die Anzahl der entlang der Straße stehenden Häuser nimmt immer mehr ab. Haben wir weiter unten noch ab und zu einen Menschen - zum Beispiel eine Ziegenhirtin mit ihrer Herde - gesehen, so sind wir nun bald völlig alleine unterwegs. Die Straße führt immer steiler und abenteuerlicher bergauf - teilweise reicht der erste Gang fast nicht mehr aus. Wir durchfahren viele Serpentinen und am Schluss geht es sehr abenteuerlich an der Flanke um einen steilen Berg herum. Hier darf der Beifahrer keine Gefühle von Höhenangst entwickeln... Im starken Kontrast zu unserer vorher gemachten Beobachtung, dass wir völlig alleine sind, steht ein hypermoderner Straßenbaubagger etwa 100 Meter unterhalb der Passhöhe. Darin sitzt ein sehr gelangweilter Bauarbeiter - entweder momentan ohne konkreten Arbeitsauftrag oder in der Mittagspause. Vor allem ist uns schleierhaft, wie dieser Bagger hierher gekommen ist.


Fast auf der Passhöhe

Schließlich erreichen wir die Passhöhe. Diese ist markiert durch diverse Schilder, welche allesamt mit hunderten von Aufklebern bedeckt sind. Hier haben sich andere Reisegruppen verewigt, teilweise sogar mit speziell für ihre Reise entworfenen Aufklebern. Laut unserem GPS-Gerät sind wir 4981 Meter hoch - im Rahmen der Messgenauigkeit stimmt das mit den offiziellen Höhenangaben der NASA recht gut überein. Unsere auf dem chilenischen Altiplano gewonnene Akklimatisation hält noch an und wir haben glücklicherweise keinerlei Probleme mit der großen Höhe. Es ist extrem windig und wir haben einen tollen Blick in die im Norden und Süden liegenden Täler bzw. Ebenen. Im Osten und Westen stehen der 5378 Meter hohe Cerro Saladillo und der 5716 Meter hohe Nevado de Acay.


Der Abra del Acay


Blick vom Abra del Acay nach Norden

Nördlich des Abra del Acay ist der Straßenverlauf deutlich flacher und einfacher zu fahren. Nicht ohne Grund wird Besuchern mit einem normalen PKW gerne die Auffahrt auf diese Seite als lohnenswerter Ausflug von San Antonio de los Cobres aus empfohlen. Nach ein paar Serpentinen kommen wir an einem schönen Bofedal vorbei, dicht bevölkert mit Alpakas und Guanakos. Ein paar hundert Höhenmeter weiter erreichen wir die auf etwa 4000 Meter Höhe gelegene Ebene des Altiplano. Ab hier verläuft die Straße wieder als Schotterautobahn. Hinter einer Kurve, wir sind wegen der auf der rechten Seite der Straße stehenden Guanakos extrem langsam unterwegs, erhebt sich auf einmal erschrocken eine Gruppe von vier Nandus, die direkt neben der Straße Rast gemacht haben. Eine sehr schöne und unerwartete Tierbegegnung.


Guanako


Nandu

Kurz darauf treffen wir auf die Ruta 51, welche von Salta hier herauf führt. Diese wird auf diesem Abschnitt momentan asphaltiert und es ist ein wenig kompliziert, korrekt auf die Straße abzubiegen, ohne im Baustellenbereich zu landen. Letztendlich erfolgreich legen wir die 13 Kilometer nach San Antonio de los Cobres zurück. Diese Ortschaft, gelegen auf 3774 Metern Höhe, ist vor allem bekannt für den Tren de las Nubes, den Zug in die Wolken. Dabei handelt es sich um die verbleibenden etwa 200 Kilometer der Bahnstrecke zwischen Salta und Antofagasta. Der Zug in die Wolken ist eine große Touristenattraktion und sollte eigentlich einmal pro Woche verkehren. Ein Stopp wird dabei in San Antonio eingelegt und der Umkehrpunkt des Zuges ist das - etwa 12 Kilometer hinter dieser Ortschaft befindliche - bekannte Polvorilla-Viadukt. Allerdings gab es im Juli diesen Jahres einen Unfall, bei dem in einem Tunnel ein Wagen entgleiste. In der Folge entspann sich eine längere Diskussion um die Sicherheit des Zuges und letztendlich entzog die Provinzregierung der Betreibergesellschaft die Genehmigung zum Betrieb der Züge.

Nachdem wir keinen großen Hunger verspüren und auch der Tank unsers Autos noch recht voll gefüllt sind, fahren wir durch San Antonio de los Cobres nur durch, weiter auf der hier gut geschotterten Ruta 51 Richtung Paso Sico und Chile. Fünf Kilometer hinter San Antonio machen wir einen Abstecher und biegen nach Norden auf die Ruta 40 ab, welche hier ein schmales uns steiniges Sträßchen ist. Elf Kilometer Rumpelei von der Abzweigung entfernt kommen wir zum Polvorilla-Viadukt, dem schon erwähnten Umkehrpunkt des Tren de las Nubes. Diese beeindruckende Stahlbrücke befindet sich selber auf 4188 Meter Höhe, ist 224 Meter lang und 63 Meter hoch. Die Ruta 40 führt unter dem Viadukt hindurch. Es gibt ein kleines Hüttchen, an dem Andenken und Erfrischungen verkauft werden, aber wohl hauptsächlich zu den Zeiten, an denen der Zug hier hält. Der Blick entlang der Streben nach oben zum Viadukt ist atemberaubend, allerdings wollen wir das Ganze auch gerne von den Schienen aus sehen. Hierzu benutzen wir einen kleinen Pfad, der sich ziemlich steil den Hang an der östlichen Seite des Viadukts hochschlängelt. Auf dem Weg spüren wir dann doch den Einfluss der großen Höhe - so schnell wie hier sind wir noch nie auf einem vergleichbaren Anstieg außer Atem gekommen. Aber es lohnt sich: Von oben - hier befinden sich auch die Flächen, auf denen vor den Ankunft des Tren de la Nubes allerlei fliegende Händler ihre Stände aufbauen - haben wir einen tollen Blick auf das leicht nach links geschwungene Viadukt und nach unten, auf den Verlauf der Ruta 40 durch das Altiplano.


Das Polvorilla-Viadukt

Wir rumpeln zurück auf die Ruta 51. Eine vorgeplante Übernachtungsmöglichkeit für diese Nacht haben wir nicht. Stattdessen wollen wir so weit fahren wie es geht und dann nach einem schönen Plätzchen für unser Zelt suchen. Die Ruta 51 verläuft zunächst immer entlang des Schienenstrangs der Bahnstrecke Salta - Antofagasta. Dabei fahren wir zunächst keinesfalls nur flach über eine Hochebene - zum Beispiel kommen wir über den 4560 Meter hohen Paso Alto Chorillo, von wo aus sich ein schöner Rückblicke nach Osten bietet. Vor hier aus verläuft die Straße relativ eben weiter und wir kommen gut und schnell voran. Die Sonne sinkt immer tiefer und wir sehen am Horizont in einiger Entfernung schon die argentinische Zollstation am Paso Sico. Etwa zehn Kilometer vor dem Paso Sico taucht die Straße herab zum Salar de Rincon, rechts von uns steht ein schöner Bergrücken. Hier wollen wir zelten und finden nach einigem Suchen einen kleinen Weg, der hinauf in Richtung der Berge führt. Diesem Weg folgen wir ein paar hundert Meter und suchen einen Stellplatz für unser Zelt. Von hier aus haben wir einen tollen Blick auf den unter uns ausgebreitet liegenden Salzsee. Während dem Aufbauen des Zelts legen wir eine kurze Pause ein, um den über den östlich von uns gelegenen Bergen aufgehenden Mond zu bewundern. Nach dem Abendessen gehen wir früh ins Bett.


Abendstimmung über dem Salar de Rincon

Gefahrene Strecke: 312 km

Schöne Grüße,
Dirk

wuender

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Hallo allerseits,

wir fahren weiter - wieder zurück nach Chile.

5.11.2014: Salar de Rincon - Calama
Im Verlauf der Nacht hat zwar ein steifer Wind unser Zelt heftig durchgepustet, dennoch haben wir recht gut geschlafen. Nach einem kleinen Frühstück bauen wir das Zelt ab und fahren weiter. Im Licht der tiefstehenden Sonne - nun im Osten stehend - glüht der sich direkt unterhalb von uns ausbreitende Salar de Rincon sehr schön auf.


Morgenstimmung über dem Salar del Rincon

Das Wetter ist - wie könnte es anders sein - wieder sehr gut. Wir fahren zunächst über eine Hochebene, die vor uns von interessanten roten Felsrippen begrenzt wird. Hier macht die Straße einen Linksknick und nur wenig später stehen wir - eine Stunde nachdem offiziell der Betrieb aufgenommen wurde - am argentinischen Grenzposten. Solche Dinge wie definierte Öffnungszeiten sind aber recht sinnlos an einem Grenzposten, an dem pro Tag höchstens zwei oder drei Autos vorbei kommen. Auf jeden Fall sind die Beamten sichtlich überrascht, uns zu dieser Stunde hier zu sehen. Zudem scheint es momentan ein Problem mit der Stromversorgung zu geben: Die Abwicklung am Zoll verläuft noch problemlos - ohne Strom - dann tüftelt ein Beamter ein paar Mal am Sicherungskasten und kurz darauf wird im Nebengebäude ein Kompressor angeworfen. Die Lichter gehen an und nun kann auch die Immigration stattfinden - mit Computerunterstützung. Zum Abschied wird uns von einem diensthabenden Beamten höchstpersönlich der Schlagbaum hochgehoben und es geht weiter. Entlang der roten Felsrippen fahren wir wenig bergauf auf eine weitere Hochebene und auf dieser zur argentinisch-chilenischen Grenze. Diese ist hier lediglich durch ein großes Schild markiert - die chilenische Grenzstation befindet sich ungefähr 200 Kilometer entfernt in San Pedro de Atacama.


Grenze nach Chile

Auf dem Weg Richtung San Pedro begrüßt uns zunächst eine deutlich schlechtere Straßenqualität als vorher. Wir bewegen uns wieder durch die farbenfrohe Landschaft der Puna - gelbe Steppenlandschaft und Berge in allen möglichen Farben - bei diesen handelt es sich oft um Vulkane. Wären wir vor drei Jahren in Patagonien noch froh darum gewesen, nur einen einzigen Vulkan ohne Wolken oder einen Schleier von Vulkanasche zu sehen, posieren hier manchmal mehrere dieser Gesellen gleichzeitig vor unserer Windschutzscheibe.


Mondlandschaft hinter der chilenischen Grenze


Auf der Fahrt durch die Anden

Bald hinter der Grenze beginnt ein reger Verkehr an Baufahrzeugen - hier wird intensiv an der Straße gearbeitet, teilweise fahren wir auf einer neben der eigentlichen Route angelegten Umleitung. Die Beschilderung ist für aus Richtung Argentinien kommende Fahrzeuge suboptimal. Einmal verpassen wir die Umleitung und machen, als wir ein paar hundert Meter weiter - auf der guten neuen aber eigentlich gesperrten Piste fahrend - an einem Bauarbeiter vorbeirollen, möglichst schuldbewusste Gesichter. Bald darauf kommen wir an einer Polizeistation vorbei. Das ist zwar noch nicht die eigentliche Grenzstation, aber hier wird die an der Grenze ebenso fällige Kontrolle auf verbotene landwirtschaftliche Güter durchgeführt. Wir werden in das Büro des zuständigen Beamten geführt und dürfen dort erstmal geschätzte zwanzig Minuten lang einem sehr intensiv und emotional geführten privaten Telefongespräch zuhören. Die darauf folgende Abwicklung der Formalitäten ist aber tiptop - kompetent und nett - man merkt, dass der Mensch Spaß daran hat, die Insassen der wenigen hier durchkommenden Autos zu bearbeiten.


Vicunaherde vor bunten Bergen


Vicuna


Bunte Berge

Ein paar Kurven später - der Straßenbelag besteht wieder aus gutem Gravel - kommen wir zur Laguna Tuyajto - einen Salzsee mit einer vergleichsweise großen und intensiv türkisgrünen Wasserfläche. Der Kontrast zwischen dem Wasser, dem weißem Salz, der umgebenden Steppenlandschaft und den braungrauen Vulkanen rundherum ist phantastisch. Wir nehmen eine kleine Piste zum Ufer des Sees und lassen lange die Stimmung auf uns wirken.


Laguna Tuyajto

Nur etwas mehr als sieben Kilometer weiter kommen wir zur Laguna Aguas Calientes. Diese ist zwar deutlich größer als die Tuyajto, besteht aber zu einem weitaus größeren Teil aus weißem Salz. Die Berge sind teilweise sehr interessant hellgrau gefärbt und es gibt viele Flamingos. Auch hier gibt es Pisten direkt zum Ufer. Haben wir an der Laguna Tuyajto noch nur ein einziges anderes Auto gesehen, sind hier nun neben uns jede Menge anderer Autos unterwegs - größtenteils Tourbusse mit Tagesausflüglern aus San Pedro de Atacama. Der schönste Blick auf die Laguna Aguas Calientes bietet sich schon im Weiterfahren, als Rückblick von der Anhöhe aus, auf die sich die Straße - hier in Richtung Norden führend - hochzieht.


Flamingos in der Laguna Aguas Calientes


Die Laguna Aguas Calientes

War die Anzahl der anderen Touristen an der Laguna Aguas Calientes schon vergleichsweise hoch, wird das noch um Größenordnungen übertroffen von dem, was uns an unserem nächsten Ziel erwartet. 30 Kilometer hinter der Aguas Calientes kommen wir zur kleinen und äußerst rumpeligen Stichstraße zu den beiden direkt nebeneinander gelegenen Hochlandlagunen Miscardi und Miniques. Die Lagunen sind eines der klassischen Tourziele von San Pedro aus und ziemlich überlaufen. An den einzelnen Parkplätzen können wir ein regelrechtes Gewimmel von Tourbussen und Geländefahrzeugen auf der Suche nach freien Stellplätzen beobachten. Dennoch gefällt es uns hier richtig gut: Die Seen sind zwei tiefblaue Edelsteine in der gelben Punalandschaft, majestätisch überragt von den Vulkanen Miscanti (5622 Meter) und Miniques (5910 Meter). Wir machen uns nach einiger Zeit wieder auf und sind glücklich über diesen bisher sehr schönen Tag.


Laguna Miniques

Die Ruta 23 - übrigens ab etwa 16 Kilometer vor der Abzweigung zu den beiden Lagunen asphaltiert - führt nun steil hinab ins Tal. Vor uns und tief unter uns ist schon die riesige braun-weiße Fläche des Salar de Atacama zu sehen. Wir fahren vorbei an Socaire mit seiner sehr hübschen braunen Kolonialkirche und an Toconao - ab hier kennen wir die Strecke ja schon - und rollen Richtung San Pedro de Atacama und der dort befindlichen Zollstation. Wir haben das Glück, dass die ganzen Tourbusse Richtung Bolivien zu anderen Tageszeiten unterwegs sind und wir die einzigen Kunden sind. Die Immigration verläuft schnell und problemlos. Die Zollformalitäten aber entwickeln sich zu einem Nahezu-Desaster. Die Dame am Schalter ist wohl neu und hat noch nie den Laufzettel gesehen, den wir für die Grenzübertritte unseres Autos mit uns führen. Seit 2011 hat unser Mietwagenanbieter seine Fahrzeuge im Computersystem des Zolls registrieren lassen, und somit haben wir nicht mehr - wie noch in Patagonien - einen Zettel pro Grenzübertritt (und zurück). Stattdessen müssen die Zöllner die Grenzübertritte in ihren Computer eingeben und parallel auf unserem Zettel abstempeln. Dieser besteht aus zwei Seiten: Die erste beinhaltet die Daten des Autos, des Vermieters und von uns - und vier Stempelfelder für jeweils einmal Chile - Argentinien und zurück. Und die zweite Seite beinhaltet weitere Stempelfelder.

Die Dame vom Zoll versteht nicht, wo sie ihren Stempel hinhauen soll - das ist ja auch bei vier Feldern, von denen nur noch eines frei ist, wahnsinnig schwer. Sie fragt mehrfach nach und holt noch eine Mappe zu Hilfe, in der genau so ein Dokument als Beispiel abgeheftet ist. Dann werden wir beziehungsweise unser Gepäck zur Durchleuchtungsanlage geschickt, von wo uns ein - wohl erfahrenerer Kollege - gleich wieder zum Auto zurück schickt und dann seine Kollegin tadelt: Die beiden kommen doch vom Paso Sico - deren Gepäck muss nicht durchsucht werden. Akt drei und Höhepunkt des Dramas folgt sogleich: Die Dame weigert sich, uns den Laufzettel fürs Auto zurückzugeben. Erst als Dirk fragt, wie wir denn ohne das Dokument in ein paar Tagen über den Paso San Francisco kommen sollen, bekommen wir - äußerst widerwillig - die zweite Seite ausgehändigt. Die erste Seite aber behält die Dame, denn diese ist ja vollgestempelt. Obwohl uns das spanisch vorkommt, fahren wir erstmal ein gutes Stück weiter Richtung Calama.

Allerdings grübeln wir nach - auf dem verbleibenden Rest des Dokuments ist ja nicht jede nötige Information enthalten. Was, wenn wir an der nächsten Zollstation wieder zurück geschickt werden? Nach ein paar Kilometern halten wir an und rufen sicherheitshalber bei unserem Autovermieter an um nach Rat zu fragen. Der Rat fällt folgendermaßen aus: Um Gottes Willen sofort die erste Seite des Zettels zurückholen, diese sei absolut notwendig. Also wieder zurück nach San Pedro zum Zoll und unseren Zettel zurück verlangt. Nun ist neben der betreffenden Dame auch deren Chefin anwesend. Dank dieser haben wir auch bald unsere Dokumente wieder zusammen und im Prinzip ist somit alles gut. Als uns allerdings die Chefin - wohl in teilweiser Unkenntnis der Vorgeschichte - belehren will, dass ja nun ein Dankeschön angebracht sei, brechen wir schnell auf, ehe wir platzen.

Lieber fahren wir weiter Richtung Calama. Hier waren wir ja schon vor acht Tagen und haben uns die Chuquicamata-Mine angeschaut. Dieses Mal fahren wir natürlich direkt über die Ruta 23 nach Calama, nicht über die Geiseres del Tatio. Den schönsten und abwechslungsreichsten Streckenabschnitt über die Cordillera del Sal kennen wir größtenteils schon. Im weiteren Verlauf geht es recht langweilig und über weite Strecken schnurgerade durch die Wüste. Wir fahren auf einen sehr langsam fahrenden LKW aus Paraguay auf. Dieser wird immer langsamer, blinkt und drückt sich an den Straßenrand. Das ist aber nett, dass der uns mit so viel Aufwand vorbei lässt. Als wir vorbeiziehen, sehen wir, dass ein zweiter LKW - ebenso aus Paraguay, aber in die entgegengesetzte Richtung unterwegs - auf dieselbe Art und Weise in den Straßengraben zieht. Im Rückspiegel können wir beobachten, wie die beiden Fahrer aussteigen und sich herzlich begrüßen. Ach so, keine extrem netten Verkehrsteilnehmer, sondern eine Art Familientreffen.

Der Verkehr in Calama ist hektisch und wir brauchen einige Zeit, bis wir zu unserem vorgebuchten Hotel - am Rand von Calama gelegen - gelangen. Nach dem Einchecken fahren wir noch in die Innenstadt - und begehen den Fehler, nicht das vor dem Hotel stehende Taxi zu nehmen, sondern unbedingt mit dem eigenen Auto fahren zu wollen. In der Innenstadt von Calama findet gerade ein Festumzug statt und es ist die Hölle los. Die Hälfte der Straßen ist gesperrt und in der anderen Hälfte stapeln sich die Autos nahezu. Als wir mit Müh und Not eine Parklücke gefunden haben - diese ist nur wenig größer als unser Auto - und gerade dabei sind, das Auto irgendwie hinein zu bugsieren, spricht uns der Besitzer der hinter der Parklücke befindlichen Boutique an. Er hilft beim Einparken und will wissen, wo wir herkommen. Dann teilt er uns mit, dass das hier eigentlich eine sichere Gegend ist, verspricht aber, dennoch ein Auge auf das Auto zu werfen und aufzupassen. Nett. Wir schauen uns etwas um. Calama besitzt - mit Ausnahme von Chuquicamata - keinerlei bekannte Sehenswürdigkeiten und wir sind überrascht, dass wir in der Innenstadt ein paar schöne historische Gebäude und die 1906 errichtete Kirche San Juan Bautista de Calama vorfinden. Zum Abendessen gehen wir in ein deutsch-bayrisches Lokal - wo es im Grunde dasselbe Essen gibt, wie in jedem anderen chilenischen Restaurant auch. Aber die Dekoration ist nett, inklusive Ausschnitten aus deutschsprachigen Zeitungen, in denen - mit nachträglich hinzugefügter spanischer Übersetzung - bayerische Bräuche erklärt werden.


Kirche in Calama

Gefahrene Strecke: 512 km

Übermorgen geht es weiter.

Schöne Grüße,
Dirk

Schneewie

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Die Gegend ist ja ein Traum!!!! :D
Gruß Gabriele

wuender

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Die Gegend ist ja ein Traum!!!! :D

Das ist sie in der Tat.

Die Kombination aus tollen Farben der Berge, interessanten Tierbeobachtungen und streckenweise absoluter Einsamkeit ist etwas, was ich so sonst fast noch nirgendwo auf der Welt erlebt habe.

Morgen fahren wir weiter.

Schöne Grüße,
Dirk

Schneewie

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Darauf freue ich mich schon.


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Gruß Gabriele

wuender

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Guten Morgen allerseits,

heute kommt die schon zu Beginn angekündigte einzige reine Fahretappe unserer Rundreise. Aber wie alle Mitleser feststellen werden, haben wir es geschafft, auch hier ein paar interessante Besichtigungen einzubauen.

6.11.2014: Calama - Salar der Pedernales
Wir schlafen gemütlich aus und wollen dann auschecken. Bei dem Versuch des Auscheckens werden wir gefragt, ob wir denn nicht frühstücken wollen. Aber ja, gerne. Das ist eine freudige Überraschung, war dieses Hotel doch das einzige vorgebuchte im Verlauf unserer Reise, bei dem auf der Buchungsbestätigung ausdrücklich kein Frühstück erwähnt wurde. Letztendlich kommen wir somit nach dem Frühstück erst um 9 Uhr los - ein wenig spät für die heute angedachte sehr lange Etappe - aber wir haben auch kein fixes Ziel. Stattdessen wollen wir schauen, wie weit wir kommen und kurz vor der Dämmerung nach einem schönen Plätzchen für unser Zelt suchen. Aus Calama finden wir schnell heraus. Zum einen kennen wir uns nach dem Ausflug in die Innenstadt gestern Abend ja schon etwas aus, zum anderen ist auf den Straßen auch nicht sehr viel los.

Wir nehmen die Ruta 25 Richtung Antofagasta. Diese führt sehr gut ausgebaut recht eintönig durch die Wüste nach Südwesten. Etwa 45 Kilometer südlich von Calama kommen wir zur Mina Spence. Da direkt unterhalb des ursprünglichen Verlaufs der Ruta 25 ein größeres Erzvorkommen lag, schlägt die Straße hier einen großen Halbkreis nach Osten und mündet nach 16 Kilometern - südlich der Mine - wieder auf ihre alte Trasse. Etwa 113 Kilometer hinter Calama mündet die Ruta 25 in die Ruta 5 - die Panamericana. Hier biegen wir für ein paar Kilometer nach Norden ab. Das ist zwar eigentlich die falsche Richtung für unsere heutige Reiseroute. Aber wir wollen uns die historische Salpetermine Chacabuco anschauen, 5 Kilometer nördlich der Kreuzung von Ruta 25 und Ruta 5 fast direkt an der Straße gelegen. Wir haben im Verlauf unserer Reise zwar schon die zwei bekannten alten Salpeterminen bei Iquique gesehen, aber Chacabuco ist aus zwei Gründen etwas besonderes: Zum einen ist hier erheblich weniger Aufwand in die Restaurierung gesteckt worden als bei den beiden anderen Komplexen, so dass viel schöner zu sehen ist, wie der Zahn der Zeit auch in der Wüste an den alten Gebäuden nagt. Oft ist zum Beispiel die Vorderfront eines Gebäudes einfach nach vorne umgefallen.


Arbeiterbarracken in Chacabuco


Ruinen in Chacabuco

Und zum anderen hat dieses Gelände auch noch eine traurige zweite Geschichte. Der Salpeterabbau in Chacabuco wurde 1938 eingestellt - gerade mal 14 Jahre nach der Gründung der Anlage. Im Jahre 1971 wurde die Mine von Salvador Allende zum historisch bedeutsamen Ort Chiles erklärt. Jedoch nur zwei Jahre später, nach dem blutigen Militärputsch von Augusto Pinochet, wurde das Gelände von Chacabuco zum Lager für politische Gefangene umfunktioniert. Bis in das Jahr 1975 waren hier bis zu 1800 Häftlinge interniert. Um auch die kleinste Hoffnung auf Flucht zu zerstören wurde die umgebende Wüste - sowieso schon eine extrem überlebensfeindliche Gegend - auch noch vermint. Um sich etwas abzulenken, haben sich die Gefangenen eigene kleine Kirchen, Versammlungsorte und sogar eine Theatergruppe geschaffen. In einer Zelle - umfunktioniert zu einer Art Gebetsraum - sehen wir an der Wand ein sehr beeindruckendes Relief, welches eine echte Kirche zeigt. Am Eingang haben wir ein sehr informatives Heftchen über die Geschichte der Mine - inklusive der dunklen Stunden - ausgehändigt bekommen und erkunden einige Zeit lang das Gelände auf eigene Faust. Ein Besuch, der sich auf jeden Fall gelohnt hat.


Gefangenenkunst in Chacabuco

Zurück auf der Panamericana - dieses Mal in der richtigen Richtung unterwegs - kommen wir zuerst recht bald auf eine nagelneu zur Autobahn ausgebaute Ruta 5 und nur etwa 30 Kilometer hinter Chacabuco zur kleinen Ortschaft Baquedano. Hier wurde im Jahre 1910 ein Bahnhof an der Bahnlinie von Antofagasta nach Bolivien gebaut und im Laufe der Zeit entstand um diesen Bahnhof eine Ortschaft. Heute bietet diese Ortschaft hauptsächlich dem eisenbahninteressierten Besucher einiges: Es gibt ein Eisenbahnmuseum, dessen zentraler Bestandteil eine alte Wartungshalle mitsamt großer Drehscheibe ist. Wir stellen unser Auto ab und folgen den Schildern in Richtung Museum. Interessanterweise müssen wir nirgendwo Eintritt bezahlen. Das Museum macht auch nicht den Eindruck eines Museums, sondern wirkt eher wie ein Schrottplatz. Aber gerade das hat einen gewissen morbiden Charme und wir verbringen einige Zeit damit, uns die alten Dampflokomotiven und Waggons anzuschauen, die hier herumstehen.


Alter Lokschuppen in Baquedano

Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir am alten Bahnhof von Baquedano vorbei. Diesen Bahnhof hat wohl jeder James-Bond-Fan schon mal gesehen, denn hier wurde die Schlussszene von "A Quantum of Solace" gedreht. Im Film stellt der Bahnhof einen bolivianischen Bahnhof dar (übrigens wurde ein großer Teil der in Bolivien spielenden Szenen von "A Quantum of Solace" in Chile gedreht). Treppenwitz der Geschichte ist, dass wir uns in einem Teil Chiles befinden, welcher vor dem Salpeterkrieg 1884 tatsächlich zu Bolivien gehört hat. Aus diesem Grund sind sich die Bewohner dieser beiden Länder auch heute noch ziemlich spinnefeind. Als beim damaligen Filmdreh der Bürgermeister von Baquedano erfuhr, dass in seiner Ortschaft Statisten mit bolivianischen Uniformen rumlaufen, soll er wutentbrannt in sein Auto gestiegen und zum Drehort gerast sein - und dort fast Daniel Craig über den Haufen gefahren haben.


Bahnhof von Baquedano - bekannt aus James Bond

Ein paar Kilometer südlich von Baquedano kreuzen wir den südlichen Wendekreis - ein Ereignis, dem hier auch ein recht nettes Monument gewidmet ist. Nun verlassen wir die Tropen endgültig, zumindest für den Verlauf dieser Reise.


Zum letzten Mal überqueren wir den Wendekreis


Auf der Panamericana nach Süden

Wir fahren an Antofagasta vorbei, beziehungsweise den äußerst hässlichen Industrieflächen, welche dieser Stadt vorgelagert sind. Ab hier kennen wir den Verlauf der Route schon von vor sechzehn Tagen. Allerdings wollen wir nicht die gesamte Strecke vom Hinweg zurückfahren und biegen daher kurz vor der Mano del Desierto von der Panamericana ab und fahren weiter auf der Ruta B-70 (ein klein wenig weiter südlich wird diese Straße zur B-710). Die Strecke führt uns zunächst sehr abwechslungsreich durch ein breites Tal. Die Landschaft hier sieht irgendwie so aus, wie auf dem Mars. Links von uns sehen wir nach einiger Fahrtzeit in einiger Entfernung einen großen Berggipfel mit einer Fahrtstraße hinauf und deutlichen Spuren aktuell stattfindender Bauarbeiten wie große Baufahrzeuge und vom Wind davongewehte Staubfahnen. Hierbei handelt es sich um den 3064 Meter hohen Cerro Armazones und die Baustelle des E-ELT, des European Extremely Large Telescope - das zukünftig größte Spiegelteleskop der Welt. Auf unserem Weg nach Norden vor mehr als zwei Wochen war ja der Blick von der Panamericana auf diesen Gipfel von Vorbergen zugestellt gewesen.

Am aktuell größten Spiegelteleskop der Welt, dem Very Large Telescope (VLT), kommen wir wenig später übrigens auch noch vorbei. Dieses Teleskop steht auf dem 2635 Meter hohen Cerro Paranal und kann durch eine asphaltierte und ziemlich steil in die Höhe steigende Stichstraße der Ruta B-710 erreicht werden. Wir fahren diese Stichstraße so weit es geht und freuen uns über die Schilder am Straßenrand, in denen man aufgefordert wird, die Lichter des Wagens auszuschalten bzw. abzublenden. Aus dem normalen Straßenverkehr in Deutschland kennt man ja eher Aufforderungen zum Einschalten des Lichts, aber im normalen Straßenverkehr kann man auch mit Streulicht der Lampen nicht sehr schnell wissenschaftliche Experimente ruinieren. Wir fahren bis zum Kontrollposten für das eigentliche Gelände des Teleskops, bewundern einige Zeit lang die auf dem Gipfel des Paranal stehenden vier großen Teleskopgebäude und drehen dann wieder um. Man kann das Teleskop auch besichtigen, aber dafür sind wir zum falschen Wochentag da: Die Touren finden jeden Samstag statt und um an einem Samstag hier zu sein, hätten wir in der Planungsphase unsere Route so sehr umbauen müssen, dass es an anderen Enden nicht mehr aufgegangen wäre.


Das Very Large Telescope auf dem Cerro Paranal

Etwa 37 Kilometer hinter der Abzweigung zum VLT taucht die Straße über jede Menge abenteuerliche Kurven und Serpentinen von 1500 Meter Höhe auf fast Meereshöhe ab. Dieser Streckenabschnitt ist extrem spaßig zu fahren, eine Meinung die die Fahrer der zahlreichen sich hier bergauf oder bergab quälenden LKW vermutlich nicht teilen dürften. Bei Paposo erreichen wir den tiefblauen pazifischen Ozean. Bis Taltal, fast 60 Kilometer weiter südlich, fahren wir nun auf einer tollen und sehr schönen Küstenstraße. Hier legen wir die eine oder andere Pause ein, um zum Stand zu laufen und das Meer zu beobachten. In Taltal tanken wir das Auto auf und decken uns mit Vorräten ein. Hinter Taltal löst sich die Straße wieder vom Ozean und stößt kurz darauf wieder auf die Panamericana. Nun sind wir wieder auf einem Stück Straße unterwegs, welches wir schon von vor 16 Tagen kennen. Die Strecke verläuft zwar immer noch durch die Wüste, nun aber deutlich bergiger und abwechslungsreicher als noch zuvor. Die Berge sind Ausläufer derjenigen im Parque Nacional Pan de Azucar.


An der Pazifikküste

Kurz vor der Ortschaft Chanaral - dem Eingangstor zum Parque Nacional Pan de Azucar - verlassen wir die Panamericana wieder und biegen nach Osten auf die asphaltierte und gut ausgebaute Ruta C-13 ab. Diese führt in Richtung der Ortschaft Diego del Almagro, durch interessante Berge und dabei stetig nach oben. Waren wir auf der Panamericana noch auf 200 Meter Höhe über dem Meer unterwegs, sind es in Diego del Almagro schon 800 Meter und es geht immer weiter bergauf. Diego del Almagro ist benannt nach einem der bekanntesten spanischen Konquistadoren. Dieser eroberte in den Jahren 1524 bis 1535 zusammen mit Francisco Pizarro das Inkareich in Peru und erkundete später weite Landstriche im nördlichen Chile. Nach seiner Rückkehr aus Chile im Jahre 1538 wurde Diego del Almagro im Rahmen eines Machtkampfes mit Francisco Pizarro und seinem Bruder Hernando von diesen in Cuzco gefangen genommen und später hingerichtet. Nachdem wir in Diego del Almagro an einer Tankstelle vorbei kommen, tanken wir vor der morgigen sehr langen Etappe sicherheitshalber den Pick-Up nochmal voll.

Hinter Diego del Almagro taucht die Straße in ein sehr interessantes Tal ab, fast schon eine Schlucht. Links und rechts der Straße stehen sehr schroffe Felsen in allen möglichen Farben. Da die Sonne nun schon tief steht, kommen diese besonders gut zur Geltung. Auf Höhe der Minenstadt Potrerillos - etwa 9 Kilometer südlich von uns gelegen - biegen wir nach Norden ab und fahren in zwei großen Serpentinen sehr abenteuerlich einen etwa 45 Grad steilen Hang an der Nordseite des Tals hinauf.


Serpentinen bei Potrerillos

Ab hier ist die Straße nicht mehr asphaltiert. Der Blick von der oberen Kante zurück in das tief unter uns liegende Tal und auf die auf der anderen Talseite etwas entfernt liegende Minenstadt ist im Licht der tiefstehenden Sonne atemberaubend. Im weiteren Verlauf ist die Qualität der Straße zunächst recht gut, wird dann aber sukzessive immer schlechter. Wir fahren lustig einen Berg hinauf, bis auf fast 3700 Meter Höhe. Von hier aus bieten sich schöne Blicke nach unten, auf allerdings äußerst kahle niedrigere Bergketten. Dann geht es wieder herunter, bis wir die Ebene des Altiplano auf etwa 3300 Meter erreichen.


Die Minenstadt Potrerillos

Hier kommen wir auf die Ruta C-173 entlang des Salar de Pedernales mit dem sehr pittoresk dahinter stehenden Vulkan Dona Ines (5092 Meter). Wir schauen uns kurz Salzsee und Vulkan von einem erhöhten Aussichtspunkt aus an - auf dem Weg zu diesem Aussichtspunkt kommen wir an einer Ansammlung Esel vorbei - ehe wir wieder auf den Weg machen und auf die Suche nach einem Platz für unser Zelt. Eigentlich wollten wir direkt am Salzsee campen, andererseits hätten wir gerne eine wenigstens halbwegs blickgeschützte Stelle. Solche Stellen sind an oder auf der flachen Fläche eines Salars verständlicherweise nicht so leicht zu finden.


Abendstimmung über dem Salar de Pedernales

Daher fahren wir noch etwas weiter und lassen letztendlich den Salar komplett hinter uns. Kurz ehe wir ernsthaft darüber nachdenken, das Zelt einfach irgendwohin zu stellen, kommen wir zu einer kleinen Stichstraße Richtung Termas de Río Negro. Dieser folgen wir ein Stück, bis wir auf eine nur wenige Meter kurze Abzweigung zum Rio Juncalito abbiegen. Hier finden wir die perfekte Stelle für unser Zelt und fallen nach dem Abendessen vom langen Tag recht müde aber auch glücklich ins Bett.

Gefahrene Strecke: 766 km

Übermorgen geht es weiter.

Schöne Grüße,
Dirk

wuender

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Guten morgen allerseits,

heute geht es über den letzten spannenden Andenpass im Verlauf dieser Reise (wie queren die Berge zwar noch einmal auf unserem Weg zurüch nach Chile, das aber auf einer deutlich profaneren und vielbefahreneren Asphaltstraße).

7.11.2014: Salar de Pedernales - Fiambala
Nach einer relativ erholsamen Nacht packen wir unser Zelt zusammen, machen uns frisch, frühstücken und fahren los. Wir kurven die paar Kilometer zur Ruta C-173 zurück und biegen nach links auf diese ein, Richtung Salar de Maricunga. Die Straße ist hier tadellos in Schuss und wir kämen sehr schnell voran, wenn wir nicht alle paar Minuten anhalten und staunen würden. Wie gestern Abend sind wir unterwegs auf einer - hier auf etwa 3800 Meter gelegenen - Hochebene. Links und rechts von uns stehen farbenfrohe Vulkane und der Himmel ist wolkenlos. Nach einigen Kilometern macht die Straße einen kleinen Bogen nach links und führt leicht bergab. Es liegt der große Salar de Maricunga vor uns, ein etwa 80 Quadratkilometer großer Salzsee, an dessen nordöstlichem Zipfel sich die chilenische Zollstation für den Paso San Francisco befindet. Da wir heute diesen Pass fahren wollen - unser dritter großer Andenpass im Verlauf dieser Reise - ist unser nächstes Ziel die Zollstation.


Auf der Andenhochebene

Als wir in das relativ neue Abfertigungsgebäude einrollen, befindet sich witzigerweise - zu dieser frühen Stunde und auf dieser abgelegenen Strecke eher unerwartet - schon ein anderes Auto vor uns. Dieses ist aber schnell abgefertigt, und wir kommen an die Reihe. Immigration bzw. Ausreise und der Zoll sind schnell erledigt. Die argentinische Zollstation befindet sich 130 Kilometer Schotterpiste entfernt bei Las Grutas, so dass wir uns, wieder einmal, einige Stunden lang offiziell in keinem Land befinden. Der Zollbeamte macht uns auch mit einem Radler aus Deutschland bekannt. Dieser hat hier im Zollhaus übernachtet und aufgrund der im Verlauf der folgenden Kilometer recht steil ansteigenden Straße würden die Zöllner den Radler gerne mit einem Auto mitschicken. Dazu sind wir sehr gerne bereit und probieren alle Möglichkeiten aus, ihn samt Gepäck und Rad ins Auto zu stopfen. Trotz aktiver Erfahrung im Tetris-Spielen scheitern wir und entscheiden, nur das Gepäck des Radlers zur etwa 80 Kilometer entfernten Laguna Verde mitzunehmen und bei der dortigen Polizeistation zu deponieren. Mit etwas Schieben und Drücken passen die fünf (ziemlich großen und schweren) Packtaschen in unser Auto und los geht es.

Die ersten paar Kilometer führt die Straße sehr schön am Salar de Maricunga entlang, in dem wir auch ein paar Flamingos sehen. Vor uns überquert ein kleineres Tier die Straße - eine Katze? - Nein, ein Fuchs! Endlich sehen wir den langersehnten ersten Fuchs unserer Reise.


Andenfuchs

Kurz darauf kommen wir an einem kleinen Schrein vorbei, einen Monument für die Virgen de la Candelaria. Hier musste sich im Jahre 1780 Mariano Caro Inca, ein aus San Fernando stammender Chilene (heute ist San Fernando ein Stadtteil von Copiapo), aufgrund des schlechten Wetters hinter einem Felsen verkriechen. Dabei fand er - der Legende nach - einen 14 Zentimeter großen Stein welcher die Form der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind in ihren Armen hatte. Als Caro Inca wieder gesund daheim angekommen war, begann ein kleiner Kult um diesen Stein: Jedes Jahr kamen die Familien der Gegend zusammen und verehrten die heilige Jungfrau. Bald wurde eine kleine Kapelle errichtet. Das ganze setzte sich auch nach dem Tod von Caro Inca fort und heute gibt es in Copiapo eine richtige Kirche - über die Jahre mehrfach umgebaut und vergrößert - und hier, am Fundort des Steins, den kleinen Schrein. Dieser setzt - farbenfroh wie er ist - einen schönen Kontrastpunkt in die ansonsten recht karge Umgebung.


Salar de Maricunga

Die Straße ist ab der Zollstation frisch asphaltiert. Ursprünglich war ein rascher und kompletter Ausbau bis zum Paso San Francisco vorgesehen, aber dieser wurde aufgrund des Protestes von Umweltschützern - welche sich vor dem nach dem Ausbau folgendem steigenden Verkehrsaufkommen fürchten - abgebrochen. Daher sind wir sehr gespannt, wie lange wir gut vorankommen werden. Am südlichen Ende des Salar de Maricunga zieht die Straße recht steil nach oben und knickt nach Osten ab. Rechts von uns liegt nun das tief eingeschnittene Tal des Rio Llama - die Talsohle ein leuchtend grüngelbes Band in der Puna.


Am Rio Llama

Es gibt eine Möglichkeit, über ein kleines Schottersträßchen zum Fluss hinunter zu gelangen und zwar zu einem schönen Wasserfall. Diese Möglichkeit nutzen wir natürlich und schauen uns unten ausführlich um. Neben dem Wasserfall stoßen wir auf eine Herde sich ausruhender Vicunas. Eines der Tiere badet im Sand - so etwas haben wir schon vor drei Jahren in Patagonien beobachtet, damals allerdings aus viel geringerer Entfernung. Einige andere Tiere spazieren sehr grazil und trittsicher entlang einer Bergflanke bergauf.


Ein Vicuna

Wieder zurück auf der Ruta 31 Richtung Paso San Francisco kommen wir auf eine Hochebene, wieder umringt von zahlreichen Vulkanen. Zuerst stehen rechts von uns die Nevada Tres Cruces (der höchste Gipfel dieser Kette ragt bis zu einer Höhe von 6748 Metern empor), nach denen auch der hiesige Nationalpark benannt ist. Später ins Bild kommen so prominente Kandidaten wie der Incahuasi (6638 Meter) und der Cerro San Francisco (6018 Meter). Insgesamt wirkt die Gegend hier deutlich wilder als die Landschaft entlang der Strecke zu den weiter nördlich gelegenen Pässen Jama und Sico. Irgendwo hier endet auch der frische Asphaltbelag.


Vulkane auf der Hochebene

Etwas später öffnet sich relativ kurz der Blick auf den Ojos del Salado, mit 6891 Metern Höhe der höchste Vulkan der Erde. Wir machen zahlreiche Pausen und Fotostopps und bei einer dieser Pausen passiert ein kleines Unglück: Als Dirk aus dem Auto springt, reißt ihm der extrem starke Wind die Tür des Toyotas aus der Hand und diese knallt gegen sein linkes Knie. Blöd gelaufen, Zähne zusammen beißen und weiter. Später allerdings - Dirk wundert sich, warum das Knie gar so zwickt - finden wir eine bestimmt zehn Zentimeter lange blutende Platzwunde. Das ist insofern dumm, da wir heute an sehr schönen Thermalquellen übernachten wollen - für zumindest einen von uns fällt das Bad in diesen Quellen nun definitiv aus.


Der Ojos del Salado - der höchste Vulkan der Erde

Etwa 20 Kilometer vor dem Paso San Francisco kommen wir zur Laguna Verde, einem auf 4300 Metern gelegenen grünen See, der seinen Namen wahrlich nicht zu Unrecht trägt. Zuerst öffnet sich der Blick von oben auf den See. Die satt türkisgrüne Färbung des Wassers ist ein fantastischer Kontrast zur in Grau- und Brauntönen gehaltenen Umgebung. Dann führt die Straße bis fast an das Ufer heran. Hier gibt es heiße Thermalquellen, die wir jedoch auslassen. Stattdessen bestaunen wir ausgiebig, wie sich das vom Wind aufgepeitschte Wasser des Sees an den hellgrauen Steinen des Ufers bricht - und fahren nach einiger Zeit weiter zur nahegelegenen Polizeistation.


Die Laguna Verde

Hier wollen wir das Gepäck des Radlers abgeben. Es dauert einige Zeit, bis die Carabineros auf unser Klopfen und Rufen reagieren, aber sie nehmen das Gepäck sehr gerne an und wir werden per Handschlag wieder verabschiedet. Hinter der Laguna kommt noch ein knackiger Anstieg - hier ist auch die Straße in einem nicht allzu guten Zustand - ehe die Passhöhe auf 4726 Metern Höhe erreicht wird. Rechts von uns steht der Cerro San Francisco und vor uns breitet sich die argentinische Asphaltstraße aus. Diese verliert viel sanfter an Höhe als es auf der chilenischen Seite bergauf ging. Insgesamt wirkt die ganze Szene deutlich lieblicher, weniger schroff und alpin, als noch in Chile. Die Puna leuchtet gelb, die Berge rot und grau - wunderschön.


An der Grenze nach Argentinien

21 Kilometer hinter dem Pass kommen wir zur argentinischen Zollstation bei Las Grutas. Es ist fast nichts los, die Immigration ist sehr schnell erledigt - aber der Zoll zieht sich. Als einer der Zollmitarbeiter die Daten unseres Autos in den Computer eintragen will, ploppt ein hässliches rotes Fehlerfenster auf. Die beiden Jungs vom Zoll sind sehr bemüht, aber ihr Computersystem tut sich schwer mit der Tatsache, dass vor zwei Tagen bei der Ausreise aus Argentinien am Paso Sico zwar der Laufzettel für unser Auto mit einem Ausreisestempel versehen wurde, aber die Ausreise scheinbar nicht in das Computersystem eingetragen wurde. Das heißt, wir wollen mit einem Auto einreisen, welches offiziell nie ausgereist ist. Wir erinnern uns - die Grenzstation am Paso Sico hatte ja Probleme mit einem Stromausfall. Scheinbar hat der zuständige Beamte unsere Ausreise nur notiert und dann vergessen, diese ins System nachzutragen. Wir sind nun die Leidtragenden. Es dauert insgesamt 90 Minuten voller ewiger Telefonate mit Durchgeben all unserer Daten, ehe unser Auto kurz durchsucht und wir mit einem Händedruck sowie einem herzlichen "Gute Reise" wieder losgeschickt werden. Während dieser Wartezeit verkriecht sich die sehr flauschige Katze der Zollstation zeitweise unter unser Auto.


Salzsee bei der argentinischen Grenzstation

Wir fahren weiter. Die Landschaft bleibt faszinierend farbig hochandin, auch die Berge scheinen noch ein wenig intensivere Farben zu haben als auf der chilenischen Seite. Die Straße verliert in vielen Kurven und Serpentinen langsam aber stetig an Höhe. Seit der Passhöhe steht alle paar Kilometer am Straßenrand eine kleine Notunterkunftshütte - ein Service wohl vor allem für die Radfahrer. Auf dieser Strecke kommen wir auch an einem wohl leicht lebensmüden Vicuna vorbei, welches ganz offensichtlich Selbstmord-Absichten hegt: Das Tier befindet sich ein paar hundert Meter vor uns und auch gut vom Straßenrand entfernt in der Wiese. Als wir uns nähern, setzt es sich recht gemächlich in Bewegung, aber auf einem direkten Kollisionskurs mit unserem Auto. Der Zusammenprall lässt sich mit einem kurzen Tippen auf das Bremspedal verhindern und das Tier läuft seelenruhig weiter, als wäre nichts geschehen.


Endlich haben wir die Einreise geschafft

Einige Kilometer vor Fiambala, unserem Tagesziel für heute, beginnt sich die Straße um dicht stehende Hügel zu winden und taucht dann in ein faszinierendes enges Tal ab. Hier sind die Felswände abwechselnd rot und braun - ein besonderer Kontrast ergibt sich durch dunkelgrüne Felsen und der hellgrünen Vegetation eines Bofedals im Tal. Das faszinierende Farbenspiel begleitet uns über viele Kilometer, bis sich das Tal öffnet und wir quer in ein wesentlich breiteres - von Nord nach Süd verlaufendes - Tal, das Valle de Fiambala, kommen.


Bunte Felsen am Straßenrand

Hier rollen wir stetig bergab bis in die kleine Ortschaft Fiambala. Den Motorsport-Begeisterten ist dieser Ort vielleicht ein Begriff als regelmäßiges Etappenziel der Ralley Dakar. Da wir im November hier sind, rollen allerdings keine Ralleyautos in das hübsche Städtchen - eine große Oase in einer ansonsten recht trockenen Gegend - sondern nur wir mit unserem Pick-Up. Allerdings fahren wir nur durch, denn eigentlich wollen wir in die Termas de Fiambala. Dieses Thermalbad ist spannend in der Sierra de Fiambala am östlichen Hang des Valle de Fiambala gelegen. Als Übernachtungsmöglichkeiten gibt es sowohl Cabanas als auch einen Campground. Die Cabanas sind leider alle schon vergeben. Als wir nach ein paar Minuten Diskutieren dem älteren Herren am Eingang verständlich gemacht haben, dass wir zelten wollen (er kennt nur das südamerikanische Wort für Zelt, wir nur das spanische) lässt er uns rein. Wir suchen uns einen schönen Stellplatz, und bauen unser Zelt auf. Dabei bekommen wir Besuch von einem überhaupt nicht scheuen Fuchs. Nach einem kurzen Besuch an den Quellen und im dazugehörigen Restaurant verbringen wir den Rest des Abends gemütlich auf dem Campground.

Gefahrene Strecke: 374 km

Schöne Grüße,
Dirk

wuender

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Noch ein organisatorischer Hinweis meinerseits,

trotz extrem viel um die Ohren habe ich es bisher immer geschafft, den (vorgefertigten) Bericht pünktlich im Zweitagesrhytmus hier einzustellen. Am Wochenende wird das aber definitiv nicht klappen, so dass wir nun an den Thermen von Fiambala (definitiv nicht der ungeeignetste Ort dafür) eine etwas längere Pause einlegen werden (vorraussichtlich bis Montag).

Schöne Grüße,
Dirk

wuender

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Guten Morgen allerseits,

danke für die Geduld. Einen definitiven Termin für unseren neuen Telefonanschluss gibt es immer noch nicht, so dass wir vorraussichtlich bei diesem Rhythmus bleiben müssen (ein Berichttag alle zwei Tage, nicht aber am Wochenende).

Heute nutzen wir (naja, nur diejenige von uns, die sich nicht eine tiefe blutige Schramme ins Knie geschlagen hat...) noch gut die schöne Thermen von Fiambala aus und fahren dann gemütlich (ich sehe gerade mit Überraschung, dass es dann doch fast 300 Kilometer Strecke wurden) weiter in eine sehr nette argentinische Kleinstadt.

8.11.2014: Fiambala - Chilecito
Wir schlafen lange und erholsam aus, bauen dann unser Zelt ab und fahren dann nochmal die kurze Strecke vom Campground zu den Thermalquellen hoch. Katharina probiert nacheinander die Becken mit den verschiedenen Wassertemperaturen durch. Dirk muss wegen seines lädierten Knies leider draußen bleiben. Das Wetter ist wieder hervorragend und der Blick von den Thermen hinab in das Valle de Fiambala und auf die auf dessen anderer Seite aufragenden Ausläufer der Zentralanden - die wir gestern überquert haben - ist einfach toll. Nach ausgiebigen Badefreuden brechen wir am späten Vormittag wieder auf.


Morgendlicher Besucher am Campingplatz


Die Termas de Fiambala


Blick von den Thermen ins Tal

Zuerst fahren wir wieder herunter nach Fiambala und - nachdem wir uns durch diverse sehr verwirrend angeordnete (und in den eigentlich recht aktuellen Karten unseres GPS-Geräts nicht korrekt verzeichnete) Einbahnstraßen gequält haben - weiter nach Süden auf der Ruta 60. Das Valle de Fiambala wirkt recht arid, ist aber gut begrünt, wodurch sich ein sehr mediterran wirkender Gesamteindruck ergibt. In vielen Ortschaften gibt es schöne alte Adobe-Häuser - so dass hier offiziell eine sogenannte "Ruta de Adobe" eingerichtet wurde. Hinweisschilder weisen auf besonders interessante Gebäude hin. Noch in Fiambala selber halten wir an der 1770 errichteten und hübsch weiß getünchten Iglesia San Pedro. Das Innere dieser kleine Kirche ist sehr schlicht und wird geprägt durch den starken Kontrast zwischen weißen Wänden und den Dachstreben und der Inneneinrichtung aus dunklem Holz. Die Wände sind geschmückt mit Heiligenbildern. Da keine Fenster vorhanden sind, ergibt sich ein leicht düsterer Gesamteindruck.


Iglesia de San Pedro in Fiambala

Ein paar Kilometer weiter südlich kommen wir zur Ortschaft Andacollo - mit der 1833 errichteten Kirche Nuestra Senora de Andacollo. Die sehr schlicht gehaltene Fassade mit den beiden niedrigen Türmen ist nicht angestrichen, so dass sich aus der Nähe betrachtet die Struktur des Adobe - inklusive der eingearbeiteten Strohhalme - gut erkennen lässt. Vor der Kirche treffen wir auf eine große Gruppe junger Menschen, die sich anscheinend hier treffen und dann zu einer Mischung aus Wochenendspaziergang und Schnitzeljagd aufmachen.


Nuestra Senora de Andacollo

Wir fahren nur ein paar hundert Meter auf der Ruta 60 weiter nach Süden und biegen dann in Richtung der kleinen Ortschaft El Puesto ab. Diese winzige Ansiedlung ist sehr pittoresk - ein großer Teil der sich an der Hauptstraße befindlichen Gebäude besteht aus Adobe. Höhepunkt ist die kleine Kapelle Oratorio de los Orquera, welche im Jahre 1740 errichtet wurde. Hier gäbe es im Prinzip auch ein kleines Museum, aber leider sind dieses und die Kapelle selber im Moment geschlossen. Da die Kapelle zudem auf Privatgrund steht, schauen wir uns nur kurz um und fahren dann weiter. Als nächstes kommen wir zum etwas größeren Städtchen Tinogasta. Hier gäbe es eine Art Umfahrungsstraße, wir fahren aber mit Absicht mitten durch - weil unser Pick-Up allmählich Durst nach etwas Diesel bekommt. Der Straßenverkehr in Tinogasta begrüßt uns mit einem sehr südeuropäisch wirkenden Gewusel. Im Vergleich zu Chile benutzen hier in Argentinien wesentlich mehr Verkehrsteilnehmer Mofas oder kleine Motorräder. Teilweise quetschen sich komplette Familien auf so ein Gefährt. Wer - so wie wir - in einem sowieso schon ungewohnt großem Auto unterwegs ist und sich zudem in der Stadt nicht auskennt, muss höllisch aufpassen, nicht aus Versehen einen der um ihn herum zirkulierenden kleineren Verkehrsteilnehmer abzuräumen. An der Tankstelle ist auch die Hölle los. Wir nutzen die Gelegenheit, uns im Shop ein zweites Frühstück zu organisieren und fahren dann weiter.

Etwa 15 Kilometer hinter Tinogasta kommen wir zur Ortschaft Copacabana. Hier gibt es - auch wenn der Name anderes vermuten lässt - keinen Traumstrand, sondern eine große und sehr gemütliche zentrale Plaza mit einer für diese Ortschaft reichlich überdimensionierten Kirche. Nach all den Kirchen mit weißen oder adobefarbenen Fassaden bildet dieses Gebäude einen überraschenden Kontrast: Sowohl an der Fassade als auch im Innenraum dominiert Rosa - im Inneren kommt an den Dachgewölben ein sich gut einfügender Hellblauton dazu. Trotz der gewöhnungsbedürftigen Farbgebung gefällt uns diese Kirche sehr gut - insbesondere die in die Seitenwände eingelassenen Nischen mit schön gestalteten Heiligenschreinen, allesamt sehr farbenfroh mit Blumen geschmückt. Interessant finden wir die Straßenanordnung von Copacabana: Es gibt so gut wie keine Nebenstraßen, stattdessen reiht sich die Ortschaft über Kilometer hinweg wie eine Perlenschnur entlang der Ruta 60 auf.

Hinter Copacabana wird die Landschaft deutlich trockener. Hier kommen wir an den Ruinen der kleinen Ansiedlung Cerro Negro vorbei - hier gruppieren sich ein paar verfallene Gebäude um einen sich ebenfalls nicht mehr in Betrieb befindlichen Bahnhof. Heute lebt niemand mehr in Cerro Negro außer einem auf einer Telegrafenleitung sitzenden großen Schwarm Papageien, der uns beim Näherkommen laut kreischend und protestierend begrüßt. Als wir keine Anstalten machen, sofort zu verschwinden, hebt der komplette Schwarm flatternd ab und sucht sich ein wenig entfernt ein ungestörteres Plätzchen. Wir untersuchen die Ruinen eingehend. Augenscheinlich waren dies früher wirklich herrschaftliche Gebäude - heute stehen teilweise nur noch die Außenmauern. Die Stimmung ist gespenstisch. Wir stoßen auf eine Küche mit einem riesigen Ofen sowie auf einen Lagerraum, in dem heute noch jede Menge Kisten mit alten Flaschen herumstehen.


Ruinen in Cerro Negro

Direkt hinter Cerro Negro trifft die Ruta 60 auf die von Norden kommende Ruta 40 - die über 5300 km von Norden nach Süden quer durchs Land führende argentinische Traumstraße. Auch wir wären von Norden über die Ruta 40 hierher gekommen, wenn wir vor fünf Tagen von Cafayate aus nach Süden gefahren wären, anstelle den großen Schlenker über Abra del Acay und Paso Sico nach Chile und zurück über den Paso San Francisco nach Argentinien zu machen. Wir folgen der Ruta 40 nach Süden, entlang des westlichen Abhangs der Ausläufer des westlichen Arms der Sierra de Velasco. Nur ein kleines Stück westlich von uns befindet sich eine flache und weite Halbwüste - die Pampa de Toruma. Wir allerdings fahren parallel zum Rio Los Sauces - ein schmaler Streifen Landschaft links und rechts des Flusses ist dicht grün bewachsen und auch dicht besiedelt. Dass hier auch schon vor einigen hundert Jahren gesiedelt wurde, sehen wir an den Ruinen von Hualco, die wir über eine kleine Nebenstraße erreichen. Bei Hulaco handelte es sich um eine Siedlung am Inka-Trail, errichtet zwischen den Jahren 700 und 1000. Wir stellen unser Auto am kleinen Besucherzentrum ab. Hier sind jede Menge Leute unterwegs, dabei handelt es sich aber ausschließlich um Einheimische, die ein Grillfest veranstalten. Bei unserem kurzen Abstecher ins Besucherzentrum sind wir völlig alleine, ebenso wie auf dem kurzen Trail zu den Ruinen.


Schlucht bei den Ruinen von Hualca

Die hier vorhandenen Informationstafeln sind leider entweder verrottet und somit unlesbar oder fehlen komplett. Aber immerhin helfen die traurigen Überreste der Schilder, den korrekten Weg zu den Ruinen zu finden. Von etwa 150 Steinhäusern stehen hier - sich in eine tolle Gebirgslandschaft schmiegend - nur noch die Grundmauern bis auf eine Höhe von etwa 50 bis 60 Zentimetern. Dazwischen sehen wir jede Menge große Säulenkakteen, teilweise auch blühend. Der Blick auf die sich unter uns befindliche Pampa de Toruma mit dem hier schnurgeraden weiteren Verlauf der Ruta 40 ist grandios.


Ruinen von Hualca


Kaktusblüte

Der weitere Verlauf der Fahrt nach Chilecito lässt sich eher als eintönig zusammenfassen. Nach den etwa 30 Kilometern durch die Pampa de Toruma knickt die Straße nach Süden ab, in das Valle de Antinaco. Auf beiden Seiten stehen nun hohe Berge.


Unterwegs auf der Ruta 40


Berge bei Chilecito

Kurz vor Chilecito kommen wir an einer Art außer Kontrolle geratener Müllkippe vorbei - ausgehend von einer wohl offiziellen Abladestelle hat der Wind hier jede Menge Plastiktüten und Flaschen über mehrere Kilometer entlang der Straße verteilt. Das ist kein sehr schöner Anblick, der uns das übelste für die Ortschaft Chilecito selber befürchten lässt. Dennoch fahren wir - nachdem wir ein Zimmer in unserer in einem Vorort gelegenen Unterkunft bezogen haben, in die Stadt, um uns umzuschauen. Und wir werden positiv überrascht. Ein hübsches kleines Städtchen und es pulsiert das Leben. An der zentralen Plaza findet ein Freiluftgottesdienst statt. Wir setzen uns zum Abendessen in ein schlichtes Lokal an der Plaza und beobachten die Menschen auf dem Platz: Hier sind spielende Kinder unterwegs, Jugendliche, Erwachsene und alte Leute - in einem fröhlichen Durcheinander und einer guten Stimmung. Irgendwie ist das hier anders als in Europa - vermutlich hauptsächlich deswegen, weil hier niemand gestresst erscheint. Ein sehr schöner Abend.


Plaza von Chilecito

Gefahrene Strecke: 293 km

Übermorgen geht es weiter.

Schöne Grüße,
DIrk

Schneewie

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Ich muss sagen, ich bin schwer begeistert - einfach toll!!!! :D
Gruß Gabriele

wuender

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Ich muss sagen, ich bin schwer begeistert - einfach toll!!!! :D

Schön, dass Du noch mitliest.

In den kommenden beiden Reisetagen wird es noch zwei Nationalparks (bzw. einen Nationalpark und einen Provinzpark) mit jeder Menge toller roter Felsen geben.

Schöne Grüße,
Dirk

Schneewie

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Freu mich, kann aber erst ab Freitag wieder mitlesen.

Bin dienstlich 2 Tage in Nürnberg.
Gruß Gabriele

wuender

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Hallo allerseits,

nun haben wir - wie angekündigt - den ersten von zwei Tage mit roten (und weißen) Felsen satt. Es gibt sogar eine Art Moqui Marbles...

9.11.2014: Chilecito - Talampaya
Wir schlafen gut aus, dann gibt es Frühstück. Dieses fällt etwas knapp und bescheiden aus - ein einziger kleiner Minuspunkt für die ansonsten sehr schöne und gute Unterkunft. Dann geht es wieder auf Achse, noch einmal das kurze Stück nach Chilecito. Dabei überholen wir zwei alte bzw. uralte Pickups mit Pferden auf der Ladefläche - unterwegs wohl zu einer sonntäglichen Pferdeshow oder etwas ähnlichem.

In Chilecito schauen wir uns zum Abschluss unseres Besuchs die Talstation der bekannten Seilbahn an. Diese wurde zwischen 1903 und 1904 errichtet und führt von Chilecito über eine Länge von 35 Kilometern bis zur auf eine Höhe von 4600 Metern Höhe in der Gebirgskette Sierra de Famatina gelegenen Mina la Mejicana. Diese Mine war schon vor dem Bau der Seilbahn als ergiebige Quelle für Gold- Silber- und Kupfererz bekannt. Da es allerdings auf dem Berg weder Wasser noch Feuerholz gab, konnte das Erz nicht direkt am Ort der Mine weiter verarbeitet werden. Stattdessen musste es per Maultier ins Tal geschafft werden - auf verschlungenen Wegen war man dabei mehr als 100 Kilometer unterwegs. Die Seilbahn - erbaut von der deutschen Firma Adolf Bleichert & Co - sollte hier Entlastung schaffen. Der Bau stellte sich als besonders schwierig heraus: Niemals zuvor waren Seilbahnen dieser Länge oder mit vergleichbaren Steigungen gebaut worden, zudem führte die Strecke durch vorher nur schlecht kartographiertes Gelände. Über etwa 300 Meter führt die Strecke der Seilbahn sogar durch einen Tunnel. Als im Jahre 1926 die Erzvorräte der Mine größtenteils erschöpft waren, wurde die Bahn stillgelegt. Heute kann man sich die Talstation anschauen, ein großes und sehr imposantes Gebäude aus vernieteten Stahlträgern.


Seilbahn von Chilecito

Zudem gibt es ein kleines Museum. Hier werden in ein paar Zimmern verschiedene Gegenstände und Fotos zum Bau und Betrieb der Seilbahn ausgestellt. Eine nette Dame führt uns herum und erklärt uns jeden einzelnen Gegenstand. Da die den Bau durchführende Firma aus Deutschland kam, sind zum Beispiel die ausgestellten Detailpläne - allesamt fein säuberlich handgezeichnet - auf Deutsch beschriftet. Zudem sind auch diverse Instrumente - z.B. das Tachometer der Bahn - mit deutscher Beschriftung versehen. Ein interessanter Abstecher. Das Museum kostet keinen Eintritt, Spenden werden aber gerne angenommen.


Höhenplan der Seilbahn


Die Entladestation der Seilbahn

Wir verlassen Chilecito nach Süden, Richtung Nonogasta. Auf diesem Abschnitt wird die Ruta 40 momentan neu gebaut, aber irgendwie tut sich auf der Baustelle nicht wirklich viel. Einmal sehen wir einen Arbeiter, der einen Holzpflock in den Boden hämmert. Allgemein scheinen uns dieses Jahr die Straßenbaustellen in Argentinien deutlich betriebsärmer zu sein als noch 2011 - im Gegensatz zu den chilenischen Baustellen, auf denen es über hunderte Kilometer vor Betriebsamkeit nur so sprüht. Extrapolieren wir nur einzelne Beobachtungen auf unzulässige Weise hoch oder sehen wir hier die Folgen der in den vergangenen Jahren drastisch schlimmer gewordenen Staatsfinanzen Argentiniens? In Nonogasta tanken wir voll und folgen dem nach Westen abknickenden Verlauf der Ruta 40, Richtung Cuesta de Miranda.

Zuerst verläuft die Straße durch diese Schlucht noch relativ harmlos und flach durch diverse Ortschaften - unter anderem das namensgebende Miranda. Dann bleibt die Bebauung zurück und die Straße zieht sich in zahlreichen Kurven stetig nach oben. Links und rechts der Straße befinden sich jetzt steile Felswände in faszinierenden Rottönen. Ab und an bietet sich auch ein schöner Tiefblick in ein dicht grün bewachsenes Tal - farblich in schönem Kontrast stehend zu den auch hier vorhandenen roten Felsen. Etwas weiter beginnt eine längere Baustelle - es wird asphaltiert. Das hat zunächst noch recht harmlose Umleitungen zur Folge - weiter oben aber - die Straße klebt abenteuerlich an einem fast senkrechten Berghang - wird es spannend. Für die neue Asphaltstraße werden Betonstützwände gegossen. Diese sind aber noch in Arbeit und der schmale Zwischenraum zwischen Betonwand und Berg ist noch nicht aufgefüllt. In genau diesem Zwischenraum verläuft momentan die Straße - auf grob geschätzt dreieinhalb Metern zwischen Bergwand und einem aus der halbfertigen Betonwand weit herausragendem Geflecht aus Bewehrungsstahl. Dies wird ganz besonders knapp, wenn Gegenverkehr kommt - dann beginnt ein wildes Vorbeimanövrieren, in dem es um jeden Zentimeter geht. Zum Glück kommen wir nur einmal in dieses Vergnügen und zum Glück bekommt unser Pick-Up im Verlauf keine Schrammen ab. Kurz darauf fahren wir wieder auf breitem Asphalt und wir verlassen langsam wieder die Cuesta de Miranda.


In der Cuesta de Miranda


In der Cuesta de Miranda

Die Straße verläuft nun eben durch die Halbwüste. Wir wollen zum Parque Nacional Talamapaya und weiter zum Parque Provincial Ischigualasto. Anstatt nun die längere und asphaltierte Strecke über Villa Union dorthin zu nehmen, biegen wir auf die gute Schotterpiste nach Pagancillo ab und von dort aus auf die Ruta 76 in Richtung der beiden Parks. Im Parque Nacional Talampaya - etwa 29 Kilometer hinter Pagancillo - informieren wir uns über die Verfügbarkeit von Exkursionen für morgen früh. Jetzt direkt reservieren können wir nur für eine der verschiedenen Touren - für alles andere sollen wir morgen um 8 Uhr nochmal wieder kommen. Das trifft sich gut, da wir ohnehin auf dem parkeigenen Campground übernachten wollen.


Felswand im Parque Nacional Talampaya

Aber zunächst - der Tag ist noch recht jung - rollen wir weiter die ungefähr 80 Kilometer zum Parque Provincial Ischigualasto. Dieser Wüstenpark wird wegen der unwirtlichen Landschaft auch Valle de la Luna - das Tal des Mondes - genannt. Hier (und im Parque National Talampaya) wurden jede Menge Fossilien aus der Triaszeit gefunden. Unter anderem auch ein Skelett des ältesten bekanntesten Dinosauriers - 230 Millionen Jahre alt. Um diese Landschaft zu schützen, sind Ischigualasto und Talampaya im Jahre 2000 zum UNESCO Weltnaturerbe ernannt worden. In Ischigualasto gibt es Touren, bei denen man mit dem eigenen Auto einem Rangerfahrzeug folgt. An insgesamt fünf Stationen wird Halt gemacht und der Ranger erklärt Details zur Geologie oder den in der Nähe gemachten Funden. Alleine darf man den Park nicht betreten.

Diese Rundfahrten starten einmal pro Stunde. Wir sind etwa um 14:30 Uhr da und spekulieren auf die Rundfahrt ab 15:30 Uhr. In der Zwischenzeit wollen wir uns das schön gestaltete Visitorcenter anschauen. Als wir dort nachfragen, schickt uns der nette Mensch an der Theke jedoch gleich weiter - die Tour ist zwar schon unterwegs, wir würden sie aber am ersten Haltepunkt schon einholen. Gesagt, getan. Wir fahren alleine in den Park und treffen am ersten Haltpunkt eine erstaunlich große Menge an Autos an. Der sehr nette Ranger fragt uns sogar, wo wir herkommen, ob wir seine spanischen Erklärungen verstehen oder ob wir zusätzliche Erklärungen in Englisch benötigen.

Der Rundweg ist etwa 40 Kilometer lang und jeder der sehr informativen Stopps beleuchtet unterschiedliche Aspekte der Geschichte des Parks und der hier gemachten Funde. Die vielen Autos - größtenteils Kleinwagen - quälen sich tapfer über die recht rumpelige und mit großen Steinen und Felsplatten versehene Strecke zwischen den Haltepunkten. An der ersten Station gibt es noch recht viele allgemeine Informationen - und zum Anschauen ein recht unscheinbares fossiles Blatt. Später kommen wir jedoch zu einem Tal, welches irgendwie an die Badlands in den USA erinnert, zu Kugeln, die sehr an die Moqui Marbles erinnern und zu sehr interessanten Formationen aus weißem Fels. Die auffälligsten dieser Formationen haben Namen. So gibt es einen Pilz, eine Sphinx und ein U-Boot. letzterem ist allerdings vor kurzer Zeit aufgrund eines Einsturzes ein gutes Stück im mittleren Teil des Rumpfes verloren gegangen.


"Painted Desert" im Parque Provincial Ischigualasto


Steinkugeln


El Submarino (das U-Boot)

Nach etwa der Hälfte, bei dem schon erwähnten Pilz - im Prinzip handelt es sich dabei um einen sehr großen Hoodoo - löst sich die Gruppe auf. Von hier darf jeder in seinem eigenen Tempo weiter fahren. Das nutzen wir gerne und kommen dabei an einer riesigen, mehrere hundert Meter hohen und viele Kilometer langen roten Felswand vorbei, schön angeleuchtet von der schon tief stehenden Sonne. Diese Wand ist gigantischer als alle roten Steine, die wir je in den USA gesehen haben und wäre dort der absolute Höhepunkt in jedem Nationalpark des Südwestens. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus und legen viele Fotostopps ein. Nach der roten Wand kommen wir noch an hohen weiß, grün und gelb gefärbten Felsformationen vorbei und dann ist die Rundfahrt - nach mehr als drei Stunden - leider schon wieder zu Ende.


El Hongo (der Pilz)


Rote Felswand in Ischigualasto

Wir schauen uns noch kurz im Visitorcenter um beziehungsweise in der daneben befindlichen großen Halle, in der es eine ausführliche und sehr informative Ausstellung zu den hier gemachten Dinosaurierfunden gibt. Dann fahren wir zurück zum Parque Nacional Talampaya. Auf der Fahrt sehen wir viele Guanakos am Rand der Straße, einige wachtelähnliche Vögel, die die Straße im Gänsemarsch überqueren, sowie einen Pampashasen. Letzteren hätten wir im Westen von Argentinien nicht erwartet. Als wir nach einer heftigen Bremsung zurückrollen, um das Tier aus der Nähe anzuschauen, hüpft es leider schon davon. Dirk macht sich aufgrund der großen Menge von Besuchern in Ischigualasto Gedenken, ob wir schon bei unserem ersten Stopp in Talampaya nach einem Stellplatz für unser Zelt hätten fragen sollen. Vor seinem inneren Auge sieht er einen überfüllten Campground und wir sind baff erstaunt, als die Fläche vor dem Visitorcenter von Talampaya komplett leer ist. Wir sind tatsächlich die einzigen Gäste - auch als wir nach dem Zeltaufbau zum Abendessen ins Restaurant des Parks gehen werden wir exklusiv von den beiden Angestellten bedient. Etwas später kommt noch ein anderes Paar mit einem spannenden Allradcamper und stellt sich auf einen der Stellplätze neben uns. Zum Abschluss des Tages treffen wir noch einen neugierigen Fuchs.


Felsstrukturen auf der Straße zwischen Ischigualasto und Talampaya

Gefahrene Strecke: 357 km

Schöne Grüße,
Dirk

Schneewie

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Die rote Felswand sieht klasse aus. Man meint, man wäre in der usa.


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Gruß Gabriele

Schmihei

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Hallo Dirk,

ich kann ja nicht immer nur mitlesen, sondern muss Dich auch mal loben, dass Du es immer wieder schaffst am Ball zu bleiben und eine Etappe nach der anderen reinzustellen.

So, ich habe auch wieder aufgeholt und bin nach wie vor begeistert von Deinem Bericht mit den für uns äußerst nützlichen Infos.  :dankeschoen:

Eure Zeltetappen   :zeltfeuer: haben mich auch begeistert, obwohl ich selbst in dieser Höhe nicht übernachten möchte, aber dadurch konntet Ihr Eure Etappen besser einteilen als wir das nun gemacht haben, da wir ja immer auf Unterkünfte angewiesen sind.

Auch Respekt, dass Du es immer wieder schaffst den Reisebericht durchzuziehen, obwohl Du ja genug anderes zu tun hast.  :respekt: Bei mir bleibt da immer alles liegen, schäm - ich bin nun aber auch dran, mein zweites Fotobuch der USA-Reise 2013 fertig zu stellen .... und dann fehlt noch so viel weitere Urlaube. Gut einen Reisebericht habe ich zwar nicht zu Papier gebracht, aber zumindest haben wir jeden Tag Tagebuch geschrieben, so dass das alles im Gedächtnis bleibt. Es kann also nur besser werden und so nach und nach werde ich aufholen. 

LG Heidi  :rotor: