Sonntag 21.11.2010Im Lonely Planet Reiseführer wird der Tofuku-ji Tempel, einer der 5 großen Zen-Tempel Kyotos, als sehr sehenswert beschrieben aber mit dem Hinweis: Zur Zeit der Herbstfärbung meiden (natürlich wegen zu viel Besucherandrang). Der erste Gedanke ist natürlich, Blödsinn – so schlimm kann es doch gar nicht sein. Also steht der Tofuku-ji heute als erstes auf dem Programm.
Er liegt etwas südöstlich des Bahnhofes, theoretisch könnte man hinlaufen aber man läuft in Kyoto eh schon viel zu viel also lieber nichts unnützes laufen und wir fahren die eine Station mit der Bahn. Vom Bahnhof geht es dann noch ein paar Schritte zum Tempel. Um 8:30 soll er öffnen, wir sind um 7:30 schon da und das nicht alleine, eine Schlange von 50 m hat sich bereits vor dem Tempeleingang gebildet. Eigentlich wollte ich vorher noch einen kleinen Nebentempel besuchen, der öffnet um 8:00, aber das hieße seinen Platz in der Schlange einzubüßen, die Massen strömen immer mehr. Also warten, um 8:00 darf man auf das Tempelgelände, dort wieder warten. Mit Megaphonen werden die Japaner informiert und geleitet, eigentlich kann man es gar nicht glauben das an einem Sonntagmorgen so viele Japaner einzig und alleine wegen der Herbstfärbung so früh aufstehen.
Pünktlich um 8:30 öffnen die Kassenhäuschen und wir strömen mit den Massen zum ersten Aussichtspunkt.
Und das ist die Tsuten-kyo, die Brücke zum Himmel. Bei den Massen hofft man, das sich der Name nicht schneller bewahrheitet als man denkt. Ob die alten Baumeister auch mit soviel herbstlaubverrückten Japanern gerechnet haben?
Es ist ein Riesenspektakel auf der Brücke - den Tempel meiden, ja da ist was dran. Der Blick auf das Herbstlaub ist zwar nicht übel, aber so toll nun auch wieder nicht und bei dem Andrang macht es jetzt auch wirklich keinen Spaß. Aber der Tempel hat natürlich noch viel mehr zu bieten als diese Brücke zum Himmel, wir begeben uns zu den interessanteren und vor allem leereren Bereichen. Da gilt es zu nächst mal das gewaltige San-mon, das älteste Zen-Tor Japans zu bestaunen.
Lohnend ist auch der Sesshu-ji Garten rund um die Abtwohnung mit schönen Trockengärten.
Zum Tofuku-ji gehören auch viele Mönchswohnungen, die heute als Untertempel des Tofuku-ji zu besichtigen sind. Wir haben uns den Komyo-in und Funda-in angeschaut, beide nur ein paar Meter entfernt.
Beides sind sehr schöne kleine Tempel mit modernen Trockenlandschaftsgärten sowie schönen Details wie diese originellen Fenster.
In den beiden Tempeln herrscht wieder eine friedliche Atmosphäre, nur ein paar Besucher verirren sich hierher, kein Vergleich zu dem Massenauflauf nebenan.
Wir brechen langsam auf, wenn man sich am Haupteingang des Tofuku-ji nach Norden wendet und anschließend rechts in das Wohngebiet läuft kommt man irgendwann zu einem Weg durch den Wald der zum nächsten Tempel führt. Auf Google Street View bin ich den Weg schon mal Probe gelaufen, das erleichtert die Sache ungemein.
Nach dem kurzen Weg durch den Wald kommt man genau am Sennyu-ji raus, der Tempel liegt in einer kleinen Talsenke umgeben von hohen Bäumen.
Der Sennyu-ji kann mit einer Reihe an eleganten Gebäuden aufwarten, die früher mal Teil des Kaiserpalastes gewesen sind. Die geschwungenen Dächer mit ihren filigranen Details sind mal wieder eine Augenweide.
Eine Ikebanaschau ist auch gerade zu sehen, fügt sich gut in die Kieslandschaft ein.
Etwas nördlich liegt der Raigo-in, obwohl ich mir nicht sicher bin ob er das auch wirklich ist, die Bilder die ich davon hatte sahen doch anders aus aber egal, der kleine Tempel ist eine echte Überraschung an diesem Sonntagmorgen. Hier herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre, viele Japaner sitzen auf den Bänken, essen und genießen das warme Wetter.
Dazu kommen zahlreiche Bäume mit irren Herbstfarben in warmen Rot-, Orange- und Gelbtönen.
Das ist wieder mal ein Plätzchen an dem man viel länger bleibt als geplant, man kann ewig fotografieren oder einfach nur dasitzen und die Menschen beobachten. Trotzdem geht es jetzt weiter, wir laufen nach Norden und kommen an kleinen No-Name Schreinen vorbei, auch alle sehr schön, es gibt immer wieder neue Details zu sehen.
Die rechte Vase hätte ich auch gerne, die sieht doch einfach klasse aus aber man braucht da nicht groß nachzudenken, wie kriege ich die mit, der Preis macht dem schnell ein Ende, die kostet mehrere tausend, leider nicht Yen sondern Euro. Manchmal fällt einem bei den Preisen in Japan nichts mehr ein.
Nach etwa 20 min stehen wir vor dem Eingang des nächsten Tempels, des Chishaku-in.
Gelbe Gingkobäume, rote Ahorne, das alles bei strahlender Sonne, einfach unbeschreiblich.
Der Chishaku-in ist berühmt für seinen Teichgarten, der bis unter das Dach des Gebäude reicht mit seiner dem chinesischen Lu-shan nachempfundenen Gebirgslandschaft.
Gleich neben dem Chishaku-in liegt einer der meist besuchtesten Tempel Kyotos, der Sanjusangen-do mit seinen 1001 lebensgroßen Kannonfiguren, alle mit 11 Gesichtern und 40 Armen. Sie stehen im Halbdunkel in einer 120 m langen Halle auf einer tribünenähnlichen Empore, ein unglaublicher Anblick. Allerdings ist fotografieren strengstens verboten, trotzdem lohnt der Eintritt unbedingt.
Jetzt ist es schon 13:00, eigentlich wollten wir heute noch nach Hikone zur dortigen Burganlage fahren aber das ist zeitlich nicht mehr drin. Also Plan B, es gibt im Süden Kyotos einen sehr bekannten Herbsttempel, den hätte ich eh nur äußerst ungern ausgelassen. Mit der Ubahn ist der Tempel leicht zu erreichen, noch etwa 15 min Fußweg durch ein Wohngebiet und wir sind am Daigo-ji.
Der Daigo-ji hat zwei sehenswerte Bereiche, der erste ist der Sanbo-in. Der hat einen Nachteil, man darf nicht fotografieren, das wird auch leider überwacht, keine Chance. Trotzdem ist dieser äußerst sehenswert, er besitzt einen ganz großartigen Garten, den man von einer Terrasse aus bewundern kann, für mich einer der schönsten Gärten in Kyoto. 800 ausgesuchte Steine aus allen Provinzen Japans wurden hier zu einem Gesamtkunstwerk mit uralten Formgehölzen und Wasserflächen zusammengesetzt. Die Tempelgebäude sind auch beeindruckend, unter den Gebäuden fließt ein Fluss an dem am anderen Ende dann kleine Teehäuser stehen, eine ganz faszinierende Anlage.
Den anderen Bereich darf man fotografieren, ein Weg führt vorbei an mehreren Hallen und Pagoden durch den Wald zum Bentendo.
Der Bentendo ist ein malerischer kleiner Pavillon an einem See gelegen inmitten roter Ahornbäume, perfekt erleuchtet durch die späte Nachmittagssonne.
Hinter dem Pavillon kann man auf einem kurzen Rundweg noch ein paar tolle Motive der Brücke finden, sehr stimmungsvoll durch das Gegenlicht.
Dieser Tempel ist wirklich ein schönes Ausflugsziel im Herbst, mit der Ubahn fahren wir wieder retour zum Hotel.