Hallo Palo,
Diese Massen von Leuten findet man wohl überall.
Stupsen die so wie in D. oder nehmen die Rücksicht und stupsen nicht?
In Japan wird nicht gestupst, geschubst oder gedrängelt - weder in der vollen Ubahn, auf vollen Bahnhöfen oder in vollen Tempeln. Alles läuft sehr harmonisch ab, ich fand das sehr angenehm. Obwohl die Leute durchaus hektisch sind wenn sie zur Arbeit eilen oder zurück bleibt es doch immer rücksichtsvoll um den Nebenmann nicht zu belästigen.
In den Tempeln war trotz der Massen auch immer eine sehr entspannte Atmosphäre, regelrechte Urlaubsstimmung bei den Japanern. Denen sah man an wie sie die Kombination Herbstfärbung und schönes Wetter richtig genossen haben.
Viele Grüße,
Frank
Mittwoch 24.11.2010Heute ist unser letzter Tag in Kyoto, da wollen wir uns das landschaftlich schönste Stadtviertel der Stadt anschauen, liegt ganz im Westen und nennt sich Arashiyama und Sagano. Mehrere Zuglinien fahren dieses Viertel an, wir nehmen die JR San-in Line ab Kyoto Station, allerdings keinen Expresszug nehmen, die halten nicht in Arashiyama. Die Fahrt dauert nur 10 min, dann steigen wir am Bahnhof aus und laufen ein paar Minuten zum Flussufer des Hozu, der sich malerisch durch die Arashiyamaberge schlängelt.
Hier steht auch die Togetsukyo Brücke, die Brücke über den Mond, eine Nachbildung aus der Haian Zeit. Die Brücke ist der Endpunkt einer zweistündigen Bootsfahrt durch die engen Flußtäler und Stromschnellen der Arashiyamaberge, bestimmt sehr schön aber kommt aus Zeitgründen leider nicht in Frage.
Wir laufen am Flussufer entlang ein kleines Stück nach Norden bis zum Kameyama-koen, einem kleinen Park mit vielen bunten Ahornbäumen. Der Weg führt über Treppen den Berg hoch, immer wieder hat man schöne Ausblicke auf den Fluss.
Jetzt wird es langsam Zeit zum Eingang des ersten Tempels zu laufen, der liegt hier gleich nebenan und öffnet um 8:30. Es ist der Tenryu-ji, wiederum einer der 5 großen Zentempel Kyotos und Haupttempel eines Zweiges der Rinzaischule.
Der Tenryu-ji bietet einen sehenswerten Landschaftsgarten, es ist das älteste Beispiel des Shakkai, der geborgten Landschaft. Als Palast-Teichgarten einer noch älteren kaiserlichen Villa angelegt, wurde er 1339 in einen Tempel umgewandelt und bezieht das Panorama der Berge mit in die Gartenlandschaft ein.
Die mit Wandelgängen verbundenen Gebäude bieten immer wieder schöne Blicke in den Garten, den man anschließend auch noch betreten darf und die weitläufige Anlage genauer in Augenschein nehmen kann. Gerade der hintere Teil des Gartens am Berghang ist eindrucksvoll, dort treffen die orangefarbenen Ahornbäume auf den grünen Bambus und bieten tolles Bild.
Man kann den Tenryu-ji hier auch durch seinen nördlichen Ausgang verlassen und steht dann direkt in Arashiyamas größter Attraktion, dem berühmten Bambuswald. Hier ist es zum Glück noch schön leer, am Wochenende schieben sich hier die Massen durch.
Gleich am Ende des Bambuswaldes liegt am Fuße der Berge die Okochi Sanso Villa eines japanischen Schauspielers. Der Eintritt lohnt sich auf jeden Fall, hier hat sich jemand ein kleines Paradies geschaffen bestehend aus Hauptgebäude, schöner Gartenanlage mit diversen Teehäusern und Aussichtspunkten.
Man sollte auf jeden Fall ganz hoch bis zu den auf dem Berg gelegenen Teehäusern gehen, die bieten eine tolle Sicht auf die Berge und den Fluss zur einen Seite, zur anderen blickt man auf ganz Kyoto. Leider ist heute die Sicht miserabel.
Zum Abschluss des Besuchs der Villa gibt es noch Tee und Gebäck, so gestärkt kann man jetzt die nächsten beiden Tempel in Angriff nehmen. Die haben es nämlich in sich, beide liegen steil am Berg und es geht diverse Treppen hoch und runter. Der erste ist der Jojakko-ji, gegründet 1596 und im Herbst Anziehungspunkt der Massen wegen seiner Herbstfärbung.
Obwohl jetzt Mittwoch ist und erst 10 Uhr sind doch schon reichlich viel Leute unterwegs, am Wochenende muss hier die Hölle los sein. Aber es ist halt auch wirklich einmalig, was man hier geboten bekommt, ein Meer aus leuchtenden Ahornbäumen, das Licht ist durch die orangefarbenen Blätter regelrecht eingefärbt.
Unbedingt wieder bis ganz nach oben zur Tahoto Pagode, der Blick entschädigt für den mühevollen Aufstieg.
Gleich nebenan liegt der zweite Tempel, selbes Schema – immer den Berg rauf. Aber auch der Nison-in ist unbedingt anzuschauen, der ist größer und bietet auf halber Strecke den Berg hoch eine Anzahl an schönen Gebäuden, ruhigen Gärten und immer wieder Ahornbäume.
Wieder den Berg runter und etwas nach Norden, schon steht man vor dem Eingang des Gio-ji. Dieser Tempel liegt verwunschen mitten im Wald, Mooslandschaft, abgefallene Blätter, ein kleines
Tempelgebäude liegt versteckt unter hohen Bäumen – äußerst stimmungvoll.
Im Inneren kann man den Garten durch ein sehr originelles rundes Fenster betrachten. Dazu kommt wieder der Bambuswald im Hintergrung, eine tolle Kulisse für diesen kleinen Tempel.
Je weiter man auf der Straße durch Sagano nach Norden läuft, je weniger Menschen verirren sich hier her. Wir laufen mittlerweile auf der Saga-Toriimoto Street aus der Mejizeit (1868-1912) mit ihren noch erhaltenen traditionellen Machiya (Stadt-) Häusern. Viele sind heute zu Restaurants und
kleinen Läden umgebaut worden, das Viertel hat sehr viel Charme.
Irgendwann gehen links von der Straße ein paar Treppenstufen ab, sie führen zum Adashino Nembutsu-ji Tempel.
Adashino ist ein alter japanischer Ausdruck und bedeutet „traurig/vergänglich“ und weist auf die Bedeutung des Tempels als Friedhof hin. 8000 kleine Steinbuddhas und Steinlaternen wurden an diesem Ort zusammengetragen, sie stehen für die Seelen der Verstorbenen.
Ein magischer Ort, die vielen kleinen grauen Steinfiguren zusammen mit den feuerroten und orangefarbenen Ahornen bieten ein unbeschreiblichen Anblick.
Hier kann man wieder mal ewig fotografieren, jeder Blickwinkel bietet neue Motive. Aber einen Tempel wollen wir noch aufsuchen, man sollte jetzt auf keinen Fall umkehren. Auch wenn der nächste Tempel fast nirgendwo erwähnt wird, der ist unbedingt noch anzuschauen. Entlang der Straße tauchen jetzt strohgedeckte Häuser auf und am großen roten Torii endet das Städtchen Sagano.
Man läuft noch ein paar Meter weiter die Landstraße entlang und steht dann vor dem Eingang des Otagi Nembutsu-ji.
Dieser Tempel ist bekannt für seine kleinen, lustigen Buddhafiguren, den Rakans. Hier gibt es nicht nur ein paar davon, sondern mehr als 1200.
Die Rakanfiguren wurden zwischen 1981 und 1991 von Gläubigen gefertigt um der Wiederherstellung des Tempels zu gedenken. Die Rakans vermitteln alle einen Ausdruck von Fröhlichkeit und Zufriedenheit, ein toller Anblick.
Man entdeckt immer wieder neue, lustige Figuren in der Menge und es braucht schon einige Zeit bis man an allen Reihen und Grüppchen vorbeigegangen ist.
Eigentlich könnte man jetzt noch zu einem größeren Tempel laufen, aber der liegt etwas aus der Richtung und weil die Strecke so schön war laufen wir sie nochmal komplett zurück zum Fluss. Hier ist es mittlerweile richtig voll geworden, Arashiyama platzt aus allen Nähten.
Mit dem Zug geht es wieder zurück zur Kyoto Station und zum Hotel.
Fazit Kyoto: Schönste Stadt Asiens, für mich ganz bestimmt. Mir kommt da keine andere Stadt in den Sinn die auch nur annähernd so viele Attraktionen zu bieten hat wie Kyoto. Alleine die Massen und die Qualität der Tempelanlagen ist gigantisch, aber zusammen mit der Herbstfärbung wohl eine weltweit einmalige Kombination. Wenn man jetzt noch Zeit hätte könnte man noch den Yoshiminedera Tempel anschauen, ein wunderbarer Herbsttempel aber etwas abgelegen im Südwesten, den Sento Gosho Kaiserpalast, die Tempel rund um den Enjo-ji im Norden Kyotos, die Schreine Shimogamu, Kamigamo, Hirano und Kitano Tenmagu in der Nähe des Kaiserpalastes, die Tempel Shokoku-ji, Hokyo-ji usw. Alles genauso sehenswert. Dazu noch ein Botanischer Garten, diverse Museen darunter das größte Eisenbahnmuseum Japans. Also noch genug für locker eine weitere Woche.
Die haben aber leider nicht, Montag geht es weiter mit Tokyo.