Freitag, 28.3.2008 / Tag 7Heute heißt es Abschied nehmen von Wadi Musa.
Aber nicht mit leerem Magen. Das Frühstück ist wie die letzten Tage im Al Anbat gewohnt ganz zufriedenstellend. Die Italiener sind wieder weg – dafür wieder ein Schwung Franzosen da – aber das ist uns heute eigentlich (und uneigentlich auch ) egal.
Beim Check Out an der Rezeption kommen wir noch kurz mit den Hotelangestellten ins Gespräch und erfahren dass das Hotel und der Ort ziemlich ausgebucht ist – was im April noch schlimmer sein muss. Da soll so viel los sein, dass manche Touristen sogar auf der Straße schlafen und Hotelangestellte Zimmersuchende privat bei sich unterbringen.
Also vorreservieren scheint hier zur Hochsaison jedenfalls keine schlechte Idee.
Auch wenn die Jordanier ein überaus freundliches Völkchen sind – so ganz ohne Geld kommt man auch nicht durch das einstige Reich der Nabatäer – also steht heute Vormittag vor der Weiterreise Richtung Wadi Rum erst mal Geldziehen am Automaten an - denn in der Wüste lacht außer dem Kamel nur Bargeld und ein ATM wurde dort noch nicht gesichtet.
ATM Maschinen sind in Jordanien scheinbar männlich – denn mir geben sie anstandslos Geld während Petras nagelneues Kärtchen einfach ignoriert wird.
Vielleicht liegt es auch am fehlenden Kopftuch.
Macht nichts – also noch einmal mit dem Spiegel die auf dem Kopf tätowierte PIN abgelesen (nur Spaß
) und zumindest für mich noch mal ein Erfolgserlebnis am Geldautomaten.
Und noch eine Aufgabe will erledigt sein bevor wir die Zivilisation hinter uns lassen – unser Mazda braucht dringend Sprit.
Man ist sich ja nie ganz sicher an welche Zapfsäule man nun soll – fährt meist an die falsche und wird dann aber freundlich umgewunken.
Ich tanke gerade so gemütlich vor mich hin – und werde plötzlich überraschend auf Deutsch angesprochen. Ob ich Deutscher wäre und ob das ein Mietauto sei und was ich Mietgebühr zahle.
So viele Fragen gleichzeitig und das noch so früh... langsam Junge ich muss mich erst mal innerlich sortieren
Der Typ ist per VW Bus den ganzen Weg von Deutschland alleine hierher gefahren. Offensichtlich hat er Mitteilungsstau und erzählt von irrwitzigen Grenzerfahrungen in Bulgarien, der Türkei und Syrien.
Als mein Tank voll ist bleibe ich noch etwas stehen und höre ihm zu. Petra wundert sich warum es nicht weitergeht und steigt aus dem Wagen und gesellt sich dazu.
Mario aus Limburg hätte uns wahrscheinlich noch stundenlang unterhalten – aber wir wollten an diesem Tag ja noch ein bisschen was unternehmen und nicht schon 9 Stunden zum Tanken brauchen. Also verabschieden wir uns – aber wir sollten ihn wiedertreffen .................
Wir verlassen wie üblich bei tadellosem Wetter Wadi Musa in Richtung Aqaba. Die Straße führt schnell in die Höhe und wir passieren einige große Hotelburgen und bekommen auch Gelegenheit von oben auf Wadi Musa und den Trail zum Siq hinab zu blicken.
Die letzten Kilometer auf dem
Kings Highway führen durch zwei kleine Dörfer auf denen uns wieder Kinder hinterher winken dann mündet die Straße der Könige schließlich auf den
Desert Higwhay – die Autobahn Jordaniens.
Hier kommt man meist zügig voran – dafür ist die Strecke bei weitem landschaftlich nicht so schön wie der abwechslungsreiche
Kings Highway.
Dann kommt landschaftlich nach wenigen Kilometern Richtung Süden ein richtiger Bruch.
Plötzlich tauchen die roten Sandhügel in der Ebene auf – das
Wadi Rum ist nicht mehr weit.
Wir verlassen den Desert Highway nach etwa einer halben Stunde wieder und biegen ab nach Osten.
Noch vor der
Wadi Rum Protectet Area entdecken wir das gesuchte Hinweisschild zum
Bait Ali und fahren die kleine Zugangsstraße zum gebuchten Wüstencamp. Wir sind gespannt was uns hier erwartet.
Der erste Eindruck ist klasse.
Die Anlage besteht aus Zelten und Chalets, sauberen Gemeinschaftsduschen und Waschräumen mit WC’s, es gibt große Sitzbereiche für abends im Freien und in einem großen Rundhaus. Ein großer Pool ist vorhanden und sogar ein kleiner Hausberg mit 360 Grad Rundumblick - wird sicher noch von uns erobert.
Die emsige englische Besitzerin Susie erzählt zwar irgendwas von einem Bus und einer Geburtstagsfeier – aber das habe ich sicher falsch verstanden.
Zur Begrüßung gibt es erst mal – typisch jordanisch – den leckeren Tee.
Auch wenn wir zu Hause nie Tee trinken – der Schai (Tee) in Jordanien ist lecker – sehr süß – und hat irgendein tolles Aroma – aber Vorsicht das Zeug ist immer „scheiß“ heiß.
Ich frage gleich mal wegen einer Tour in das
Gebiet nördlich des Wadi Rums zur Kharazeh Bridge.
Kein Problem – um 16 Uhr soll ein Fahrer kommen und der Preis ist mit 45 JD (40€) so – wie ich ihn recherchiert hatte – also gebongt.
Da haben wir ja noch gut 3 Stunden Zeit – also beziehen wir erst mal unser Chalet.
Das „Chalet“ ist ein reetgedecktes Lehmhäuschen mit einfacher aber zweckmäßiger Einrichtung (2 Betten, Spiegel, Nachttisch) - hier kommt gleich Wüstenfeeling auf.
Wir gehen vor an die Bar und holen uns zwei Wasser und spülen uns den Staub der Fahrt hinunter. Da taucht ein bekanntes Gesicht auf – Mario der VW-Busfahrer und Meilenfresser fragt ob er hier mit seinem Bus auf dem Parkplatz des Bait Ali nächtigen kann. Er gesellt sich zu uns und wir erfahren im Schnelldurchgang von einigen seiner mehr als skurrilen Reisen und aus seinem Leben.
Hier einige "Auszüge":
Zu Hause ist er Musiklehrer (Klavier), sein Haus richtet er im arabischen Stil ein (dafür hat er früher jahrelang Zeug aus Nordafrika nach Deutschland geschmuggelt) und nur bei Besuch wird die Heizung angemacht - sonst aus Kostengründen bei 8°Grad gebibbert .
Sein Lieblingsspruch „No Money – no work team“ zieht sich durch alle seiner Reisegeschichten – wie auch sein Markenzeichen, sein oranger Bus auf dem er den Spruch „No Work Team“ angebracht hat und mit dem er sogar spricht (vor allem morgens beim Anlassen –
).
Duschen und rasieren will er sich die 3 Wochen während der Reise auch nicht – er fragt mich "für wen" ? Und bis auf BB (Bier und Benzin) spart er bei allem was etwas kostet. Er spricht fließend arabisch das er sich im Selbststudium per Kassette beigebracht hat.
Was für ein Typ!
Wenn ich ehrlich bin – sind mir auch mal etwas schräge Typen wie Mario oft lieber als Leute die zutiefst angepasst schon eine Extremsituation durchleben wenn es der Fernseher mal nicht tut.
Mario quatscht uns allerdings ordentlich zu.
Trotz seines "Laberstaus" nach vielen Tagen alleine im Auto hat er das Herz auf dem rechten Fleck das spürt man – aber da plötzlich schon um zwei statt um vier unser Fahrer für die Wüstentour vor der Tür steht verabschieden wir uns – zum Abendessen sehen wir uns ja noch mal wieder.
Wir klettern auf die mit Bänkchen ausgestattete Ladefläche des offenen Jeeps und die Tour gen Norden in die
Wüste von Disseh kann beginnen.
Der erste Stop ist am
Mushroom Rock, einem riesigen freistehenden Felsen der aufgrund seiner Größe eher wie ein Atompilz aussieht.
Weiter geht es im Schaukeltrott mit unserem Fahrer Saba durch die teils gelb- teils rotorange Wüste ......
....zu Felszeichnungen der Nabatäer – auf die man hier im ganzen Land sichtlich stolz ist.
Unterhalb der Felswand mit den Zeichnungen ist ein Lager aufgeschlagen in dem wir uns zum Tee einfinden.
Schon ein kleines Erlebnis für sich mit den Beduinen im Zelt zu sitzen die fremde Sprache zu hören und zu sehen wie die Umgangsformen miteinander sind.
Bei aller Exotik wird man aber immer wieder daran erinnert – dass auch die Moderne Einzug in das Leben der Menschen hier gehalten hat – spätestens dann wenn sich bei dem Araber neben uns sein Handy mit arabischer Klingeltonmusik meldet.
Inzwischen ist es tierisch heiß und die Sonne brennt mir gnadenlos auf den Kopf. Petra hat ja einen schicken Hut dabei – aber damit der erste Tag hier nicht gleich mit einem Sonnenstich für mich endet, bastele ich mir aus meinem Pulli ein todschickes Kopftuch das dem Modegeschmack etwa 230 Jahre voraus ist – aber seinen Zweck erfüllt.
Na Großmütterchen - bisschen zu viel Sonne erwischt ?
Unser Fahrer
Saba ist ein sehr zurückhaltender, stiller aber überaus freundlicher und höflicher Mensch.
Uns fällt unser Arabischlehrer Mohammad aus Nürnberg ein. Wie schwer muss es doch für einen Araber sein, der es gewohnt ist sich mit Freunden und Bekannten zu umarmen und zu küssen – wie wir es auch hier immer wieder sehen – im ernsten und überregulierten Deutschland......
So langsam taut
Saba auf und erzählt uns bei jedem Halt ein bisschen mehr von Land und Leuten und natürlich über die Gegenden die wir sehen.
Weiter geht es zu einigen Arches.
Die
Disseh Desert ist im Vergleich zum
Wadi Rum, dass wir ab morgen erleben wollen, flacher. Die Felsen stehen weiter auseinander, und die Rottönung ist nicht so stark wie im berühmten Schutzgebiet.
Kamelreiter in der Wüste
Wir sind nun fast 3 Stunden unterwegs und halten an einer Düne.
Wir steigen aus, machen einige Aufnahmen und kehren zum Wagen zurück. Saba meint er würde nun zurückfahren.
Wie ?
Wir haben den großen Karazeh Arch doch noch gar nicht gesehen !
Das hat man Saba scheinbar nicht richtig weitergegeben.
Ok, was nicht passt wird passend gemacht. Auch wenn es eigentlich schon fast zu spät ist werde ich mit ihm einig.
Ich lege 20 Dinar drauf und Saba düst – das Gaspedal bis zum Bodenblech durchgedrückt durch die Wüste in Richtung Karazeh.
Die beiden großen Brücken sind schon eine Ecke weg und um die Tour inklusive Rückfahrt noch vor der Dunkelheit zu schaffen – muss schon Gummi gegeben werden.
Wir halten uns am Gestänge fest und werden ordentlich durchgeschaukelt – aber nach knapp einer Stunde erreichen wir .....
.....die große
Karazeh Brücke....
..... durch die man sogar mit dem Auto fahren kann.
Größenvergleich
Hier sind wir nicht völlig allein. Es ist Freitag, der Feier- und Ausflugstag der Jordanier und die lagern gerne an solchen Plätzen.
auch Kamele „feiern hier ab“ ....
... und beweisen hohen "Kuschelfaktor".
Beim Jebel (Berg) Kharazeh gibt es noch einen zweiten Arch und auch der ist sehr sehenswert.
auch hier wieder der Vergleich - kleines Männchen - großer Arch
Archhunter
Wir machen unsere Aufnahmen und steigen wieder in den Jeep.
Als wir auf die Felsbrücke zurückblicken haben sich darin einige Beduinen mit wallenden Gewändern versammelt und winken uns zu.
Ein Bild, dass sich tief in unser Gedächtnis einbrennt.......
Saba rast mit Mach 3 und dem Feeling man wäre in einer Hüpfburg zurück Richtung Camp Bait Ali.
Wir sind hochzufrieden über eine tolle Tour und ich drücke ihm noch ein Trinkgeld in die Hand. Er hätte uns gerne auch an den folgenden Tagen gefahren – aber da sind wir ja schon anderweitig vergeben.
Wir verabschieden uns und klettern zum Sonnenuntergang auf den Hügel hinter dem Camp.
Klasse, der Blick in die Wüste.....
..... und auf die Anlage des Bait Ali.
Niedere Bedürfnisse machen sich breit - wir verspüren mächtig Kohldampf.
Zum Glück gibt es hier ja Buffet – also immer her mit den Rindern am Spieß.
Wir testen erfolgreich die Gemeinschaftsduschen und sind im Eiltempo abmarschbereit für die 15 m zum Grillplatz.
Dort treffen wir auch Mario. Nicht dass er was essen will – nein – er ernährt sich lieber flüssig – Bier hier in der Wüste ist schon was besonderes und im Bait Ali gibt es Amstel (was sonst).
Das Buffet ist übrigens richtig gut. Allerdings hatte ich mich nachmittags nicht verhört. Nebenan tobt eine Horde junger Mädchenteenager auf einer Geburtstagsfeier organisiert vom Bait Ali mit arabischer Discomusic.
Sowas sieht man auch nicht jeden Tag.
Jedenfalls haben die Gören zwei Spezialitäten:
Kreischen und das Klo verstopfen.
Mario erzählt uns noch einige Storys von Grenzaufenthalten mit je 5 Stunden und einer Reise nach Indien (wären seine Geschichten nicht so unglaublich – man könnte sie glatt verfilmen) und wir beschließen den Abend mit ihm und einigen Bierchen in der Wüste mit arabischer Discomusik.
Was für ein Tag.......
Morgen geht es ins
Wadi Rum und übernachtet wird in der Wüste.
Das dürfte auch ein interessanter Tag werden .....
Ma’a salame ..............