Montag, 31.3.2008 / Tag 10 Der Morgen beginnt so wie der vor zwei Tagen – die Dusche ist eiskalt und das Frühstück erinnert an einen Horrorfilm und sollte daher erst ab 18 freigegeben werden.
Wir würgen 3 Bissen herunter, wagen noch 2 Schlucke von der grauen Soße die man hier völlig hinterhältigerweise als Kaffee anbietet und packen unsere Sachen zusammen. An der Rezeption erledige ich den unangenehmen Teil (zahlen) wobei man uns doch tatsächlich das Zimmer für den Tag an dem wir gar nicht da waren zum halben Preis berechnen will – ich hatte vorher extra gefragt ob wir die Koffer kostenfrei im Zimmer lassen können oder ins Auto nehmen sollen – und lasse mich da auf nichts ein – meine Argumente überzeugen schnell und die Sache ist vom Tisch. Mit den Jordaniern kann man immer reden.
Ich trage gerade den ersten Koffer Richtung Auto, da kommt mir „No Work Team“- Mario entgegen. Ich schmunzle als ich ihn sehe – was wird er mir wieder erzählen ....
Die Story ist dann auch wieder vom Feinsten
Er war gestern im Wadi Rum wandern und hat bei dem „Geschäft“ für das man in Jordanien die linke Hand nehmen sollte, eine Tonscherbe mit einem Auerhahn gefunden auf die er fast „draufgemacht“ hätte.
Seiner Einschätzung nach „nabatäisch und bestimmt 2000 Jahre alt“. Ich kann mich eines breiten Grinsens nicht erwehren. Das hat er dann kurzentschlossen zur Polizeistation gebracht die sich dann ein Spässchen mit ihm erlaubten und so taten als ob sie ihn dafür einsperren würden.
Petra kommt dazu (hatte sich schon gewundert wo ich bleibe) und hört den Rest der Geschichte mit. Mario will auch noch nach Aqaba – sich dort eine jordanische Flagge kaufen und dann wieder die weite Strecke mit seinem orangefarbenen VW Bus nach Limburg zurücklegen. Wir verabschieden uns von ihm. Ein herzensguter, intelligenter, leicht schräger, trotzdem einfach liebenswerter Typ – und sicher einer wie man ihn nicht jeden Tag trifft.
Wir sehen ihn zum letzten Mal – aber denken oft an ihn und sprechen über ihn.
Hoffentlich ist er heil nach Hause gekommen ......
Camp Bait Ali
Das Wetter ist heute perfekt – Sonne, strahlend blau und kein Wind.
Bevor es nach
Aqaba geht wollen wir noch eine Aufnahme von den
7 Pillars machen – einem markanten Felsen direkt am Besucherzentrum in
Wadi Rum.
Blick vom Visitor Center zu den
7 Pillars of WisdomWarten der Jeepfahrer am Visitor Center auf sandhungrige Touristen
Bisher hatten wir den Felsen nur in schlechtem Licht oder Dunst gesehen aber jetzt am noch frühen Vormittag sehen die 7 Pillars of Wisdom (linker Felsen auf dem Bild) – die
„7 Säulen der Weisheit“ fotowürdig aus. Benannt wurde das Massiv von
E.T. Lawrence (Lawrence von Arabien) – und genauso heißt auch sein Buch über seine Abenteuer in Arabien.
Hoppla – jetzt sind’s plötzlich 8 Säulen
Eigentlich könnten wir ja noch ein paar Schritte auf den markanten Berg zugehen – die Luft fühlt sich so gut an – das Licht ist schön – also unternehmen wir noch einen kleinen Spaziergang.
Wir laufen los, unterhalten uns über Mario und das Visitor Center hinter uns wird immer kleiner. Linkerhand der Seven Pillars sehen wir einige Sanddünen und kleinere Felsen – die nehmen wir uns als Ziel und gehen darauf zu.
Wir erklimmen einen kleinen Hügel.
Schön ist es hier – der Blick schweift über die Landschaft – weit und breit kein Mensch zu sehen – nur rote Sanddünen und die tief zerfurchten mächtigen Berge.
Wir gehen wieder zu den 7 Pillars und am Massiv entlang.
An seinem südlichen Ende treffen wir auf eine Ziegenherde und ihre Hüterin.
das im Vordergrund ist nicht die Hüterin sondern eher einer der Böcke
Ein toller Anblick wie die Herde durch den roten Sand eines Tales stapft.
Auch wir stapfen zurück Richtung Visitor Center; immerhin sind wir nun doch fast 2 Stunden gelaufen – was wir vor lauter Begeisterung gar nicht bemerkt hatten.
In mir jagen sich die Gedanken.
Wie lange dauert die Fahrt nach
Aqaba – wie könnte man bei den folgenden Tagen Zeit sparen wenn wir noch hier bleiben – was lassen wir weg – wenn wir jetzt hier noch wandern. Ich will noch nicht weiter – es ist so wunderschön hier und ich will das Wadi noch auf eigene Faust erleben.
Ich sehe zu Petra die nun schweigend neben mir läuft und sehe ihr an – sie denkt genau das gleiche. Also frage ich sie, obwohl ich die Antwort schon kenne, ob wir noch den Nachmittag hier bleiben. Petra will nichts lieber als das. Sie hat sich ins Wadi Rum, den roten Sand, die Berge, regelrecht verliebt.
Auch wenn das unser Programm durcheinander wirbelt – wir sind erleichtert dass wir noch hierbleiben können
und fahren ins Village und decken uns in einem kleinen Laden mit Getränken, und ein paar Kleinigkeiten zu essen für die Wanderung ein. Der Ladenbesitzer fragt woher wir sind und wir ernten das übliche „Welcome to Jordan“ und noch eine Tüte Datteln die er uns einfach schenkt.
In der Shopping Meile von Wadi Rum
Die Teerstraße führt nach Süden bis an das Ortsende des kleinen Village.
Ab hier geht es nur noch mit richtigen Jeeps weiter, selbst ein SUV wäre im Wadi Rum ausgeschieden (man käme mit dem Ausschaufeln nicht mehr hinterher).
Wir packen unsere Sachen für die Wanderung ein und laufen los. Einen Trail oder wenigstens so was ähnliches gibt es nicht. Im Faltblatt des Visitor Centers ist aber eine Runde (ohne Kilometerangabe – geschätzt 15-20 Kilometer) eingezeichnet die wir probieren wollen.
In dieser Wüste ist alles weiter weg als es von weitem den Anschein hat. So brauchen wir schon für das erste Stück, das wir höchstens auf eine halbe Stunde eingeschätzt hatten, die doppelte Zeit.
Wir lassen uns auf einem Felsen nieder und legen eine halbstündige Brotzeit ein. Unsere Laune könnte besser nicht sein. So schön die Tour mit Suleyman war - für uns beiden Freigeister gibt es nicht schöneres als Dinge selbst zu erwandern, zu erfahren und zu erleben.
Wir freuen uns an der fantastischen Landschaft, am Leben – und fühlen uns völlig frei von den Problemen und Dingen die einen sonst im Alltag manchmal beschäftigen.
Immer wieder kreuzen einsame Kamelreiter unseren Weg
Es gibt viel zu entdecken im Wadi Rum
Wir suchen das Tal mit der großen Sanddüne an der wir schon mit Suleyman waren.
Nach zwei vergeblichen Anläufen werden wir schließlich fündig.
Eine besonders schöne Gegend die heute bei günstigerem Licht noch reizvoller aussieht. Da legen wir erst mal ein Päuschen im Schatten ein.
Sanddiving
Wir stapfen weiter durch den tiefen Sand. Ein Feld mit kleinen runden Kugeln die wir von den USA als „Moquis“ kennen und eine weitere große Düne tauchen vor uns auf.
Tja. Wie wollen wir weitergehen ?
Zwei Stunden sind wir nun unterwegs und unter 3-4 weiteren Stunden schaffen wir es sicher nicht zum Auto und wir wollen ja noch nach Aqaba. Geradeaus und um ein riesiges Felsmassiv herum wäre sicher - aber das würde einige zusätzliche Stunden bedeuten.
Eine kleine Wegabkürzung könnte also nicht schaden. Ich kämpfe mich die Düne hoch (kostet Körner) und sehe über den Felskamm auf die andere Seite wo sich die erhoffte Öffnung zwischen den Felsen zeigt.
Petra stapft zu mir herauf und wir gehen durch ein schönes Tal voller zerfurchter Felsen.
Allerdings kommen die herausgearbeiteten Strukturen an den Felsen und die Sandberge nicht von ungefähr – nachdem wir uns aufgrund der Hitze schon eine kühle Brise erhofft hatten - erwischt uns eine unerwartet auftretende Sandböe unmittelbar von vorn. Da hilft nur umdrehen und den Sand auf den Rücken prallen lassen.
Schließlich verlassen wir dieses Tal und suchen uns ein geschütztes Plätzchen um noch eine Rast einzulegen und die Reste unseres Einkaufs zu vertilgen.
Ein Bild mit Symbolcharakter -
so fühlt man sich im Wadi RumVergängliche Spuren
Es wird Zeit weiterzugehen – die Strecke bis zum Auto hat es noch gewaltig in sich und 4 Stunden sind wir nun schon wieder in diesem Sandkasten unterwegs. Nach wie vor gibt es keinen Trail – bestenfalls mal ein paar Jeepspuren denen man folgen oder in denen man stapfen kann.
Überhaupt heißt das ganze Gebiet zwar
Wadi Rum – nach einem im Westen gelegenen Tal. Die Beduinen benennen die verschiedenen Punkte im Schutzgebiet aber nach den Bergen die man dort findet.
Apropos Beduinen. Ein Fahrzeug nähert sich aus Richtung des Villages und kommt auf uns zu. Es ist ein olivegrüner Toyota.......
Wir strahlen mit dem Fahrer um die Wette – denn am Steuer sitzt
Suleyman. Wir erzählen, dass wir uns doch noch nicht vom Wadi Rum trennen konnten und er grinst breit. Er fragt uns ob wir mit zu seinem Camp wollen und lädt uns zu Essen und natürlich dem unvermeidlichem Schai (Tee) ein. Wir lehnen dankend ab – wir müssen ja zum Auto zurück und noch nach
Aqaba – sonst haut mit unserer Tour ja gar nichts mehr hin. Er ist ein bisschen enttäuscht aber wir verabschieden uns noch einmal herzlich und stapfen weiter durch den Sand.
Auf einer flachen Düne halten wir noch einmal zum Fotografieren an.
Vom Lager kommt ein anderer Jeep gefahren – ein Beduine beugt sich aus dem Fenster, fragt, ob er uns mitnehmen soll, wir verneinen und da schenkt er mir ein ganzes Brot.
Irgendwie habe ich den Eindruck – inzwischen kennt jeder Beduine hier die lange Dünne und den Typ mit dem Stativ über der Schulter ....
Jedenfalls - die Jordanier und vor allem die Leute hier im Wadi Rum sind einfach klasse.
Weniger klasse ist die Aussicht jetzt nach inzwischen 5 Stunden noch mindestens eine Stunde zum Auto zurück zu laufen.
Zu sehen gibt es dabei nichts Neues denn das letzte Stück kennen wir schon vom Hinweg.
Um die Felsnase müssen wir noch herum
Von hinten kommt noch einmal
Suleyman aus dem Camp gefahren – und bietet an uns ins Village mitzunehmen – diesmal lehnen wir nicht ab.
Im Verabschieden von Suleyman haben wir ja jetzt schon Übung – diesmal sollte es aber wirklich das letzte Mal sein – schade – die Wehmut die uns beim Gedanken an das Wadi Rum befällt, gilt auch dem Menschenschlag dem wir dort begegnet sind und natürlich ganz besonders Suleyman.
Einen letzten Fotostop im Abendlicht gönnen wir uns an den 7 Pillars ....
... dann verlassen wir – nun endgültig – etwa 10 Stunden später als geplant - das
Wadi Rum.
Wir sind mehr als glücklich über unsere Entscheidung und diesen Tag. Mit Worten kaum zu beschreiben wie wohl wir uns heute gefühlt haben......
Auf dem Desert Highway fahren wir nach Süden und erreichen nach einer halben Stunde und zwei Polizeikontrollen (wie üblich wenn Grenzen in der Nähe sind wie hier nach Saudi Arabien, Israel und Ägypten) im letzten Abendlicht die ersten Außenbezirke von Aqaba und dem Roten Meer. Ach ja – und die Hupenden, völlig verrückt fahrenden Stadtaraber haben wir auch wieder gebündelt und gebüschelt um uns rum. Und wie !
Die fahren hier wie besoffen und kreuzen quer über die Fahrbahn, was das Verlassen eines Kreisverkehrs einem Einsatz an vorderster Front in einem Krisengebiet gleichsetzt.
Wir suchen eine Bleibe für 2 Nächte. Geplant sind morgen eine Tour mit Glasbodenboot, die Besichtung des alten Forts, der Besuch der Suqs (Märkte) und vielleicht noch eine Runde schwimmen im Roten Meer. Um an
Aqaba festzuhalten würden wir die ursprünglich geplanten
Wüstenschlösser canceln.
Aber heute schmeißen wir unsere Pläne im Minutentakt über den Haufen. Die Stadt und vor allem der Verkehr nerven tierisch und Aqaba bietet auf den ersten Blick fürs Auge gar nichts – hier bleiben wir sicher keine 2 Nächte.
Petra wälzt den Reiseführer und liest die Bewertungen der Hotels. Ein erstes Ziel wird ausgegeben – und ich mühe mich nach Kräften ihren Fahranweisungen zu folgen und nicht in einem der Kreisverkehre als zusammengequetschtes Mahnmal zu enden.
Man muss mit seinem Auto als Ausländer hier in einer größeren Stadt schon wie ein Stuntman fahren, um halbwegs durchzukommen.
Irgendwie sind die Beschreibungen im Reiseführer Schrott – das wird mir schnell klar. Keine Lagebeschreibung stimmt auch nur annähernd und wir irren herum (und das obwohl ich niemanden kenne der einen besseren Orientierungssinn hat als Petra) und das erste Hotel (Moon Beach), das wir erst mit Nachfragen bei einem Tourist-Polizeihäuschen finden, ist absolut grottig, ungeschönt ausgedrückt - ein „Loch“.
Weiter geht die „lustige Fahrt“ durchs nächtliche Aqaba. Der Kontrast zum Wadi Rum könnte nicht größer sein......
Das nächste anvisierte Hotel will sich einfach nicht finden lassen. Die Kreisverkehre fahre (oder besser durchkämpfe) ich nun schon zum x-ten Mal. Auch die Nacht in einem großen gesichtslosen Hotelbunker in dem es vor Tourimassen nur so wimmelt (grauenhaft) ist uns mit 110 JD zu teuer – wohlgefühlt hätten wir uns da sowieso nicht.
Wieder geht es durch die Kreisverkehre und inzwischen sind mir schon Augen am Hinterkopf gewachsen – die sind auch bitter notwendig.
Endlich finden wir - nachdem mir die Beschreibungen aus dem Buch nun egal sind - mit dem Aqua Marina ein vernünftiges und sauberes Zimmer für 54 JD und gehen nur noch auf die Schnelle beim Pizza Hut um die Ecke essen (heute keine Experimente mehr
)
Auf dem Heimweg vom Restaurant entdecken wir einen sehr billigen Alkladen (was uns fast wieder mit Aqaba versöhnt
) und kaufen uns einen Araq (Anisschnaps - ähnlich dem griechischen Ouzo – unser Wodka ist alle
), eine Flasche jordanischen Wein (für einen späteren Abend - übrigens sehr gut !) und zwei Bier für gleich.
Leider ist es auch hier - durch eine Disko die offensichtlich im Keller des Hotels beheimatet ist - nicht gerade stecknadelmäßig ruhig (das Thema verfolgt uns) – aber der Araq hilft nicht nur gegen Keime – sondern sorgt in Zusammenspiel mit dem Bier auch für eine entsprechende Bettschwere.
Eines weiß ich schon heute – trotz Aqaba - dieser Tag im Wadi Rum hat sich einfach perfekt angefühlt. Der kommt oben im Kopf in eine Vitrine und wird immer wieder liebevoll abgestaubt werden.
Morgen geht es nach einem Rundgang in Aqaba auf dem Desert Highway in den Nordosten des Landes zu den Wüstenschlössern.
Eine Möglichkeit auf der Fahrt diesen Tag, und die bisherige Reise sacken zu lassen ......
Ma’ a salame .......................