5. Tag, Mittwoch, 18.05.2011
MelbourneNachdem wir gestern früh schlafen gegangen sind, wache ich morgens ein paar Mal auf und wundere mich, dass der Wecker noch nicht geklingelt hat. Irgendwann kommt es mir komisch vor und ich riskiere einen Blick auf meine Uhr. Verdammt, es ist schon 7:30 Uhr, eigentlich wollten wir um 8:00 Uhr bei KEA sein. Da fällt mir auch ein, was ich gemacht habe: ich hatte gestern nur meine Armbanduhr auf die neue Zeit umgestellt, nicht aber die Handys, die uns heute morgen wecken sollten. Sowas Blödes. Na ja, ich kürze mein Morgenprogramm etwas ab und wir nehmen uns ein Taxi zu KEA. Shuttles wie bei den Camperverleihern in den USA gibt es leider nicht, aber KEA ist nicht sehr weit vom Hotel weg.
Etwas später als geplant, aber dafür immerhin ausgeschlafen kommen wir bei KEA an. Gegen so manche Übernahmestation in den USA ist das hier wirklich winzig und familiär. Vor der Tür steht schon ein Camper, der verdächtig nach unserem aussieht. Im Büro sind nur zwei Schreibtische und wir sind die einzigen Kunden. Während wir den Papierkram erledigen klingelt das Telefon und die Angestellte erzählt uns nach dem Telefonat, dass gerade ein Ranger dran war, der ein Notsignal von einem Sender in einem der Off-Road-Camper von KEA empfangen hat und nun den Namen der Mieter wissen wollte. Das klingt ja sehr vertrauenserweckend...
Nachdem wir eine ausführliche Einweisung draußen am und im Camper erhalten haben, können wir durchstarten. Ich fahre als erstes und bin an der Ausfahrt doch tatsächlich kurz davor, auf die rechte Straßenseite zu fahren
. Glücklicherweise ist die Straße eine Sackgasse und sonst kein Auto unterwegs. Das geht ja gut los und dann noch die Gangschaltung mit der linken Hand, puh. Da der Camper kein australisches Modell ist, sind immerhin Blinker und Scheibenwischer nicht vertauscht. Mein Vater versucht uns mittels Karte zu unserem Campingplatz zu lotsen, scheitert aber kläglich, obwohl er eigentlich ein perfekter Kartenleser ist. Als wir merken, dass wir falsch sind, fahren wir in eine Seitenstraße und werfen das Navi an, mit dessen Hilfe wir den Campingplatz gut finden. Wir hatten den Campingplatz schon per Internet vorreserviert, aber nötig war das nicht, denn es ist Vormittag und außerdem keine Saison, sodass noch viel frei ist.
Wir fangen an, so weit wie möglich die Koffer auszupacken, stellen aber fest, dass der Camper doch wesentlich weniger Stauraum hat, als die Modelle, die wir in den USA hatten. Einen Kleiderschrank gibt es nicht wirklich und so bleibt fast alles im Koffer.
Unser Camper, ein Ford Transit Direkt neben dem Campingplatz befindet sich praktischerweise ein großer Supermarkt und wir erledigen erstmal die Einkäufe. Mir fallen fast die Augen raus als ich die Preise sehe; gestern hatte ich es noch auf die Flughafenpreise geschoben, aber das hier ist ein normaler Supermarkt. Klar habe ich schon gehört, dass Australien teuer ist, aber dass die Lebensmittel SO teuer sind, hätte ich nicht gedacht
. Im Gegenzug war immerhin der Campingplatz nicht so teuer wie erwartet. Na ja, wir lassen ordentlich Geld im Supermarkt, essen eine Kleinigkeit nachdem wir alles verstaut haben und machen uns gegen Mittag auf den Weg Richtung Metro. Die Station ist ein Stück entfernt, aber finden tun wir sie immerhin gut. Wir fahren bis zur Flinders Street Station und haben gleich das erste Fotomotiv.
Flinders Street Station Die Innenstadt ist ziemlich voll und obwohl mich normalerweise Natur und Tiere mehr interessieren und wenn Bauwerke, dann eher moderne Gebäude, gefällt mir die Innenstadt mit den alten Häusern unerwartet gut.
Innenstadt von Melbourne Wir laufen zunächst ein bisschen durch die Gegend und folgen dann unserer Karte und den Schildern, welche den Weg zu einem "Observation Deck" weisen. Als wir an den Rialto Towers ankommen, kommt es uns etwas komisch vor, denn es sieht so gar nicht danach aus, dass es hier ein Observation Deck für Touristen gibt. Wir fragen am Empfang nach und erfahren, dass die Aussichtsplattform bereits seit 2009 geschlossen ist. Na toll, warum hängt man dann nicht mal die Schilder ab? Die Frau erklärt uns, wie wir zum Eureka Tower kommen und gibt uns netterweise einen Coupon für reduzierten Eintritt mit. Hat sich unser Umweg also doch gelohnt. Der Preis hat es trotzdem in sich, aber was soll's - wir sind vermutlich nur ein Mal in Melbourne.
Auf dem Eureka Skydeck 88 angekommen bietet sich uns eine einmalige Aussicht über Melbourne. Wir bleiben lange und genießen den Blick über die Stadt. Man sieht das Meer, den Bahnhof, jede Menge Hochhäuser und sogar den Tennisplatz von den Australian Open. Es gibt auch einen kleinen Balkon, der leider mit einem Netz zugehängt ist. Es ist erstaunlich windig hier oben.
Ausblick vom Eureka Tower über Melbourne Mittlerweile ist es später Nachmittag und wir fahren mit dem Aufzug die 88 Stockwerke wieder nach unten, was nur 40 Sekunden dauern soll. Der Eureka Tower ist mit 297 Metern das höchste Gebäude von Melbourne. Unten ist er ungewöhnlich verziert mit überdimensionalen goldenen Bienenfiguren. Entlang des Yarra Rivers spazieren wir wieder Richtung Flinders Street Station.
Eureka TowerBlick auf Melbourne mit dem Yarra River Vorbei am Federation Square geht es weiter zu unserem nächsten Ziel.
Federation SquareAtrium Space Unser Ziel für heute Abend ist der Park Fitzroy Gardens mitten in Melbourne. Noch ist es allerdings zu hell, um das sehen zu können, weswegen wir hier sind und so spazieren wir erstmal ein wenig quer durch den Park. Irgendwann lassen wir uns auf einer der Bänke nieder und warten bis es dämmert. Ganz ungewohnt für Mai ist hier natürlich schon Herbst und die Bäume werfen mächtig Blätter ab.
Fitzroy Gardens Pünktlich als die Dunkelheit einsetzt regt sich wie auf Bestellung etwas in dem Baum, unter dem wir sitzen. Für Sekundenbruchteile taucht ein Common Brushtail Possum auf, auf Deutsch Fuchskusu, und verschwindet wieder. Ich frage mich schon, ob das jetzt alles war als es einen Baum weiter auch zu rascheln beginnt. Das Possum klettert langsam den Baum herunter und ich schleiche mich an es heran. Als dann ein Auto und schließlich noch Jogger auftauchen, glaube ich schon, dass auch dieses Possum nun auf nimmer Wiedersehen verschwinden wird, aber es lässt sich gar nicht stören, schaut frech von seinem Ast und kommt schließlich herunter.
Common Brushtail Possum in Fitzroy Gardens Mit der Zeit tauchen immer mehr dieser niedlich Tierchen auf, teilweise sind vier oder fünf um uns herum. Sie sind gar nicht scheu und eins schnuppert sogar am Fuß von meinem Vater. Abgesehen haben sie es auf die Mülleimer. Geschickt hängen sich die Tiere kopfüber in den Müll und angeln alles mögliche Fressbare heraus, hauptsächlich Brötchen. Das ist nicht sonderlich durchdacht; überall stehen Schilder, dass man die Possums nichts füttern soll, da sie eine geschützte Art sind und dann stellt man ungesicherte Mülleimer im ganzen Park auf
. Die Fuchskusus transportieren jedenfalls massenweise Essen teils noch mit Verpackung ab. Wenn sie sich gegenseitig mal über die Füße laufen, machen sie allerdings keinen besonders wohl gesonnenen Eindruck untereinander.
Skeptisches Aufeinandertreffen zweier FuchskususMännchen machen Lange beobachten wir die Fuchskusus und ich kann mich nur schwer trennen. Auf dem Rückweg begegnen uns überall im Park weitere Possums. Wir genießen noch den Blick auf das nächtliche Melbourne und treten den Rückweg zur Flinders Street Station an. Auch die ist im Dunkeln schön beleuchtet.
Melbourne im DunkelnFlinders Street Station im Dunkeln Im Bahnhof haben wir zunächst etwas Probleme, das richtige Gleis für unseren Zug zu finden, werden aber von einem netten Australier angesprochen, ob er uns helfen kann und so klappt es schließlich doch. Der Zug ist gut voll, denn wir sind mitten im Berufsverkehr gelandet.
Nach dem tollen Erlebnis mit den Possums sind wir beide happy und am Ende eines langen Tages legen wir uns spät hin. Unsere erste Nacht im australischen Camper.
Übernachtung: Ashley Gardens BIG4 Holiday Village (direkt neben einem Supermarkt, nicht weit von der KEA-Übernahmestation, knapp eine halbe Stunde zur Metrostation zu laufen)
Gefahrene Kilometer: ca. 20
Wetter: leicht bedeckt und etwas kühl, aber noch angenehm