Sonntag, der 13. Januar 2013Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie dir an.
(Kurt Tucholsky)
Erst um 7 Uhr klingelt der Wecker, doch wir sind beide schon wach. Gemütlich machen wir uns fertig, lesen Mails und gehen dann hinunter zum Frühstückessen. Hier gibt es wieder leckeres frisch gebackenes Brot und alles, was dazu gehört. Dann verstauen wir unsere Sachen im Auto und fahren zur Tankstelle. Der Tankwart hat sichtlich Spaß daran, die Benzinkanister zu füllen und putzt sie danach sogar noch sauber. Nun fühlen wir uns bestens gerüstet für die nächsten Tage und fahren los.
Bis Cerro Castillo, einem kleinen Ort am Ostrand des Parks kennen wir die Strecke ja noch von vor zwei Jahren. Dort machen wir einen kleinen Stopp und schauen in den einzigen Laden, wo sich alle Reisenden treffen. Dann betreten wir Neuland und unsere Spannung steigt, endlich können wir das nachholen, was uns vor zwei Jahren nicht vergönnt war. Die Straße in Richtung Torres del Paine ist die ersten Kilometer sogar noch asphaltiert und als der Belag in Schotter übergeht, dauert es gar nicht mehr lange und wir erreichen den Abzweig zu unserem heutigen Ziel. Die Mirador del Payne Lodge liegt ziemlich abgelegen südlich des Nationalparks und soll traumhafte Ausblicke auf das Bergmassiv bieten. Der Kontakt im Vorfeld war recht mühsam, da man dort anscheinend nur Spanisch spricht. Doch wir haben eine Reservierungsnummer und hoffen, dass alles so richtig ist. Die Straße zur Lodge windet sich 30 Kilometer am Südufer des Lago Sarmiento entlang. Schon nach wenigen Metern sehen wir die ersten Guanakos und bald liegt ein Traum in blau, grau und weiß vor uns.
Es soll viele Reisende geben, denen es während ihres gesamten Aufenthaltes nicht vergönnt ist, die Spitzen des Bergmassivs überhaupt einmal zu sehen und uns gelingt das gleich im ersten Augenblick. Es ist wunderschön, im Sonnenschein auf diese Berge zu zufahren und als die Straße dem See einmal sehr nahe ist, halten wir an und gehen ans Ufer. Es ist völlig windstill und die Berge spiegeln sich im Wasser. Unglaublich, denn der Wind hier ist eigentlich legendär. Sandra befindet das Wasser für warm genug für ein Fußbad. Nach wenigen Sekunden im Wasser ändert sie ihre Meinung jedoch, oh was ist das kalt.
Hier lassen wir uns Zeit. Am Ufer liegen ziemlich sonderbare Steine und die müssen wir uns genau ansehen. Die letzten 15 Kilometer bis zur Lodge fahren wir dann langsam, immer wieder die Ausblicke bewundernd. Die Lodge selbst scheint eher eine Estancia zu sein, die ein paar Zimmer vermietet aber uns ist es egal. Hier blühen überall Lupinen und als wir uns dem Haus nähern, kommt eine ältere Dame heraus, die sogar etwas Englisch spricht. Sie hat unsere Reservierung vorliegen und zeigt uns unser Zimmer im Nebenhaus. Während das Zimmer selbst recht einfach ist, ist der Blick aus dem Fenster unbezahlbar. Eigentlich bräuchten wir gar nicht mehr raus, denn das Paine Massiv liegt zum Greifen nahe direkt vor unserem Bett. Dann kommt noch eine jüngere Frau, die sehr gut Englisch spricht und von ihr erfahren wir, dass dies heute der erste windstille Tag des Sommers ist.
Wir entleeren unser Auto und schütten noch etwas Diesel in den Tank. Der Tankwart hat es zu gut gemeint und die Kanister zu voll gemacht. Nun laufen diese über und die Ladefläche des PickUps stinkt wie eine Tankstelle. Zum Glück haben wir es rechtzeitig in Cerro Castillo gemerkt und versuchen nun so gut es geht, den Schaden zu begrenzen. Nicht, das „unser kleines Schwarzes“ zum Kapitänsempfang nach Diesel stinkt…
Dann setzen wir uns einfach auf die Bank vor dem Haus, essen die mitgebrachten Empanadas und genießen den Blick. Allzu lange halten wir es leider nicht aus, da die Sonne so sehr brennt. Morgen müssen wir wohl gleich Sonnencreme auftragen.
Nach einer weiteren Fotosession mit Blumen und Bergen verziehen wir uns für eine Stunde ins Zimmer. Unsere Gesichter und Arme brennen, doch ein kleiner Gang hinunter zur Laguna Verde muss trotzdem sein. Es ist schade, trotz des schönen Wetters müssen wir Jacken anziehen, nur um unsere Arme vor noch mehr Sonne zu schützen. Nun hat man hier schon mal T-Shirt-Wetter und dann kann man es noch nicht einmal nutzen… aber wir sind ja selbst Schuld. Am Ufer des Sees liegen Knochen in Massen. Ein komplettes Ersatzteillager findet man hier, von Hüften bis zu Zähnen und Kieferknochen. Zum Glück ist all dies nicht menschlichen Ursprungs, denn sonst würde uns wohl Angst und Bange. Von welchen Tieren die Knochen stammen, wissen wir nicht, tippen aber auf Guanakos. Die Wasseroberfläche dieses Sees ist nicht mehr so schön glatt und kleine Wellen kommen ans Ufer.
Nach 400 Metern ist der weitere Weg durch Bäume versperrt und wir kehren um. Zurück im Zimmer bleibt uns nur der tolle Blick aus dem Fenster, aus dem Schatten heraus. Erst 19 Uhr machen wir uns auf den Weg zurück zum Lago Sarmiento, um dort den Sonnenuntergang zu fotografieren. Unterwegs stehen mal wieder Guanakos an der Straße.
Die Oberfläche des Lago Sarmiento ist nun leider auch nicht mehr glatt und das macht einen Riesenunterschied zu der Stimmung heute Mittag. Trotzdem finden wir einen netten Platz mit Blick über den See und genießen diesen wunderbaren Ausblick. Der Sonnenuntergang selbst wird dann recht unspektakulär, da die dramatischen Wolken von gestern fehlen. Aber man kann ja nicht alles haben und für das heutige Traumwetter können wir auch mal auf etwas anderes verzichten.
Im letzten Dämmerlicht fahren wir die 15 Kilometer zurück zur Estancia und kriechen in unsere warmen Betten. Gute Nacht! Wir sind im Torres del Paine angekommen.