Sonntag, der 27. Januar 2013Was hilft aller Sonnenaufgang, wenn wir nicht aufstehen. (Georg Christoph Lichtenberg)Als wir um 7.30 Uhr erwachen ist es still. Es schaukelt nicht mehr. Schnell springen wir auf und ein erster Blick auf den Fernseher zeigt, dass wir gute Fahrt in stiller See machen und, dass es draußen ziemlich grau ist. Beim Frühstück erfahren wir von Andrea und Jürgen, dass wir heute früh einen tollen Sonnenaufgang verpasst haben und dass bereits die ersten Eisberge gesichtet wurden. Auch wir können beim Blick aus dem Fenster eisbedeckte Berge erkennen. Dies ist bereits King George Island, wo wir heute anlanden wollen. Wir haben zwei polnische Wissenschaftler für die Arctowski Station „geladen“, die wir dort abgeben wollen und so soll dies gleichzeitig unsere erste Anlandung werden.
Nach einem Recap (eine andere Reisende fragte uns, ob wir auch zum Repair gehen…
) um 11.00 Uhr, wo wir noch einige Details über die Station erfahren und dass man dort Seeelefanten und Adelie-Pinguine entdecken kann, gibt es noch ein schnelles Mittag und dann laufen wir bereits in die Admirality Bay ein, in der sich die polnische Station befindet. Wir sehen einige Eisberge, gelbe Containerunterkünfte und entlang des dunklen Strandes jede Menge gestrandeter Eisberge. Das sieht interessant aus.
Unsere Vorfreude hält jedoch nicht lange, denn als das erste Zodiac zurückkehrt, wird der Landgang kurzerhand abgesagt. Zu windig, zu viel Schwell im Wasser. Dazu fängt es auch noch an zu schneien. Die Enttäuschung ist groß. Als Alternativprogramm will man jetzt zum Antarctic Sound fahren und dort „Eisberge gucken“. An sich eine wunderbare Idee, denn der Antarctic Sound ist berühmt für seine Allee der Tafeleisberge. Nur leider frischt der Wind immer mehr auf und nachdem man uns vier einfache Eisberge präsentiert hat, ist vom Antarctic Sound keine Rede mehr. Wir kommen uns ziemlich veräppelt vor und die Stimmung ist schlecht.
Zum nächsten kurzfristig angesetzten Recap geht Sandra aus Protest nicht mehr und stellt sich stattdessen lieber an die Reeling bei Null Grad und Windstärke 10.
Als neue Richtung wird nun bekannt gegeben, dass wir zurück nach King George Island fahren und dort in eine andere Bucht einfahren, wo es mehrere Forschungsstationen geben soll. Anlanden können wir dort zwar nicht aber mal aus der Ferne gucken. Große Erwartungen haben wir nicht mehr doch das Wetter kommt der Crew bei der Massenunterhaltung zur Hilfe. Je mehr wir uns der Maxwell Bay nähern, umso stärker pustet der Wind. Dabei haben sich große Linsenwolken und Wolkenwalzen am Himmel gebildet.
Das Ganze ist sehr wild und die Delphin liegt ziemlich schräg im Wasser durch den Winddruck. Eine Durchsage bestätigt dann Sandras Vermutung, dass es sich hier um lokale katabatische Winde handelt und wir derzeit Windstärke 12 hätten.
Von katabatischen Winden spricht man, wenn eine Luftströmung eine abwärts gerichtete Strömungskomponente aufweist. Es handelt sich dabei - im Gegensatz zum warmen Föhnfallwind - um kalte Fallwinde, die in verschiedenen Gebieten der Erde vorkommen. Bekannte katabatische Winde sind die eisigen, häufig Sturm- oder gar Orkanstärke erreichenden Fallwinde, die aus den hochgelegenen, ausgedehnten Inlandseisflächen der zentralen Antarktis in Richtung der umliegenden Küsten ausströmen. Diese können Geschwindigkeiten von bis zu 320 km/h erreichen. Dieses Naturschauspiel dauert fast eine Stunde an und tapfer kämpft sich die Delphin durch den Sturm und die Gischt. Währenddessen sehen wir die Forschungsstationen von Süd Korea, Uruguay, Russland und Chile und dazu Gletscher und irre Wolkenformationen. Ein wahrhaft dramatisches Schauspiel und wenn wir schon keine Sonne mit Windstille haben können, ist dies wohl die zweitbeste Option.
Beim Abendessen sind wir dann wieder etwas versöhnt, auch wenn das Wetter wohl auch morgen nicht viel besser sein soll. Ob es uns wohl überhaupt vergönnt sein wird, irgendwann mal in ein Zodiac zu steigen? So ein bisschen haben wir unsere Zweifel…
Draußen ist es nun wieder grau und das Warten auf den Wetterumschwung verlegen wir in unsere Kabine.