Freitag, der 1. Februar 2013„Das Beste, was man von Reisen nach Hause bringt, ist die heile Haut.“0.00 Uhr
Das Schiff stampft und stöhnt. An Schlaf ist nicht zu denken.
01.00 Uhr
Das Schiff stampft, rollt und stöhnt. Irgendwo hören wir, wie etwas zu Bruch geht und gehämmert wird. Ist das der Klabautermann? Sigrid nutzt die Zeit zwischen zwei Wellen für einen Sprung zur Toilette.
03.00 Uhr
Das Schiff bewegt sich nun in alle nur möglichen Richtungen, knarrt, ächzt und stöhnt. Hoffentlich hält es das aus, denn Rettungsboote wären bei diesem Sturm wohl auch keine gute Alternative. Einen Blick nach draußen über die Bordkamera sparen wir uns, denn zum Glück ist es zu dunkel, um das ganze Ausmaß des Sturms zu sehen. Unsere Kabine scheint den letzten Schutz vor den tobenden Naturgewalten zu bieten. Halte durch liebe MS Delphin, bald ist der schützende Beagle Kanal erreicht. Halte durch.
08.00 Uhr
Der Wecker klingelt und das Schiff bewegt sich nicht mehr. Es ist geschafft. Die MS Delphin gleitet ruhig durch den Beagle Kanal und kurze Zeit später ertönt der Guten Morgen Gruß des Kreuzfahrtdirektors, der von „Überleben“ spricht. Aua, das scheint wirklich schlimm gewesen zu sein. Bei einem Rundgang durch das Schiff sehen wir dann umgefallene Kleiderständer, fehlende Paneele in der Decke und auch sonst ist einiges in Unordnung. Es war laut Aussage vieler langjähriger Besatzungsmitglieder der schlimmste Sturm, den sie je erlebt haben. Musste das nun ausgerechnet auf unserer Reise passieren? Ein Sturm in der Drake Passage war das Letzte, was wir je erleben wollten und so richtig können wir das alles noch nicht begreifen. Mit bis zu 12 Meter hohen Wellen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h (ein Orkan mit Windstärke 12 beginnt bei 120 km/h) war das schon ziemlich gewaltig und dementsprechend gedämpft ist die Stimmung an Bord. Wir genießen schweigend die Fahrt im Beagle Kanal und in der Ferne ist bereits der Flugplatz von Ushuaia zu sehen.
Die Besatzung lädt uns beim Einlaufen alle auf ein Glas Sekt ein, was Gelegenheit gibt, das Erlebte zu besprechen. Dabei haben wir nun echtes Ushuaia Wetter mit Sonne, Regen, Wind und Regenbogen. Es ist kaum zu glauben, dass 100 Kilometer weiter ein großer Sturm toben soll.
Gegen 11.30 Uhr machen wir an der Pier von Ushuaia fest, wo bereits die Fram und die Sea Diamond von Quark Expeditions liegen. Nach dem Mittagessen nutzen wir die freie Zeit, um in Ushuaia ein bisschen in die Zivilisation zurückzukehren. Mails lesen und schreiben, Souvenirs angucken und ein Besuch im Casino sollen helfen, wieder in der normalen Welt zu landen, doch der Sturm beherrscht immer noch die Gedanken und ist das Gesprächsthema Nummer Eins. Was wäre wenn…
Zurück auf dem Schiff sollten wir eigentlich packen, denn morgen früh um 9.40 Uhr geht unser Flieger nach Buenos Aires. Doch zuerst gibt es Kaffee und nach den ersten Packversuchen von Sigrid landen wir in der Delphin Bar zu einer Pina Colada.
Danach beim Abendessen, versuchen wir, zusammen mit Andrea und Jürgen ein Fazit für diese Reise zu ziehen. Ein bisschen bedauern wir, nicht das gewünschte Postkartenwetter gehabt zu haben aber andererseits hatten wir auch viel Glück mit den Anlandungen und die Wörter Mikroklima und katabatische Winde entwickeln sich zu unseren Lieblingswörtern an diesem Abend. Es wird spät und zum ersten Mal sind wir fast die letzten, die das Restaurant verlassen. Nun folgt jedoch das unvermeidliche Packen, welches gar nicht so schlimm ist und noch einmal von einem Sonnenuntergang unterbrochen wird.
Gegen 22.30 Uhr fallen wir dann ins Bett und freuen uns auf eine ruhige Nacht. Doch in unseren Köpfen schwankt es immer noch…