22. Tag
Freitag, 27. AprilDie ganze Nacht über herrschte reger Verkehr und obwohl das ein schön angelegter Campingplatz ist, stört der Lärm enorm. Heute Morgen ist alles klamm und feucht; kein Wunder - wir sind nahe am Meer. Es hat hier zwar keinen Nebel wie in Swakopmund, aber die Luftfeuchtigkeit istauch hier sehr hoch. Wir frühstücken zügig, denn in Kürze haben wir Programm und es wird nochmal ein ganz besonderer Tag werden. Um 8 h treffen wir Chris von Living Desert Adventures vorm Swakopmund Hotel und gehen mit ihm auf die Little Five Tour in den Dorob National Park der Namib. Freunde haben uns diese Tour wärmstens empfohlen.
Wir sind rechtzeitig da und und nicht nennenswert später kommt er auch schon angefahren mit seinem blitzblank geputzen Land Rover. Wir steuern 2 Guest Houses an und holen Lutz und Berrit sowie Michael und Ilona ab. Alles Deutsche, allerdings versteht Berrit kaum englisch was Chris immer wieder auf die lustige Art völlig fassungslos erwähnt. Christ dagegen spricht ein Kauderwelsch aus deutsch und englisch; wenn es um's Erklären von Naturwissenschaften geht, dann reichen die Deutschkenntnisse nicht aus und wir dolmetschen für Berrit.
Über dem Swakop River beginnen schon die Dünen der Namib, wir fahren gar nicht weit rein und es beginnt die Exkursion. Über Swakopmund sieht man gerade den Nebel hinweg ziehen und die Stadt verschwindet für kurze Zeit, wir hingegen stehen in der Sonne und im kühlen Wind.
Steven, Chris' Kollege, kommt ebenfalls mit einem Land Rover und 4 Passagieren dazu und zieht sofort los und erkundet die Gegend. Chris stellt uns alle vor und nun beginnt der Unterricht.
Zunächst erklärt er die Physik der Dünen bis ins Detail und das hier einzigartige Klima und die Lebewesen, die es nur hier gibt. Mittlerweile wird Lutz von Chris liebevoll "Lutzi Baby" genannt und er bezieht ihn in seine Erklärungen stets mit ein, was dann in etwa so klingt: Lutzi Babay, warum Hier are no Big Elephants? Because there are no big Waterdrops, we have here microdrops and so we have microelephants. Also der Ostwind weht alles mögliche an Gräsern und Samen in die Dünen, das sammelt sich am Ende der Düne und gibt Müsli. Der Nebel bringt Feuchtigkeit, die sog. Milch. So ernähren sich Silberfische von diesem Müsli und kleine Tiere. Das nennt Chris dann Buffet. Zum Buffet kommen natürlich auch andere Tiere, wie Geckos, Eidechsen, Spinnen, Schlangen, Vögel und die Nahrungskette geht so weiter bis hin zum Quadbike Fahrer, der mit seinem irrsinnigen Hobby das alles in kurzer zeit und für immer zerstört.
Die Quad Biker sind ihm ein großer Dorn im Auge, er hat eine Website zur Rettung der Namib gegründet, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Die Quads zerstören die Kruste die sich über Jahrhunderte gebildet hat für immer und so bricht diese wichtige Schicht für das Ansiedeln von Pflanzen auf und damit wird die Lebensgrundlage vernichtet. Er zeigt Luftaufnahmen von Spuren im Sand die schon sehr alt sind. Einen Teilerfolg hat er erziehlt indem der Dorob Nationalpark gegründet wurde und hier nur noch registrierte Touren gemacht werden dürfen. Das Problem ist der Individual Biker.
So zurück zur Tour, als die Theorie abgeschlossen ist, wenden wir uns der Praxis zu. Steven hat für uns ein Chamäleon ausgemacht und wir stehen eigentlich nur 10 m davon entfernt. Es sitzt gut getarnt inmitten eines Dollarbusches, der hier überall wächst. Ein trächtiges Weibchen ist es und Chris holt Larven als Köder und setzt eine auf ein Blatt. Nur will die Larve so gar nicht wie Chris will und sträubt sich, so dass das Chamäleon erst mal gar nicht reagiert.
Zunächst jedenfalls, denn mit der dritten Larve klappt es endlich und die Zunge schnellt heraus und holt sich das Futter, dann klappt es auch mit den anderen Larven. Dann zeigt er noch wie sich das Chamäleon in der Wüste bewegt und die Farbe dabei ändert und das alles bevor die Tour überhaupt begonnen hat, so Chris' Worte.
Als nächstes gräbt er im Boden und findet ein paar Termiten und dann einen Gecko. Der Unterschied zur Eidechse ist, dass Geckos keine Krallen haben sondern "Saugnäpfe" haben und auf glatten Flächen, wie z.B. an einer Scheibe, sitzen können. Die Haut eines Geckos ist durchsichtig und man kann die Adern und sogar die letzte Mahlzeit im Magen sehen, Chris sagt, die letzte Mahlzeit seien ein paar wenige Termiten gewesen. Der Gecko hält still und sitzt brav auf der Hand oder im Sand. Dazu hat er einen witzigen Gesichtsausdruck und es ist mein Liebling. Christ gräbt ein Loch in den Sand und findet den Höhlengang und setzt den Gecko dort ab. Das Tier braucht Luft und Dunkelheit und sofort beginnt er sich weiter in die Höhle einzugraben, am Licht hat er keinen einzigen Mucks gemacht und das alles bevor die Tour überhaupt begonnen hat.
Nun gehen wir zu einer Düne, schauen uns das Müsli an und Steven steht keine 30 cm neben einer, gut getarnt und nahezu völlig in den Sand eingegragebenen Sidewinder Schlange. Nur der Kopf ist bei genaumen Hinsehen zu erkennen. Chris treibt sie aus dem Sand und sie macht sich in rasantem Tempo auf und davon. Chris gibt jedoch mit einem Stöckchen die Richtung vor und sie bewegt sich die Düne hinauf. Dann wieder hinunter und sie gräbt sich in den Sand ein, Christ treibt sie zum Schutz vor den hier ansässigen Falken zu einem Busch wir lassen sie nun in Ruhe. Die Schlange hat kein einziges Mal versucht Chris oder den Stock zu attakieren, sie hat stets versucht zu fliehen, was schon erstaunlich ist. Und das alles bevor die Tour begonnen hat, aber wann beginnt denn nun die Tour? Gibt es noch eine Steigerung, denn bis jetzt war das schon super.
An der gleichen Düne gräbt er eine Dancing White Lady aus, eine weiße Spinne. Chris erklärt das Verhalten und die Lebensweise, zeigt uns warum die Spinne so heißt und läßt sie dann in wieder in ein Loch eingraben.
Nun ist Zeit für ein Getränk, die er gekühlt dabei hat. Er hat kleine Wasserflaschen mit seinem Logo drauf, die sich prima als Souvenir eignen.
Steven hat mittlerweile den Luftdruck in den Reifen vermindert und wir fahren ein Stück weiter, machen kurz darauf aber schon wieder Halt. Hier gräbt er einen Skunk aus dem Sand, das ist quasi eine Blindschleiche. Die ist im Sand wahnsinnig schnell und wenn sie auf der Hand liegt ganz glatt und weich. Man muss höllisch aufpassen, das Tier nicht wieder zu verlieren, da es sich permanent windet und schlängelt und die Freiheit sucht.
Steven hat ein weiteres Chamäleon entdeckt und treibt es auf uns zu. Auch das Tier wird mit Larven gelockt und ist sichtlich verärgert, da es seine Farbe ändert.
Nun geht es ein mitten in die Dünen hinein, über eine Ebene in der es Schlangen und Skorpione geben könnte, wir sehen aber leider keine. Die Dünen sind hier nicht nur gelblich, sondern haben auch rötliche und schwarze Schattierungen, es sieht grandios aus und das bei hohem Sonnenstand. Auch zu der Färbung gibt es noch eine Randnotiz und Demo von Chris: Das schwarze ist Mangetit und das sammelt er mit einem großen Magneten einfach so auf; der rote Farbton stammt von feingemalenem Granat. An einer niedrigen Düne bekommen wir Instruktionen für eine Pinkelpause: die Herren gehen links herum, die Damen rechts und bitte auf den Sand pinkeln und nicht auf den Boden.
Beim Weiterfahren sammelt Chris immer wieder Müll auf, den der Wind gestern vom Meer über die Dünen hierher geblasen hat. Es ist ihm wichtig, die Natur hier unberührt zu lassen so gut es geht. Wir fahren zweimal auf hohe Dünen und halten für das Panorama. Der letzte Halt ist kurz vor dem Meer und hier sieht Chris etlichen Plastikmüll am Fuße der Dünen liegen, alleine schafft er es nicht und er braucht Hilfe dabei. Natürlich muss man die Düne dann wieder hoch, aber mit einem Trick bekommt er doch noch Freiwillige, denn wenn eine große Lawine ausgelöst wird, dann gibt es ein sonderbares Brummen, den der rutschende Sand durch Reibung erzeugt und tatsächlich vibriert die Düne unter unseren Füßen und wir hören das Brummen trotz des Windes.
Es ist fast ein Uhr und die Tour geht zu Ende. Chris setzt die Leute wieder dort ab, wo er sie aufgesammelt hat. Wir verabschieden uns auch von Berrit und Lutz, die aus Dresden sind und tauschen Adressen aus. Als uns Chris am Hotelparkplatz absetzt gibt er mir noch eine Visitenkarte und ich will die in das Portemonaie schieben als mir auffällt dass mein Führerschein nicht mehr da ist. Auwei. Gestern bei der Polizeikontrolle habe ich ihn noch gehabt und wieder zurück gesteckt, aber vielleicht nicht richtig, denn die Karten halten nicht so gut. Im Auto bei Chris liegt jedenfalls nichts und wir verabschieden uns, er will das Auto sauber machen und wir sollen morgen mal anrufen.
Da ich nicht fahren möchte, da heute auch ein Minister oder Präsident in der Stadt ist und überall Polizei an den Kreuzungen steht, muss Elke zum ersten Mal fahren. Das klappt ganz gut trotz Scheibenwischer und wir müssen erst mal an eine Tankstelle, der Problemreifen braucht etwas Luft. Dann geht es hinaus in die Wüste, ich versuche mich zu erinnern wo ich den Geldbeutel gestern noch gebraucht habe und rufe noch beim NWR an, aber da nimmt keiner mehr ab.
Bis zur Blutkuppe sind es gut 100 km, aber die Strasse ist dank der Minen hier teilweise geteert und es läuft ganz gut. Als wir auf die Gravelroad zur Blutkuppe abbiegen, sehen wir Strausse und Zebras und bald haben wir den Fels erreicht.
Ich sehe auf der Südeseite interessante Gesteinsformationen und steige hinauf für ein paar Fotos.
Da es auf der Nordwestseite die schöneren Campingplätze geben soll fahren wir um den Berg und müssen dann durch tiefen Sand und Kies. Ganz hinten sind schön Sites, aber es hat viele kleine Fliegen und Mücken. Wir überlegen etwas, fahren dann von dem etwas feuchtem Eck weiter und besteigen dann die Blutkuppe im späten Nachmittagslicht.
Als wir oben sind kann man noch weitere Sites sehen, an denen wir vorher vorbei gefahren sind und entscheiden uns dorthin zum Übernachten zu fahren. Wir sehen noch etliche Salamander und einen Hasen, sowie Mäuse und fahren dann auf Site 7. An einer Site stehen viele Zelt und es läuft auch ein Generator, allerdings sind keine Autos zu sehen. Es ist bereits dunkel, als mehrere Autos kommen und zu dieser Site fahren, man hört auch Motorenlärm, der wohl von der nahegelegenen Uranmine kommt.
Wir genießen den Sonnenuntergang noch auf den Felsen bei einem Köcherbaum und richten uns dann ein, bzw. machen das Essen fertig. Leider sind die Springbocksteaks heute sehr zäh und nicht so der Bringer. Wir schlachten noch eine Mango zum Nachtisch und es gibt noch einen Absacker. Ich mache einen weiteren Versuch mit Startrails. Dann waschen wir uns und sehen noch ein paar Bilder von heute an und dann ist auch Schluss. Ein ereignisreicher Tag geht zu Ende und der Urlaub auch bald und wie sagte Chris doch so schön „Die Tropfen je feiner, die Tiere sind kleiner“.