MI, 22.5.: Sonne und Küste satt.Ich hatte viel vor. die ganze große Runde durch den westlichen Zipfel Cornwalls stand an.
Zunächst ging es nach St. Ives, wie gesagt, dort hätte ich gerne übernachtet. Mich dafür zu entscheiden, wäre sowohl klug als auch angenehm gewesen. Zwar war es hier in dieser Ecke tatsächlich voll, aber es war alles noch im Rahmen, obwohl der große Parkplatz etwas außerhalb der Stadt schon fast voll war, als ich am späten Vormittag wieder fuhr.
St. Ives wird dafür gelobt, dass es hier ein ganz spezielles Licht gebe. Und tatsächlich war es sehr hell trotz des noch wolkigen Himmels. Gerne hätte ich den Ort abends erlebt, wenn Ruhe eingekehrt ist und die Touribusse weg sind. Als ob der Ort mich locken wollte noch ein bisschen zu bleiben, rissen die Wolken auf, als ich gerade wieder fahren wollte, ein letztes Sonnenfoto aus der Ferne war mir vergönnt.
Superschön war dann der folgende Abschnitt von St. Ives in Richtung Land's End. Es ging durch fast baumlose Landschaft. Man konnte his dahin sehen, wo die Klippen begannen. Farmen, Kühe, alte Gemäuer prägen hier das Bild. Immer wieder hielt ich an um die Stille zu genießen und den Ausblick. Ja, es war tatsächlich still. Ob das allerdings im Juli auch noch so ist, wenn sich Wohnmobile, Busse und Mietwagen aneinander reihen, sei dahin gestellt.
Muss man Land's End gesehen haben? Vielleicht. Die Bedruthan Steps waren schöner und wilder. Nur der Gedanke, dass man von hier aus nur sehr ausdauernd schwimmen muss um in die neue Welt zu kommen, war schon nett. Für eine viertel Stunde oder mehr mit Wind um die Nase und Sonne auf derselben reichte es allemal.
Ansonsten findet hier ein ziemlicher Rummel statt mit vielen Leuten, 4D-Film und Shops und dem teuersten Pasty ever, auf das ich spätestens dann leichten Herzens verzichtete, als ich an einer Tafel an der Wand zu lesen bekam, dass es sich um die ideale hochkalorische Nahrung für die Minenarbeiter früher gehandelt habe.
Nun wollte ich das Minack Theatre sehen, eine Freilichtbühne direkt an der Klippe. Welch tolle Kulisse sich hier bot, konnte man schon bei der Anfahrt ahnen, aber zum wiederholten Male wurde mir zum Verhängnis, dass ich nicht genau genug hingesehen habe. Das Theater war heute nur bis Mittag zugänglich, weil am Nachmittag Veranstaltungen stattfanden. Pech gehabt und umgedreht.
Immerhin blieb so nun Zeit für Mousehole, einen winzigen Fischerort, den man gesehen haben sollte. Gnadenlos jagte mich die Navi durch eine Gasse, bei der links Blumenkübel standen und rechts eine niedrige Mauer war. Wenn das mal nicht so war, begegnete einem garantiert eine zerstreut wirkende Familie. Und irgendwann sah ich mich gleich drei Autos von vorne gegenüber, sodass ich über eine Kuppe zurücksetzen musste. Meiner Meinung nach müsste es eher Mousetrap heißen.
Puuuuh, dafür sorgte der Ort für Entspannung pur, das fanden außer mir noch eine Handvoll Menschen, die an die Mauer gelehnt im Sand sitzend oder mit Pinsel und Farbe die Kulisse festhaltend hier saßen und die Sonne genossen. Noch ein Eis und alles hat einmal ein Ende.
Oh how lovely! Übrigens musste ich mich im Vokabular doch ein bisschen umgewöhnen: Während die Amis alles "great" oder "cool" finden oder bestenfalls "cute", wenn etwas beim besten Willen zu winzig oder zu niedlich ist und "great" absolut nicht zutreffend ist, fand man hier alles "lovely": Die Wahl des Essens seitens der Kellnerin, das Essen selbst seitens des Gastes, Ausblicke, Anblicke, Verhalten anderer, als ich beispielsweise angehalten habe um einen Radfahrer durchzulassen. Statt des in den USA allgegenwärtigen "scuuuuse me", ist man hier in einem fort und immerwährend "sorry".
Nun sollte es noch zum St. Michaels Mount gehen, Gegenstück zum Kloster Mont-Saint-Michel in Frankreich, nur kein Kloster, sondern weltlich, aber zumindest auf den ersten Blick nach den Bildern, die ich kenne, fast zum Verwechseln ähnlich. Der erste Anblick aus der Ferne erwirkt einen Wow-Effekt. Auch diese Insel ist bei Ebbe zu Fuß zu erreichen. Da aber Flut war, löhnte ich 2 Pfund britischen Geldes und ließ mich fahren. Übrigens: Auch der Rückweg kostet nur 2 Pfund Geld, man muss nicht warten, bis Ebbe ist und man den Weg benutzen kann.
Die Burg ist heute noch in Familienbesitz. Und so findet man neben uralten Ölschinken mit den Antlitzen der Ahnen hochmoderne Fotos der Jugend von heute in den Ausstellungsräumen, selbstverständlich sehr gediegene Jugend!
Lizard wurde noch sehr empfohlen. Zwar war ich schon KO, aber das wollte ich mir nicht entgehen lassen, schließlich rügte der Reiseführer, dass dieses kleine Örtchen trotz seiner Schönheit vielen zu weit ab vom Schuss sei, obwohl man hier das finde, was man in Land's End vermisse, und als Weichei, dem eine halbe Stunde Fahrt zu weit ab vom Schuss ist, wollte ich nicht gelten. Und überhaupt, in Falmouth hätte ich auch wieder laufen müssen um in der sich mir eher abweisend präsentierenden Stadt etwas zu essen zu finden, sodass ich auf eine nette Kneipe in dem Ort mit Geheimtippcharakter hoffte.
Ich drehte vom Ortszentrum zunächst nach Westen, lief sozusagen mit der Kirche ums Dorf und genoss die tatsächlich sehr leere Küste der Landzunge mit tollen Ausblicken um dann von Osten wieder im Triumphmarsch in den Ort einzuziehen.
Na bitte, wer sagt's denn, 19 Uhr, Abendbrotzeit und eine ganz nett wirkende Kneipe, eher ein Café als ein Restaurant, lag direkt vor meiner Nase. Zugegeben, Steak mit Salat ist in den USA sicher besser, aber es war ein netter Abschluss des Tages, dessen Nachwirkungen mir noch als Brennen der Sonne beim Schreiben dieses Berichtes in der Lounge des Hotels und einem Gin Tonic aus der Bar des Vertrauens im Gesicht stehen.
In England regnet es immer? Heute jedenfalls keinen einzigen Tropfen!