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Autor Thema: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit  (Gelesen 23165 mal)

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Chrissie

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #15 am: 10.07.2015, 20:38 Uhr »
Da wir im zwei September Wochen Urlaub haben und uns noch auf kein Urlaubsziel festgelegt haben (im Moment sind Mallorca, Kärnten und Kroatien im Rennen), werde ich gespannt mitlesen. Wobei ich stark bezweifele, dass ich meine bessere Hälfte zu einem Urlaub in Rumänien überzeugen könnte.  :roll:
VG Chrissie
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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #16 am: 10.07.2015, 21:08 Uhr »
Ach, warte mal ab, das Land bietet viel viel mehr, als man sich so denkt...

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #17 am: 10.07.2015, 23:25 Uhr »
FR, 22.05.: Berlin - Bukarest - Donaudelta

Um 5.30 Uhr ist die Nacht herum. Ich erbettele mir, noch vor offiziellem Frühstücksbeginn um 6.30 Uhr einen Kaffee und ein Brötchen am Buffet zu bekommen und checke gegen 7 Uhr aus. Meine ewige Sorge, ich bleibe im Stau stecken und verpasse den Flug, ist unbegründet.

Bei Mc Parking am Flughafen Tegel werde ich von zwei Berliner Originalen in Empfang genommen. Offenbar bin ich die einzige, die für die angesagte Ankunft um 7 Uhr noch aussteht, jedenfalls werde ich mit Namen begrüßt und mein Auto darf für die kommenden 11 Tage ganz vorne auf den Frauenparkplätzen Platz nehmen.

Schnell noch das Silberkettchen mit dem Kommunionskreuz meiner Mutter angelegt, das diese mir in Sorge um mein Wohlergehen noch fix nebst eine Knoblauchzehe geschickt hat, und es kann losgehen.



Am Flughafen Tegel ist die Hölle los, Air Berlin hat eine halbe Stunde Verspätung, aber alles läuft ansonsten prima. Der Mittelplatz in meiner Reihe bleibt frei, und so können mein Nachbar, der im gleichen Reiseführer schmökert, und ich uns zwei Stunden lang ausbreiten.

Am Flughafen Bukarest befinde ich, dass er und Tegel sich nicht sehr viel geben, Bukarest hat aber wohl noch die Nase vorn.

Aus mir unerfindlichem Grund werde ich bei Hertz vorgezogen, werde sozusagen nebenbei abgefertigt und persönlich zum Shuttle geleitet. Hat man vielleicht mitbekommen, dass ich diejenige bin, die über Sunny Cars gebucht hat und will es sich mit denen nicht verderben? Immerhin habe ich gegen Aufpreis einen Service gebucht, der mir ein neues Auto und vor allem schnelles Einchecken gewährt. Das soll sich nun wohl auszahlen.

Und was wird es nun für ein Auto? Böse Zungen  behaupten, es würde mit Sicherheit ein Eselskarren. Jedenfalls bekomme ich statt dessen einen nagelneuen Hyundai i30 mit 1000 Kilometern und 6 Gängen. Ich hoffe, ich bringe das gute Stück unbeschadet wieder her am Ende des Urlaubs. Ach ja, und Maut sei alles schon bezahlt, darum bräuchte ich mir keine Gedanken zu machen, teilt man mir auf Nachfrage mit.



Und auf geht’s. Nach dem Durchquälen durch den Freitagsnachmittagsstau rund um die Millionenstadt geht es gleichmäßig auf leerer Autobahn dahin Richtung Constanta. Zu beiden Seiten riesige Felder, jedes Feld reicht bis zum Horizont, und der ist weit, denn es ist hier ebenso flach wie in der Prärie Wyomings oder an der Nordseeküste.

Ab Constanta, wo übrigens auch das schon erwähnte Mamaia liegt, das von mir heute aber unbesucht bleibt, kann man immer mal rechts das schwarze Meer sehen, das blau in der Sonne blitzt.

Übrigens wäre durchaus Badewetter, das Thermometer zeigt durchgehend um die 30 Grad an.

Ein kurzer Halt in Babadag, einem Ort mit großer türkischer Bevölkerung. Statt der Moschee fotografiere ich aber lieber die idyllische Kirche, bevor ich mich auf die letzten Kilometer Fahrt ins Donaudelta mache.



Im warmen Nachmittagslicht durchquere ich noch einige Dörfer, in denen alte Männer mit Bärten und die zugehörigen Frauen mit Kopftuch in der Sonne sitzen. Hier kommen mir auch die ersten Pferdefuhrwerke entgegen. Die meisten Häuschen hier sind saniert, nur selten grüßen die Bauten noch in sozialistischem beige-grau, viele Häuser sind mit Stroh gedeckt. Vor den Häusern stehen Bänke, zwischen den Bänken sind Blumen gepflanzt.

Schade, solche Dörfer habe ich später nicht mehr gesehen. Ich hätte doch mal halten und die netten Häuschen mit den vielen Blumen davor knipsen sollen...

Ich halte unterwegs noch einige Mal um die ersten Schilfhalme und Storchennester zu fotografieren, und auch eine Burg, die auf einem Berg inmitten grüner Wiese liegt.













Gegen 19.30 Uhr komme ich in Danuvatu de Jos an, wo es im New Egreta Hotel ein tolles Zimmer mit Balkon und Blick über den Pool und die Arme des Donaudeltas und leckeren Zander gibt. Auch hier werde ich namentlich begrüßt, noch bevor ich grüßen kann.





Mir sind auf der Fahrt hierher schon fast die Augen zugefallen, und so mache ich früh das Licht aus. Morgen sehe ich hoffentlich mehr von der Gegend!

Lohnenswerte Sehenswürdigkeiten: Hübsche Dörfer zwischen Babadag und Danuvatu de Jos, wenn man über die 222 fährt.

Floridiana

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #18 am: 11.07.2015, 13:16 Uhr »
Da hat sich allerdings einiges geaendert. Donaudelta 1966: Wir sind im NSU Prinz unterwegs von Deutschland. In einem Deltadorf finden wir private Unterkunft, an die ich mich nicht erinnere. Das einzige Lokal der Gegend ist knallvoll, Bedienung sehen wir keine. Wir sitzen eine ganze Weile, ohne dass uns jemand beachtet, dann schliesslich erbarmt sich ein Gast. Er spricht fliessend deutsch noch aus oesterreichisch-ungarischer Zeit, als er im heutigen Moldavien als Oesterreicher geboren wurde. Jetzt ist er Rumaene. Er besorgt uns gebratene Fische und fuer den morgigen Tag ein Boot, auf dem uns eine Fischerin in einen Deltaarm rudert. Wir sehen viel Schilf, aber keine Voegel. Der Bodensee ist ergiebiger.

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #19 am: 11.07.2015, 21:19 Uhr »
SA, 23.05.: Donaudelta

Ich schlafe ewig lange. Bereits gestern hat man mir gesagt, dass eine Bootstour nur am Nachmittag möglich ist, denn vormittags ist von einer großen Gruppe alles reserviert.

Hier schon mal der "Hafen" am Hotel:



Das Frühstück hier im New Egreta Hotel ist sehr gut, und es ist warm genug um es auf der Terrasse einzunehmen, sogar fast zu warm dafür!

Da bis 14 Uhr noch jede Menge Zeit ist, fahre ich ein wenig spazieren, ein paar Impressionen auf die Speicherkarte bannen.

Ich fühle mich versetzt in die Kinderbücher, die selbst da schon alt waren, als ich sie in den Siebzigern gelesen habe. Alles ein wenig wie bei Astrid Lindgren ohne Schweden hier: Pferde, Schafe, Weide, kleine Häuschen, auf der Straße und an winzigen Bars stehende schwatzende Menschen, an den Bars übrigens fast immer nur Männer. Und wenn ich aussteige, höre ich nichts, nichts außer Vogelzwitschern und dem Summen von Insekten und in der Ferne vereinzelte Motorengeräusche.















In einem der Nachbardörfer bieten noch andere Skipper ihre Dienste an. Keine Ahnung, ob sie alle zu tun haben oder angesprochen werden wollen, jedenfalls bleibe ich völlig für mich und muss mich nicht gegen die erwarteten Angebote mich irgendwo hin zu fahren wappnen.



Und die Navi lotst mich zu einer Bank, deren ATM im Gegensatz zu dem gestern am Flughafen zum Glück nicht nur rumänisch mir mir spricht, sondern sogar deutsch!

Das im Gegensatz um Tankwart, der sehr nett ist, aber nur Rumänisch spricht. Auch ein anderer Kunde, den er fragt, ob er Englisch kann, kann nicht helfen, aber wir verstehen uns prima!

Es bleiben noch zwei Stunden um den Pool ein wenig abzuwohnen. Schade, dass der, so wie ich es mitbekomme, fast rund um die Uhr beschallt wird. Trotzdem ist es entspannend.

Sprachprobleme gibt es hier übrigens durchaus öfter, hier ein typischer Dialog anlässlich des Milchshakes am Pool:

Ich: “The bill, please.”
Kellner 1: Yes, a beer, Amstel?”
Ich: “No, the bill.” Ich mache schreibende Bewegungen in die Luft und forme mit Daumen und Zeigefinger das “Zahlen-Zeichen”, während Kellner 1 sich schon umdreht, um mit Kellner 2 zu besprechen, was ich wohl will.
Kellner 2 bringt mir einige Zettel und und einen Kuli. Ich starre darauf wie die Katze in den Fernseher, kann aber beim besten Willen keine Zahl finden, die mir erklärt, was ich zu zahlen habe.
Ich: “No, the bill, I want to pay” und halte einige Geldscheine in die Luft.
Kellner 3 kommt mit fragender Miene an.
Ich: “The bill please.”
Kellner 3 bringt die Rechnung und kassiert.

15 Minuten nach dem ersten “the bill, please” verlasse ich den Pool, doch Eile wäre gar nicht nötig gewesen, denn ohnehin beginnt die Bootstour mit ordentlicher Verspätung.

Doch endlich geht es los zur dreistündigen Fahrt durch das Donaudelta. Bestimmend auf dem Boot ist eine neunköpfige Großfamilie, die erst diskutiert, wobei ich immer wieder “Securitate” verstehe, bis Plastikplanen vor die Fensteröffnungen geknüpft werden, sodass man nichts mehr sieht. Das kann ja wohl nicht wahr sein! Beim Einsteigen ertrotze ich mir einen Platz ganz hinten, wo nichts verhängt wird.

Der Großfamilie ist es wichtig besonders schöne Selfies zu knipsen, aber es ist ohnehin nichts los. Wir heizen mit einem Affenzahn durch die schmalen Kanäle, sodass alle Vögel, die man theoretisch beobachten könnte, aufgeschreckt werden. Gerade saßen sie noch auf dem See, und weg sind sie!



To tell a long Story short: Wir halten wenige Male an verschiedenen Wasserpflanzen (die Großfamilie pflückt alles, was vom Bootsrand irgendwie greifbar ist), auch der eine oder andere Vogel kommt mir vor die Linse (Selfies sind wichtiger, und außerdem filmt ja einer zur Erinnerung mit dem Handy wirr durch die Gegend, zumindest dann, wenn er nicht gerade damit telefoniert), Erklärungen gibt es keine (warum auch?), und kurz bevor es durchgehend mit Höchstgeschwindigkeit wieder zum Hotel geht, gibt es eine kurze Pause am schwarzen Meer, das von Nahem betrachtet eher nordseeschlammfarbig ist.



































Meine Empfehlung: So ein Kurzbesuch im Donaudelta lohnt, wenn man einfach testen will, ob ein Wiederkommen lohnt. Er würde sich sicher noch mehr lohnen, wenn man nicht, wie ich, aus Faulheit und mangels besserer Recherche, für die Bootstour das Hotelangebot nimmt, sondern einen der Ecotouranbieter im Vorfeld bucht. Da gibt es auch durchaus Tagestouren. Nicht gesehen haben wir die im Reiseführer gelobten Fischerdörfer, die man nur per Boot erreichen kann, wie schade! Das Heizen durchs Schilf scheint hier durchaus populär zu sein, aber es ist eher ein bisschen wie drei Stunden Achterbahn oder Geisterbahn als dass es in diese schöne, ruhige Landschaft passt.

Abends fülle ich meinen Schutz vor Vampirismus mittels innerer Anwendung von Knoblauch zur gemischten Fischplatte wieder ordentlich auf und lande früh im Bett. Im Fernsehen läuft eine Doku über die Everglades. Hm, hatte ich heute so ähnlich auch, nur ohne Alligatoren…

Lohnenswerte Sehenswürdigkeiten: Donaudelta per Bootstour, aber lieber weniger Fun als mehr “Öko” buchen!

Floridiana

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #20 am: 12.07.2015, 13:04 Uhr »
Troeste dich, wir sahen im Ruderboot auch nicht mehr, sogar weniger. Du hast ja sogar Froesche aufs Bild gebannt.

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #21 am: 12.07.2015, 13:33 Uhr »
Troeste dich, wir sahen im Ruderboot auch nicht mehr, sogar weniger. Du hast ja sogar Froesche aufs Bild gebannt.

Und wahrscheinlich war das Motorboot zu schnell als dass ich mich von Mücken hätte zerfressen lassen müssen ;)

wolfi

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #22 am: 12.07.2015, 13:40 Uhr »
Toller Bericht!  :D

Einiges erinnert mich an das ländliche Ungarn - allerdings ist das Schwarze Meer mit dem Donaudelta doch noch was anderes als der Balaton aka das "Ungarische Meer".

Auch die Fotos sind wunderschön, danke.

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #23 am: 12.07.2015, 14:19 Uhr »
Toller Bericht!  :D

Einiges erinnert mich an das ländliche Ungarn - allerdings ist das Schwarze Meer mit dem Donaudelta doch noch was anderes als der Balaton aka das "Ungarische Meer".

Auch die Fotos sind wunderschön, danke.

Sehr gern geschehen. Rumänien hat es verdient etwas bekannter zu werden, wobei ich fürchte, dass gerade das perspektivisch eher Fluch als Segen sein wird, wenn das Land "optimiert" wird hinsichtlich des Tourismus. Bisher kann man vieles wirklich ziemlich allein besichtigen und sich wie ein Entdecker fühlen. In so mancher Kirchenburg, die in Deutschland Besuchermagnet wäre, war ich allein oder musste sie mir nur noch mit einer Handvoll anderer teilen.

Überhaupt habe ich die Länder, die früher hinter dem eisernen Vorhang lagen, inzwischen für mich als Reiseziele entdeckt und denke schon über eine nächste Tour nach. Von Ungarn übrigens kenne ich auch nur Budapest bisher...

Inspired

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #24 am: 12.07.2015, 14:20 Uhr »
SO, 24.05. Mud Volcanos und nach Brasov

Vor mir liegt ein langer Fahrtag. Zwar bin ich auf dem Weg bisher schneller vorangekommen als befürchtet, allerdings stimmen auch die von Google Maps angegebenen Fahrzeiten nicht, sodass die veranschlagten 5 bis 6 Stunden nicht reichen werden.

Und so geht es früh los, so früh, dass der Pool noch nicht beschallt wird, sodass ich herrliche Ruhe zu meinem Kaffee genießen kann.

Die Landschaft bis zu den Mud Volcanos (Vulvcanii Noroiosi) ist lieblich bis langweilig, wieder fahre ich durch endlose Felder bis zum Horizont durch überwiegend nur leicht gewellte Landschaft. Ich habe mich bewusst für die etwas längere Strecke entschieden, weil ich bei Harsova die Brücke nutzen will, denn auf eine Fähre zu warten, habe ich bei der langen Fahrt keine Lust, auch wenn es sicherlich ganz interessant gewesen wäre.

Zwischendurch wird es fast archaisch altertümlich. In bunten Wagen hausen Bienenvölker. Es stehen Brunnen am Straßenrand alle paar Meter. Ob man hier in den Dörfern tatsächlich noch das Wasser für den Haushalt aus dem Brunnen holt? Oder sind es lediglich Brunnen um Trinkwasser für das Vieh und Sprengwasser für die Felder zu gewinnen?





Erst auf den letzten Kilometern, als sich eine schmale asphaltierte Straße von Berca aus über 13 km nach oben schlängelt, wird es interessanter, saftig grün und irgendwie ein bisschen, als ob gleich der Almöhi auf der Straße steht mit den vielen Ziegen, die hier gehütet werden.







Nach etwa 5 Stunden Fahrt bin ich da. Und wieder bin ich völlig überrascht, dass die Mud Volcanos schon vor mir jemand entdeckt hat. Es gibt außer der Straße einen ordentlichen Parkplatz, Toiletten, eine Ausflugsgaststätte und sogar WIFI.

Es gibt zwei Stellen, an denen der Schlamm aus der Erde blubbert. Ich lande (allerdings rein zufällig) zuerst bei der kleineren und langweiligeren Stelle. Der Schlamm riecht nicht unangenehm wie beispielsweise im Yellowstone NP, und er ist auch kalt, deshalb darf man ungehindert und ohne Zaun hier herumlaufen, sobald man 4 RON (knapp 1 Euro) pro Stelle gezahlt hat. Ich gönne mir den Luxus mit dem linken Schuh fast vollständig einzusinken und trage ab sofort modebewusst einen schwarzen und einen grauen Schuh.







Ich esse in der Ausflugsgaststätte. Zwar versteht die Kellnerin mich nicht, aber sie holt die Kollegin. Die spricht englisch und bringt mir wenig später ein Stück Huhn mit Pommes und Salat. Eine Art Berliner gibt es auf Kosten des Hauses zum Nachtisch dazu. Bisschen langweilig, aber ich hoffe noch tiefer in die Weihen rumänischer Küche einsteigen zu können.

Es geht weiter zum nächsten Matschplatz. Hier muss man einige Minuten über einen ganz netten Weg nach oben stapfen vom Parkplatz aus. Belohnt wird die Mühe mit einer sehenswerten Mondlandschaft, mehreren blubbernden Kratern und großen Feldern, auf denen der herunterrinnende Schlamm Muster hinterlassen hat.











Ohne weitere Pause trete ich die letzten knapp 3 Stunden Fahrt bis Brasov an. Ein wenig geht es mir nun doch schon gegen den Strich, auch wenn die Landschaft nun deutlich interessanter ist: Es ist hügelig, irgendwo fahre ich eine ganze Weile an einem Stausee entlang, und auf den letzten Kilometern ist es wieder flach und man sieht im Hintergrund erstes Glitzern verschneiter Berge.

Übrigens fahren die Rumänen beherzt und flott, aber nicht unhöflich, ungeduldig oder rücksichtslos. Ein Fahrstil, der mir liegt, sodass es mir in dem spritzigen und wendigen Auto Spaß macht, zumal außer in und um die Städte herum nicht viel los ist. Und ich stelle auch mit Erleichterung fest, dass die Straßen überwiegend gut bis sehr gut sind, nur 2 oder 3 Orte haben die Möglichkeit der Verkehrsberuhigung mittels Schlaglöchern gewählt, als ich mal eine Nebenstrecke fahren musste.

Hm, beim Annähern gefällt mir Brasov nicht wirklich. Unübersehbar ist das sozialistische Erbe. Auch das Hotel Armatti am Rande der Altstadt ist von außen äußerst schlicht. Haben diejenigen, die mich gewarnt haben, etwa doch Recht?

Aber alles ist prima. Der Mensch an der Rezeption ist auf Draht und checkt mich fix und nett ein, das Hotel ist nagelneu, ich finde nicht ein Staubkorn, das Internet geht fix und ich mache mich auf in die Altstadt zum sehr schnellen Sightseeing, denn es ist wohl nur noch etwa 1,5 Stunden hell.



Die Altstadt kann sich sehen lassen: klein, aber fein ist sie. Brasov ist hübsch und städtisch genug um zum Bummeln gut zu sein, hat sich jedoch einen eher kleinstädtischen Charme erhalten.

Die von außen nicht sehr schwarze schwarze Kirche hat schon geschlossen, die Synagoge auch. Aber ein Schuhgeschäft hat noch geöffnet und ich erstehe zwei Paar sehr schöne, günstige Schuhe.

Und außerdem gibt es hier einen großen von Kneipen umrahmten Platz und eine endlose Reihe von Lokalen in der Fußgängerzone, und man kann noch draußen sitzen. Ich suche mir lieber ein Lokal in einer Nebenstraße, wo es etwas beschaulicher ist. Die Kellnerin versteht mich nicht, aber sie holt den Kollegen, und der spricht gutes Deutsch. Hier schmecken mir Nudeln und Salat schon besser als heute Mittag, und der Wein (mir wurden vorher drei Weine zum Probieren gebracht, daher nehme ich gleich 2 Glas), ist prima, und das alles für weniger als 15 Euro inklusive Trinkgeld.















Lohnenswerte Sehenswürdigkeiten: Vulcanii Noroiosi, Altstadt von Brasov

wolfi

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #25 am: 12.07.2015, 14:51 Uhr »
ja, man sollte nicht glauben, dass Brasov eine ehemals mehrheitlich von Deutschen bewohnte und bis zum Ersten Weltkrieg zu Ungarn gehörende Großstadt ist ...

Zitat
Brașov ( braˈʃov?/i, deutsch Kronstadt, ungarisch Brassó, historisch auch Stephanopolis[2]), 1950–1960 Orașul Stalin („Stalin-Stadt“), ist eine Großstadt in Rumänien mit etwa 250.000 Einwohnern.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bra%C8%99ov

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #26 am: 12.07.2015, 15:15 Uhr »
Ja, viele Städte sind dreisprachig ausgeschildert, auf Rumänisch, auf Ungarisch und auf Deutsch. Brasov hieß lange Zeit Kronstadt. Und bei den folgenden Tagen in Siebenbürgen begegnet uns sehr, sehr oft insbesondere deutsches Erbe...

wolfi

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #27 am: 12.07.2015, 15:38 Uhr »
Da freue ich mich schon!

PS und etwas OT:
Wir haben Freunde (sie ungarischer Abstammung, er deutscher) die nach 1989 aus Siebenbürgen nach Deutschland ausgewandert sind, die erzählen auch viel von de alten Heimat und wollen, dass wir sie (bzw ihre Familie) dort besuchen, wäre ja von Ungarn aus nicht mehr sooo weit.

Floridiana

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #28 am: 13.07.2015, 02:34 Uhr »
Sehr schoene Aufnahmen von Kronstadt. Ich hab wenig Erinnerungen dran, da ich krank wurde, vermutlich vom Essen. Ich bekam einen ueblen Ausschlag, der spaeter in Bulgarien schlagartig verschwand. Ich kann gut verstehen, dass die DDR Bewohner lieber nach Bulgarien als nach Rumaenien in den Urlaub fuhren. An Sibiu/Herrmannstadt habe ich mehr Erinnerungen und die Altstadt sah so aus wie diese Fotos von Kronstadt - allerdings unrenoviert! Schlangen vor der Metzgerei.

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Re: Rumänien: Unbekanntes Europa - eine Reise in die gute alte Zeit
« Antwort #29 am: 13.07.2015, 07:51 Uhr »
Wolfi, es waren sehr, sehr viele Familien unterwegs, die offenbar die alte Heimat besuchten. Und in einem Ort war ich in einer Kirchenburg. Die Hüterin des Schlüssels erzählte von den Ausgewanderten und meinte, dass mittlerweile aber auch viele wieder in die alte Heimat zurückkehren. Die waren nun hlt 20 oder 25 Jahre in Deutschland und kommen nun für ihren Ruhestand zurück.

Floridiana, es war wohl insgesamt kein sehr schöner Aufenthalt für dich dort. Ich glaube, diejenigen, die zu der Zeit auf die Idee einer Individualreise nach Rumänien gekommen sind, kann man sicher auch mit der Lupe suchen. Wie bist du denn damals auf die Idee gekommen?