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Autor Thema: Sonne, Wind und Regen und 17 Stunden Tageslicht - Schnupperreise Island 2013  (Gelesen 15412 mal)

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paula2

  • Paula
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von dem goldenen Tempel in Kyoto in deinem Footer habe ich übrigens viele interessante Bilder - alle in strömendem Regen  :D

Flicka

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Das Museum hätte mir auch gefallen, die Beschilderung war sicher auch in englisch oder? Und diese Skulptur Solfar ist ja genial!


Ja, die Erklärungen waren auch englisch, und einen Flyer mit den wichtigsten Ausstellungsstücken gabs nach meiner Erinnerung sogar auf deutsch.


von dem goldenen Tempel in Kyoto in deinem Footer habe ich übrigens viele interessante Bilder - alle in strömendem Regen  :D

O wie schade! Aber vielleicht habe ich Glück, und die Regengötter werden sich bei meiner Japan-Reise daran erinnern, dass ich schon in Island ein paar Regentage erdulden musste und sind gnädig.  :sun:


Regentage sind leider ein gutes Stichwort: Gleich geht es hier weiter, ausnahmsweise leider nur mit wenigen Bildern.

Flicka

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Wie eben schon angekündigt geht es heute leider etwas textlastig weiter:


Freitag, 3.5.13

Heute muss ich beim Weckerklingeln raus aus dem Bett, um pünktlich bereit zu sein: Um viertel nach acht werde ich von einem Bus abgeholt und nach Hveragerdi zum Reiterhof von Eldhestar gebracht, wo ich eine zweieinhalbstündige Reittour gebucht habe.

Auf der Fahrt dorthin sieht alles deutlich winterlicher aus als noch vor drei Tagen, als ich diese Strecke auf dem Weg zum Geysir gefahren bin. Was in Reykjavik als Schneeregen vom Himmel kam, ist hier „draußen“ auf dem Land liegengeblieben.

Auf dem Hof angekommen werde ich einer jungen Schwedin zugeteilt, die den Sommer über hier auf dem Reiterhof arbeitet und die mich auf meinem Ritt begleiten wird. Weil außer mir kein anderer diese Tour gebucht hat, können wir uns schnell aus der großen Gruppe der Leute lösen, die nur eine Stunde reiten. Ich bekomme knallorangene, straßenarbeiterähnliche wasserdichte Sachen zum Überziehen und einen Reithelm. Der Helm passt zum Glück noch über die dünne Mütze, und die wasserdichten Sachen sind natürlich auch nur die oberste von mehreren Bekleidungsschichten. Mit Skiunterwäsche, einer zweilagigen Regenhose und darüber nochmal einer Regenhose ist es dann auch gar nicht so leicht, in den Sattel zu kommen. ;-)






Leider regnet es wieder, aber die Sachen, die ich bekommen habe, sind tatsächlich wasserdicht, meine eigenen Sachen halten mich warm, und so macht mir der Regen nichts aus. Unter der Anleitung meiner Begleiterin versuche ich mein kleines dunkelbraunes Islandpferd zum Tölten zu bekommen, aber Mister X – wie ich ihn jetzt einfach mal nenne, weil ich den Namen vergessen habe – mag offensichtlich nicht tölten. Er mag Pass. In allen Geschwindigkeiten. Vom gemütlichen Schaukelstuhltempo bis zur Vorstufe vom Rennpass, wir testen alles durch, und ab und zu schwingt Mister X die Hufe auch im frischen Galopp. Nur mit dem Tölten klappt es auf dem zweieinhalbstündigen Ritt nur ein paar mal für ein paar Meter.

Schade, aber trotzdem macht der Ritt Spaß. Die Wege sind breit, so dass wir nebeneinanderherreiten und uns unterhalten können, wir schlagen ein flottes Tempo ein und ich finde es so viel besser als irgendwo in einer großen Gruppe in schlurfendem Schritt dem Schweif vor mir zu folgen. Die junge Schwedin ist zwar auch erst seit ein paar Wochen in Island, kennt sich aber schon ganz gut aus und gibt mir ab und zu Infos zu besonderen Landmarken oder Sagen, die mit der Gegend verknüpft sind. Generell scheinen isländische Sagen eher selten ein Happy End zu haben, zumindest nicht in der Gegend um Hveragerdi, denn die Konfliktlösung mündet meist in einen Kampf auf Leben und Tod.

Die Zeit verfliegt, aber wie lange ich dann doch im Sattel war, merke ich, als ich nach dem Ritt wieder auf meinen eigenen Beinen gehen muss und breitbeinig in den Stall zurückstolpere. Auf der Fahrt zurück nach Reykjavik fallen mir sogar kurz die Augen zu – der Ritt war doch anstrengend.

Am Nachmittag packe ich meine Schwimmsachen und fahre ein paar Minuten zum Schwimmbad „Laugardalslaug“. Der Eintritt ist noch in meiner Welcome Card enthalten, die ich gestern für 48 Stunden gekauft habe, wäre aber ansonsten mit 550 Kronen auch durchaus verkraftbar. (da laut Hinweisschild Fotografieren im Schwimmbad verboten war, hier immerhin der Link zum Schwimmbad: http://www.visitreykjavik.is/desktopdefault.aspx/tabid-241/492_read-499 )

Im Schwimmbad muss man zuerst die Schuhe ausziehen und außen im Regal stehen lassen, dann geht man auf Strümpfen in die Umkleide, wo man sich dann erst mal splitterfasernackt auszieht: In isländischen Schwimmbädern hüpft man vor dem Schwimmen nicht nur kurz unter die Dusche, um sich ein bisschen nass zu machen, sondern duscht vor dem Schwimmen gründlich mit Duschgel und vor allem ohne Badesachen. Das hatte ich schon im Reiseführer gelesen, und hier im Schwimmbad hat man auch extra eine Beschreibung für die unwissenden Touris aufgestellt.

Ich mache es den Isländerinnen nach, die mit mir zusammen gekommen sind und folge ihnen dann in den Badebereich – hinaus ins Freie. Das lässt sich bei 6 Grad, Wind und Regen natürlich nur aushalten, weil das Wasser so warm ist. Im Hot Pot sind es 38 Grad, das kleine Becken ist etwas kälter und das großen Becken mit der 50-m-Bahn nochmal eine Spur kühler. Ich bleibe insgesamt eine Stunde im Wasser, wechsele vom Hot Pot zum Badepool und zum Schwimmbereich und bin ganz froh, dass ich meine Haare trocken gelassen und eine Badekappe übergezogen habe. Mit dem Körper in 38 Grad heißem Wasser und dem Kopf im kalten Regen zu sein, ist sowieso schon eine merkwürdige Erfahrung, und mit nassen Haaren bestimmt nicht angenehmer.

Nach dem Schwimmbadbesuch schaue ich mir im Hotelzimmer im Internet dann ausführlich an, wo ich heute abend essen gehen könnte. Meine Wahl fällt auf eine Tapas-Bar, genannt Tapas Barinn, die nicht nur typisch spanische Tapas, sondern auch isländische Tapas serviert. Als ich um halb sieben dort ankomme, ist sie schon gut gefüllt, aber ich bekomme noch einen kleinen Tisch, bestelle mir erst mal eine Caipirinha und suche mir dann aus der großen Auswahl an Tapas Jalapenos und mit Speck umwickelte gegrillte Jakobsmuscheln und als isländische Spezialitäten Lammfilet und Papgeientaucherbrust aus. Der Kellner versucht mich noch mit einem „Deal-Angebot“ zu einer besonderen Spezialität zu überreden: Falls mir sein Vorschlag nicht schmeckt, bekomme ich den Nachtisch aufs Haus. Ein verlockendes Angebot, aber sein Vorschlag ist Walfleisch, genauer gesagt Minkwal, und ebenso wie das Fohlenfilet, das ebenfalls auf der Karte steht, kommt mir sowas gar nicht erst auf den Teller.

Letztlich werde ich auch mit der isländischen Papageientaucherbrust nicht glücklich, das kalte Fleisch schmeckt mir einfach nicht. Aber der Rest ist gut, vor allem die Muscheln. Als Nachtisch gönne ich mir noch ein Stück Schokokuchen, das aus purer Schokolade zu bestehen scheint und bezahle dann rundum satt und ziemlich zufrieden die stolze Rechnung von knapp 9.000 Kronen.

Anschließend spaziere ich zur Hallgrimmskirka, wobei ich schon auf dem Weg eine Gruppe „Spanierinnen“ sehe und an der Kirche selbst auf eine ausgelassene Schar treffe, bei der es sich um Mitarbeiter von WOW-Air handeln soll, wie mir eine blonde Schönheit erklärt, die in einem Kostüm steckt, das irgendwie eine Mischung aus Pfadfinderin, Wikingerin und Funkenmariechen ist. Schon heute auf der Fahrt vom Reiterhof in die Stadt sind kostümierte junge Menschen durch die Stadt gezogen, was unser Fahrer damit erklärt hat, dass es heute nur noch eine bestimmte Anzahl von Tagen bis zum Schulschluss sind und die Schüler das feiern. Allerdings war unser Fahrer kein Isländer, und die Gruppen, die ich heute abend sehe, sind jedenfalls aus dem Schulalter deutlich raus.

Ob die schon auf dem Weg zur „Runtour“ sind? überlege ich. Freitagsabends geht in Reykjavik nämlich die Post ab, da glüht man offenbar aufgrund der horrenden Alkoholpreise erst mal ordentlich zu hause vor und zieht dann ab Mitternacht ausdauernd durch Clubs und Kneipen, wobei man nicht gemütlich irgendwo bleibt, sondern ab und zu die Kneipe wechselt, und zwischendurch fährt man noch mit dem Auto die Haupteinkaufsstraße runter.

Ich habe dagegen heute nur noch eine Station vor mir, und das ganz ohne Auto: Ich gehe wieder zur Solfar-Skulptur und hoffe, dass die Wolkenlücken, die heute abend immer wieder aufreißen, bis zum Sonnenuntergang bleiben. Leider liegt dann aber über dem Horizont eine dicke Wolkenbank, und die Fotos bleiben leider blass.




Während ich warte, kühle ich völlig aus und als ich nach einer kurzen Busfahrt schließlich zum Hotel marschiere, bin ich ganz durchgefroren. Schnell drehe ich im Zimmer die Heizung hoch und kuschele mich unter die Bettdecke. Heute war ein sportlicher Tag, morgen lasse ich es mal ruhiger angehen.

Gute Nacht!

Anti

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Vorhin habe ich den Rest einer Island-Doku auf Servus.TV gesehen. Da musste ich auch hören, dass die Isländer die hübschen Papageientaucher jagen und essen. Aber nicht, wenn sie brüten: "Dann sind sie Freunde", sagte einer der Jäger  :shock:

Flicka

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Vorhin habe ich den Rest einer Island-Doku auf Servus.TV gesehen. Da musste ich auch hören, dass die Isländer die hübschen Papageientaucher jagen und essen. Aber nicht, wenn sie brüten: "Dann sind sie Freunde", sagte einer der Jäger  :shock:

Ich muss zugeben, dass ich ähnlich schizophren bin: Die Papageitaucher in freier Natur absolut süß und knuffig zu finden, hat mich nicht daran gehindert, am letzten Tag wieder Papageitaucher zu essen.  :oops:


Und jetzt noch ein warnender Hinweis: Gleich geht es weiter, aber der Reisebericht nähert sich nun dem Tiefpunkt, was das Wetter, die Fotos und die Urlaubsstimmung der Protagonistin angeht.

Dafür kann ich jetzt schon versprechen: Der morgige Reisetag reißt es wieder raus.

Flicka

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Samstag, 4.5.13

Mein Reykjavik-“Pflichtprogramm“ ist inzwischen abgehakt, morgen werde ich meine dreitägige Tour an die Südküste starten, und heute will ich mir mal einen faulen Tag machen. Ich wache früh auf, und weil am Himmel auch ein bisschen blau zu sehen ist, beschließe ich optimistisch, heute vormittag eine Whale-Watching-Tour zu machen. Kurz bevor meine 48-Stunden-Welcome-Card abläuft, kann ich sie noch für die Busfahrt ins Zentrum nutzen und bekomme noch 10 Prozent Rabatt bei der Tour.

Die Tour ist überraschend richtig gut gebucht, das kleine Schiff füllt sich, und als wir schließlich um kurz nach zehn ablegen, sind unten im Warmen alle Plätze belegt. Während wir aus dem Hafen fahren, geben dann aber doch die meisten Leute ihre Plätze wieder auf, um hinauf auf Deck zu gehen und Fotos zu machen. Ich mache es genauso, fotografieren noch die Harpa und bin ganz guter Dinge, als dann doch der Regen einsetzt und ich wieder hinunter ins Trockene flüchte.




Um das ganze etwas abzukürzen: Es regnet während der gesamten Fahrt, es ist kalt, und obwohl die Sprecherin im Ausguck hysterisch fröhlich ihr bestes tut, uns den Eindruck zu vermitteln, wir befänden uns inmitten spielender Delfine und Wale, sind in Wahrheit doch nur vier oder fünf Rückenflossen zu sehen, eine davon von einem Zwergwal. Auch der in der Fahrt enthaltene Stopp an einem vorgelagerten Vogelfelsen, auf dem auch Papageitaucher brüten sollen, reißt es nicht raus, denn wir sind so weit von den Felsen entfernt, dass man beim besten Willen nicht erkennen kann, ob die kleinen vogelartigen Geschöpfe Papageitaucher oder einfach nur Möwen sind.






Und das Wetter ist richtig richtig schlecht.




Am unterhaltsamsten an der ganzen Tour ist eine matronenhafte Russin, die sich einen Regenoverall anziehen will, den Overall aber nicht über die dicken Stiefel bekommt, aber so beharrlich am Hosenbein zieht, dass sie irgendwann festhängt und mühsam von ihrem Begleiter befreit werden muss. Leider gibts davon keine Fotos.  :wink:


Nach der Tour zieht mich der Hunger zur Würstchenbude, dann bummele ich noch ein wenig durch die Geschäfte. In einer Buchhandlung, die auch ein paar Souvenirs im Angebot hat, fällt mir unterschiedliches Salz in kleinen Säckchen auf, das ganz hübsch aussieht und auch günstig ist. Hm, da nehme ich doch gleich mal ein paar Säckchen als kleine Mitbringsel. Stutzig werde ich, als mich der junge Mann an der Kasse angesichts der Rechnung von über 6.000 Kronen fragt, ob ich eine Quittung zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer brauche. Aber erst im nächsten Geschäft wird mir klar, dass ich mich vorhin völlig verrechnet habe und dass ich gerade sechs Säckchen Salz im Gesamtwert von über 40 Euro gekauft habe. Von wegen günstig! Und ich kenne nicht mal jemanden, der so kochbegeistert ist, dass der diesen Preis zu würdigen wüsste.

Ich überlege kurz, dann gehe ich wieder zurück ins Geschäft, erkläre wortreich meine geistige Umnachtung und bekomme das Angebot eines Umtauschs gegen Gutschein. Offenbar ist auch der junge Mann hinter der Theke der Meinung, dass 40 Euro für ein bisschen Salz eine ziemliche Verschwendung ist, und weil wir ja so offensichtlich auf einer Wellenlänge sind, beschließe ich, mir von ihm CDs zum Kauf empfehlen zu lassen. Nachdem wir die von mir gesuchte Musikrichtung irgendwo zwischen Mainstream und Björk eingeordnet haben, sucht er für mich eine CD einer Sängerin von den Färöer-Inseln heraus und eine einer isländischen Band, ein Päckchen Salz nehme ich dann doch noch und bekomme schließlich an der Kasse 300 Kronen heraus. Der einzige CD-Player in Reichweite ist der im Mietwagen, also werde ich mir die CDs morgen auf der Fahrt in den Südosten anhören und bin schon sehr gespannt.

Am Nachmittag komme ich wieder im Hotel an und mache für den Rest des Tages ein Bed-In, das ich nur kurz für einen kleinen Lebensmitteleinkauf und fürs Kofferpacken unterbreche. Beim Packen bekomme ich dann den nächsten Anfall geistiger Umnachtung für heute, als ich nämlich den Plan für die nächsten drei Tage fein säuberlich in vier Teile zerreiße, in den Mülleimer werfe und eine Viertelstunde später wieder herausfische. Irgendwie ist heute nicht mein Tag.

Am Abend mache ich es mir mit meinem neuen Kindle im Bett gemütlich und lese den Bericht einer Deutschen, die ein Jahr lang in Reykjavik gearbeitet hat. Es ist lustig, von den Straßennamen zu lesen, die ich mittlerweile schon kenne, und selbst der Besuch der Würstchenbude fehlt nicht, wobei sich die Autorin offenbar nicht wirklich mit den Würstchen anfreunden kann. Außerdem verfolge ich interessiert den Wetterbericht für die nächsten Tag, der mit angemessen betroffenem Gesicht präsentiert wird. Na ja, immerhin sind hinter den Regenwolken auch ein paar kleine Sonnensymbole zu erkennen, also hoffe ich das beste.



Irgendwann nach zehn Uhr fallen mir dann die Augen zu. Morgen will ich früh aufstehen, denn dann wartet ein langer Tag: Ich kehre meinem gemütlichen Hotelzimmer in Reykjavik den Rücken und breche zur Südküste auf.

Gute Nacht!

Anti

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Es gibt so Tage, die sind einfach nur Mist. Und solche im Urlaub sind doppelt Mist. Aber nett von dir, dass du diese ehrlich mit uns teilst. Da weiß man, dass man mit soetwas nicht allein ist, wenn man sieht, dass es anderen hin und wieder auch so geht.

Ich wünsche dir auf jeden Fall einen schön(er)en Sonntag!

Andrea

Flicka

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Es gibt so Tage, die sind einfach nur Mist. Und solche im Urlaub sind doppelt Mist. Aber nett von dir, dass du diese ehrlich mit uns teilst. Da weiß man, dass man mit soetwas nicht allein ist, wenn man sieht, dass es anderen hin und wieder auch so geht.



Ich hatte wirklich kurz überlegt, ob ich den Reisetag mit einem kurzen Hinweis einfach überspringen soll, weil der letzte Reisetag zumindest fototechnisch ja auch schon etwas "dürftig" war und ich meinen Mitreisenden nicht so viel Regen zumuten wollte. Aber es soll ja ein authentischer Bericht sein, und schlechtes Wetter gehört zu Island unweigerlich dazu. Schön, dass du diesem Tag dann doch etwas positives abgewinnen kannst.


Ich wünsche dir auf jeden Fall einen schön(er)en Sonntag!

Andrea

Beim Blick hinaus aus dem Fenster siehts zwar nicht besser aus als an diesem Reisetag - aber wenigstens darf ich drinnen bleiben.  :wink:

Vielleicht gibts deshalb heute abend noch den nächsten Reisetag. Dir auch einen schönen Sonntag!

Flicka

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Sonntag, 5.5.13

Um halb sieben schäle ich mich langsam aus dem Bett, um halb acht stehe ich dann gestiefelt und gespornt an der Rezeption und erkläre, dass ich das Hotel zwar verlasse, aber nicht auschecke, sondern in zwei Tagen in mein bezahltes Zimmer zurückkomme. Falls der Mitarbeiter an der Rezeption das komisch findet, lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken, sondern macht sich eine Notiz und wünscht mir einen schönen Ausflug.

Der Ausflug scheitert erst mal beinahe daran, dass alle Türen des Polos zugefroren sind. Auf dem Dach stehen zentimeterdicke Eistropfen, aber wenigstens ist die Windschutzscheibe schon aufgetaut, denn heute morgen scheint wieder die Sonne, und das tut sie schon seit dem Sonnenaufgang um kurz vor fünf. Ich bekomme die Türen dann doch auf, lade meine Sachen ein und fahre los. Unterwegs lege ich schon mal eine der CDs ein, die ich gestern gekauft habe und lausche der klaren Stimme der Sängerin, die von der Umarmung der langen schattigen Winternacht berichtet und wie sehr sie die Sonne und die Vögel herbeisehnt.

Ich fahre erst mal eine gute Stunde, während der das Wetter mehrfach zwischen sonnig und dick bewölkt wechselt und tanke dann an einer kleinen Tankstelle am Rand der Ringstraße. Erstaunlicherweise kostet der Sprit an jeder Tankstelle entlang der Strecke gleich viel, Diesel 236 Kronen und Benzin 237 Kronen. Ich tanke Diesel, aber das gelingt mir erst nach mehreren vergeblichen Anläufen, denn der Automat will, dass ich eingebe, für wie viele Kronen ich tanken will, teilt mir das aber auf isländisch mit und ich brauche ein paar Anläufe um zu merken, dass ich am Anfang des ganzen Vorgangs die Sprache auf englisch umstellen kann.

Danach geht es weiter, zuerst mit einer kurzen Stippvisite an den Seljalandsfoss.




Den Seljalandsfoss will ich aber übermorgen auf der Rückfahrt länger besuchen, wenn die Sonne „richtig“ steht und fahre weiter zum Skogarfoss. Dort gilt das Motto „Mittendrin statt nur dabei“, denn man kann ganz bis nach vorne zum Wasserfall gehen, wenn man denn nichts dagegen hat, nass zu werden. Rundherum sind Gras und Steine gefroren.






Ich erklimme anschließend noch die Stufen hinauf zum Rand des Wasserfalls.




Dann geht die Fahrt weiter: Der nächste Stopp ist der Gletscher Solheimajökull. Dort habe ich eine dreistündige Gletscherwanderung gebucht. Der Weg zum Gletscher führt über eine Schotterpiste mit vielen Schlaglöchern, und ich bin froh, als ich nach fünf Kilometern den Parkplatz erreiche. Dort trudeln in den nächsten Minuten auch die anderen Teilnehmer ein, bis wir uns schließlich auf den kurzen Fußmarsch zur Gletscherzunge machen.

Während dieses Fußmarsches bekomme ich es fertig, zu stolpern und – der Australienurlaub lässt grüßen – auf die Knie zu fallen und mir die neue dicke und angeblich regendichte Wanderhose kaputtzumachen. Auch die Knie fühlen sich leicht lädiert an, aber nach einer Schrecksekunde bin ich der Meinung, dass alles halb so schlimm war.

Wir legen die Krampen an, und die Führerin erklärt, wie wir gehen sollen, nämlich immer fest mit dem ganzen Fuß auftreten, damit die Zacken sich ins Eis bohren können. Jeder bekommt außerdem eine kleine Spitzhacke, allerdings nicht zum Hacken, sondern als kleine Balance-Hilfe an schwierigen Stellen, denn der Stiel der Hacke mündet in eine Metallspitze, und auf dem „Hackenkopf“ kann man sich wie bei einem Spazierstock abstützen. Dann machen wir uns vorbei an dem gefrorenen Schmelzwasser, das hier an der Gletscherzunge in einen kleinen See mündet, auf den Weg hinauf auf den Gletscher.




Die ersten Schritte sind noch ungewohnt, und vor allem muss ich mich daran gewöhnen, die Füße nicht vorsichtig und tastend aufzusetzen, sondern im Gegenteil fest die Krampen ins Eis zu drücken. Und das ist hier auf dem ersten Teil der Wanderung auch sehr nötig, denn der Weg ist relativ steil und führt an tiefen Spalten und Verwerfungen vorbei. Oft liegen dichte Ascheschichten auf dem Eis. Unterwegs halten wir immer wieder an, und unsere Führerin erzählt uns Details über den Gletscher, die Gletscherbildung und die Gletscher in Island im allgemeinen. Es gab zur Zeit der ersten Siedler in Island gar keine Gletscher, die Vergletscherung setzte erst mit der „kleinen Eiszeit“ im Mittelalter ein.




Schließlich haben wir den Gletscher "erklommen" und wandern auf dem relativ ebenen oberen Bereich entlang. Inzwischen kommt ab und zu die Sonne zwischen den Wolken hervor. Dann geht es langsam wieder an den Abstieg, und die Risse und Spalten im Eis werden wieder größer.












Am Schluss der Wanderung nutze ich dann die Wolkenlücken und mache noch ein paar Fotos an der Gletscherzunge, wo sich auch eine Eishöhle gebildet hat. Müde und kaputt, aber glücklich und mit einem letzten Blick auf den Gletscher marschiere ich dann zum Auto zurück. Trotz der immer noch andauernden Knieschmerzen bin ich froh, dass ich diese Wanderung mitgemacht habe. Das war bisher einer der Höhepunkte meiner Islandreise.








Schließlich fahre ich die Schotterstraße zurück zur Ringstraße und folge ihr weiter bis zur Unterkunft, die ich nicht weit von hier in der Nähe des Kap Dyrholaey gebucht habe. Dieses kleine Holzhäuschen inmitten von Wiesen und Weiden ist für heute Nacht mein Zuhause.






Nach einer kurzen Rast fahre ich weiter zum Kap Dyrholaey. Dort hat man einen tollen Blick auf den schwarzen Strand, die Klippen und die Reynisdranger, spitze Basaltsäulen im Meer.








Weiter westlich am Kap steht ein kleiner Leuchtturm, und von den Klippen aus schaut man auf dieses Felsentor hinunter.






Danach fahre ich noch weiter zum Strand Reynisfjara in der Nähe der Reynisdrangar. Leider versteckt sich die tiefstehende Sonne hinter Wolken, statt für goldene Abendstimmung zu sorgen.









Leider ist es inzwischen wieder sehr kalt und windig, und obwohl der Strand und die bizarren Felsen eine tolle Kulisse sind, will ich nicht noch eineinhalb Stunden bis zum Sonnenuntergang hier warten, sondern fahre nach einem kurzen Fotostopp an einer kleinen Kirche noch weiter bis nach Vik, um einen Blick auf die Reynisdranger von der anderen Seite aus zu werfen. Mittlerweile tun mir die Knie von meinem Sturz richtig weg. Vor allem das rechte, obwohl ich zuerst gedacht hatte, dass ich auf dieser Seite gar nicht so hart aufgeschlagen wäre.






Langsam entstehen am Himmel tolle Wolkenformationen und Lichteffekte, und obwohl ich inzwischen hundemüde bin und mein Humpeln immer mühsamer wird, will ich noch versuchen, ein paar Fotos vom Sonnenuntergang zu machen und fahre nochmal zurück ans Kap Dyrholaey. Bei diesem Himmel kann man doch nicht zurück zur Unterkunft fahren! Über mir scheinen die Wolken in Flammen zu stehen.




Als ich schließlich an den Klippen vorbei zum Auto humpele und kurz nach unten schaue, schaut etwas zurück. Huch, was ist denn das? Ein bunter Schnabel, ein weißer Bauch, das ist ein Puffin, ein Papageitaucher!

Ich kann nicht verhindern, dass mir ein verzücktes „Puffin!“ entfährt. Die Verzückung beruht allerdings offensichtlich nicht auf Gegenseitigkeit, denn der Puffin fliegt weg. Vielleicht weiß er, dass ich vor ein paar Tagen einen Kumpel von ihm gegessen habe. Aber ein paar Meter weiter sitzt noch ein anderer. Inzwischen komme ich nur noch mühsam vorwärts, weil sich mein rechtes Knie irgendwie nicht mehr richtig beugen lässt, aber wer weiß, ob ich nochmal einen Puffin sehen werde. Also kämpfe ich mich die letzten Meter zum Kofferraum, hole das Teleobjektiv, setze die ISO-Zahl hoch und gehe auf Puffin-Pirsch. Und ja, ich habe Glück:






Inzwischen ist viertel nach zehn, und selbst hier in Island ist die Sonne untergegangen. Müde komme ich schließlich wieder in meiner Hütte an und schaffe es kaum noch, die Schuhe auszuziehen. Das rechte Knie tut inzwischen auch im Sitzen und im Liegen weh, das Bein lässt sich nur in Zeitlupe beugen, und nicht weiter als bis zum 90-Grad-Winkel und ich kann mich nur noch mühsam durch die Hütte schleppen. Als ich schließlich um halb zwölf ins Bett falle, bin ich aber zu müde, um mir Sorgen zu machen, ob ich morgen wieder laufen kann.

Gute Nacht!

Anti

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Wirklich ein toller Tag heute, du hast nicht zu viel versprochen. Hoffentlich beeinträchtigt dein Knie nicht die weitere Reise und bist schnell wieder schwellungs- und schmerzfrei!

Ach ja: Tolle Bilder! Das Tele-Holen hat sich wirklich gelohnt. Und so einen hübschen Vogel ißt du?  :lol:

Easy Going

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    • eumerika
So nahe liegt es beieinander - so eine absoluter Traumtag - tolles Licht - sogar noch Lundis (Puffins) so früh im Jahr mit dem Highlight der Gletscherwanderung und dann ein geschwollenes Knie (da kann ich mir nicht vorstellen daß das am nächsten Tag wieder Ok war ).
Ich weiß nicht ob es nachträgliches Daumendrücken gibt (?) aber ich mache es einfach mal.  :wink:
Vik ist jedenfalls unser absoluter Lieblingsort - mit unendlich vielen Möglichkeiten - da könnte man auch eine Woche bleiben.
Gruß Easy


You never gonna fly, if you're afraid to fall

Flicka

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Wirklich ein toller Tag heute, du hast nicht zu viel versprochen. Hoffentlich beeinträchtigt dein Knie nicht die weitere Reise und bist schnell wieder schwellungs- und schmerzfrei!


So nahe liegt es beieinander - so eine absoluter Traumtag - tolles Licht - sogar noch Lundis (Puffins) so früh im Jahr mit dem Highlight der Gletscherwanderung und dann ein geschwollenes Knie (da kann ich mir nicht vorstellen daß das am nächsten Tag wieder Ok war ).
Ich weiß nicht ob es nachträgliches Daumendrücken gibt (?) aber ich mache es einfach mal.  :wink:


Ich will euch ja nicht quälen und verrate deshalb schon mal jetzt: Das Knie ist morgen wieder ganz brauchbar. Zum Glück! Eigentlich hatte ich mir ja schon gedacht, dass es so ernst nicht sein kann, denn ich bin ja nach dem Sturz noch fast 10 Stunden mit dem blöden Knie unterwegs gewesen. Ich hätte aber auch nicht gedacht, dass es sich innerhalb einer kurzen Nacht so bessern könnte.

Ja, und die Lundis: Da komme ich heute noch ins Schwärmen, wenn ich mir die Bilder anschaue.  :D Trotzdem gabs am letzten Abend Salat mit geräucherter Lundi-Brust.  :oops:

paula2

  • Paula
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hab ich nicht gesagt du sollst Nähzeug einpacken  :wink:
oh Mann das ist echt Pech so blöd hinzufallen. Sehr beruhigend zu hören, dass es über Nacht besser geworden ist, ich nehme mal an das ein Arzt in dieser Einöde nicht zu finden wäre...
die Gletscherwanderung würde ich auch gern machen, mal sehen ob ich meinen Freund mit so was locken kann!

Was mich von den letzten Tagen wundert ist das Bad mit 38 Grad warmem Wasser (und die Schwimmbecken kühler), das hätte ich viel wärmer erwartet! 38 Grad ist mir definitiv zu kalt für das wärmste Becken (ich kenne das: in Erding hat der Badepool 38 Grad. Im Winter wird einem das draußen schnell zu kalt), gibt es keine richtig heiße Becken? Also in Japan wirst du andere Badetemperaturen erleben  :D

Flicka

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Was mich von den letzten Tagen wundert ist das Bad mit 38 Grad warmem Wasser (und die Schwimmbecken kühler), das hätte ich viel wärmer erwartet! 38 Grad ist mir definitiv zu kalt für das wärmste Becken (ich kenne das: in Erding hat der Badepool 38 Grad. Im Winter wird einem das draußen schnell zu kalt), gibt es keine richtig heiße Becken? Also in Japan wirst du andere Badetemperaturen erleben  :D

Hm, ich weiß jetzt selbst nicht mehr, woher ich die 38 Grad habe. Ich fand die Temperatur jedenfalls genau richtig, im ersten Moment sogar zu warm. Dann werde ich in Japan vermutlich einen Kreislaufkollaps kriegen.  :wink:


hab ich nicht gesagt du sollst Nähzeug einpacken  :wink:


Ging nicht, ich musste ja schon die blöden Ersatzschnürsenkel mitnehmen.  :wink:

Flicka

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Montag, 6.5.13

Die Vorhänge in der kleinen Hütte sind nicht so dicht wie die im Hotel in Reykjavik, und so wache ich schon um viertel nach fünf auf. Und als ich dann um viertel vor sechs noch eine SMS mit der Frage um mein Wohlergehen bekomme – schließlich ist es in Deutschland schon viertel vor acht – bin ich richtig wach und stehe auf. Schnell die Vorhänge zur Seite geschoben und rausgeschaut... Wow! Blauer Himmel, schneebedeckte Berge, diese Aussicht hätte ich zuhause aus dem Schlafzimmerfenster auch gerne.




Zum Glück geht es den Knien inzwischen wieder besser, sogar das rechte benimmt sich schon fast wieder „normal“, und ich verlasse schließlich um sieben Uhr in der Hoffnung auf weitere Puffins die Hütte und mache mich auf die Weiterfahrt.

Zuerst versuche ich am Kap Dyrholaey nochmal mein Puffin-Glück, aber wahrscheinlich sind die Puffins schon auf der Arbeit und fangen Fische. Die Felsen sind jedenfalls leer. Also fahre ich weiter Richtung Osten. Kurz vor einem Ort mit dem übungsbedürftigen Namen Kirkjubaejarklaustur biege ich von der Ringstraße ab und erreiche über eine Schotterstraße eine Schlucht mit dem nicht weniger übungsbedürftigen Namen Fjardrargljufur. Immer noch lacht die Sonne vom Himmel, und die Schlucht ist ein tolles Fotomotiv.






Danach spaziere ich bei Kirkjubaejarklaustur noch zu einer Stelle in einer Wiese, in der von Gletschern abgeschliffene Basaltsäulen einen Fläche wie einen Fußboden formen, so dass diese Stelle früher anscheinend für einen Kirchenfußboden gehalten wurde oder zumindest so genannt wird.




Die nächsten 90 Kilometer führt die Ringstraße zuerst unterhalb der ehemaligen Küstenklippen vorbei und durchquert eine Sandwüste, über der sich aber schließlich der höchste Berg Islands erhebt. Vorbei an zwei Gletschern fahre ich bis nach Ingolfshöfdi, wo ich hoffe, bei einem Ausflug zu einem vorgelagerten Vogelfelsen noch ein paar Puffins zu sehen.

Außer mir haben noch ein paar andere Urlauber den Weg hierher gefunden. Wir steigen in einen großen Anhänger, und dann geht die Fahrt mit dem Traktor ein knappe halbe Stunde lang durch Wasser und Sand, denn der Felsen ist nur so erreichbar. Mir gefällt der Ausflug jetzt schon.




Am Felsen angekommen müssen wir zuerst über eine steile Sanddüne hinaufklettern, dann ist der anstrengende Teil des Ausflugs geschafft und wir folgen dem Guide an der Steilküste entlang. Vor dem Ausflug hat vermutlich jeder der Urlauber, mich eingeschlossen, den armen Guide nach den Puffins gefragt, und er war sich nicht sicher, ob wir welche sehen würden. Aber jetzt sind wir alle froh und der Guide sichtlich erleichtert, denn Heerscharen von Puffins bevölkern die Klippen. Ich kann mir nicht helfen, ich finde sie einfach zu drollig.












Als jeder halbwegs „puffin-satt“ ist, schafft es der Guide dann auch, uns für die anderen Vögel zu begeistern. Diese arme Möwenmama ahnt schon böses:




Und richtig, sie wird vorsichtig von ihrem Nest vertrieben und wir dürfen schnell hineinschauen, während sie wütend schimpfend über uns ihre Kreise zieht.






Andere Vögel sind da wehrhafter. Die Skuas, die Raubmöwen, haben ein festes Territorium und mögen es gar nicht, wenn man ihnen und ihren Nestern zu nahe kommt, was der Guide dankenswerterweise für uns demonstriert. Offenbar kennen er und das Skua-Weibchen sich schon lange: Wenn ich es richtig verstanden habe, werden Skuas nämlich ziemlich alt, und dieser Vogel ist schon etwa 40 Jahre alt, genau wie der Guide.






Auf der weiteren Wanderung sehen wir noch beschädigte Eier von verschiedenen Vogelarten und natürlich noch viele Puffins. Nach zwei Stunden geht es dann zurück mit dem Traktor zum Parkplatz.








Es war ein toller Ausflug, und ich bedanke mich nochmal begeistert bei unserem Guide, bevor ich mich wieder ins Auto schwinge: Noch etwa eine halbe Stunde Richtung Osten fahre ich weiter auf der Ringstraße, bevor ich Jökulsarlson, die Eisberglagune, erreiche. Der Gletscher, der hier vor einigen Jahrzehnten noch fast bis ans Meer reichte, hat sich inzwischen weit zurückgezogen und eine tiefe Lagune hinterlassen, in der kleine und größere Eisberge schwimmen, schmelzen und langsam über einen nur 1500 m langen Fluss das Meer erreichen.




Ich habe eine Bootstour mit einem Zodiac-Boot gebucht, frage mich aber schon beim Anblick der Lagune, ob zwischen den vielen Eisbergen überhaupt ein Boot fahren kann. Findig wie die Isländer sind, haben sie für dieses Problem aber eine Lösung gefunden: Statt direkt am Parkplatz legt das Boot ein Stück weiter oberhalb ab, und wir werden über eine holprige Strecke per Bus dorthin gebracht. Weil das Eis auch hier dicht ist, fährt ein anderes Boot vor, um einen Weg durch die Eisberge zu suchen. Wir folgen ihm und fahren dann erst mal bis zur Gletscherzunge.






Der Guide erklärt, dass die Lagune tief ist, nämlich über 200 m, und anscheinend reicht das Wasser bis unter das Gletschereis und trägt es bei Flut und Ebbe immer ein wenig hoch und hinunter. Wenn man sich anschaut, wie hoch die Eiswand an der Gletscherzunge hinaufragt und wie hoch einige Eisberge sind und sich überlegt, dass sich nur 1/7 des Eises über Wasser befindet, wird einem so langsam klar, wie tief das Eis noch hinunter ins Wasser ragt.

Langsam fahren wir dann durch das Eis zurück zum Startpunkt.












Nach der Fahrt zurück zum Parkplatz ist es schon nach sechs Uhr. Ich bin ziemlich erschöpft und frage unseren Guide, ob man denn hier in der Nähe eine warme Mahlzeit bekommt. Er schickt mich 13 km weiter zu einem Museum, und ich fahre in der Hoffnung auf einen ordentlichen Hamburger mit Pommes Frites – immerhin laut Reiseführer DAS isländische Standardessen – weiter Richtung Osten.

Das angegebene Museum mit angeschlossenem Restaurant ist auch bald gefunden, aber oh Schreck: Es ist eins dieser Etablissements mit Stofftischdecken (schock), wo man nette Dinge wie Lammschulter zu essen bekommt. Ich dagegen habe statt einer Frisur nur noch Gestrüpp auf dem Kopf und trage eine an den Knien kaputte und an den Fersen ziemlich vollgeschlammte Wanderhose. Aber zu spät, jetzt bin ich schon drin, und netterweise empfiehlt mir der junge Kellner, doch einfach die Suppe des Tages zu nehmen und serviert mir die Suppe dann auch noch in einem Teller, der Schüsselgröße hat. Gesättigt, aufgewärmt und halbwegs ausgeruht fahre ich dann wieder zurück zum Jökulsarlon und spaziere hinunter an den Strand, wo bizarr geformte Eisbrocken im schwarzen Sand schmelzen oder ins Meer getrieben werden.






Schade, dass die Sonne inzwischen hinter dichten Wolken versteckt ist. Dass ich mit dem Wetter aber noch ziemliches Glück hatte, merke ich eine halbe Stunde später, als ich endlich in einem kleinen Ort namens Hof nahe am Skaftafell Nationalpark ankomme und dort eine kleine Hütte beziehe. Ich schaffe es gerade noch, die kleine Kirche zu fotografieren, da fallen schon die ersten Regentropfen.






Als ich schließlich in der Hütte bin und mich erschöpft aufs Bett fallen lasse, geht draußen plötzlich die Welt unter. Der Wind heult um die Hütte, der Regen rauscht sintflutartig aufs Dach. Ich igele mich unter meiner Bettdecke zusammen und schreibe im Schein einer trüben Nachttischlampe endlich die Postkarten, die ich schon vor fünf Tagen gekauft habe. Als ich schließlich gegen elf Uhr das Licht ausmache, tobt draußen immer noch das Unwetter.

Gute Nacht!