usa-reise.de Forum

Autor Thema: Sonne, Wind und Regen und 17 Stunden Tageslicht - Schnupperreise Island 2013  (Gelesen 15418 mal)

0 Mitglieder und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978
Ein herzliches Willkommen an die neuen Mitfahrer! Im Kühlschrank müssten noch zwei Flaschen Bier stehen, da dürft ihr ruhig zugreifen, und Käsesandwichs gibts auch noch. Also fühlt euch wie zuhause.



Mir gefällt besonders der Gulfoss mit Schnee ... scheint aber doch noch eher kalt gewesen zu sein bei euch.


Mist, jetzt habt ihr doch gemerkt, dass es kalt war. Dabei hatte ich mich in meinem Text doch so bemüht, den Anschein von tropischen 30 Grad zu erwecken.  :wink:



Ich glaube Island bei Sonnenschein ist wunderschön, während ich bei Island im Regen wahrscheinlich nach einigen Tagen in schwere Depressionen verfallen würde.


Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können. Zum Glück habe ich die meisten Regentage meiner Reise in und um Reyjkavik verbracht, da ließ sich das schlechte Wetter noch ganz gut aushalten.

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978
Mittwoch, 1.5.13


Als ich heute morgen aufwache, fühle ich mich ziemlich zerschlagen. Die Beine sind steif, der Rücken beklagt sich und der Kopf fühlt sich an, als hätte er einen Schlag abbekommen. Ich nehme erst mal eine üppige Dosis Aspirin, lege mich nochmal eine Stunde hin und trotte schließlich um viertel vor neun zum Frühstück, wo ich wieder kräftig zulange.

Während ich esse, werfe ich heimliche Blicke auf die anderen Gäste und bilde mir ein, an Frisur und Kleidung erkennen zu können, wie lange die Betreffenden schon in Island sind. Die Frau am Nachbartisch mit den wirren Haaren hat es offenbar wegen des andauernden Windes schon aufgegeben, sich zu frisieren – die ist bestimmt schon lange da. Die Frau am Büffet mit dem kaum knielangen Flatterrock kann frühestens gestern abend aus dem Flieger geklettert sein, sonst wüsste sie, dass ein warmes Zimmer und Sonnenschein am Hotelfenster nicht viel mit der feindlichen Außenwelt zu tun haben.

Ich ziehe mich wieder im Lagenlook an, bevor ich mich um viertel nach neun auf den Weg zur Halbinsel Reykjanes mache. Zuerst verfahre ich mich wieder an meiner „Lieblingskreuzung“, aber bald ist der richtige Weg gefunden. Ich nehme die Straße 41, biege dann auf die 42 ab und finde mich plötzlich auf einer kurvigen Gravelroad wieder. Die Straße führt auf und ab, und ich fühle mich wieder, als wäre ich am Ende der Welt.




Kurz darauf ist der Kleifarvatn erreicht, sozusagen der isländische Loch Ness. Im See soll nämlich ein walartiges Ungeheuer leben, und außerdem hat der See die Angewohnheit, den Wasserstand auf unerklärliche Weise zu ändern. Mysteriös.




Ein Stück weiter ist Seltun, ein Geothermalgebiet, direkt neben der Straße erreichbar. Mein Auto ist das einzige auf dem Parkplatz, und ich habe die heißen Quellen, zischenden Dampflöcher und bunten Hügel ganz für mich alleine. Zwar kann weder das Geysir-Gebiet gestern noch Seltun heute dem Vergleich mit dem Yellowstone Nationalpark standhalten, aber wenn man mitten in den Schwefeldämpfen steht, raubt einem auch die isländische Natur im wahrsten Sinne des Wortes den Atem.












Auf der anderen Seite der Straße sind noch zwei glucksende Schlammlöcher und wenig später ein leicht grünlich schimmernder See zu bewundern.






Dann führt die Straße hinunter zur Südküste. Ich folge ihr, bis ich auf eine Piste abbiege, die direkt bis zur Steilküste führen soll. Auf dem Weg dorthin frage ich mich zwar immer mehr, ob es eine gute Idee war, diesen Weg mit einem VW Polo zu nehmen, denn irgendwann komme ich an eine Stelle, an der die Piste überflutet ist, und furten wollte ich mit dem Polo eigentlich nicht. Aber als ich aussteige und nachschaue, stellt sich das Wasser zum Glück als kaum knöcheltief heraus, und der Polo meistert die Durchfahrt problemlos. Braves Auto.

Die Steilküste ist imposant, wenn sich hier auch leider nicht die vielen Seevögel finden, auf die ich gehofft hatte.




Als ich wieder im Auto sitze, sind meine Kopfschmerzen schlimmer geworden, und vor allem ist mir leicht übel. Das fühlt sich nach Migräne an, und ich löse schnell noch eine Dosis Aspirin in Wasser auf und trinke tapfer, obwohl mir dabei noch übler wird. Noch übler wird mir dann allerdings auf der rumpligen Rückfahrt zur Straße, und kurz bevor der Asphalt erreicht ist, geht gar nichts mehr. Ich reiße die Autotür auf, springe hinaus und übergebe mich heftig am Pistenrand.

Danach lehne ich mich erst mal eine Weile ans Auto, atme die frische Luft ein und denke nach. Am vernünftigsten wäre es wahrscheinlich, nach Reykjavik zurückzufahren, bevor die Migräne-Attacke richtig zuschlägt. Aber ich habe Urlaub, ich will nicht vernünftig sein, das Wetter ist schön, und morgen soll es regnen, und bei dem Gedanken, mich für den Rest des Tages im Hotelbett zu verkriechen, werde ich richtig ärgerlich.

Immerhin geht es mir jetzt wieder besser und ich überlege, dass der Rückweg über die Gravel Road entlang von Seltun und Kleifarvatn wahrscheinlich auch nicht viel schneller wäre, als wenn ich erst mal probehalber aus der asphaltierten Straße weiter bis Grindavik fahre und notfalls ab dort auf asphaltierten Straßen zurück nach Reykjavik.

Also fahre ich erst mal weiter. Tatsächlich sind die Kopfschmerzen nicht mehr so schlimm, schlecht ist mir auch nicht mehr, und als ich ein paar nette Islandpferde am Straßenrand stehen sehe, bin ich sogar wieder in Fotolaune.




Danach biege ich hinter Grindavik zur Blauen Lagune ab. Baden will ich dort zwar nicht, zumindest nicht heute, aber das milchig blaue Wasser soll man auch außerhalb der Lagune sehen können. Tatsächlich gibt es einen Weg, der vom Parkplatz aus an einer bizarren Landschaft vorbeiführt:






Als ich wieder ins Auto steige, habe ich plötzlich Hunger und esse probehalber eins meiner selbstgebastelten Käsesandwichs. Danach wird mir zum Glück nicht wieder schlecht, also biege ich wieder nach Süden ab und fahre weiter an der Südküste entlang. Auf dem Weg komme ich am Brimketill vorbei, einem Becken in der Felsenküste. Leider sehen die Becken, die ich dort finde, nicht so aus wie das Becken, auf das ich im Internet aufmerksam geworden bin, aber sehen lassen können sie sich trotzdem.






Weiter westlich liegt ein weiteres kleines Geothermalfeld, mit der Ghunnuver, einer heißen Quelle, in der Gudrun Önundardottir den Tod gefunden hat. Der Lonely Planet Führer und der Reise Know How erzählen die Geschichte etwas unterschiedlich. Nach der Reise-Know-How-Version stand sie im Verdacht, zwei Menschen getötet zu haben, worauf ihre Nachbarn sie aufforderten, einen Strick anzufassen, der sie dann quer über die Halbinsel Reykjanes bis in die Quelle zog. Vielleicht spuckt Gudrun – oder Gunna, wie der Lonely Planet sie nennt – heute noch vor Wut über diesen Trick Gift und Galle, denn aus der Quelle dampft es so heftig, dass ich zusammen mit einer Familie, die zeitgleich mit mir den kurzen Weg läuft, plötzlich mitten in Nebelschwaden stehe und minutenlang keinen Schritt mehr machen kann, weil ich nicht sehe, wo ich hinlaufen soll.




Der Weg zum Leuchtturm im Südwesten der Halbinsel mündet dann leider in eine Baustelle, so dass ich weiter die Küste entlang Richtung Norden fahre. Vorbei an der „Brücke zwischen zwei Kontinenten“, die über eine Spalte führt, mich aber nicht wirklich vom Hocker reißt, dann durch ein paar kleine Orte, die ich im Rahmen einer Sitzbesichtigung besuche - also durch die Straßen fahre und die Aufmerksamkeit der örtlichen Bevölkerung auf mich ziehe - bis nach Sandgerdi, wo ich dieses Haus an einem kleinen Weiher hübsch nordisch finde.




Dann ist schließlich der Nordwest-Zipfel der Halbinsel erreicht: Gardur, wo ich eine typische Kirche fotografiere und schließlich noch einen der beiden Leuchttürme. Als ich dort aus dem Auto aussteige, weht der Wind von der Küste her kleine Schneeflocken über die Wiese, und ich folge gerne dem Hinweisschild auf ein Museums-Café, trinke dort eine heiße Schokolade und esse Waffeln.








Danach beginnt die knapp einstündige Rückfahrt nach Reykjavik. Die Kopfschmerzen, die mich den ganzen Tag begleitet haben, werden wieder stärker, und ich sehne mich nach dem Hotelbett und dem weichen Kissen, in das ich meinen Kopf kuscheln kann. Eigentlich hatte ich mich heute morgen richtig darauf gefreut, mir heute abend ein schönes Restaurant zu suchen und essen zu gehen, aber jetzt bin ich froh, als ich gegen sechs Uhr wohlbehalten wieder im Hotel ankomme. So beschränkt sich mein Abendessen auf den Skyr, den ich noch im kleinen Kühlschrank habe, und die Abendunterhaltung besteht aus Dösen, Lesen und kurze Recherchen auf wetter.com. Die Vorhersage hat sich nicht geändert: Ab morgen wird es deutlich schlechter, und um die Mittagszeit soll es sogar schneien.

Aber morgen darf die Skiunterwäsche mal im Zimmer bleiben, denn ich werde mir Reykjavik anschauen, inklusive lecker abendessen. ;-)

Gute Nacht!

paula2

  • Paula
  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 1.654
Die Natur schaut wirklich toll aus dort! Vor allem dieser milchig blaue See hat es mir angetan  :D
Migräne im Urlaub ist natürlich saublöd :( hoffentlich wird das morgen besser ...

Heike & Heimo

  • Bronze Member
  • *****
  • Beiträge: 342
Oje, Migräne im Urlaub - na, dass kann einem ja wohl gestohlen bleiben :ohjeee:. Ich hoffe, es ging dann, gesundheitstechnisch, besser weiter.

Die tollen Bilder wecken Erinnerungen, leider sind mir die Felsbecken am Meer ganz entgangen. Keine Ahnung, vielleicht gab´s die 2009 noch nicht  :lachen07:. Ich freue mich schon auf den nächsten Tag und zieh dir die Schiunterwäsche lieber doch an. Ich weiß noch genau, nass und kalt, das geht gar nicht.

lg, Heike
"Of all the books in the world, the best stories are found between the pages of a passport."

Flicka als Gast

  • Gast
Danke euch beiden fürs Mitleiden.  :(

Aber zum Glück gings am nächsten Tag dann schon wieder besser. Es lag wohl teilweise auch am ziemlich heftigen Wetterwechsel von wolkenlos zu Schnee.

Über die Felsbecken an der Küste bin ich auch nur zufällig bei der Reisevorbereitung "gestolpert", weil im Lonely Planet ein entsprechender Punkt an der Küste eingezeichnet war. Es gab zwar ein Schild an der Straße, das war aber klein und verblasst.

Tja, und ansonsten: Gepriesen sei die Skiunterwäsche!  :wink: Leider hatte ich "nur" zwei Garnituren dabei, da musste ich zwischendurch auch mal waschen.

Anti

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 6.501
    • Anti walks...
Wunderschöne Bilder, Flicka! Und wer sich blind ins Forum klickt, meint den Yellowstone zu entdecken. Nee, nee! Das gibt´s auch in Europa! Deshalb liegt Island ja auch auf meiner Wunschliste (schon bevor ich den Yellowstone kannte), aber mein Schatz ist davon noch nicht so überzeugt. Also lese ich bis dahin schöne Reiseberichte von dort...

Aber echt? Skiunterwäsche? Bei minus 5 Grad? Da trage ich nicht mal Handschuhe (aber Mütze, wenn´s eisig weht). Oder ist die Kälte dort oben so anders als hier?

LG Andrea

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978

Aber echt? Skiunterwäsche? Bei minus 5 Grad? Da trage ich nicht mal Handschuhe (aber Mütze, wenn´s eisig weht).

Dann bist du definitiv Island-geeignet!  :D

Ich hatte am ersten Reisetag schon nach ein paar Minuten ohne Handschuhe kein Gefühl mehr in den Fingern. Am zweiten Tag wars dann besser, aber auch da waren Handschuhe "Pflicht". Ich gebe aber gerne zu, dass ich eher zu der Fraktion der ständig Verfrorenen gehöre.  :oops:


@ Heike: Ich hatte dich vorhin gar nicht richtig an Bord begrüßt. Das hole ich hiermit gerne nach: Willkommen in unserer kleinen, kältetrotzenden Reisegruppe. Euer Reisebericht zu Island hatte mich übrigens nachhaltig beeindruckt - und für Nachkäufe von Regenhosen und Regenjacke gesorgt.  :wink:

Heute schaffe ich keinen Reisetag mehr, aber morgen abend gehts weiter.

Easy Going

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 8.247
    • eumerika
Hallo Flicka,

bei Island lese ich natürlich mit - in 6 Wochen sind wir auch wieder dort.  :D

Gruß Easy


You never gonna fly, if you're afraid to fall

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978
Das freut mich sehr - willkommen an Bord!

Du hast durch deine Ratschläge auch sehr zum Gelingen der Tour beigetragen, denn ansonsten hätte ich vermutlich nur eine Übernachtung außerhalb von Reykjavik verbracht statt den zwei, die es letztendlich geworden sind.

Ich hoffe, als eingeschworener Island-Fan nimmst du mir die Fehler und Nachlässigkeiten bei den Akzenten und Sonderlauten nicht übel.  :oops:

Easy Going

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 8.247
    • eumerika
Das freut mich sehr - willkommen an Bord!

Du hast durch deine Ratschläge auch sehr zum Gelingen der Tour beigetragen, denn ansonsten hätte ich vermutlich nur eine Übernachtung außerhalb von Reykjavik verbracht statt den zwei, die es letztendlich geworden sind.

Ich hoffe, als eingeschworener Island-Fan nimmst du mir die Fehler und Nachlässigkeiten bei den Akzenten und Sonderlauten nicht übel.  :oops:
Ich hoffe es war nicht Deine letzte Reise (denn Du solltest Island auch mal im Sommer sehen wenn es wärmer und noch grüner ist und die Lundis da sind) und mit Akzenten und Sonderlauten kämpft wohl jeder der das erste mal nach Island kommt - selbst Leute die es besser machen sollten. :wink:
Gruß Easy


You never gonna fly, if you're afraid to fall

Heike & Heimo

  • Bronze Member
  • *****
  • Beiträge: 342
Wobei "Island im Sommer erleben" ja auch nicht heißt, du kannst die Schiunterwäsche daheim lassen :wink:. Ich freue mich schon auf neue Fotos, die Erinnerungen sind dann wieder ganz präsent.

lg, Heike
"Of all the books in the world, the best stories are found between the pages of a passport."

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978



Ich hoffe es war nicht Deine letzte Reise...


...ich denke nicht. Eine Sommertour fände ich auch sehr reizvoll.

Und egal, ob mit oder ohne Skiunterwäsche: Jetzt gehts weiter!


Donnerstag, 2.5.13


Heute morgen wache ich um halb sechs auf, als die Sonne durch einen Spalt im Vorhang auf mein Bett scheint. Ich schaue hinaus und sehe blauen Himmel. Aber als ich zwei Stunden später aufstehe, ist der Himmel grau und die Wolken hängen tief über dem Esja, dem Hausberg Reykjaviks.

Ich habe zum Glück keine Kopfschmerzen mehr, dafür aber einen Bärenhunger und schlage beim Frühstück zu. Anschließend lasse ich mir die Busverbindung ins Zentrum erklären und sitze schließlich um kurz nach halb zehn in der Linie 11 Richtung Laekjartorg. Dort angekommen folge ich erst einmal dem Schild zur Touristeninformation und kaufe mir eine Reykjavik Welcome Card. Damit will ich heute in drei Museen gehen und kann außerdem die Busse nutzen.

Zuerst gehe ich am Stadtsee, am Tjörnin, entlang zum Nationalmuseum. Die Schwäne und Enten stecken noch den Kopf ins Gefieder, während gerade die ersten Schneeflocken fallen.




Das Nationalmuseum zeigt viele Ausstellungsstücke zur Geschichte Islands, von der Besiedlung im 9. Jahrhundert über die Einführung des Christentums bis ins 20. Jahrhundert. Es sind schöne Exponate, die auch gut ausgeleuchtet und erklärt werden. Mir gefällt es richtig gut, und ich verbringe eineinhalb Stunden im Museum.

Hier ist eine kleine Statue, die wahrscheinlich Thor darstellt:




Und hier ist ein Schnitt durch die Bodenablagerungen der letzten ca. 1.200 Jahre – die dunklen Schichten sind Ascheschichten von unterschiedlichen Vulkanausbrüchen:




Außerdem gibt es Schmuckstücke, eine Silbersonderausstellung und allerlei anderes zu sehen:










Anschließend gehe ich am Stadtsee entlang zurück zum Zentrum. Inzwischen sind die Vögel aufgewacht und betreiben Federpflege.




Andere haben sich offensichtlich schon erfolgreich aufgehübscht.




Und wieder andere kämpfen noch mit ihren Yoga-Übungen. ;-)




Es ist kalt, windig und „schneeig“, und so bin ich froh, als ich mein nächstes Ziel erreiche, die Ausstellung „Reykjavik 871 +/- 2“. Das eigentliche Museum liegt ein Stockwerk unter dem heutigen Straßenniveau, denn es zeigt die originalen Überreste eines Langhauses, das hier gefunden wurde. Der Titel der Ausstellung kommt daher, dass man aus grönländischem Eis und den dort erhaltenen Ascheschichten rekonstruieren konnte, dass zu den genannten Jahreszahlen ein Vulkan in Island ausgebrochen ist, der unverwechselbare Asche über die Umgebung verstreut hat. Da zumindest eine Lehmmauer neben dem Langhaus unter dieser Ascheschicht gefunden wurde, muss sie vorher errichtet worden sein und ist damit das älteste in Island gefundene Bauwerk.

Hier ist die Lehmmauer:




Und dies sind die Überreste des Langhauses, das wohl ebenfalls um diese Zeit gebaut wurde.




Die Ausstellung ist gut gemacht, mit einigen interaktiven Filmen und Computeranimationen.




Anschließend muss ich wieder hinaus in die Kälte, und spaziere erst einmal am Althing vorbei, dem Gebäude, in dem seit dem 19. Jahrhundert das Parlament tagt.




Danach geht es Richtung Hafen, zur Harpa, dem Konzerthaus von Reykjavik. Von außen sieht das ganze ja noch irgendwie fragwürdig aus, aber im Innern lassen sich interessante Fotos machen.










An der Küste entlang marschiere ich weiter zur Skulptur Solfar, Sonnenfahrer.




Danach wird der Schnee wieder stärker und ich streiche kurzerhand den Besuch der Hallgrimskirka vom Programm. Eine graue Kirche vor grauem Himmel, und dann noch vom Kirchturm in graues Wetter zu schauen, klingt irgendwie nicht so verführerisch. Stattdessen spaziere ich die Haupteinkaufsstraße Laugavegur entlang zurück Richtung Zentrum, schaue in ein paar Läden hinein und stelle fest, dass überall schon die Sommergarderobe hängt, aber die dicken Handschuhe und Mützen ebenfalls bereit liegen. Ich liebäugele mit einer neuen Handtasche, werde aber nicht fündig. Und mich aus den vielen dicken Klamotten zu schälen, um ein luftiges Sommerkleidchen anzuprobieren, damit kann ich mich angesichts der Schneeflocken draußen irgendwie nicht anfreunden.

Fündig werde ich aber, was meinen eingeplanten Nachmittags-Snack angeht. Die Würstchenbude in der Nähe des Hafens, Baejarins Beztu, die in allen Reiseführern empfohlen wird und vor der sich immer eine lange Schlange bilden soll, verkauft mir einen Hot Dog und eine Cola für zusammen 550 Kronen, ca. 3,50 Euro. Ja, durchaus essbar, und für isländische Verhältnisse ein regelrechtes Schnäppchen.


Danach bin ich wieder gestärkt und starte zu meiner letzten Station: Dem Kulturhaus. Hier werden einige originale Handschriften und Bücher ausgestellt, dazu gibt’s eine nett gemachte Erklärung zu mittelalterlichen Schriften und Kultur, aber insgesamt hatte ich mir von dem Besuch etwas mehr erwartet. Die Bücher im abgedunkelten Raum dürfen leider nicht fotografiert werden, deshalb hier stellvertretend ein Foto einer Illustration aus dem benachbarten Raum:




Als ich schließlich in den Bus steige, um zurückzufahren, fällt mir zuerst vor lauter isländischen Straßennamen der Name „meiner“ Bushaltestelle nicht mehr ein. Doch, natürlich, da steht es ja auf meinem Plan: Lagmuli. Bei der Ansage „Nasta Stopp er Lagmuli“ (oder so ähnlich), drücke ich den Knopf und steige dann souverän an der richtigen Bushaltestelle aus. Noch ein paar Minuten zu Fuß durch Wind und Schnee zum Hotel, dann darf ich mich wieder im warmen Zimmer aufs Bett fallen lassen und die Füße hochlegen.

Am Abend fahre ich dann doch nicht zum Essen zurück ins Zentrum, sondern besuche das Kringlan-Shoppingcenter, denn heute ist Donnerstag, und donnerstags ist das Center bis zum 21.00 Uhr geöffnet. Eigentlich will ich mit der Linie 2 dorthin fahren, aber als ich um kurz vor halb sieben an der Bushaltestelle erscheine, stellt sich heraus, dass ich wohl zu optimistisch war, als ich angenommen haben, dass ein Bus, der um 17.48, um 18.03 und um 18.18 Uhr fährt, auch um 18.33 Uhr fährt, denn der nächste Bus fährt überraschenderweise erst um 18.50 Uhr. So lange will ich nicht warten, sondern mache mich zu Fuß auf den etwa 2 km langen Weg. Zum Glück regnet und schneit es kaum noch, und so komme ich schließlich wohlbehalten im Kringlan an, stöbere ein wenig in den Geschäften und esse im Food Court einen Teller Nachos. Dann kaufe ich mir beinahe eine sündhaft teure Jacke aus wunderbar weichem orangefarbenen Leder, aber leider – oder zum Glück? - sitzt sie nicht richtig und darf im Laden bleiben. Ich bleibe somit 60.000 Kronen reicher und kaufe mir von dem gesparten Geld gleich mal eine unspektakuläre, aber nette Handtasche für 8.000 Kronen.

Um die Nachos abzutrainieren, und weil inzwischen sogar stellenweise blauer Himmel zu sehen ist, marschiere ich schließlich zu Fuß zurück zum Hotel und bin um kurz vor halb zehn wieder „daheim“. Für morgen wird der Wecker gestellt, denn dann geht es wieder raus aufs Land. Hoffentlich bleibt es trocken.

Gute Nacht!




Anti

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 6.501
    • Anti walks...
Ein Kulturtag! Und so schön kurzweilig von dir dargestellt!  :D Mit den Öffis fahren im Ausland kann zu unerwarteten Erlebnissen und Begegnungen führen. Da ist eine falsche Haltestelle ganz normal. Bei dir ist es ja gut gegangen. Ich dagegen habe mal in Portugal ewig auf den Bus gewartet und als er kam, fuhr er vorbei. Ich habe einfach nicht gewusst, dass ich ihn per Handzeichen anhalten muss...  :lol:

Flicka

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.978
Oh ja, öffentliche Verkehrsmittel im Ausland. Bei einer der ersten Touren im Freundeskreis ins feindliche Ausland wohnten wir in einem Vorort von London. Dass dort sonntags irgendwie keine Züge hielten, bekamn wir auch erst mit, als nach einer Stunde Wartezeit der zweite an uns vorbeirauschte.

paula2

  • Paula
  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 1.654
Das Museum hätte mir auch gefallen, die Beschilderung war sicher auch in englisch oder? Und diese Skulptur Solfar ist ja genial!