Tag 6 (Donnerstag)Flucht von der Insel Krk - Küstenstrasse durch den Velebit - Starigrad PaklenicaIn der Nacht plätschert nochmal ordentlich Regen auf unser Zelt und am Morgen stehen grosse Pfützen auf dem Campingplatz, dazu bahnt sich aus Richtung Stara Baska über die Berge erneut Regen an. Ich richte das Frühstück und Frank besorgt in der Rezeption den Zugangscode fürs W-Lan-Netz des Platzes. Mit unserem Netbook loggen wir uns ins Internet ein und rufen die Wettervorhersage ab.
Die Gesichter werden lang und länger: Heute und Morgen noch Regenschauer auf der Insel Krk.
Keine Guten Aussichten für die geplante Wanderung, zumal in der einschlägigen Wanderliteratur ausdrücklich vor dem bei Nässe rutschigem Kalkstein gewarnt wird.
Wir überlegen, eine kürzere, weniger anspruchsvolle Tour rund um Baska zu Laufen, aber die Kombination von Regen und glitschigem Kalkstein so kurz nach meiner Radiusköpfchenfraktur ist ziemlich suboptimal, ein erneuter Sturz auf den noch nicht stabil verheilten Bruch und der Urlaub wäre wahrscheinlich gelaufen.
Wir checken das Wetter für unser nächstes Ziel: Paklenica Nationalpark. Für Starigrad Paklenica müssen wir heute noch mit wenig Niederschlag rechnen, ab Morgen setzt sich dort nach und nach die Sonne durch, Samstag, Sonntag, Montag sonniges und heisses Wetter.
Die Entscheidung ist gefallen, nach dem Frühstück bauen wir ab und fahren weiter nach Starigrad. Zelt ausräumen, Matten und Schlafsäcke einrollen. Lebensmittel- und Ausrüstungskiste ins Auto, zuletzt verschwindet ein noch nasses Zelt in blaue Müllsäcke verpackt im Auto und wir unter der Dusche.
Anschliessend noch die Rechnung an der Rezeption begleichen, Verpflegung für Unterwegs einkaufen und dann der Abschied von den Karstbergen von Krk. Über die bleichen Bergrücken wären wir gerne gewandert, aber heute nicht. Somit haben wir unser 1. Ziel für den nächsten Kroatienurlaub: Baska.
Ein letzter Blick auf die phantastische Szenerie auf dem wunderschön gelegenen Campingplatz und wir nehmen Fahrt auf. Wir stoppen erneut an dem Aussichtspunkt hinter Draga Bascanska. Die Aussicht ist etwas wolkenverhangen, aber reicht, flankiert von den liebgewonnenen Karstbergen, bis zur Meeresbucht und den vorgelagerten Inseln. Der glagolithische Buchstabe A steht dort wie eine überdimensionale Gabel und erinnert uns an unsere leckere Verpflegung. An einem Pizzastand haben wir uns Pizzaviertel gekauft, die verzehren wir jetzt, auf einem grossen Felsbrocken sitzend und geniessen die Aussicht.
(Fotocollage: Aussichtspunkt)
Wir verlassen die Insel Krk über die Brücke (beim Verlassen wird kein Maut erhoben) und biegen erneut auf die Jadranska Magistrala ein, die als Strasse #8 mit schönem Verlauf der Küstenlinie folgt. Bei Senj erreichen wir die nördlichen Ausläufer des schroffen Velebit-Gebirges. Mit 145 km Länge ist dieses Küstengebirge das längste Gebirge der Dinariden (Dinarische Faltengebirge auf der Balkanhalbinsel) mit einer Breite zwischen 10 und 30 km und Gipfelhöhen bis zu 1757 m und einer Fläche von 2200 km² bildet es eine Wetterscheide zwischen Mittelmeerklima und Gebirgsklima im Landesinneren (Fakten aus der Wikipedia).
klick KarteIm gesamten Verlauf des Velebitmassivs wurden Natur- und Nationalparks eingerichtet. Das jüngste Schutzgebiet, Nationalpark Nördlicher Velebit, wurde 1999 unter besonderen Schutz gestellt. 1949 bereits wurde der südliche Teil zum Nationalpark Paklenica erhoben. Der Naturpark Velebit (zwischen den beiden Nationalparks) ist seit 1981 geschützt.
Neben vielfältigen Karstphänomenen wie tiefen Schluchten, schroffen Berggraten, steilen Felsnadeln und zahlreichen Höhlen ist die besondere Tierwelt ein weiteres Highlight im Naturraum Velebit. Braunbären, Wölfe, Luchse, Adler, Geier u.v.m. zählen zu den Bewohnern.
Leider war der Velebit zu Zeiten des Kroatienkrieges heftig umkämpft und es wurden weitflächig Minenfelder angelegt die bis zum heutigen Tag noch nicht alle geräumt sind. Der Nationalpark Paklenica ist bis auf die relativ abgelegenen Gebiete des Velebit-Hauptkammes minenfrei, sodass man hier nach Herzenslust umherstreifen kann. Im nördlichen Velebit und im Naturpark sind viele Wanderwege angelegt markiert, darunter der Fernwanderweg Premužiceva staza, auch hier findet man ebenfalls ein vielfältiges Wanderrevier.
Doch das auswärtige Amt warnt nach wie vor vor Minen im Bereich des Velebits bei Senj, Karlobag und Zadar, um die Stadt Gospic in Zentralkroatien und entlang der Grenze zu Bosnien-Herzegowina und in den Landesteilen Slawonien wo noch ganze Dörfer in Trümmern liegen sollen.
Die Minenfelder sollen inzwischen alle durch Hinweisschilder bzw. Absperrungen markiert sein. Trotzdem sollte man noch immer in einigen Teilen der ehemals umkämpften Gebiete die Wege nicht verlassen und sich von Trümmergrundstücken fern halten. Das klingt ziemlich beunruhigend und in der Tat stossen wir bei Senj zum 1. Mal auf die Spuren der Balkankriege. In der Stadt und entlang der Küstenlinie liegen vereinzelt verlassene und zerstörte Häuser. Insgesamt hat man die Dörfer entlang der Küste jedoch sehr nett wieder hergerichtet und die Kriegsspuren weitestgehend beseitigt.
Der atemberaubende Verlauf der Küstenstrasse durch die zerklüfteten Ausläufer des Velebits trägt weiter dazu bei, dass wir die Gedanken an Krieg und Zerstörung alsbald verdrängen und uns an den Schönheiten des Landes erfreuen.
Mit kurvigem Auf und Ab nähern wir uns Karlobag und haben dabei einen tollen Ausblick auf die vorgelagerte Insel Pag, die sich von der den Fallwinden (der Bora) ausgesetzen Meeresseite kahl und abweisend zeigt. Dazu der bewaldete Gebirgszug des Velebits der dort, wo die Ausläufer zu schroff und steil werden, seine blanken, hellgrauen Felsflanken zeigt. Im Übergang zum bewaldeten Teil zeigt er sich wie ein Raubtierfell mit vielen Punkten und Tupfen. Wir sind ziemlich begeistert und stoppen unterwegs immer mal wieder für ein paar Fotos und um die Aussicht zu geniessen. Kleine Dörfer und Städtchen und einzelne Weiler die nicht mehr sind als die Ansammlung einzelner Häuser, schmiegen sich an die Küstenlinie, locken mit feinen Kiesstränden oder abfallender Steilküste und Bootsanlegestellen. Insgesamt ist die Küstenregion der Kvarner Bucht ab Crikvenica und noch mehr zwischen Senj und Starigrad dünn besiedelt und angenehm ursprünglich und unverbaut.
(Fotocollage: Küstenstrasse im Verlauf des Velebit)
Gegen 16.00 Uhr erreichen wir Starigrad Paklenica. Die kurvige Fahrt und die schönen Aussichten haben doch ziemlich Zeit gekostet. In Starigrad gibt es verschiedene Campingplätze. Am Ortsausgang, ganz in der Nähe der Paklenica Schlucht liegt das Autocamp Paklenica, das wir zunächst ansteuern. Die Rezeption öffnet erst um 17.00 Uhr wieder, wir besichtigen derweil den Platz, der sehr gut besucht ist.
Der Campingplatz der Nationalparkverwaltung liegt direkt nebendran am gleichen Strandabschnitt wie das Autocamp Paklenica und ist voll belegt. Daher schauen wir uns als Alternative zum Autocamp Paklenica noch einen weiteren Platz am nördlichen Ortseingang an, der aber parzellierte Stellplätze hat und dazu einen betonierten Strand. Zurück zum
Autocamp Paklenica. Der Campingplatz gehört zum Bluesun Hotel Alan und Campingplatzbesucher dürfen die Einrichtungen des Hotels mitbenutzen. Noch kein Argument? Das Hotel steht schon ziemlich lange dort und in den 60er Jahren wohnte die Filmcrew der Karl-May-Filme dort.
Die Rezeption ist inzwischen geöffnet, wir haben freie Stellplatzwahl und entscheiden uns für einen schönen Platz unter Kiefern gelegen. Vor dem Aufbau legen wir Zelt und Bodenplanen zum Trocknen in die Sonne und setzen uns an den Strand um mal zu schauen, welche Aussicht Winnetou und Old Shatterhand in den 60ern so aufs Meer hatten.
Wir bauen anschl. das Campingzelt auf, richten uns für die nächsten Tage häuslich ein und Kochen uns ein Essen aus den Vorräten. Zur Feier des Tages köpfen wir endlich eine Flasche Wein die uns schmeckt: lieblicher Muskat Zuti.
Untermalt wird der Abend vor dem Zelt mit Live Musik. Bis wir herausgefunden haben, woher die Musik rührt, sind wir zu müde um uns noch ausgehfertig zu machen und verkriechen uns stattdessen in die Schlafsäcke und lassen uns von Countryklängen in den Schlaf wiegen. Schade, das hätten wir mal früher wissen sollen, dass im Rahmen der "Winnetou-Woche" im Hotel Alan ein Country-Abend ansteht. Wir wären mit unseren Cowboyhüten hingegangen.