Freitag, 31. AugustUm 7:30 Uhr klingelt unser Telefon im Zimmer. Niemand ist schnell genug aus dem Bett und nach drei Klingeln ist wieder Ruhe. Zwei Minuten später:
*klopf, klopf*
Vincent geht zur Tür
„Oh Hi, please excuse me, but we would need your car keys, so we can repark it for another person to get out”
“Sure, here you go, drop them off at the reception, please”
*Hotelangestellter geht*
Stille.
“Das wäre außerdem ein genialer Weg ein Auto zu klauen…“
Um 9:48 Uhr ist Vincent wieder wach und weckt uns. Sch****, die Wachablösung ist um 10 Uhr!!
Ich ziehe mich in Windeseile um, greife meine Kamera und den Camcorder und sprinte zum Fahrstuhl. Um 1 Minute vor 10 bin ich in der Lobby. Es regnet. Meine Regenjacke ist oben. Damn it !!
Frustriert fahre ich wieder nach oben. Es ist mittlerweile 5 nach 10… jetzt brauch ich auch nicht mehr los. Ich ärgere mich.
Unser Auto ist immer noch auf dem Hotelparkplatz als wir um 12 Uhr auschecken. Was eventuell daran liegt, dass selbst ein Autodieb diesen Kasten Blech nicht mehr klauen würde…
Wir überqueren den Ottawa River und folgen ihm in nördlicher Richtung gen Montreal.
Die Fahrt ist recht unspektakulär. Nachdem wir uns durch Gatineau am anderen Flussufer gequält haben, folgt Dorf auf Dorf, während rechterhand der Fluss meistens in Sichtweite bleibt. Erstaunt sind wir über die beinah komplette Abstinenz der großen Ketten. Keine Kettenmotels am Highway, kein McDonalds oder Subway in den Orten. Dafür viele kleine, lokale Restaurants, Pubs und Motels, deren Schilder und Banner alle auf Französisch ausgeschrieben sind.
Da wir uns alle in der Schule zum Latinum gequält haben, würde eine Bestellung, bzw. das Finden eines entsprechenden Restaurants hier eine mittelgroße Übersetzungsleistung vorrausetzen.
So fahren wir, auch wegen des grauen Himmels und des einsetzenden Regens, bis Lachute durch. Hier gibt es einen Tim Hortons. Wir kehren ein. Der Kaffee ist günstiger als in Ontario und entgegen unserer Befürchtungen kommen wir auch ohne Französischkenntnisse an unseren Stoff.
Schon 30 Kilometer vor Montreal empfängt uns der erste Stau. Es ist Labour Day Weekend, Freitagnachmittag und die Straßen entsprechend voll. Wir gehören noch zu den Glücklichen, die nach Montreal wollen, denn während wir meistens Stop and Go haben, steht die Gegenfahrbahn aus der Stadt raus komplett.
Nach einigen abenteuerlichen Manövern, wie einem dreifachen Spurwechsel auf 150 Metern, erreichen wir das eigentliche Stadtzentrum und hier geht das Chaos erst richtig los. Gefühlt fährt jeder wie es ihm passt. Fahrräder fahren je nach Bedarf auf dem Fußweg oder quetschen sich zwischen stehenden Autos entlang, ein Autofahrer vor uns fährt auf einmal rückwärts aus einer Parklücke, überquert beide Spuren und parkt auf der anderen Seite ein. Allerdings hupt er dabei laut. Wer laut hupt hat erst mal Recht…
Verlustfrei erreichen wir unser Tagesziel. Unsere Unterkunft ist eine interessante Mischung aus einer Bar, über der unser Apartment ist, einem Club und einem Restaurant. Livemusik gibt’s täglich entweder in der Bar oder im Club auf der anderen Straßenseite.
Wir nehmen die Schlüssel in Empfang und staunen nicht schlecht. Drei Zimmer, Küche und zwei Bädern nennen wir für die nächsten zwei Nächte unser eigen. Wir sind baff. Das Apartment, das preislich genau in unserem Niveau lag, ist einfach riesig.
Hinten im Hinterhof ist eine Art Biergarten, der zum Pub gehört, vorne auf der Straße tummeln sich viele Hispanics, Metalfans, sowie ein paar Althippies. Insgesamt hat das Viertel ein alternatives Flair, man findet kaum Kettenrestaurants, stattdessen säumen Imbisse verschiedenster Nationen und Volksgruppen die Straße. Ein Hoch auf multikulti !
Schließlich müssen wir noch den Wagen umparken, währenddessen uns ein Malheur unterläuft. Als die Ampel auf Grün umspringt und das Auto hinter uns nicht losfährt, denkt Niklas die Dame möchte ihn rein lassen. Er fährt an, sie ebenfalls (sehr ruckartig außerdem…) und es knallt.
Der Schaden ist letztendlich gering, etwas verbeultes Metall und ein kaputter Wischwassertank bei uns. Wir füllen Dokumente aus und gehen unserer Wege. Wir könnten außerdem schwören, dass die junge Dameam Steuer auf ihr Handy geguckt hat, als der Unfall passierte.
Das erklärt ziemlich genau, warum sie so lange gebraucht hat um anzufahren und uns übersehen hat. Vermutlich hat sie eher aus dem Augenwinkel die Ampel umspringen sehen…. naja aber Schuldzuweisungen bringen auch nichts. Fakt ist, sie war auf der Straße und durfte fahren. Shit happens…
Wir parken den Wagen, der genauso schlecht wie vorher fährt dann doch noch um. Clever wie wir sind, fotografieren wir das französische Schild, auf dem die Einschränkungen des Parkens erklärt sind. Mit unseren geringen Spanischkenntnissen und völlig ohne Französischkenntnissen finden wir zunächst nichts was dagegen spricht hier zu parken, aber wir fragen an unserer Rezeption nach und die Dame bestätigt uns, dass das in Ordnung geht. Wir gehen noch einkaufen, essen Wraps und gehen schließlich begleitet von den wummernden Bässen, der Band, die unter uns spielt zu Bett. Meine Ohropax helfen gegen den Lärm, aber gegen die Vibrationen sind sie machtlos…