Tag 1Da die Anreise doch etwas länger war und wir entsprechend spät erst an der Matratze horchen konnten poltert erfreulicherweise mal kein Geist schon um 4 Uhr in der früh schon wieder durchs Zimmer.
Bevor es zum opulenten *hust* Continental Breakfast geht jedoch erst einmal ein Schritt vor die Tür im Tageslicht.
Hm, interessant – so sieht es hier also aus…Ein derartiges Erlebnis hat wahrscheinlich jeder schon mal in der einen oder anderen Form gehabt. Nicht das ich da jetzt auf persönliche Erfahrungswerte zurückgreifen könnte, aber man hat ja schon mal von den Geschichten gehört, dass jemand nach einem feucht-fröhlichen Abend im Schummerlicht der Disco eine Begleitung mit nach Hause genommen hat – in der festen Überzeugung es handele sich dabei mindestens um Claudia Schiffer oder Brad Pitt.
Und wenn man sich die Sache dann am nächsten Morgen noch mal im Hellen betrachtet muss man feststellen, dass aus Claudia über Nacht Ursula aus Arielle geworden ist und der vermeintliche Brad Pitt ist spontan mal zu Gollum mutiert. Hätte man vorher einen passionierten Hobbyfotografen zu Rate gezogen, hätte der einem bestimmte interessante Vorträge über die Auswirkung von Lichtverhältnissen geben können…
In unserem Fall gibt es aber keine bösen Überraschungen, man kann nur erstmalig überhaupt was von der Umgebung sehen. Am Vorabend war sichttechnisch am Rand der Böschung Schicht im Schacht, der Rest und damit auch die sanfte Hügelkette am Horizont lagen in völliger Dunkelheit.
Die Koffer ins Auto gewuchtet und noch einen „schnellen“ Abstecher zum lokalen Walmart um den Grundbedarf für die kommenden Wochen zu decken. Die übergroßen Supermärkte sind dabei Fluch und Segen zu gleich. Ja ich gebe zu auch ich kann mich in der Sport- und Freizeitabteilung vom Walmart gern mal etwas länger aufhalten, nur um einfach mal ein wenig durch die Gänge zu schlendern und mich am reichhaltigen Angebot zu erfreuen.
Zumal die - anders als ein deutscher Markt mit der mit dem Slogan „Einmal hin – alles drin…“ wirbt – offenbar wirklich alles haben was man so (nicht) braucht. (Oder hat schon mal jemand in seinem Egal-Markt ein Kajak geschweige denn eine Feuerwaffe käuflich erwerben können??). Aber noch sind es 2 Fahrstunden bis zum Yellowstone und wenn ich eine Kühlbox und Nahrungsmittel auf der Liste haben interessieren mich die tollen Küchenhelfer jetzt eher weniger.
Das Wetter spielt zunächst leider erst einmal weniger mit. Dunkle Wolken am Himmel und immer mal wieder vereinzelte Schauer, auf Höhe Rexburg sogar kurzzeitig „Land unter“ inkl. Hagel. Na super, da fliegt man einmal um die halbe Erde um dem deutschen Nicht-Sommer zu entkommen und dann das. Als unverbesserlicher Optimist verweise ich darauf, dass es „da hinten“ ja schon heller wird und tatsächlich, als wir in West Yellowstone einrollen hört der Regen auf. Kühl bleibt es trotzdem.
Rein in den Park und den Jahrespass gezückt – lasst das große Tiere glotzen beginnen.
Anmerkung: Wie schon dem Prolog zu entnehmen war ist das nicht unsere erste Tour in den USA und auch dem Yellowstone hatten wir schon einmal einen Besuch abgestattet. Wenn sich jetzt beim Lesen also der ein oder andere die Haare rauft wieso wir auf unserer Tour bestimmte „Highlights“ einfach links liegen lassen („Jetzt sind die schon mal da und halten nicht mal an…“) oder teilweise auf eher nicht so bekannten Wegen unterwegs sind wird das in den meisten Fällen daran liegen, dass wir die anderen Sachen schon auf einer früheren Tour mit unserer Anwesenheit beehrt haben.Irgendwie muss aber die Nachricht an die Tierhorden sich doch jetzt bitte schön rechts und links des Weges zu versammeln um von uns beglotzt zu werden wohl leider unter die Räder gekommen sein. War wahrscheinlich auch wieder eine „0“ statt eines „O“ dran schuld. Bis auf viel (schöne) Gegend und ein paar Wasservögel zeigt sich der Park von seiner tierarmen Seite. Wir haben lediglich das zweifelhafte Vergnügen einen Verkehrsunfall betrachten zu dürfen, ein Pick-Up und ein Gespann haben es geschafft auf eigentlich gerader Strecke miteinander zu kollidieren. Da haben die Fahrer wohl auch mehr auf die Umgebung als auf die Straße geachtet – trotzdem Daumen drücken, dass niemandem etwas Ernsthaftes passiert ist.
Erstes Ziel – Mammoth Hot Springs. Oder auch nicht. Auch den erfahrenen USA Reisenden sei noch mal ans Herz gelegt sich des Öfteren mal auf den jeweiligen Seiten der Parkverwaltung über etwaige Baustellen zu informieren. Zwischen Norris und Hot Springs wird kräftig gebaut, was in diesem Fall heißt, dass die komplette Straße weggerissen wird und nur einspurig hinter einem Follow-Me-Car über eine schlaglochbewehrte nasse Schotterstraße hergezuckelt werden kann. Entsprechend lang sind die Wartezeiten bis die eigene Fahrtrichtung dann wieder freigegeben wird. Passend dazu fängt es auch noch wieder an zu regnen. Keine Tiere, Stau und schlechtes Wetter – die Stimmung im Auto war auch schon mal besser.
Kurz hinter der Baustelle dann rechts und links an der Straße geparkte Autos (natürlich am besten direkt neben dem Schild „No stopping any time on roadside!“) aufgeregte Leute mit Kameras bewaffnet und ein Ranger-Fahrzeug. Untrügliches Zeichen – hier ist irgendwo das ersehnte wildlife unterwegs. Und tatsächlich, links im Unterholz unser erstes ernstzunehmendes Tier – na wer kann anhand des aus dem Auto geschossenen Fotos erkennen was es ist?
Das Stimmungsbarometer im Auto steigt spürbar an. Und ohne jetzt den Oberlehrer raushängen lassen zu wollen: Klar hätte ich auch gern das Auto abgestellt (nur gab es hier gerade nun mal keine Parkbuchten) und wäre mal in Ruhe gucken gegangen oder hätte bessere Fotos gemacht.
Nur hatte der Ranger so schon genug damit zu tun die diversesten Leute zurückzupfeifen die – bewaffnet mit Kamerobjektiven mit dem Durchmesser einer durchschnittlichen Lafette – meinen durchs Gebüsch kriechen zu müssen um das perfekte Foto zu schießen. Mal abgesehen davon, dass man damit die Tiere schneller vertreibt als ein gewisser Präsident das Wort „FakeNews“ twittern kann, ist es einfach auch nur sau gefährlich und hinterher ist das Geheule dann wieder groß wenn Meister Petz den Touris dann mal freundschaftlich die Pranke auf die Schultern legt.
(Ich weiß nicht mehr ob ich das mal im Visitor Center eines anderen NP gelesen habe oder ob das in die Kategorie „urban legend“ gehört, aber es soll ja schon Mütter gegeben haben die ihrem Kind Honig auf die Hand gestrichen haben damit sie ein Bild davon machen können wie der Bär das ableckt – und sich dann wundern wenn der Bär gleich mal den ganzen Arm mitnimmt…).Und als wolle uns der Himmel dafür belohnen, dass wir darauf verzichtet haben ebenfalls durchs Unterholz zu trampeln reißen die Wolken beim Erreichen des Parkplatzes bei den heißen Quellen auf und die Sonne kommt durch.
Wir laufen die nächsten knappen 1,5 Stunden über die befestigten Wege rund um die Hot Springs Terrassen:
Schön hier. Aber (und nein ich kann nicht versprechen, dass ich mich jetzt virtuell zum letzten Mal auf dieser Reise „aufrege“) was zum Geier ist an den Schildern „Stay on Trail“ nun bitte nicht zu verstehen? Irgendwo anders war im Park ein Weg ja relativ lange gesperrt, weil irgendwelche Deppen meinten eine „Abkürzung“ nehmen zu müssen und somit die fragile Natur zerstört haben. Dazu kommt, es dampft und blubbert hier an jeder Ecke – könnte ein Zeichen dafür sein, dass es unterhalb der Oberfläche vielleicht heiß ist.
Mach einer der es unbedingt ausprobieren musste wie heiß hat diese Erfahrung dann mit seinem Leben bezahlt – Darwin at work sozusagen. Das hält trotzdem bestimmte Exemplare der Gattung Mensch nicht davon ab, die markierten Weg zu verlassen um den Nachwuchs ein paar Meter abseits auf einem Stein für ein Foto zu drapieren. „Sooooooo cuuuuuuttttteeeee….“ – NOT!
Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Kein Schnappschuss ist es wert das Papi sein Bein dampfgestrahlt bekommt oder das die Kinder zu einer spontanen wenn auch unfreiwilligen BBQ-Party eingeladen werden. Mal ganz davon ab, dass irgendwer die Sauerei dann hinterher wieder weg machen muss…
Es beginnt wieder leicht zu regnen und so beschließen wir es für heute gut sein zu lassen und das Motel anzusteuern. Da die Tour recht spontan geplant wurde war im Park selbst nichts mehr zu bekommen, also mussten wir nach West Yellowstone ausweichen. Hatte ich zumindest gedacht.
Entfernungen sind in den Staaten ja bekanntermaßen relativ. Die Buchungsbestätigung sagt auch in diesem Fall wieder sehr eindeutig: „West Yellowstone“. Nur ist das Navi da irgendwie anderer Meinung. Es lotst mich aus dem Ort raus und zeigt noch 15 km bis zum Ziel an. Ähm ja…
Im Endeffekt liegt unser Motel dann also knapp 8 Meilen außerhalb vom Ortskern am HW20. Ok hat sich der Plan zu Fuß zum Essen zugehen damit also auch gleich mit erledigt. Das Zimmer selbst ist guter Durchschnitt (und ehrlich gesagt bin ich selbst schuld, da ich bei der Buchung mehr auf den Preis und nicht auf die Lage geschaut habe).
Um den doch jetzt aufkommenden Hunger zu stillen müssen wir uns also noch mal ins Auto setzen, aber wie gesagt bei 8 Meilen zuckt der Ammi ja nicht mal mit der Wimper. Wir landen im Timberland Cafe – nichts außergewöhnliches aber leckeres Essen und anständige Portionen zu für WJ einigermaßen humanen Preisen. Zum Abschluss laufen wir noch ein wenig über die Yellowstone und Madison Avenue bis sich die lange Anreise und der Jet-Lag bemerkbar machen und wir sehr zeitig ins Bett fallen.