Heute wird´s heftig. Wettertechnisch meine ich. Ich hoffe ihr seid nicht wasserscheu.
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9. Tag: 08.07.2015Frühstück gibt es wieder von Vons: die leckeren Käsebrötchen mit Oliven eingewebt sind einfach ein Gedicht! Die Sesambrötchen schmecken wie zuhause - an der Brötchenfront scheint sich also in Amerika eine gewisse Entspannung einzustellen. Zumindest in Touristenregionen wie Mammoth Lakes. Der Kaffee von Starbucks schmeckt gut wie eh und je beim Internetsurfen und Mails-Checken.
Jetzt wird es Zeit Mammoth zu verlassen, wo es uns insgesamt sehr gut gefallen hat. Wir fahren bei
partly cloudy skies auf der CA 395 Richtung Norden. Den June Lake lassen wir links liegen und biegen kurz vor Lee Vining links ab auf die Tioga Pass Road, die in den Yosemite National Park führt.
Kurz vor dem Ellery Lake mache ich ein paar Fotos von der wunderschönen Landschaft.
Kurz bevor wie den Parkeingang erreichen, biegen wir rechts auf die nicht-apshaltierte Zufahrtstraße zum
Saddlebag Lake hat. Hier haben wir uns 1994 mit unserem damaligen Chevy-Oldtimer raufgequält und wurden vom Washboard kräftig durchgeschüttelt. Unsere damalige Klapperkiste drohte komplett aus dem Leim zu gehen. Mit dem schweren GMC Yukon ist das hingegen kein Problem.
Um 9.50 Uhr, also nur zehn Minuten vor der geplanten Abfahrt, kaufen wir für insgesamt 40 USD Tickets fürs Water Taxi. Die Zeit reicht gerade noch um uns mit Sonnenschutz zu versorgen und für alle Fälle eine warme Jacke einzpacken. Dann gehts auch schon los und das Taxi bringt uns in ungefähr zehn Minuten zum anderen Ende des Sees. Vor uns dicke Wolken, die hoffentlich noch eine ganze Weile dicht halten. Später am Tag wird es sicherlich die üblichen
thunderstorms geben.
Am anderen Seeufer angekommen zeigt uns der Bootsführer die grobe Richtung, in die wir laufen müssen. Ein markanter Baum mit heller Rinde dient dabei als Orientierung. Die ungefähr sechs Meilen lange Saddlebag Loop führt anschließend auf einer Höhe von über 3100 m ü.NN. an verschiedenen Seen vorbei durch eine malerische Hochgebirgslandschaft.
Als wir nach einem recht steilen Abstieg über ein Geröllfeld den Helen Lake erreichen, wo der
trail eine 90°-Wendung Richtung Westen macht, haben sich dicke Regenwolken am Himmel versammelt. Es ist ziemlich kühl geworden und wir legen einen Zahn zu, um noch vor Einbruch eines etwaigen Gewitters unsere Wanderung beendet zu haben. Gut, dass wir unsere Jacken dabei haben.
Wenig später beginnt es tatsächlich zu gießen und wir suchen unter den Zweigen einer kleinen Baumsiedlung Unterschlupf und machen eine Mittagspause. Dann setzen wir den Marsch fort. Wir müssen eine mit
cairns markierte Anhöhe hochkraxeln und haben von oben einen grandiosen Blick auf den Shamrock Lake. Gut, dass es wieder aufgehört hat zu regnen, denn wir befinden uns in absolut exponierter Lage.
Der Weg führt hinunter zum Shamrock Lake und an einem weiteren kleinen See (mit mir nicht bekannten Namen) vorbei.
Als wir den Steelhead Lake erreichen, hat uns der Regen wieder fest im Griff. Diesmal ist es kein kürzerer Schauer, sondern es regnet sich regelrecht ein. Sogar Hagel mischt sich unter den Regen und immer dickere Körner prasseln auf den Boden. Wir bewegen uns im Laufschritt weiter. Nur schnell weg hier, bevor es noch schlimmer wird. Unheilvolles Donnergrollen rollt vom eisgrauen North Peak zu uns heran.
Kurze Zwischenfrage: sind wir hier in Kalifornien im Sommerurlaub oder ist das Alaska im November?
Das Wetter wird immer grausamer. Es ist mittlerweile winterkalt und es regnet Bindfäden. Die letzten paar Hundert Meter zur Anlegestelle laufen Lisa-Marie und ich im Vollsprint vor, um sicherzustellen, dass das Boot auch ja auf uns wartet. Die eigentliche Abfahrtzeit um 12.15 Uhr haben wir schon längst verpasst, aber noch immer flüchten sich einzelne bibbernde Wanderer unter die Zeltdachplane des kleinen Gefährts, wie wir von weitem sehen können. Offenbar wird alles eingesammelt, was in der Nähe ist und laufen kann. Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig an Bord und erklären der Crew, dass sie bitte noch ein paar Minuten warten mögen.
Draußen ist ein schwerer
thunderstorm losgebrochen und es hagelt dicke Körner. Annalena und Anja kommen endlich auch vollkommen durchtrieft in Sicht und wir winken ihnen hektisch sich zu beeilen, denn das Boot ist eigentlich jetzt schon hoffnungslos überfüllt und alle warten sehnsüchtig auf die Abfahrt. Andererseits ist es absolut unzumutbar Leute bei diesem Unwetter im Hochgebirge ungeschützt alleine zu lassen, sodass die Leute einsichtig sind und geduldig bleiben. Ansonsten hätten Lisa-Marie und ich natürlich von Bord gehen müssen, und wir hätten zu viert irgendwo provisorisch Unterschlupf suchen und später zu Fuß zum Parkplatz laufen müssen. Der Bootsverkehr wird garantiert für heute komplett eingestellt.
Die Überfahrt über den Saddlebag Lake ist ein grenzwertiges Abenteuer. Der Wind peitscht über das dunkle Wasser, Blitze zucken am Himmel und das weit über die Kapazitätsgrenze überladene Boot (Kommentar des Kapitäns: "
This is a new record.") läuft im Heck voll Wasser, sodass einige Passagiere nach vorne durchrücken müssen. Irgendwie haben alle Schiss, dass ein Blitz einschlägt, was auch beinahe passiert. Nur wenige Meter vor uns kracht es gewaltig - ich habe noch nie einen so lauten Donnerschlag gehört - kurz bevor wir das andere Seeufer erreichen. Alle hetzen von Bord und rennen zu ihren Autos, um sich bloß schnell in Sicherheit zu bringen. Das ist jetzt kein bisschen lustig mehr.! Nur raus aus diesem monumentalen Schlamassel!
Wir haben übrigens Anfang Juli - diese Bilder mit dem von Hagel und Schneeregen weißen Boden lassen anderes vermuten. Auch die Temperaturanzeige im Auto ist nicht wirklich Juli-like: 39° F. 4° Celsius und das war nicht einmal der Tiefststand.
Wir sind klitschenass und stellen erstmal die Heizung auf Volldampf. Die nassen Klamotten müssen wir vorerst anbehalten, denn bei dem Unwetter können wir uns unmöglich im Freien umziehen. Ganz vorsichtig fahre ich die rutschige, steile, geschotterte Zufahrtstraße zum Saddlebag Lake zurück und biege am Ende links auf die Tioga Pass Road ab Richtung Westen.
Verwundert reiben sich die Leute in entgegen kommenden Fahrzeugen die Augen, als sie Schnee auf unserem Auto sehen. Wo kommen die denn her, werden sie sich wohl fragen.
Erst als wir den Mono Lake erreichen, hat sich die Wetterlage signifikant gebessert. Es tröpfelt nur noch, ist aber noch immer kühl, was für die Jahreszeit und Location vollkommen ungewöhnlich ist. Normalerweise wird man hier mittags im Juli bei lebendigem Leibe gegrillt, aber heute ist bei 58° F eher Tiefkühlen angesagt.
Wir machen beim Mono Lake Tufa State Reserve einen Umkleide- und Klamottensortierstopp und ich nutze die Gelegenheit für ein paar ziemlich atypische Mono Lake-Bilder. Das Westufer des Sees erinnert frappierend an eine Mondlandschaft, was durch den dramatischen Himmel noch verstärkt wird.
Längst ist die Entscheidung gefallen, dass Lake Tahoe bei der Gesamtwetterlage überhaupt kein Thema ist, und wir beschließen bis Reno durchzufahren und dort zu übernachten. Campen ist heute definitiv nicht drin. Also fahren wir Richtung Norden und machen einen kurzen Stopp beim Mono Lake Vista Point in der Nähe des Conway Summits. Trübe, trübe.
Gut, dass wir diese Locations alle schon bei perfektem Wetter gesehen haben. Schnell geht es weiter in der gleichen Richtung und wir überqueren später die Grenze nach Nevada. Wenigstens ist hier der Sprit viel billiger als in Kalifornien, und es steht wieder eine 2 als erste Ziffer pro Gallone. Nach den wie immer unschlagbaren 4,79 USD/Gallone in Lee Vining ein herrlicher Anblick.
Hier, am Westufer des zum Teil in Kalifornien und zum Teil in Nevada liegenden Topaz Lake, mache ich noch ein Foto. Selten, dass es einen in diese Ecke verschlägt, denn normalerweise sind wir weiter westlich (Lake Tahoe) unterwegs. Noch immer ist es regnerisch und kühl.
Auch weiter nördlich ist das Wetter nicht besser, und wir fragen uns langsam, ob wir wirklich in Reno bleiben sollen oder nicht doch besser Meilen fressen auf der Suche nach besserem Wetter. Doch siehe da: kurz vor Reno wird es deutlich wärmer, wir kommen in die
lower 70s F und sogar die Sonne traut sich hervor. Welch wunderschöner Anblick nach so viel Regen und Kälte!
Wir checken beim Days Inn in der 7th Street, ganz in der Nähe der Hotel-Casinos, ein. Das Motel macht einen abgewohnten, ungastlichen Eindruck und auch unser Zimmer ist eher ein düsterer Verschlag. Nicht mal der viel zu kalte Outdoor-Pool kann überzeugen (was unsere Kinder aber nicht stört) - definitiv ist das hier nichts weiter als eine preiswerte und verkehrsmäßig günstig gelegene Pennbude. Nichts zum Wohlfühlen, aber für 41 USD incl. Tax wollen wir mal nicht meckern.
Während Anja sich dankenswerter der Wäsche widmen möchte und dafür Ruhe braucht, gehe ich abends mit den Kindern noch ein wenig auf die Piste. Wir wollen erstens etwas zu essen auftreiben und uns zweitens die Casinos von Nahem angucken. Mal schauen, ob Reno wenigstens halbwegs mit Las Vegas mithalten kann. Kurze Antwort: nö. Erstens ist kaum etwas los und zweitens machen die Casinos einen eher heruntergekommenen und schäbigen Eindruck. Jegliche Klasse und Eleganz, die einige Strip-Themenhotels in Las Vegas verkörpern, fehlen hier.
Reno ist so wie Las Vegas Downtown nur viel öder und noch ein bisschen gammeliger.
Den Wagen lassen wir im Parkhaus vom Circus Circus, laufen die Virginia Avenue entlang und irren dann ein wenig auf der Suche nach etwas Essbarem umher. Schließlich landen wir nach einem missglückten Versuch bei einem geschlossenen Casino-Restaurants bei Pizanos. Die kleine Pizzeria erweist sich als Volltreffer, denn das Essen ist richtig klasse und die Bedienung sehr nett. Die Kinder staunen über die essbaren Teller.
Nach dem Essen ist ein wenig Fotografieren angesagt. Es ist jetzt schon ziemlich dunkel draußen und die Lichter der Stadt gehen an.
Wenigstens ein paar schöne Motive finde ich (vor allem beim Circus Circus), aber von Las Vegas Atmosphäre keine Spur.
Über die Sierra Street und die 6th Street fahren wir zurück zu unserem Motel und berichten Anja, dass sie nicht wirklich viel verpasst hat, aber wenigstens alle satt sind. Die Mutter der Kompanie ist zufrieden und wir sind es auch.