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Autor Thema: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006  (Gelesen 18928 mal)

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OWL

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #30 am: 15.06.2006, 21:00 Uhr »
Neben der ganzen Historie gefällt mnir auch die Landschaft. Und schön, daß mal jemand von den Mounds berichtet - auf die bin ich vor einigen Wochen durch eine TV-Sendung aufmerksam geworden, hatte aber in der Boardsuche nichts gefunden, und auch sonst gibt es nur wenige Infos zu diesem Thema.

Quid licet Iovi, non licet bovi

Edmund

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #31 am: 16.06.2006, 17:27 Uhr »
25. Mai

Gegen 06:00 Uhr aufgestanden, Kaffee in der Lobby, Abfahrt gegen 07:10 Uhr.
Heute sehe ich tatsächlich einen mit dem Klammerbeutel Gepuderten! Da gibt es keine versteckte Radarfalle, die gelben Warnleuchten blinken, der Streifenwagen hat Blaulicht eingeschaltet, wie kann man dort nur zu schnell fahren?

Das Gefecht bei Hartsville war das erste Gefecht des Stones River Feldzuges. General Bragg wollte durch Störungen an den Versorgungslinien der Cumberland-Armee der Union verhindern, dass diese gegen ihn vorrücken konnte. Am frühen Morgen des 17. Dezembers 1862 überqueren ca. 2.000 konföderierte Kavalleristen den Cumberland River in der Nähe der Brücke bei Hartsville, Tn. Es gelang den Konföderierten die Unionstruppen zu umzingeln, mehr als 1.000 Gefangene zu machen und zahlreiche Versorgungsladungen zu erbeuten. Trotz dieses Sieges verzögerte sich der Abmarsch der Cumberland-Armee nach Murfreesboro, Tn nur unwesentlich.

Als ich zum Cumberland River bei Hartsville, Tn komme, beginnt es heftig zu regnen und zu gewittern. Über das dort geführte Gefecht gibt es keine Hinweise. Ich schaue mir die ehemalige Furt unterhalb der heutigen Brücke an, aber richtig weiter hilft mir das auch nicht.

Die Fahrt geht durch hügeliges Gelände weiter, je schmaler die Straße, desto schöner die Landschaft. Gegen 12:20 Uhr kommt auch noch die Sonne heraus und es wird ein herrlicher Tag. Ich fahre über Lafayette, Tn - Tompkinsville, Ky - Burkesville, Ky – Russel Springs, Ky - SR 379 - US 127 N - SR 501 - Phil, Ky - Gilpin, Ky - Yosemite, Ky - Middleburg, Ky – Crab Orchard, Ky in Richtung - Richmond, Ky. Rund um Crab Orchard gibt es eine kleine Amish Gemeinde, ein paar sehe ich auch mit ihren Buggys fahren.

Von der Schlacht bei Richmond wird behauptet, sie sei der vollständigste Sieg der Konföderation während des gesamten Bürgerkrieges gewesen. Sie war Teil der konföderierten „Heartland“ Offensive, bei der es darum ging, Kentucky zum Beitritt zur Union zu zwingen. Am 29. August 1862 traf die an der Spitze der vorrückenden Konföderierten eingesetzte Kavallerie auf Truppen der Union. Denen gelang es bis zum Einbruch der Dunkelheit die Konföderierten bis Big Hill, Ky – 15 Meilen südlich Richmond – zurückzudrängen. Am nächsten Morgen griffen die Konföderierten erneut an. Im welligen Gelände südlich Richmond kam es zum endgültigen Aufeinandertreffen – die Könföderierten schlagen die 7.000 Yankees nicht nur in die Flucht, sondern nahmen auch noch 4.000 Soldaten gefangen. Am 2. September besetzen sie Lexington, Ky.

Bei der Schlacht von Richmond, Ky bin ich zuerst am Big Hill Skirmish. Dort steht, wie auch an anderen Stellen der Schlacht, ein Marker. Hügeliges Gelände, ideal für Kavallerie. Der Hauptteil der Schlacht fand jedoch auf dem Gelände des heutigen Armee Depots statt, zu dem man keinen Zutritt hat und der Marker am Zaun, der sagt, dass zwei Meilen von hier der erfolgreiche Angriff stattfand, ist auch nicht wirklich hilfreich. Alles in allem hat mich der heutige Tag bürgerkriegsmäßig etwas enttäuscht.

Noch ein Wort zum Wetter: Entlang des Troughs des Jetstreams strömt kalte Luft weit nach Süden, vom Golf feuchtwarme Luft weit nach Norden - Temperaturen in den Twin Cities über 90 ° F. Heute abend gibt es für das County dementsprechend eine 'Severe Thunderstorm Warning', heftige Gewitter toben einhergehend mit kräftigen Regenfällen. Für dieses County und andere werden zusätzlich 'Tornado Watches' eingerichtet.

Gefahrene Meilen: 274

PS: Der Tag war irgendwie so daneben, dass ich noch nicht mal vorzeigbare Bilder gemacht habe.
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Edmund
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Es ist ein großer Trost, andere dort scheitern zu sehen, wo man selbst gescheitert ist. (William Somerset Maugham)

Edmund

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #32 am: 18.06.2006, 16:25 Uhr »
26. Mai

Gegen 05:30 Uhr aufgestanden. Kaffee und Continental Breakfast. Abfahrt gegen 07:10 Uhr.
Ich will mich mal wieder querfeldein durchschlagen. Dazu fahre eine County Road nach Nordwesten, von der ich nach 6 dreiviertel Meilen links abbiegen muss. Dort gibt es aber keine Straße, nur eine Grundstückseinfahrt.
Auf wen warten die denn?

Dann fahre ich eben weiter und schaue mir mal den Kentucky River an – vielleicht fährt ja sogar die Fähre dort noch. Die Landschaft ist sehr hügelig und wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Langsam kommt die Sonne raus. Schöne Gegend.

Die Fähre fährt nicht mehr, dafür gibt es dort eine Furt, aber wegen der Breite, ca. 50 m und nicht absehbarer Tiefe des Wassers traue ich mich nicht. Ich fahre zurück und plötzlich steht dort, wo ich auf der Herfahrt abbiegen wollte, das Schild mit dem Straßennamen. Ich fahre zum Paint Lick Creek, einem kleinen Bach, der wegen der Regenfälle von gestern abend ganz schön viel Wasser führt.



Die von mir geplante Route verfehle ich zwar, aber bei der schönen Landschaft ist das egal. Über Danville, Ky gelange ich zum Perryville Battlefield State Park. Bei der Übertragung auf meinen PDA muss es einen Kurzschluss oder was auch immer einen Rechner beeindrucken kann, gegeben haben. Ich weiß nicht mehr so genau, wie ich die Schlacht von Perryville einordnen muss. Ich frage wie immer im Visitor Center, glücklicherweise ist die Dame nicht so alleine wie ihre Kollegin in Murfreesboro. Der Manager habe den großen Durchblick und den finde ich im Untergeschoss. Er hilft mir gerne, er würde auch gern das Schlachtfeld mit mir abgehen, aber er hat eine starke Grippe. Ich mache eine Wanderung um das Schlachtfeld herum. Es ist sehr gut mit Hinweisschildern bestückt, so dass man den Verlauf der Schlacht sehr gut nachvollziehen kann.

Nun mal wieder etwas Geschichte – I’m sorry, aber das war das Motto meiner Reise.

Bei Perryville fand die größte Schlacht der Heartland Offensive statt. General Braxton Bragg fasste alle Streitkräfte der Konföderierten in Kentucky hier zusammen, insgesamt ca. 16.000 Mann und griff am 8. Oktober 1862 die Ohio-Armee der Union an. Er wusste nicht, dass deren Gesamtstärke 58.000 Mann betrug – er ging von 20.000 aus. Das Gelände – Höhenrippe folgt auf Höhenrippe – begünstigte jedoch



die Verteidigungsanstrengungen der Union. Es gelang den Konföderierten im Laufe des Tages, drei oder vier Höhenrippen zu nehmen, dann brach die Nacht herein. In der Nacht erfuhr Bragg, dass ihm


morgen weitere 38.000 Unionssoldaten gegenüber stehen werden. Er brach die Schlacht, die er am 8. Oktober gewonnen hatte, ab und wich mit seiner Armee

Stellungen der Union

nach Chattanooga, Tn aus. Damit war der Versuch, Kentucky für den Süden zu gewinnen, endgültig gescheitert.

Als nächstes fahre ich nach Loretto, Ky.



Diese Lagerhäuser prägen die Landschaft. Sie dienen zur Lagerung der Whiskeyfässer. In der Nähe von Loretto besuche ich die Destillerie Makers Mark. Ich kaufe zwei Flaschen und versiegele sie eigenhändig.
 
Flasche leer

Die Besichtigung habe ich schon mal gemacht und spare sie mir deshalb und fahre weiter nach Nashville, Tn. Unterwegs she ich noch einen anderen Sammler.



Als erstes fahre ich zum Grand Ole Opry House und kaufe eine Karte für die Abendvorstellung.



Die Grand Ole Opry ist die einzige Radioshow der Welt, die seit 1925 ununterbrochen jeden Samstag auf Sendung ist und Country Music verbreitet. Im Laufe der Zeit sind auch Sendungen an Freitagen und Dienstagen, sowie eine zweite Sendung am Samstag dazugekommen. Jede Show ist in 15- bzw. 30minütige Blöcke aufgeteilt, nach denen dann der jeweilige Sponsor Werbung macht. Immer wenn ich in Nashville bin, schaue ich mir das an. Der ganze Abend steht unter dem Zeichen des Memorial Days, also sehr patriotisch, für meinen Geschmack unreflektiert übertrieben.



Der erste Künstler ist Porter Wagoner, der auch durch die ersten dreißig Minuten führt.



Schon der zweite Song ist Cajun, Klasse.

Bobby Osborne & The Rocky Top Express

Ricky Skaggs

Jean Shepard

Mandy Barnett

John Conlee

Die Begeisterung in der mehr als 4.000 Menschen - es sind aber höchstens 2.500 anwesend - fassenden Halle ist riesengroß. Die Künstler kommen aus allen Sparten der Country-Szene, und obwohl manches schon etwas gewöhnungsbedürftig ist. Eine herzzereissende Ballade über das Schicksal eines GI im Irak ruft Tränen der Rührung hervor. Die Leute klatschen zu jedem Lied johlend Beifall. Aber, wie auch immer man das sieht, es gibt nichts besseres in Live-Country-Music. Insgesamt sind am heutigen Abend 15 Künstler aufgetreten.
Gegen 22:30 Uhr bin ich wieder im Motel. Bei Nacht fahren die Amis wie die Wilden.

Gefahrene Meilen: 301
Gruß
Edmund
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OWL

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #33 am: 18.06.2006, 19:59 Uhr »
Zitat
Nun mal wieder etwas Geschichte – I’m sorry, aber das war das Motto meiner Reise.


Wieso sorry? Diese historischen Einschübe sind sehr lesenswert :D

Quid licet Iovi, non licet bovi

Kauschthaus

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #34 am: 18.06.2006, 21:54 Uhr »
Hallo Edmund,

kann mich Thomas nur anschließen, Dein Bericht ist sehr informativ. Gefällt mir gut!

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Cicco

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #35 am: 19.06.2006, 07:45 Uhr »
Dein Bericht gefällt mir auch. Lese schon seit Beginn aufmerksam mit.
......Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben......

Edmund

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #36 am: 19.06.2006, 14:38 Uhr »
Danke, Danke,

man kommt ja auch kaum noch zum Schreiben - es ist ja auch noch Fußball-WM!

27. Mai

Gegen 06:00 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:15 Uhr. In den Außenbezirken von Nashville gibt es viele schöne Häuser, teilweise mit eigenem großen Teich im hauseigenen Park. In Dickson, Tn tanke ich an derselben Tankstelle wie vor ein paar Tagen, allerdings ist der Sprit 3 ct billiger geworden. Geht Doch, oder?
Die Fahrt dauert heute sehr lange, sie ist nicht langweilig, aber auch kein Höhepunkt. Ich fahre zunächst auf der US 70 über Camden, Tn nach Huntingdon, Tn und weiter auf SR 22 über Dresden, Tn und Martin, Tn, danach auf der SR216 und SR 21 nach Tiptonville, Tn. Von dort fahre ich nach Norden zum Mississippi River.

Auf der US 70

Bereits im April 1861 begannen die Konföderierten New Madrid, Mo und die „Island No. 10“ zu befestigen, um die Nordstaaten am Befahren des Mississippis zu hindern. Insgesamt 62 Kanonen wurden an beiden Orten installiert, die Besatzung betrug ca. 3.500 Mann und einige Kanonenboote. Im Februar 1862 beschloß die Union mit der Einnahme von New Madrid und Island No. 10 drei Ziele zu erreichen:
1.   Öffnen der Navigation auf dem Mississippi River
2.   Auschalten der Bedrohung im Rücken Grants (Ft. Donelson und Shiloh)
3.   Vertreibung der sezessionistischen Regierung von Missouri.



Wer die Karte genauer sehen möchte, diesen Link anklicken: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/d/df/Battles_of_New_Madrid_and_Island_Number_10.png.

New Madrid wurde elf Tage belagert, bevor die Stadt geräumt wurde. Die Nordstaatler setzten dann südlich der Stadt über den Mississippi über. Um versorgt werden zu können, bauten sie einen Kanal nördlich Island No. 10, auf dem ihre Versorgungsgüter gefahrlos transportiert werden konnten. Gemeinsam mit gepanzerten Kanonenbooten griffen ca. 25.000 Nordstaatler die Besatzung der Insel an, die sich am 8. April 1862 ergab.

Der Mississippi hat in den letzten 150 Jahren sein Flussbett mehrmals geändert. Die 'Island No. 10' existiert nicht mehr. Dass es aber über diese Belagerung und die Schlacht weder auf der Tennessee-Seite noch in New Madrid, Mo nicht mehr als einen mickrigen Marker gibt, enttäuscht mich schon etwas.

Ich fahre entlang des Mississippi Rivers, teilweise auf dem Deich, nach Norden. Leider gibt es kaum eine Gelegenheit mal an das Ufer des ‚Ole Man Rivers’ zu kommen. Ich fahre zur Hickman Ferry und setze über den hier ca. einen Kilometer breiten Fluss - die Fahrt mit der Fähre entschädigt etwas für die wenig sinnvolle Fahrerei.



Über die I 55 geht es nach Süden. Unterwegs sehe ich, wie sich im Westen ein Gewitter zusammenbraut und wenig später die ersten Blitze und den ersten Regen zur Erde schickt. Ich bin allerdings schon vorbei.



Mein Motel befindet sich in West Memphis, Ar. Beim Einchecken im Motel ist vor mir ein Harley Davidson Club eingetroffen und checkt ein. Die beiden Negerinnen am Empfang fertigen alle sehr cool ab, so dass meine Wartezeit nur 15 Minuten und nicht wie befürchtet mehr als eine Stunde dauert.

Gefahrene Meilen: 369
Gruß
Edmund
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Edmund

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #37 am: 20.06.2006, 13:14 Uhr »
28. Mai

Gegen 06:15 Uhr aufgestanden. Abfahrt gegen 07:20 Uhr.
Ich fahre zunächst nach Memphis, Tn. Da heute Sonntag ist und es noch sehr früh ist, ist die Stadt leer. Ich fahre zum Confederate Park.



Im Zuge der „Befreiung“ des Mississippis mussten die Nordstaaten auch diese wichtige Stadt einnehmen. Am 6. Juni 1862 griff das US-Mississippigeschwader mit 5 gepanzerten Kanonenbooten und 2 Rammbooten flußabwärts die kleine konföderierte Streitmacht an. Sie bestand aus 8 Ramm- und Kanonenbooten, die aus umgebauten Schaufelraddampfern entstanden waren und mit Baumwollballen gepanzert waren. Nach 1 ½ Stunden waren bis auf eines alle konföderierten Boote gesunken oder erobert worden. Die Stadt wurde anschließend vom Bürgermeister an die Union übergeben.



Die Stadt wechselte noch mehrmals den Besitzer. Einer der konföderierten  Eroberer war General Nathan Bedford Forrest, eine ganz besonders schillernde Gestalt des Bürgerkrieges. Er wird bei einer späteren Reise berücksichtigt werden.

Ich verlasse Memphis nach Süden. Den ganzen Rummel mit Elvis und der Country-Musik habe ich mir vor mehr als 10 Jahren bereits angetan, und einmal reicht mir.

Die Fahrt geht durch das nördliche Mississippi-Delta. Die Landschaft ist eintönig, die höchste Erhebung ist der Deich. Allerdings wird hier gar keine Baumwolle angebaut – schon wieder ein Klischee weniger. Auch nach dem Wechsel auf das andere Ufer bei Greenville, Ms ändert sich nichts. Erstaunlich finde ich die vielen Casinostädte, die meist um einen Raddampfer entstanden sind – aber auch die besuche ich nicht.

Vielleicht noch ein Wort zur manchmal seltsam anmutenden Grenzziehung der Bundesstaaten beiderseits des Mississippi Rivers. Es gibt häufig Enklaven auf der jeweils gegenüberliegenden Seite des Flusses, in denen sogar Menschen wohnen und die keine Verbindung zu ihrem Staat haben. Verwaltungsmäßig muss das ein Chaos sein. Der Grund liegt in der Grenzziehung vor 200 Jahren, die dem damaligen Flussverlauf folgte und bei Änderungen des Flußlaufes nicht angepasst worden ist.

Ich fahre zum Poverty Point State Park in Arkansas, einer Stätte mit einem Mound und kreisförmig angelegten Erdaufwürfen, die vermutlich zu zeremoniellen Zwecken dienten. Da diese ebenerdig nur mit sehr viel Wohlwollen zu erkennen sind und es ca. 35° C sind, verzichte ich auf eine Wanderung. Von oben kann man das sicher noch gut erkennen, aber Hubschrauberflüge werden hier nicht angeboten. Die Aufnahmen im Visitor Center sind fast ausschließlich Luftaufnahmen.

Ich fahre weiter nach Vicksburg, Ms. Beim Vicksburg Battlefield Information Center erhalte ich Informationen über die Annäherungswege Grants, die ich morgen abfahren werde. Ich sehe mir noch den Film an und fahre weiter in Richtung der Hauptstadt Mississippis, Jackson. Für diejenigen, die nur gelegentlich ein Military Battlefield, gleich welchen Krieges, besuchen, lohnt es sich immer, den im Visitor Center gezeigten Film oder die Dia-Show anzuschauen.

Auf dem Weg nach Jackson will ich noch einen Abstecher zu den Pocahontas Mounds machen. Die Mounds, es sind drei oder vier bis zu 5 - 6 Meter hohe gut zu erkennende Mounds, liegen auf dem Grünstreifen einer vierspurigen Schnellstraße, der hier etwas verbreitert worden ist. Auch ein Marker wurde errichtet; Parkmöglichkeiten sehe ich nicht. Aus naheliegenden Gründen ist eine Besichtigung nur schwer möglich. Mir fällt kaum eine bessere Möglichkeit ein, Schützenswertes vor dem Menschen zu schützen.

Der Mississippi Pertrified Forest liegt nur wenig nördlich bei Flora, Ms. Er ist einer der wenigen versteinerten Wälder ostwärts des Mississippi in den USA, macht aber in einer halben Stunde zu. Ich fahre deshalb nicht mehr hin, war doch eine ganz schön lange Fahrerei heute.

Ich muss mal wieder einkaufen. Obwohl sich Mall an Mall reiht, suche ich eine Viertelstunde, bis ich im Norden von Jackson einen Supermarkt gefunden habe.

Gefahrene Meilen: 349
Gruß
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OWL

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #38 am: 20.06.2006, 13:34 Uhr »
Zitat
Vielleicht noch ein Wort zur manchmal seltsam anmutenden Grenzziehung der Bundesstaaten beiderseits des Mississippi Rivers. Es gibt häufig Enklaven auf der jeweils gegenüberliegenden Seite des Flusses, in denen sogar Menschen wohnen und die keine Verbindung zu ihrem Staat haben. Verwaltungsmäßig muss das ein Chaos sein. Der Grund liegt in der Grenzziehung vor 200 Jahren, die dem damaligen Flussverlauf folgte und bei Änderungen des Flußlaufes nicht angepasst worden ist.


Solche Situationen gibt es sogar an internationalen Grenzen, wo es noch viel schlimmers Chaos auslöst, etwa USA-MX:
http://en.wikipedia.org/wiki/Chamizal_dispute

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Edmund

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #39 am: 21.06.2006, 12:26 Uhr »
29. Mai

Heute steht General Grants Vicksburg-Feldzug auf dem Programm. Er begann am 31. März 1863 und endete mit dem Fall von Vicksburg am 4. Juli 1863. Vicksburg war nach dem Fall von Island No. 10 und Memphis einer der letzten Stützpunkte der Konföderierten am Mississippi, durch den die Nutzung des Flusses verhindert wurde. Bereits 1862 wurden Anstrengungen unternommen, Vicksburg einzunehmen, die jedoch alle scheiterten. Unter anderen versuchte die Union durch den Bau eines Kanals Vicksburg im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser abzugraben. Der Versuch mißlang.

Grants Vicksburg-Feldzug

Diese Karte gibt es hier: http://www.nps.gov/vick/maps/4july_l.htm
Einen Monat lang kämpfte sich Grants Armee ca. 50 Meilen durch die Bayous auf der rechten Seite des Mississippi Rivers. Die meiste Zeit benötigten die Soldaten für den Bau von Straßen und Brücken. Schließlich gelang der zweite Versuch einer Invasion von Mississippi bei Bruinsburg, Ms. Wegen Kompetenzgerangel scheiterten alle Versuche der Konföderierten, Grant in dieser frühen, für seine Armee sehr schwierigen Phase, anzugreifen. Grant ging zunächst nach Osten auf Jackson, Ms vor und schaltete jede Bedrohung für seinen Angriff auf Vicksburg aus. Erst als er Jackson genommen hatte, sah er sich bei Champion Hill erstmalig starken Kräften aus Vicksburg gegenüber. Er nutzte seine Überlegenheit aus und zwang die Konföderierten, nach Vicksburg auszuweichen.

Vicksburg liegt auf einem das umgebende Land bis zu 50 Metern überragenden Höhe. Grant ließ die Stellungen der Konföderierten zweimal angreifen und wurde beide Male blutig abgewehrt. Er entschloß sich zur Belagerung. Nach 1 ½ Monaten ergaben sich die Konföderierten. Weitere eingehendere Informationen über den Feldzug gibt es hier: http://www.nps.gov/vick/vcmpgn/vcmpgn.htm

Blick von Vicksburg auf den ehemaligen Verlauf des Mississippis

Gegen 06:15 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:30 Uhr. Den Feldzug in der chronologischen Reihenfolge abzufahren, verbietet sich aus Zeit und Entfernungsgründen. Ich fahre also von Jackson nach Westen, in Louisiana nach Süden, zurück nach Mississippi und dort auf den Weg Grants.



Auf einer Hauptstraße in Jackson liegt eine Schlange auf meiner Fahrspur. Da ich nicht nach links ausweichen kann, dort fährt schon einer, hoffe ich, sie nicht überfahren zu haben. Mitten in der Stadt eine Schlange, da schlafe ich nachts aber besonders gut?!

Im Battlefield Park in Jackson gibt es nur den berühmten Marker, andererseits ist es natürlich auch schwer, in der Stadt einen richtigen Battlefield Park einzurichten. Dieser ist nur ein kleiner grüner Stadtpark mit hochtrabenden Namen.
Ich fahre weiter zum Champion Hill Battlefield – die Beschreibung der Schlacht hatte ich mir gestern im Visitor Center gekauft . Auf diesen Höhen hatten sich die Konföderierten eilig zur Verteidigung eingerichtet,



Auf solchen Straßen, von denen es drei gab, gingen die US-Soldaten vor. Natürlich waren die damals nicht asphaltiert.



Die Beschreibung ist liebevoll gemacht. Das Gefecht kann man gut nachvollziehen – sie kostete übrigens nur 50 Ct.
Über den Big Black River,



bei dessen Brücke das letzte Gefecht vor der Belagerung von Vicksburg stattfand, fahre ich nach Vicksburg. Unterwegs rette ich wieder mal eine Schildkröte.
Die Battlefield Tour in Vicksburg ist gut erklärt und das Gelände zeigt die herausragende Stellung der Stadt. Die ersten unkoordinierten und später der Gesamtangriff mussten vom Gelände her einfach scheitern. Die Stellungen der Konföderierten waren außerdem sehr stark. Also begann die Belagerung.

Artilleriestellungen der Union

Infanterie musste den Hügel hinauf angreifen.

Neu auf dem Military Park – seit meinem letzten Besuch -  ist das Wrack der USS Cairo, die während der Belagerung auf eine Mine lief und in 12 Minuten sank.

Die Panzerung bestand aus Holzplatten.


Backbord Batterie

Antrieb und Schaufelrad geschützt unter Deck

Minentreffer steuerbord vorn

Im Visitor Center hole ich mir die kostenlose Beschreibung von Grants Marsch durch Louisiana. Ich überquere den Mississippi auf der Brücke der I 20, die daneben liegende Brücke der US 80 ist gesperrt und wird nicht mehr benutzt. Als erstes schaue ich mir die einzigen Überresten von Grants Kanal an.



Ich fahre weiter entlang der Annäherungswege Grants. Die Landschaft hat sich jedoch gegenüber der damaligen Zeit extrem geändert. Es ist kaum vorstellbar, dass die heute als Freizeitseen oder als Vorgartenteiche genutzten Bayous damals teilweise schiffbare Schleifen des Mississippi Rivers waren. Wer schon einmal mit dem Boot durch die Bayous im Süden Louisianas gefahren ist, kann sich vorstellen, warum Grants Armee für ca. 50 Meilen einen Monat benötigte. Ca. 15 Meilen vor dem Ende der Tour in Louisiana drehe ich um, da das Gelände ständig gleich bleibt, nicht ohne vorher noch eine „Acting Plantation“, die schon vor dem Bürgerkrieg in Betrieb war, zu fotografieren.

Ante Bellum Plantation Home

Inzwischen hat sich ein mächtiges Gewitter aufgebaut, von dem ich hier nur ein paar Regentropfen abbekomme. Zurück in Vicksburg fahre ich nach Süden, um die Schlacht bei Port Gibson, Ms, die erste nach Grants Invasion von Mississippi abzufahren. Vorher fahre ich noch nach Grand Gulf, Ms, wo Grants erster Übergangsversuch über den Mississippi River scheiterte. Die Boote für das Übersetzen waren bei Dunkelheit unter großen Verlusten an Vicksburg vorbeigeschlichen. Grand Gulf SP ist ein liebevoll hergerichteter Park mit sehr schönen Stellplätzen für Wohnmobile. Das Gewitter hat sich inzwischen auch auf diese Seite des Mississippi Rivers verlagert.

In der Richtung lag die Übergangsstelle

In Port Gibson will ich die liebevoll ausgearbeitete Battle Route abfahren. Nach wenigen Meilen bin ich mitten in dem Gewitter, das man bei uns sicherlich als Unwetter einstufen würde. Bei Sichtweiten um 10 – 20 Meter im prasselnden Regen wird jede Besichtigungstätigkeit sinnlos. Ich beschließe deshalb alle Aktivitäten für heute zu beenden und nach Jackson zurück zu fahren. Dazu nehme ich den Natchez Trace Pkwy - bis zum Motel noch 1 ½ Stunden Fahrt.

Mit dem erfolgreichen Abschluß der Belagerung von Vicksburg fiel einer der letzten Stützpunkte der Konföderierten am Mississippi einen Tag nach der Niederlage der Nord-Virginia-Armee bei Gettysburg. Die Konföderation war in zwei Teile geteilt, der Mississippi River frei nutzbar für die Wirtschaft des Nordens. Trotzdem kämpfte die Konföderation noch 1 ¾ Jahre erbittert gegen die Union.

Der Natchez Trace Pkwy folgt auf 444 Meilen dem Weg, den Farmer aus der Ohio-Region auf dem Weg nach Hause nahmen. Sie hatten ihre Produkte per Schiff/Floß auf die Märkte im Süden gebracht und ihre Transportmittel als Holz ebenfalls verkauft. Links und rechts des Parkways gibt es immer wieder Sehenswürdigkeiten, die es lohnt anzuschauen – Mounds, Wasserfälle, Aussichtspunkte, etc und auch Teile des alten Traces.

Der Regen hört irgendwann auf, es gibt noch ein kleines Schauer. Das war ein langer und interessanter Tag - erst geht 18:30 Uhr bin ich wieder im Motel. Dieser Tag beendet den geschichtlichen Teil meiner diesjährigen Reise.

Gefahrene Meilen: 363
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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #40 am: 22.06.2006, 12:47 Uhr »
30. Mai
 
Bevor ich die letzten beiden Tage der Reise schildere, ein kleines Fazit für den geschichtlichen Teil:

Auf dem westlichen Kriegsschauplatz wurde genauso erbittert gekämpft, wie auf dem ostwärtigen. Warner wie General Beauregard hatten frühzeitig die Bedeutung der Flüsse als Verkehrswege für die Konföderation erkannt. Der Schluss, dass mit dem Verlust der Flüsse der Krieg verloren sei, war jedoch nicht richtig.

1861/62 stand die Konföderation wie auf dem ostwärtigen Kriegsschauplatz kurz vor einem entscheidenden Sieg - der Einnahme Kentuckys. Das hätte zur Sezession Kentuckys geführt und den Krieg vermutlich beendet.
Und das obwohl Grant durch die Siege bei Fort Donelson und Shiloh Tennessee nahezu von der Konföderation abgetrennt hatte.

Der Fall von Vicksburg teilte die Konföderation in zwei Teile. So schmerzlich das auch war, war der Verlust zu verschmerzen. Zwar konnte die Union den Mississippi River zum Transport von Wirtschaftsgütern für die Industrie im Norden ungehindert nutzen, aber es war der Konföderation weiter möglich, die Verbindung zu den westlich des Flusses liegenden Staaten zu halten.

Viel wichtiger war der hier wieder auftauchende Führungsstreit und persönliche Ressentiments zwischen dem Oberbefehlshaber auf dem westlichen Kriegsschauplatz – General Joseph E. Johnston – und dem Präsidenten – Jefferson Davis, der 1864 während des Atlanta-Feldzuges eine wichtige Rolle spielen sollte. Während der Schlacht um Vicksburg hatte Johnston Pemberton, dem Kommandierenden in Vicksburg, befohlen, die in Mississippi gelandeten Unionstruppen unverzüglich anzugreifen. Pemberton ließ sich jedoch von Jefferson Davis genehmigen, in Vicksburg zu bleiben und die Stadt zu verteidigen.

Das Zusammentreffen der Ereignisse, am 3. Juli General Lees Niederlage in Gettysburg, und am 4. Juli – dem Nationalfeiertag – der Fall von Vicksburg, wird allgemein als Wendepunkt des Bürgerkrieges angesehen. Die Konföderierten waren gezwungen, von der strategischen Offensive zur strategischen Defensive überzugehen. Trotz der stetig schwindenden Ressourcen des Südens und der wachsenden des Nordens war der Krieg noch lange nicht beendet.

Gegen 06:10 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:30 Uhr.
Ich fahre als erstes zum State Capitol. Erstaunlicherweise finde ich vor dem Capitol einen Parkplatz - kostenlos. Erst denke ich, die Regierung von Mississippi ist schon in den Ferien, dann fällt mir ein, es ist einfach noch zu früh für Regierungsarbeit. Das Capitol ist ab 08:00 Uhr geöffnet und ich bin der erste Besucher.



Die Räumlichkeiten sind wie in vielen anderen vorher gleich: Supreme Court, Abgeordnetenhaus und Senat.

Supreme Court

Abgeordnetenhaus

Mal sehen, was da so auf den Tischen liegt:



Die Inneneinrichtung besteht wie fast immer aus feinsten Marmor und edlen Hölzern und Stoffen.



Ich tanke den billigsten Sprit der gesamten Reise – 2,469 / gl. Auf der I 20 geht es nach Osten. In der Nähe der Ortschaft Forest, Ms gibt es ein letztes Stück ‚Jackson Prairie' in Mississippi. Was das genau ist, weiß ich nicht, in der Beschreibung steht – big bluestem Indian grass and purple coneflower. Leider sind die Zufahrten wegen Waldbrandgefahr schon seit Anfang Mai gesperrt. Also durch den Wald auf nicht gesperrten Wegen zurück zur I 20 und Fahrt in Richtung Alabama.

Wenige Meilen ostwärts der Grenze ist in allen mir zur Verfügung stehenden Karten eine Covered Bridge eingezeichnet. Ich fahre alle möglichen Straßen und Waldwege ab, aber ich finde sie nicht. Da alle bisher besuchten Covered Bridges dort waren, wo sie auf der Karte eingezeichnet waren, komme ich gar nicht auf die Idee, im deLorme nochmals nachzulesen. Erst heute lese ich den erläuternden Text – sie überspannt einen kleinen See auf dem Campus der UWA in Livingston, Al, ca. 10 Meilen entfernt. Ich fahre auf der US 11 durch Livingston – wahrscheinlich nur wenige hundert Meter an der Brücke vorbei – und später wieder auf der I 20 nach Osten.

Na gut. Bei Mercedes-Benz in der Nähe von Tuscaloosa, Al soll es ein kleines Museum und eine Tour geben. Ich sehe, nachdem ich die hauseigene Autobahnabfahrt von der Interstate genommen habe, keine Hinweisschilder. Deshalb fahre ich am Eingang dem Schild ‚Visitors’ nach und frage dort, wo sich diese Aktivitäten denn abspielen würden. Die nicht gerade überqualifizierte Pförtnerin telefoniert um Hilfe, erhält aber die Auskunft, dass es so etwas nicht gebe. Ich fahre wieder auf die firmeneigene Zufahrtsstraße und will bei der nächsten Möglichkeit noch einmal fragen, finde aber keine.

Dieser Tag war gebraucht oder ich stelle mich einfach zu blöd an – wahrscheinlich letztes. Ich befrage meine Unterlagen, was es denn für mich Interessantes evtl. in Birmingham, Al geben könnte und werde fündig: Sloss Furnaces National Historical Landmark.

Dabei handelt es sich um ein Industriedenkmal, ein ehemaliges Stahlwerk. Nicht vergleichbar mit dem Weltkulturerbe Völklinger Hütte, da kleiner, aber sehr schön aufbereitet. Mit einem Umdruck bewaffnet mache ich mich an die Besichtigung. Gefällt mir sehr gut. Wie in der Völklinger Hütte finden auch hier von Zeit zu Zeit Theateraufführungen statt.




Mein Motel befindet sich in Bessemer, Al, südwestlich der Stadt. Da ich keine Lust habe, auf der Interstate zu fahren, wähle ich den Weg durch die Stadt. Aus dem Business District bin ich schnell raus. Danach geht es kreuz und quer auch durch Viertel, die nicht auf der Vorzeigeliste stehen. Bei Dunkelheit hätte ich hier meine Probleme, aber wahrscheinlich ist das nur Einbildung. Die letzte Besichtigung hat mich mit diesen sonst bescheidenen Tag einigermaßen versöhnt.

Gefahrene Meilen: 306

31. Mai

Gegen 06:30 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:30 Uhr. Ich will das Auto gegen 13:00 Uhr abgeben – dann habe ich noch mehr als 3 Stunden bis zum Abflug Zeit. Die Fahrtstrecke beträgt ungefähr 180 Meilen, so dass ich mit 4 Stunden Fahrtzeit locker auskomme. Das reicht auch, um die DeSoto-Caverns anzuschauen.

Von Birmingham, Al geht es zuerst auf der I 459 und dann auf der US 280 nach Südosten durch die Ausläufer der Appalachen. Sobald ich die letzten Vorstädte hinter mir gelassen habe, werden die Straßen wieder leer. Die Straße quert die Hügel – eine sehr schöne Landschaft. In Childersburg, Al biege ich nach Osten zu den DeSoto-Caverns ab.

Da ich noch etwas Zeit habe, bevor sie öffnen, überdenke ich meine Zeit- und Routenplanung noch einmal. Siedendheiß fällt mir ein, dass Atlanta in der EST-Zone liegt. Ich würde den Wagen dann erst gegen 14:00 Uhr abgegeben und das wird mir zu knapp. Wahrscheinlich wäre das Alles kein Problem, aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und ich möchte kein Risiko eingehen. Also besichtige ich die Höhlen nicht, sondern fahre weiter in Richtung Atlanta.

Ich fahre weiter auf der geplanten Route, die durch den Talladega National Forrest verläuft und es gelingt mir, mich zum ersten Mal so zu verfahren, dass ich mich am Sonnenstand orientieren muss, um wieder in die Zivilisation zu gelangen. Schließlich finde ich kurz vor Oxford, Al wieder auf die I 20.

Die Fahrt nach Atlanta verläuft reibungslos; den Wagen gebe ich ohne Probleme um 12:40 Uhr ab. Ich hatte ihn nicht gewaschen; die Gewitter im Laufe der Reise hatten dafür gesorgt, dass der Geländeschmutz immer abgewaschen war. Trotzdem war eine Art „Grundschmutz“ am Auto, der nur durch eine Autowäsche zu entfernen gewesen wäre, und bei dem jeder erkennen konnte, dass ich im Gelände unterwegs gewesen war. Niemand kümmert das.

Beim Einchecken ist eine lange Schlange. Es dauert ca. eine Stunde bis ich am Schalter bin. Ich habe zwei Pfund zuviel im Koffer - dass die so genau waren, hatte ich während des Wartens schon gesehen. Ohne Diskussion – was soll’s - packe ich ein paar Bücher in den Rucksack und das mit dem Übergewicht ist erledigt.

Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle packe ich die schwersten Bücher wieder in den Koffer zurück.

Die Sicherheitskontrolle passiere ich ohne Probleme. Mit der Bahn geht es zum International Terminal. Ich trinke noch in Ruhe zwei Bier und schlendere dann zum Gate. Dort werde ich aufgerufen und umgesetzt von der Reihe 40 in Reihe 15, auch am Fenster, nur hat diese Reihe kein Fenster. Der Sitz neben mir bleibt frei. Das Fluggerät ist wie auf dem Hinflug eine etwas in die Jahre gekommene Boeing 767-300ER, keine Bildschirme in den Rückenlehnen, technisch aber in Ordnung. Der Sitzabstand ist ausreichend. Die Maschine ist nicht ausgebucht und startet mit 20 Minuten Verspätung.

Gefahrene Meilen: 185

1. Juni
 
Der Flug war ruhig, leider habe ich nur 2 Stunden geschlafen. Service war wie beim Hinflug - aufmerksam. Landung in Düsseldorf ca. 20 Minuten früher als geplant. Zur Einwanderungskontrolle fährt ein Bus, irgendwie kommt mir das etwas provinziell vor. Auf das Gepäck muss ich etwas warten - macht aber nichts, ich habe ja Zeit genug.

Beim Zoll wird mein Gepäck von einem mürrischen Zöllner gefilzt. Natürlich findet er nichts, aber er versucht die DigiCam neu zu reden und die digitale Canon als nicht in der EU gekauft zu klassifizieren. Na ja, es geht doch nichts über gut ausgebildetes Personal.

Mit der S-Bahn fahre ich zum Hbf, dort muss ich 1 ¼ Stunden warten, aber auch die Benutzung eines niederrangigen Zuges hätte mich nicht früher nach Koblenz gebracht. Als der Zug endlich kommt, bin ich - immer noch die heißen Temperaturen der Südstaaten gewöhnt - gerade noch nicht erfroren.

Die Reise hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es sind in diesem Teil des Landes nicht die ganz großen Sehenswürdigkeiten, sondern das, was man häufig mehr oder weniger zufällig entdeckt. Auch ist die Landschaft nicht so spektakulär wie in anderen Teilen der USA, aber interessante Menschen trifft man auch hier – im Supermarkt, auf dem Parkplatz, beim Frühstück oder wo auch immer. Und beides, Menschen und Sehenswürdigkeiten zusammen, machen eben für mich Amerika aus.

Meine nächste Reise unter einem Geschichtsmotto geht wieder auf den ostwärtigen Kriegsschauplatz und wird sich den großen Schlachten des Jahres 1864 bis zum Ende des Krieges bei Appamatox Court House widmen. Und ich freue mich schon auf meine Reise im Herbst durch den Westen.
Gruß
Edmund
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OWL

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #41 am: 22.06.2006, 13:58 Uhr »
Zitat
Und ich freue mich schon auf meine Reise im Herbst durch den Westen.


Und ich freue mich schon auf den nächsten lehr- und abwechslungsreichen Reisebericht!

War wirklich schön! :applaus: :applaus: :applaus:

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Utah

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #42 am: 22.06.2006, 16:20 Uhr »
Herzlichen Dank für deinen tollen Reisebericht, einfach Klasse!!!  :applaus:  :applaus:  :applaus:  :applaus:  :applaus:
Viele Grüße
Utah



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Doreen & Andreas

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #43 am: 22.06.2006, 16:38 Uhr »
Ich möchte mich auch für´s Mitnehmen bedanken. Dein Bericht war durch den geschichtlichen Hintergrund wirklich mal etwas ganz anderes und sehr interessant und lehrreich  :daumen:
Viele Grüße,
Andreas
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Heiner

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Re: Bürgerkrieg im Südosten – 18 Tage im Mai 2006
« Antwort #44 am: 22.06.2006, 17:32 Uhr »
Hi!

Ich bedanke mich für den lehrreichen Reisebericht.
Mich hat die ganze Reise sehr interessiert.
Werde auf Deiner nächsten Reise wieder dabei sein.

Gruß Heiner


Wat mutt, dat mutt