30. Mai Bevor ich die letzten beiden Tage der Reise schildere, ein kleines Fazit für den geschichtlichen Teil:
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz wurde genauso erbittert gekämpft, wie auf dem ostwärtigen. Warner wie General Beauregard hatten frühzeitig die Bedeutung der Flüsse als Verkehrswege für die Konföderation erkannt. Der Schluss, dass mit dem Verlust der Flüsse der Krieg verloren sei, war jedoch nicht richtig.
1861/62 stand die Konföderation wie auf dem ostwärtigen Kriegsschauplatz kurz vor einem entscheidenden Sieg - der Einnahme Kentuckys. Das hätte zur Sezession Kentuckys geführt und den Krieg vermutlich beendet.
Und das obwohl Grant durch die Siege bei Fort Donelson und Shiloh Tennessee nahezu von der Konföderation abgetrennt hatte.
Der Fall von Vicksburg teilte die Konföderation in zwei Teile. So schmerzlich das auch war, war der Verlust zu verschmerzen. Zwar konnte die Union den Mississippi River zum Transport von Wirtschaftsgütern für die Industrie im Norden ungehindert nutzen, aber es war der Konföderation weiter möglich, die Verbindung zu den westlich des Flusses liegenden Staaten zu halten.
Viel wichtiger war der hier wieder auftauchende Führungsstreit und persönliche Ressentiments zwischen dem Oberbefehlshaber auf dem westlichen Kriegsschauplatz – General Joseph E. Johnston – und dem Präsidenten – Jefferson Davis, der 1864 während des Atlanta-Feldzuges eine wichtige Rolle spielen sollte. Während der Schlacht um Vicksburg hatte Johnston Pemberton, dem Kommandierenden in Vicksburg, befohlen, die in Mississippi gelandeten Unionstruppen unverzüglich anzugreifen. Pemberton ließ sich jedoch von Jefferson Davis genehmigen, in Vicksburg zu bleiben und die Stadt zu verteidigen.
Das Zusammentreffen der Ereignisse, am 3. Juli General Lees Niederlage in Gettysburg, und am 4. Juli – dem Nationalfeiertag – der Fall von Vicksburg, wird allgemein als Wendepunkt des Bürgerkrieges angesehen. Die Konföderierten waren gezwungen, von der strategischen Offensive zur strategischen Defensive überzugehen. Trotz der stetig schwindenden Ressourcen des Südens und der wachsenden des Nordens war der Krieg noch lange nicht beendet.
Gegen 06:10 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:30 Uhr.
Ich fahre als erstes zum State Capitol. Erstaunlicherweise finde ich vor dem Capitol einen Parkplatz - kostenlos. Erst denke ich, die Regierung von Mississippi ist schon in den Ferien, dann fällt mir ein, es ist einfach noch zu früh für Regierungsarbeit. Das Capitol ist ab 08:00 Uhr geöffnet und ich bin der erste Besucher.
Die Räumlichkeiten sind wie in vielen anderen vorher gleich: Supreme Court, Abgeordnetenhaus und Senat.
Supreme Court
Abgeordnetenhaus
Mal sehen, was da so auf den Tischen liegt:
Die Inneneinrichtung besteht wie fast immer aus feinsten Marmor und edlen Hölzern und Stoffen.
Ich tanke den billigsten Sprit der gesamten Reise – 2,469 / gl. Auf der I 20 geht es nach Osten. In der Nähe der Ortschaft Forest, Ms gibt es ein letztes Stück ‚Jackson Prairie' in Mississippi. Was das genau ist, weiß ich nicht, in der Beschreibung steht – big bluestem Indian grass and purple coneflower. Leider sind die Zufahrten wegen Waldbrandgefahr schon seit Anfang Mai gesperrt. Also durch den Wald auf nicht gesperrten Wegen zurück zur I 20 und Fahrt in Richtung Alabama.
Wenige Meilen ostwärts der Grenze ist in allen mir zur Verfügung stehenden Karten eine Covered Bridge eingezeichnet. Ich fahre alle möglichen Straßen und Waldwege ab, aber ich finde sie nicht. Da alle bisher besuchten Covered Bridges dort waren, wo sie auf der Karte eingezeichnet waren, komme ich gar nicht auf die Idee, im deLorme nochmals nachzulesen. Erst heute lese ich den erläuternden Text – sie überspannt einen kleinen See auf dem Campus der UWA in Livingston, Al, ca. 10 Meilen entfernt. Ich fahre auf der US 11 durch Livingston – wahrscheinlich nur wenige hundert Meter an der Brücke vorbei – und später wieder auf der I 20 nach Osten.
Na gut. Bei Mercedes-Benz in der Nähe von Tuscaloosa, Al soll es ein kleines Museum und eine Tour geben. Ich sehe, nachdem ich die hauseigene Autobahnabfahrt von der Interstate genommen habe, keine Hinweisschilder. Deshalb fahre ich am Eingang dem Schild ‚Visitors’ nach und frage dort, wo sich diese Aktivitäten denn abspielen würden. Die nicht gerade überqualifizierte Pförtnerin telefoniert um Hilfe, erhält aber die Auskunft, dass es so etwas nicht gebe. Ich fahre wieder auf die firmeneigene Zufahrtsstraße und will bei der nächsten Möglichkeit noch einmal fragen, finde aber keine.
Dieser Tag war gebraucht oder ich stelle mich einfach zu blöd an – wahrscheinlich letztes. Ich befrage meine Unterlagen, was es denn für mich Interessantes evtl. in Birmingham, Al geben könnte und werde fündig:
Sloss Furnaces National Historical Landmark.
Dabei handelt es sich um ein Industriedenkmal, ein ehemaliges Stahlwerk. Nicht vergleichbar mit dem Weltkulturerbe Völklinger Hütte, da kleiner, aber sehr schön aufbereitet. Mit einem Umdruck bewaffnet mache ich mich an die Besichtigung. Gefällt mir sehr gut. Wie in der Völklinger Hütte finden auch hier von Zeit zu Zeit Theateraufführungen statt.
Mein Motel befindet sich in Bessemer, Al, südwestlich der Stadt. Da ich keine Lust habe, auf der Interstate zu fahren, wähle ich den Weg durch die Stadt. Aus dem Business District bin ich schnell raus. Danach geht es kreuz und quer auch durch Viertel, die nicht auf der Vorzeigeliste stehen. Bei Dunkelheit hätte ich hier meine Probleme, aber wahrscheinlich ist das nur Einbildung. Die letzte Besichtigung hat mich mit diesen sonst bescheidenen Tag einigermaßen versöhnt.
Gefahrene Meilen: 306
31. Mai Gegen 06:30 Uhr aufgestanden. Kaffee in der Lobby. Abfahrt gegen 07:30 Uhr. Ich will das Auto gegen 13:00 Uhr abgeben – dann habe ich noch mehr als 3 Stunden bis zum Abflug Zeit. Die Fahrtstrecke beträgt ungefähr 180 Meilen, so dass ich mit 4 Stunden Fahrtzeit locker auskomme. Das reicht auch, um die DeSoto-Caverns anzuschauen.
Von Birmingham, Al geht es zuerst auf der I 459 und dann auf der US 280 nach Südosten durch die Ausläufer der Appalachen. Sobald ich die letzten Vorstädte hinter mir gelassen habe, werden die Straßen wieder leer. Die Straße quert die Hügel – eine sehr schöne Landschaft. In Childersburg, Al biege ich nach Osten zu den DeSoto-Caverns ab.
Da ich noch etwas Zeit habe, bevor sie öffnen, überdenke ich meine Zeit- und Routenplanung noch einmal. Siedendheiß fällt mir ein, dass Atlanta in der EST-Zone liegt. Ich würde den Wagen dann erst gegen 14:00 Uhr abgegeben und das wird mir zu knapp. Wahrscheinlich wäre das Alles kein Problem, aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und ich möchte kein Risiko eingehen. Also besichtige ich die Höhlen nicht, sondern fahre weiter in Richtung Atlanta.
Ich fahre weiter auf der geplanten Route, die durch den Talladega National Forrest verläuft und es gelingt mir, mich zum ersten Mal so zu verfahren, dass ich mich am Sonnenstand orientieren muss, um wieder in die Zivilisation zu gelangen. Schließlich finde ich kurz vor Oxford, Al wieder auf die I 20.
Die Fahrt nach Atlanta verläuft reibungslos; den Wagen gebe ich ohne Probleme um 12:40 Uhr ab. Ich hatte ihn nicht gewaschen; die Gewitter im Laufe der Reise hatten dafür gesorgt, dass der Geländeschmutz immer abgewaschen war. Trotzdem war eine Art „Grundschmutz“ am Auto, der nur durch eine Autowäsche zu entfernen gewesen wäre, und bei dem jeder erkennen konnte, dass ich im Gelände unterwegs gewesen war. Niemand kümmert das.
Beim Einchecken ist eine lange Schlange. Es dauert ca. eine Stunde bis ich am Schalter bin. Ich habe zwei Pfund zuviel im Koffer - dass die so genau waren, hatte ich während des Wartens schon gesehen. Ohne Diskussion – was soll’s - packe ich ein paar Bücher in den Rucksack und das mit dem Übergewicht ist erledigt.
Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle packe ich die schwersten Bücher wieder in den Koffer zurück.
Die Sicherheitskontrolle passiere ich ohne Probleme. Mit der Bahn geht es zum International Terminal. Ich trinke noch in Ruhe zwei Bier und schlendere dann zum Gate. Dort werde ich aufgerufen und umgesetzt von der Reihe 40 in Reihe 15, auch am Fenster, nur hat diese Reihe kein Fenster. Der Sitz neben mir bleibt frei. Das Fluggerät ist wie auf dem Hinflug eine etwas in die Jahre gekommene Boeing 767-300ER, keine Bildschirme in den Rückenlehnen, technisch aber in Ordnung. Der Sitzabstand ist ausreichend. Die Maschine ist nicht ausgebucht und startet mit 20 Minuten Verspätung.
Gefahrene Meilen: 185
1. Juni Der Flug war ruhig, leider habe ich nur 2 Stunden geschlafen. Service war wie beim Hinflug - aufmerksam. Landung in Düsseldorf ca. 20 Minuten früher als geplant. Zur Einwanderungskontrolle fährt ein Bus, irgendwie kommt mir das etwas provinziell vor. Auf das Gepäck muss ich etwas warten - macht aber nichts, ich habe ja Zeit genug.
Beim Zoll wird mein Gepäck von einem mürrischen Zöllner gefilzt. Natürlich findet er nichts, aber er versucht die DigiCam neu zu reden und die digitale Canon als nicht in der EU gekauft zu klassifizieren. Na ja, es geht doch nichts über gut ausgebildetes Personal.
Mit der S-Bahn fahre ich zum Hbf, dort muss ich 1 ¼ Stunden warten, aber auch die Benutzung eines niederrangigen Zuges hätte mich nicht früher nach Koblenz gebracht. Als der Zug endlich kommt, bin ich - immer noch die heißen Temperaturen der Südstaaten gewöhnt - gerade noch nicht erfroren.
Die Reise hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es sind in diesem Teil des Landes nicht die ganz großen Sehenswürdigkeiten, sondern das, was man häufig mehr oder weniger zufällig entdeckt. Auch ist die Landschaft nicht so spektakulär wie in anderen Teilen der USA, aber interessante Menschen trifft man auch hier – im Supermarkt, auf dem Parkplatz, beim Frühstück oder wo auch immer. Und beides, Menschen und Sehenswürdigkeiten zusammen, machen eben für mich Amerika aus.
Meine nächste Reise unter einem Geschichtsmotto geht wieder auf den ostwärtigen Kriegsschauplatz und wird sich den großen Schlachten des Jahres 1864 bis zum Ende des Krieges bei Appamatox Court House widmen. Und ich freue mich schon auf meine Reise im Herbst durch den Westen.