15.08.19, Campbell River, „Auf Bärentour“Heute ist nun der große Tag, der zum Höhepunkt der Reise werden soll. Wie schon geschrieben, hatten wir, angefixt durch frühere Berichte hier im Forum, eine Ganztagestour „zu den Bären“ gebucht. Wir sind gleichermaßen erwartungsfroh wie besorgt, ob denn die Lachse schon da seien und mit ihnen die Bären. Veranstalter ist HOMALCO, ein Stamm der First Nations.
Unsere Tour soll uns in ein Flussgebiet führen, das den Bute Inlet (=Fjord) speist.
Früh morgens sind wir im Office, müssen einen „Persilschein“ unterschreiben, der den Veranstalter von jeglichen Ansprüchen freistellt, falls wir irgendwie zu Schaden kommen sollten und dürfen uns ein Video mit Sicherheitshinweisen ansehen, in dem auch der Gebrauch der Bordtoilette erläutert wird.
Angesichts dieser Örtlichkeiten hat jeder nochmal die Möglichkeiten an Land genutzt … und den Rest ausgeschwitzt.
Zwei Angehörige der HOMALCO nehmen uns in Empfang, der Kapitän und unsere Führerin, die uns zunächst in ihrer Stammessprache begrüßt. Weiter geht es natürlich auf Englisch.
Wir sind kaum 5 min auf dem Wasser, da tönt es aus dem Funkgerät:
„… Orcas ahead … one male and three female!“
Unser Kapitän hält darauf zu und bleibt etwa 100-150 m seitlich von ihnen liegen. Erstaunlicherweise ziehen sie durch die vergleichsweise enge und vielbefahrene Wasserstraße zwischen Campbell River und der gegenüberliegenden Insel.
Das Fotografieren erweist sich als schwierig. Obwohl es kaum Wellengang gibt, schwankt das Boot wie eine Nussschale. Ich habe wieder das „dicke Rohr“ drauf und schieße „stehend freihändig“. Es erfordert einige Versuche, ein anständiges „Beweisfoto“ hinzubekommen.
Nach vielleicht 30 s ist der Spaß vorbei. Es zeigt sich der Respekt unseres Bootsführers vor der Natur. Wo wir uns im ersten Moment ein „Mehr“ gewünscht hätten, hält er das Boot nur an, lässt die Orcas vorüberziehen, setzt ihnen aber nicht nach.
Gut so.
Die Fahrt zum Bärengebiet zieht sich über etwa zwei Stunden. Am seitlichen Horizont springen ein paar Delfine, aber dafür ist jetzt keine Zeit.
Am Ziel angekommen steigen wir in einen kleinen Tour-Bus und können uns ab dann fühlen wie VIPs mit Personenschutz. Es ist die erste Tour der Saison überhaupt. Nur so ist es wahrscheinlich zu erklären, dass wir 10 Besucher von 6 Rangern begleitet werden. Es ist, wie man es aus dem täglichen Leben kennt: Bevor man selbst aussteigt, springen die Bodyguards heraus, sichern die Umgebung und geben dann ihr OK.
Die Aussichtspunkte selbst sind Hochstände, deren Zugang noch einmal extra geschützt ist.
So sitzen wir auf dem ersten Aussichtsposten und warten …
Da, in geschätzt 400 m Entfernung bewegt sich etwas im Gras! Ein Fernrohr wird herumgereicht – tatsächlich ein Grizzly! Die Vergrößerung des Fernrohres entspricht in etwa der unserer Fotoapparate. Wir haben beide ein Tele mit ca. 1000 mm Kleinbild-Äquivalent, meine Frau kompakt in einer Bridge-Kamera und ich mit einem 600 mm „Ofenrohr“ an APS-C. Diese Brennweite ist auch nötig, um diesen Bären hier einzufangen.
Bei der Anfahrt zu einem weiteren Aussichtspunkt sehen unsere Führer aus dem Bus heraus einen Bären am Fluss, „Willy“ oder wie auch immer er heißen möge. Die HOMALCO kennen die Tiere über Jahre und haben ihnen Namen gegeben. Wir halten außerplanmäßig auf freier Strecke, können aussteigen und ein paar Fotos machen.
Als der Bär dann in unsere Richtung läuft, fordert uns der „Ober-Guide“ nachdrücklich auf jetzt „ganz zügig, aber ruhig“ wieder in den Bus zu steigen.
Der zweite Aussichtspunkt ist landschaftlich schön gelegen. Man könnte sich hier ein buntes Treiben vorstellen, wenn denn die Lachse schon da wären. Leider ist das nicht der Fall und so sehen wir auch keine weiteren Bären.
Auf dem weiteren Weg begegnen wir Bambi und seiner Mutter.
Letztlich sehen wir auch an weiteren Aussichtspunkten keine Bären mehr. Als wir dann wieder auf unserem Boot sind, entdeckt unser Guide noch einen Grizzly am Strand, Entfernung so ca. 300-400 m. Angesichts des schwankenden Untergrundes erfordert das wieder Kraft und Glück, Fotos mit dem Bären darauf zu erzielen.
Wir treten den Heimweg an.
Unterwegs verlassen einige Gäste an einer Anlegestelle das Boot. Kurz zuvor haben wir einen Weißkopf-Seeadler auf einem Baum am Ufer gesehen. Ich frage unseren Kapitän vorsichtig, ob man da noch einmal hinfahren könnte, um ein paar Fotos von dem Vogel zu schießen. Mit einem Lächeln auf den Lippen antwortet er: „Hey man, how many eagles do you want see? 1, 2 or 5?“.
Ja, einer würde schon mal reichen.
Als wir wieder starten, fährt er aber in eine ganz andere Richtung??? Er kennt die Gegend wie seine Westentasche und steuert eine kleine Insel an, offenbar ein Nistgebiet. Hier sitzt gleich eine ganze Reihe von Weißkopf-Seeadlern auf den Bäumen. Vor der Insel gibt es, warum auch immer, heftige Strömungen, so dass unser Kapitän Mühe hat, das Boot am Ort zu halten. Entsprechend stark schwankt unsere Nussschale.
Was dann kommt, übertrifft alles Dagewesene an fotografischen Herausforderungen. Es geht gar nicht mehr um besonders „tolle“ Bilder, sondern schlicht darum, einfach das Motiv zu treffen. Mit meinem 2 kg – Tele und einem entsprechend kleinem Bildwinkel schieße ich, bis die Linse glüht. Bei den sitzenden Vögeln gelingt mir noch eine ganz gute Trefferquote, aber auf vielen Flugbildern ist dann schon mal nur eine Flügelspitze zu sehen.
Schon bald dreht der Kapitän wieder ab. Den Zeitstempeln nach sind die nachfolgenden Bilder innerhalb von nur 3 Minuten entstanden.
Auf der Rückfahrt gibt es dann an einer verlassenen Siedlungsstätte der HOMALCO einen kurzen Vortrag über deren Geschichte. Unsere Führerin singt noch ein Lied in ihrer Muttersprache und überreicht jedem einen handgearbeiteten Anhänger aus Holz – tolle Geste.
Auf dem weiteren Weg fragt unser Bootsführer seine Kollegen per Funk, ob und wo denn Buckelwale zu sehen seien. An der ersten Stelle warten wir eine ganze Weile, aber es tut sich nichts. Auch an einer zweiten Stelle lassen wir uns längere Zeit mit ausgeschaltetem Motor treiben.
Da endlich, in einiger Entfernung tut sich etwas … Humpbacks – Buckelwale!
Einem Ehrenkodex oder einer Vorschrift folgend oder einfach aus Respekt vor den Tieren, bleibt der Motor aus. Wir stellen den Walen nicht nach, was im Grunde auch gut und richtig ist. So bleibt uns nur, sie optisch heranzuholen. Es sind drei Tiere. Von Zeit zu Zeit sieht man mal hier mal da ihren Blas und ihren Rücken. Als sie uns schließlich ihre Schwanzflossen zeigen, wissen wir, das war’s. Jetzt geht es wieder ab in die Tiefe.
Wir sind glücklich, das so erlebt zu haben.
Von der weiteren Rückfahrt gibt es nichts weiter zu berichten.
Fazit? Bei den Bären hatten wir auf die bekannten Lachsfang-Szenen gehofft und sind daher etwas enttäuscht. Aber auch so haben wir sowohl bei den Bären als auch auf dem Wasser eine ganze Menge Wildtiere gesehen. Daher sind wir insgesamt durchaus zufrieden.
Im Ort wollen wir uns noch das Visitor Center und ein Museum ansehen, aber dafür ist es schon zu spät. Im Hafenrestaurant „Riptide Marine Pub“ lassen wir den Tag mit gutem Essen ausklingen.
Morgen geht es dann zurück aufs Festland, nach Vancouver.
Tipps für Planer
- Bärentour von Campbell River aus
gleichermaßen empfehlenswert wie teuer
Wenn die Reiseplanung im Wesentlichen feststeht, die Tour möglichst frühzeitig buchen, da der Termin sonst schon komplett belegt sein kann.
(Es gibt nur ein paar Veranstalter, die jeweils nur 10-12 Personen pro Tag in das Bärengebiet bringen.)
Die Touren beginnen überhaupt erst am 15. August jeden Jahres. Ob dann schon Lachse da sind, kann niemand vorhersagen. Daher ist es besser, frühestens mit dem 20. August zu planen.
Der lokale Veranstalter im Bärengebiet sind immer die HOMALCO (First Nations). Das Gesamtpaket kann man entweder direkt bei HOMALCO buchen oder bei einem der anderen Anbieter.
Dann fährt man mit einem anderen Schiff zu einer anderen Zeit.
Wer fotografieren möchte, sollte hinreichend (optischen) Zoom haben und sein Objektiv ohne Stativ handhaben können.
Im Nachgang kam noch von unserem Kapitän der Hinweis, dass es eher ungünstig ist, zur Zeit des Vollmondes auf Bear-Watching zu gehen, weil die Tiere dann mehr in der Nacht und weniger am Tag aktiv seien.
- Whale Watching
Es werden eine Reihe von speziellen Whale Watching Touren angeboten. Da wir keine durchgeführt haben, können wir nicht sagen, ob diese generell empfehlenswert sind oder nicht.
Wir möchten nur darauf aufmerksam machen, dass diese i.a. in Schlauchbooten („Zodiac“) durchgeführt werden.
Man sitzt quasi auf Höhe der Wasserlinie und ist über die gesamte Zeit Wind und Wetter ausgeliefert. (Man bekommt vom Veranstalter „Fischerei-Overalls“.)
Wir hatten ein Boot mit Kabine und Freifläche.
- Restaurant „Riptide Marine Pub“ in Campbell River
empfehlenswert