Sonntag, 30.10.2005Um 6.00 Uhr klingelt der Wecker, heute ist der Tag, auf den wir lange gewartet haben, wir dürfen zur Wave wandern. Den Rucksack hatten wir noch am Abend zuvor gepackt, sodass wir um 7.00 Uhr starten können. Zuvor gilt es aber noch die lange Anfahrt vom Süden zum Trailhead zurückzulegen. Der Weg führt durch eine sehr ansprechende Landschaft, die Hügel unterhalb von Page sehen aus wie aus rötlicher Schokolade gegossen.
Als wir schliesslich von Süden in die Houserock Valley Road einbiegen und uns das Schild "Paria Canyon Vermillion Cliffs Wilderness Area" begrüsst, macht sich ein Kribbeln breit. Bereits nach wenigen Metern verwandelt sich die gute Strasse in eine Schlammpiste, und wir freuen uns nicht zum letzten Mal darüber, die Mehrkosten für den Allrad investiert zu haben. Die Piste ist ziemlich rau, immer wieder wühlt sich unser Chevrolet Trailblazer durch eine knöchelhohe Schlammschicht, es gilt mehrere Flussbetten, die ein wenig Wasser führen, zu durchqueren, hier geht mit normalem Strassenfahrzeug unter diesen Verhältnissen ganz sicherlich nichts.
Um ca, 9.00 Uhr treffen wir am Wirepass Trailhead ein, es stehen bereits 4 Geländefahrzeuge auf dem Parkplatz. Nach dem Besuch des Pithouse machen wir uns auf den Weg. Auf dem Weg zur Wave wollen wir uns vorher noch die Teepees anschauen, auf die auf anderen Websiten so viel Lob gefallen ist. Ausser GPS-Koordinaten und Fotos haben wir jedoch keinerlei Anhaltpunkt, wo diese stehen. Also stelle ich das GPS auf die Koordinaten ein und wir laufen los.
Der Weg soll Anfangs identisch sein mit dem Zugang zur Wave, die vielen Fussabdrücke im Sand verdeutlichen dies. Auch den ersten Markierungspunkt auf der Wegbeschreibung des BLM können wir noch erkennen.
Dann werden die Fussspuren plötzlich weniger, der Weg trennt sich vom Zugang zur Wave. Wir folgen als der Richtung, die uns der GPS-Pfeil weist. Noch immer finden wir einige gute Fussspuren, die uns sagen, wir sind auf dem rechten Weg. Lange nachdem wir das Flussbett verlassen haben gelangen wir plötzlich über einen Felsabbruch, von dem es scheinbar nicht weiter geht.
Nicht zum ersten Mal verfluche ich das GPS, das in stark zerklüffteten Gelände nicht immer hilfreich ist. Nach mehreren Abstiegsversuchen finden wir schliesslich einen Weg nach unten ins Tal – und was für einen. Der Weg führt uns über eine glatt geschliffene Felszunge, rechts und links flankiert von tollen, abgerundeten Hügeln. Diese Formation hätte wahrlich den Namen 3rd Wave verdient.
Voll Bewunderung für die Großartigkeit der Natur stapfen wir einige Fotos und Camcorder-Schwenke später weiter. Es geht wieder bergauf, diesmal durch sehr sandiges Gelände und wir sind froh, unsere hohen Hikingboots angezogen zu haben. Mittlerweile finden wir kaum noch Fussspuren, nur hier und da einen sehr stark verwischten Abdruck im Sand, dafür aber ganz deutliche Pfotenabdrücke eines größeren Raubtieres. Zunächst glauben wir noch an Koyoten oder Luchse, bis wir einen Abdruck entdecken, der so gross ist wie mein Handteller, damit ist klar, es kann sich nur um Pumaspuren handeln. Der Weg führt als weiter durch dieses sandige, einsame Gelände, mir wird langsam mulmig, zumal die Teepees am fernen Horizont überhaupt nicht näher zu kommen scheinen. Ausgebleichte Röhrenknochen eines größeren Tieres liegen im Sand, Rippenknochen daneben, die Reste einer Pumamahlzeit?
Dann stehen wir wieder vor einem Felsabbruch und beginnen über die griffigen Platten nach unten zu klettern, wir sind mittlerweile 2 Stunden unterwegs und langsam macht sich die Erkenntnis breit, wenn wir jetzt nicht zur Wave aufbrechen, werden wir diese heute wahrscheinlich nicht mehr finden.
Doch leichter gesagt als getan, wir sind weit abgewichen von der BLM-Wegbeschreibung, sehen weder die Twin Buttes noch andere Orientierungspunkte, die uns der BLM-Officer erklärt hat. Als wir uns umblicken, entdecke ich plötzlich in nicht allzu weiter Entfernung die Felsformation unter der die Wave liegen soll, nur aus einem völlig anderen Blickwinkel. Zur Sicherheit gebe ich noch die Koordinaten der Wave ins GPS ein und wir klettern nach kurzer steiniger Querung eines Tales wieder einen Hügel nach oben. Die markante Formation unter der die Wave liegen soll, befindet sich sehr weit über uns, wir klettern als weiter nach oben, ziehen uns mühsam über zum Teil fast 2 m hohe Felsabsätze nach oben, hier ist Armkraft gefragt, und ich freue mich, dass sich das regelmässige Fitnesstraining wieder einmal auszahlt. Je näher wir kommen, desto unübersichtlicher wird das Gelände, schliesslich verlieren wir den Markierungspunkt aus den Augen, er verschwindet hinter Felsabsätzen, wir folgen dem GPS-Pfeil und erklimmen mühsam weiter den Hügel, der immer wieder mit Büschen und dornigem Geäst durchsetzt ist, unser Blick studiert aufmerksam den Boden, in den vielen Felsnischen würden sich Rattler sicher sehr wohl fühlen. Als wir weitere 10 Minuten geklettert sind, sehen wir weit unter uns plötzlich ein menschliches Wesen und bei genauerem Hinsehen blicken wir von weit oben in die Wave.
Sie ist direkt unter uns, wir müssen nur noch wieder absteigen. Dies gelingt jetzt mühelos, wir freuen uns wie die Kinder, dass wir es geschafft haben. Wir werfen die Rucksäcke in die Ecke, schnappen uns Kamera und Camcorder und gehen auf Entdeckungstour.
Als wir um die Ecke in die Wave einbiegen, sehen wir, dass diese im unteren Bereich bestimmt 40 cm unter Wasser steht. Dies macht aber nichts, da der andere Ausgang nicht überflutet ist, und wir den Ausgang des überfluteten Teils von oben her ansteuern können.
Wir schiessen jede Menge Bilder, Nahaufnahmen, übermütig laufe ich eine steile Felswand hoch und schaffe es mit letzter Kraft auf den Absatz darüber, klick, der Schnappschuss ist im Kasten. Jetzt muss ich wieder nach unten, Frank will dies filmen, also Konzentration. Die ersten Schritte gelingen in dem fast senkrechten Gelände noch ganz gut, aber dann haut es mich hin, festgehalten auf Mini-DV. Nachdem ich mich von dem Schreck erholt habe, stelle ich fest, dass ich mir ausser einer Prellung am Unterschenkel und einem schmerzenden Handgelenk nichts getan habe, das hätte auch anders ausgehen können und ich bekomme von Frank einen gehörigen Rüffel von wegen Übermut und Leichtsinn und den fehlenden Rettungsmöglichkeiten in dieser abgelegenen Gegend. Reumütig gelobe ich Besserung und wir nehmen erstmal unsere mitgebrachte Mahlzeit, bestehend aus Brot und geräuchertem Putenbrustaufschnitt zu uns.
Nachdem wir noch ein wenig in der Wave umherspaziert sind, unterhalten wir uns mit den anderen Wave-Besuchern, darunter auch den beiden Amerikanern, von denen der eine die Lose gezogen hatten. Die beiden Burschen waren bereits gestern vom Buckskin Trailhead (wo die Houserock Road so stark geflutet war) zu Fuss zum Wire Pass gelaufen, hatten dort gezeltet und waren bereits im ersten Tageslicht aufgebrochen. Sie waren morgens an der Wave und waren dann zu den Teepees gegangen, fanden diese ganz nett, aber nicht besser als die anderen Buttes in der Gegend, sodass man diese nicht unbedingt sehen müsste. Später sind sie zur Wave zurück.
In der Wave sprach es sich rum, dass es in nicht allzu weiter Entfernung noch eine weitere Formation, die s.g. Second-Wave zu besichtigen gibt, die kleiner und welliger geschliffen ist. Auch die anderen Deutschen waren mittlerweile in der Wave eingetroffen, sie hatten sich jeweils einen Jeep gemietet, Holger und Andrea waren sogar von Norden über die Houserock Valley Road gefahren, und berichteten, dass man das geflutete Bachbett über eine Umfahrung mit deutlich niedrigerem Wasserstand doch passieren konnte.
An der Second Wave trafen wir auf die Internet-Permitinhaber, darunter eine 6-köpfige Gruppe, die mit teurem Kameraequipment direkt vor der 2nd Wave kniete und zunächst eine Aufnahme aus der Totale verhinderte.
Schon bald verhiessen dunkle Wolken am Horizont ein Unwetter, und die 6 Semi-Professional-Fotographen machten sich auf den Rückweg.
Jetzt hatten wir die 2nd-Wave zusammen mit Holger und Andrea für uns und wir schossen einige Aufnahmen.
Die Second Wave - fast noch schöner als die bekannte WaveDas Unwetter schien näher zu kommen, eine Sandböe wehte unser Stativ um, glücklicherweise war die Kamera nicht mehr darauf.
Eine halbe Stunde später machten wir uns zusammen mit Holger und Andrea auf den Rückweg. Da wir ja die "Expeditionsroute" genommen hatten, kannten wir den Normalweg nicht, und wussten nicht genau, in welche Richtung wir die Wave verlassen sollten. Zur Sicherheit hatte ich noch die Wegpunktkoordinaten ins GPS einprogrammiert. Mit Holger und Andrea haben wir uns auf dem Rückweg prima unterhalten und Erfahrungen von der jetzigen und vergangenen Reise ausgetauscht und Tipps für weitere Abstecher. Holger berichtete uns auch, dass am Vortag beide Teile des Antelope Canyon wegen Überflutung gesperrt waren, und dass die Cottonwood Road, über die sie zu den Wahweap Hoodoos fahren wollten, in einem so erbärmlichen Zustand ist, dass sie erst gar nicht bis zur BLM-Road 435 gekommen waren. Keine guten Aussichten für unsere Weiterfahrt am nächsten Tag.
Hamburger Rock und im Hintergrund die Brain Rocks (fotographiert auf dem Top Rock Plateau vor der Second Wave)Im Laufe des Rückwegs verzog sich die Gewitterfront wieder und wir hielten noch das eine oder andere Mal für einen Fotostopp an. Der Normalweg zur Wave erwies sich nach unserer Route praktisch als Sonntagsspaziergang, obgleich man aufpassen muss, dass man nicht den falschen Abzweig nimmt, da man ansonsten auch vor einem hohen Felsabsatz steht.
Am Wirepass-Trailhead waren wir die letzten Autos – dachten wir, im hinteren Teil stand ein Geländewagen der aussah als käme er gerade aus dem Showroom eines Autohändlers. Auch die beiden Schweizer, die Permits für den folgenden Tag hatten, waren die Houserock Valley Road von Norden gekommen, konnten uns aber auch nicht erklären, wie sie es geschafft hatten, dass kein Schlammspritzer das Auto verunzierte. Unsere Fahrzeuge sahen aus wie nach einer Schlammpackung.
Da jetzt schon mind. 2 Fahrzeuge von Norden her die Zufahrt geschafft hatten, entschlossen wir uns dazu, für die Heimfahrt auch die kürzere Strecke nach Norden zu nehmen. Wie angekündigt, war lediglich die Umfahrung des überfluteten Abschnitts des Flussbettes in der Nähe des Buckskin Trailheads problematisch, wurde aber von unserem Trailblazer tadellos gemeistert. Das lehmige Wasser spritzte allerdings bis über das Dach.
Als wir auf dem Campground am Lake Powell ankamen, war es bereits dunkel aber wir wärmten uns glücklich und zufrieden im Schein der Gaslampe eine Dose Chef Boyardee-Nudeln mit Meatballs in Tomtensauce. Die schmecken nicht nur nach einem "Wandertag" ganz köstlich.