4. Tag, 20. September 2009Hemenway Street, 11 Uhr morgens. Draußen ist es wie gewohnt zwar schön, aber das kleine Fenster mit dem dicken dunkelblauen Vorhang in den Innenhof lässt kaum Licht herein. Und so fällt die kleine Alex im Halbschlaf fast aus dem Stockbett, als sie sich auf den Weg ins Bad macht. Irgendwie find ich aber doch den Weg in die Freiheit - nur ist die leider nicht nur auf fünf Stockwerke verteilt, sondern in jedem Stockwerk auch noch so verzweigt, dass sich die kleine Alex in ihrem Dusel glatt verläuft.
Irgendwann hatte ich tatsächlich keinen Plan mehr, wo ich bin und wie ich hier wieder raus komm...ich dachte schon an einen lauten Hilferuf nach meiner noch im Tiefschlaf befindlichen Begleiterin, hab mich dann aber doch eines besseren besonnen. Wie das passieren konnte dass ich das Bad nicht fand, ist mir bis heute ein Rätsel - lag es doch eigentlich nur zwei Türen weiter rechts im selben Flur....Tja. Das war wohl die Rache dafür, dass ich mich am Abend davor über die Navigation der Belgierin lustig gemacht hab....
Es hat noch ne Weile gedauert, bis wir beide wieder einigermaßen bei Laune waren, aber zwei Kaffee und ein Oreo-Frühstück später konnten wir wieder dem Sonnenlicht entgegensehen, ohne mit einem Zisch-Flupp zu Staub zu zerfallen. Ich wollte unbedingt wieder ein bisschen zu Fuß laufen, denn ich bin der Meinung, dass man da den interessantesten Sachen über den Weg läuft. Außerdem wollte ich als großer Fan von Denny Crane und Alan Shore zur 500 Boylston Street. Leider hat meine Mini-Kamera keine Möglichkeit gefunden, das Gebäude in seiner vollen Pracht auf den Schirm zu bringen
Wir haben aber am Copley Square und rund um die Trinity Church wieder ne Menge Speicherplatz unserer Kameras verprasst und uns wieder mal gefreut, wie grün hier selbst mitten in der Stadt alles ist.
und hier ist es wieder: alt, neu, baum. die perfekte konstellation.
Gestärkt haben wir uns an diesem Tag zum wiederholten Mal bei Boloco, diesem tollen Schnellimbiss der so herrlich unamerikanisch gesund kocht. Das waren wohl die besten Wraps und Erdbeershakes die ich jemals gegessen hab! Und ich bin ja sowieso nicht der Fastfoodfan. Wir aßen im Vorgarten am Park Plaza und haben beim Leute beobachten gesehen, dass gleich nebenan ein Old Town Trolley Stop war. Spontan entschieden wir uns (doch noch ein bisschen lauf-faul), mal eine Runde mitzufahren. Kaum hatten wir die Karten gekauft kam auch schon der nächste Wagen. Wir sind erst einen Teil der großen Tour mitgefahren - über den Christian Science Plaza zum Fenway Park (wo gerade ein Filmteam mit ganz vielen Wohnwägen stationiert war, laut unserem Chauffeur wohl wieder mal ein neuer Matt Damon / Ben Affleck Streifen. Die beiden verfolgten uns sowieso in Boston. Es gibt wohl keinen Ort, wo die in Boston noch nicht gefilmt hätten. Oder gegessen. Oder geschlafen. Alles in Boston wurde schon mal mindestens von einem der beiden berührt.), über die Harvard Bridge nach Cambridge, zum Beacon Hill, und dann über Downtown zum Hafen, wo der eigentliche Startpunkt liegt. Obwohl wir unseren Chauffeur superlieb fanden (er erinnerte mich ein bisschen an meinen Opa) und wir noch gerne mehr von seinen privaten Anekdoten gehört hätten, sind wir dort dann ausgestiegen und getreu dem Motto "einfach mal abhängen" haben wir uns an den Pier gelegt. In die Sonne, natürlich. Das sah dann so aus:
das nenn ich liebevoll "Mein rosa Ufo".
und ja, wir lagen da wirklich flach auf dem boden.
Hier haben wir ne Stunde lang gelegen, Postkarten geschrieben und nem Wahnsinnigen zugesehen, wie er sich unter lauter Anfeuerung seiner "Freunde" bis auf die Boxershorts auszog und einfach mal fröhlich ins Wasser sprang
Ich mein, es war wirklich warm, aber deswegen spring ich doch nicht in den Atlantik!! Wir hatten unsere Augen ne Weile auf Alarmstand, ob er denn auch wieder raus kam...glücklicherweise war er klug genug, direkt neben ner Leiter rein zu springen, und nach ein paar Minuten war er wieder an Land.
Wir waren dann mal ganz crazy (
) und haben uns anstatt in die grüne in die orange Trolley Linie gesetzt. Unterschied: Sie fährt nur ne kleine Biegung aus. In dem Wagen saß außer uns niemand und so mussten wir uns ständig mit der Fahrerin unterhalten, die ganz offensichtlich krampfhaft versuchte, uns zu einem Gespräch über Boston zu animieren. Wir wünschten uns den Opi zurück! Und dann...kamen wir in den Seaport District. Meiner Meinung nach vollkommen verzichtbar, da sehr industriell, karg und überhaupt nicht hübsch. Wenigstens stiegen hier ein paar Leute zu, die uns dann das Gespräch mit der Fahrerin abgenommen haben. Wir stiegen dann wieder um in die Grüne und vollendeten unseren angefahrenen Kreis. Nicht ohne noch einmal eine ehemalige Film location von Matt Damon präsentiert zu bekommen...langsam ging er mir auf die Nerven
Für alle, die das vielleicht noch nicht kennen, hier die Trolley Tour Map
http://www.trolleytours.com/boston/boston-map.html.
Danach latschten wir noch ein bisschen Richtung South End. Schließlich hatten wir uns heute kaum bewegt
Und Hallelujah, ich fand einen Foot Locker - ich wollte hier nichts lieber einkaufen als ein paar günstige Chucks! Ich liebe diese Schuhe, und wenn man in USA dort regulär schon die Hälfte zahlt wie hier, dann musste da auch mindestens ein paar mit nach Hause. Ich konnte mich lange nicht zwischen zwei Paar entscheiden, hab dann doch nur eines genommen, weil ich dachte ich komm bestimmt später noch mal an einem Locker vorbei - doch da hab ich wieder mal die Arschkarte gezogen, auf der ganzen restlichen Tour gab es keine ordentlichen Chucks mehr.
Nach einem gemütlichen Spaziergang nach Hause und einem Zwischenstopp bei 7/11 haben wir uns dann noch mal fein rausgeputzt. Auf dem Plan des Hostels stand ein Pub Crawl. Ein neuer Mitbewohner aus...ich glaub es war Weißrussland wurde auch gleich mitgeschleppt. So, und dann waren wir ungefähr 20 Leute und uns fiel nichts besseres ein als in das nächst beste Lokal in der Boylston Street zu gehen. Die meisten anderen waren auch irgendwie komische Menschen, und so saßen wir dann zu dritt an der Bar und haben gequatscht. Ich fühlte mich gelangweilt, obwohl der Weißrusse total freundlich war und immer wieder das Gespräch in Gang bringen wollte. Plötzlich ging mir ein Licht auf, wieso ich so gedrosselt fuhr: ich war nicht gelangweilt, ich war todmüde, und ich fing immer öfter an zu niesen, die Nase fing mir an zu laufen...auweia. Ich hab mich recht schnell verabschiedet und mich in die Hälfte meines Kofferinhaltes gewickelt und gleich ne mitgebrachte Wiedergutwerd-Pille genommen. Ich hoffte, dass ich dann am nächsten Tag wieder fit sein würde...schließlich stand mir da ein aufregender Tag bevor!