12. Tag: Mittwoch, 01.10.2008Kanab - PageBLM-Odyssee, aber trotzdem ein schöner TagDer Wecker klingelt um 6 Uhr – igitt, und das im Urlaub. Aber was tut man nicht alles… *seufz* Die ganze Nacht haben wir uns halb wach halb schlafend Gedanken gemacht, wie die Zeichnung von dem Typ im Subway zu deuten ist. Wir haben ein paar unterschiedliche Versionen, je nach dem, wie herum man das Papier hält.
Wir machen uns schließlich abfahrtbereit und noch vor 7 Uhr verlassen wir den Campground, um die verschiedenen Versionen abzufahren. Erstmal am Subway vorbei und dann rechts an der Ampel… laut Zeichnung soll die Straße eine leichte Linksbiegung machen, wo man allerdings rechts abbiegen muss und dann soll man schon so gut wie vor dem Büro stehen. Uuuund… es ist unglaublich, aber die Linkskurve kommt tatsächlich. Scheint so, als wäre die Zeichnung doch logischer als zunächst angenommen. Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen als ich das Schild von BLM sehe und das „offiziell“ wirkende Gebäude auftaucht. Ich denke noch, jetzt sind wir viel zu früh und hätte es mir fast wieder im WoMo bequem gemacht und bis kurz vor 9 gewartet, aber irgendwie wollte ich mich doch noch mal endgültig versichern, dass hier die Lotterie stattfindet…
Wir gehen zu dem Büro, aber niemand ist zu sehen… es ist ja auch erst kurz nach 7 Uhr. Schließlich taucht in dem noch abgeschlossenen Gebäude eine Frau hinter einer Glastür auf und wir signalisieren, dass wir eine Frage haben. Sie kommt gleich freundlich angelaufen und möchte wissen, wen wir suchen. Wir erklären ihr, dass wir zur Lotterie für die Wave wollen. Unglaublich, aber sie hat sogar schon mal etwas von der Wave gehört… wir kommen der Sache näher! Sie weiß auch, dass eine Lotterie stattfindet, nur leider (oder zum Glück) weiß sie auch, dass wir hier falsch sind. Sie setzt zur Erklärung an, meint dann aber, dass wir besser zu einem anderen BLM Büro fahren sollen, wo man uns genau erklären kann, wo wir hin müssen. Also erklärt sie uns den Weg zu dem anderen Office.
Nun geht die Sucherei weiter. Wir fahren Richtung Ortsausgang und ehe wir uns versehen sind wir so gut wie wieder aus diesem Kaff raus ohne jeglichen Hinweis auf ein zweites BLM Office. Schnell entschließen wir uns, in die nächst beste Einfahrt zu fahren und dort noch mal zu fragen, bevor wir sonst wo landen und nicht mehr umdrehen können. Es ist die Einfahrt eines Veranstalters von Touren in den Grand Canyon. Nicht ganz das, was wir wollen, aber vielleicht kennt ja hier einer die Wave.
Im Büro sind zwei hilfsbereite Damen und wir schildern unser Problem. Ein Glück, auch sie kennen die Wave und erklären uns, dass die Lotterie in einem Büro Richtung Page stattfindet.
Wir beschließen, nun wirklich nach Page zu fahren und auf dem Weg die Augen offen zu halten, entweder das Büro ist dann da oder wir haben Pech gehabt. Schließlich sind wir langsam mit unserem Latein am Ende und Kanab ist uns offensichtlich sowieso nicht wohl gesonnen.
Kaum fahren wir erneut nach Kanab rein, sehen wir wieder mal ein Schild von BLM. Vielleicht ist das ja das Büro, das die erste Frau gemeint hat. Aber ist auch sehr hilfreich, das Büro nur in der einen Richtung auszuschildern, kein Wunder, dass wir es auf dem Hinweg nicht gesehen haben. Wir biegen hoffungsvoll dem Schild folgend links ab. Ein paar hundert Meter nach dem Abbiegen ist immer noch nichts zu sehen von einem BLM Büro. Mein Vater und ich kriegen uns noch fast in die Wolle wegen des weiteren Vorgehens. Hier weitersuchen oder doch nach Page?
Wir entscheiden uns für Page. Wie wir da so fahren, fällt mir siedendheiß ein, dass bei der Lotterie im Internet die Verlosung dort um 12 Uhr und zu Hause aber um 20 Uhr stattfand. Moment mal, das sind nur 8 Stunden Zeitunterschied?! Verdammt, sind wir eigentlich in Utah oder Arizona? Gestern habe ich kein Utah-Schild gesehen… aber eigentlich habe ich gar kein Schild gesehen bzw. wenn da eins war, habe ich es nicht lesen können, wegen der tief stehenden Sonne. Ich unterdrücke eine hochkommende Panik. Mittlerweile ist es schon 8.10 Uhr, d.h. wenn wir wirklich in Utah sind, ist es eh schon zu spät…
Irgendwann taucht am Straßenrand ein braunes BLM Schild auf. Wenn es das jetzt nicht ist, dann weiß ich auch nicht. Wir fahren in die Einfahrt und das sieht alles schon mal sehr viel versprechend aus; es steht schon ein anderes WoMo dort und einige Autos. Ich bin mir wegen der Utah-Arizona-Sache immer noch nicht ganz sicher, oder sagen wir besser, ich klammere mich an den letzten Hoffnungsschimmer und rede mir ein, dass es vielleicht an der Sommerzeit oder sonst was liegt. Wir betreten das Büro und ich sehe schon zwei Uhren dort hängen, einmal mit 9.20 Uhr für Utah und einmal 8.20 Uhr für Arizona. Aber wo sind wir den nun? Das hätten sie ja mal dazu schreiben können für so Orientierungslose wie mich…
Wie wir hier so anstehen, fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Ich zähle die Leute, die vor uns am Tresen stehen… genau 10! Jetzt bin ich mir sicher, dass die Lotterie gelaufen ist und wir in Utah sind. So ein Mist aber auch, wegen 20 Minuten!! Obligatorisch fragen wir bei dem Mann hinter dem Tresen nach, ob hier die Lotterie stattfindet. Er sagt uns, dass es jeden Tag passiert, dass sich Leute mit der Zeit vertun. Wie tröstlich… Hätte mir vorher jemand erzählt, dass ihm das passiert ist, hätte ich denjenigen vermutlich ausgelacht wegen so viel Uninformiertheit und nun stehen wir selbst hier…
Wir nehmen schon mal den Antrag für morgen mit, obwohl uns das natürlich auch keinen Vorteil verschafft, aber wir können so tun, als sei der Besuch hier doch nicht gänzlich umsonst gewesen.
Ich bin geknickt und frustriert. Nicht mal zum Autofahren habe ich Lust, was bei mir schon etwas heißen will, und ich lasse meinem Vater den Vortritt.
Ich bin stinksauer auf alles: auf den Reiseführer, der behauptet, die Verlosung wäre IN Kanab, dabei ist sie fast eine Autostunde entfernt (das wäre als würde ein Reiseführer für Deutschland behaupten, der Römer sei in Wiesbaden, dabei ist er in Frankfurt… also bitte), ich bin sauer auf die blöde Sonne, die so tief stand weswegen man das BLM Schild nicht lesen konnte, auf die Kanaber, die die Wave nicht kennen und uns ins falsche Office geschickt haben, auf Utah, weil es nicht an der Sommerzeit teilnimmt und an der Landesgrenze nicht mal ein Schild aufgestellt hat… schnell sind zig Schuldige ausfindig gemacht.
Aber am meisten könnte ich mir selbst in den Hintern treten. Wie konnte mir das nur passieren? Wie konnte ich so uninformiert hierher fahren? Warum habe ich mir die Beschreibung im Forum nicht einfach ausgedruckt oder wenigstens kurz vorher noch mal durchgelesen? Es wäre so einfach gewesen!
Tja, hinterher ist man immer schlauer… Jedenfalls werde ich nie nie nie wieder eine USA Reise machen, ohne ganz genaue Infos, die ich auch zum Nachlesen ausdrucken und daher mitnehmen kann, am besten immer mindestens aus zwei verschiedenen Quellen. So was Dummes aber auch. Naja, wenn ich mir jetzt selbst den Tag verderbe ist auch keinem geholfen...
Nach Page ist es ein ganzes Stück zu fahren und so habe ich mich schon wieder einigermaßen abgeregt als wir ankommen indem ich mir einfach einrede, dass wir bestimmt morgen oder spätestens übermorgen Glück haben werden und alle Aufregung eh umsonst gewesen sein wird.
Wir fahren wieder durch die rote und dann plötzlich grau werdende Landschaft und halten an einem großen aber verlassenen Parkplatz hinter der Brücke am Glen Canyon Dam. Wir laufen zurück über die Brücke und bestaunen den Staudamm. Plötzlich finden wir uns in einer riesigen Gruppe Deutscher wieder, die allesamt aus einem Bus gestiegen sind. Wenn ich daran denke, dass ich auch überlegt hatte, so eine organisierte Reise zu machen, wird mir ganz anders. Auf eigene Faust macht das viel mehr Spaß! Wir bleiben auf der Brücke stehen, um zu warten, bis alle an uns vorbei gelaufen sind.
Fast genauso imposant wie den Staudamm finde ich die Brücke über den Canyon. Es ist faszinierend, wie sehr man die Schwingungen der Brücke spürt, wenn Trucks darüber fahren.
Auf dem Rückweg sehen wir noch einen Stein mit Dinosaurierspuren, aber in Anbetracht dessen, was Page noch alles zu bieten hat, ist das eher unspektakulär.
Zurück auf dem Parkplatz stellen wir fest, dass uns eine Radkappe fehlt. Können die Dinger einfach so abfallen oder hat die uns jemand geklaut? Wir wissen es nicht und es würde auch nichts ändern; Fakt ist, dass sie weg ist. Wie viel wohl eine Radkappe in Amerika kostet?
Trotz allem lasse ich mir meine mühsam zurückgewonnene, aber noch auf wackeligen Beinen stehende gute Laune nicht verderben. Unser nächstes Ziel ist der Horseshoe Bend, den finden wir ausnahmsweise mal sofort...
Vom Parkplatz aus machen wir uns auf den Weg. So stelle ich mir die Landschaft in Australien vor...
Man kann die Schlucht schon von weitem sehen und dann taucht er schließlich auf, der Colorado River. Ich habe Mühe, ihn komplett auf das Foto zu kriegen und probiere etliche Positionen auf den Felsen aus, aber besser kriege ich es nicht hin. Meine Kamera ist halt auch nicht die beste…
Die ganze Gegend hier beeindruckt mich. Diese Schichten sind unglaublich toll.
Eine Weile sitzen wir noch am Abgrund. Auch hier ist nirgendwo ein Zaun aufgestellt… das würde die Atmosphäre kaputt machen.
Um kurz vor halb 12 machen wir uns auf den Weg zum Upper Antelope Canyon. Leider kommen wir um ein Haar zu spät für die 12 Uhr Tour, denn die Leute steigen schon in die Autos und offenbar ist alles voll. Wir buchen für 13 Uhr; nicht perfekt aber wenigstens auch noch um die Mittagszeit, wo es ja am schönsten sein soll.
Die Zeit bis zur Abfahrt geht schnell vorbei. Als die Geländewagen von der Tour wieder kommen und alle ausgestiegen sind, wird jeder aufgerufen und kriegt einen Wagen zugeteilt. Wir dürfen in den blauen… es kribbelt mir in den Fingerspitzen so einen Geländewagen auch mal zu fahren.
Kaum sitzen alle, erscheint unser Navajo-Guide. Seinen Namen habe ich nicht verstanden, aber hier im Forum habe ich ein Bild von ihm gesehen und gelesen, dass er wohl Cody heißt. Er begrüßt uns, fragt, wie es uns geht und wo jeder herkommt. Es stellt sich heraus, dass wir aus der ganzen Welt zusammengewürfelt sind.
Alle Kontinete außer der Antarktis sind vertreten (naja… mehr oder weniger):
Europa mit 3x Deutschland und 1x Frankreich, Nordamerika mit 2x Colorado, Südamerika mit 1x Chile, Asien mit 2x Israel und 1x Jordanien, Afrika mit 1x Ägypten und schließlich noch Australien… also fast zumindest. Es ist zwar kein Australier im Auto, aber die Leute aus Colorado haben einen Hund dabei, der von der Rasse her ein Australischer Schäferhund ist. Könnte man durchgehen lassen. In jedem Fall sind wir eine bunte Truppe!
Wir kriegen noch den Hinweis, dass wir auf unsere Kopfbedeckungen aufpassen sollen, denn wenn wir sie verlieren, dann sind sie auf nimmer wiedersehen verschwunden. Cody scherzt noch, dass am Wegesrand eine ganze Galerie mit Kappen etc. liegen würde. Ich verstaue mein cooles knallgelbes El Monte RV Käppi lieber im Rucksack.
Los geht’s!! Die Fahrt ist genial. Der Wagen hinter uns schießt nach ein paar hundert Metern einfach an uns vorbei; das kann Cody natürlich nicht auf sich sitzen lassen und die Tachonadel und augenblicklich auch der Geländewagen machen einen Satz nach vorne. Das Wettrennen erheitert die ganze Truppe und schließlich lässt sich der andere Wagen zurück fallen. Gewonnen!
Als wir ankommen, sehen wir schon die Felsspalte. Wir versammeln uns davor und Cody erzählt uns unheimlich viel zu dem Canyon. Obwohl er rundum modern gekleidet ist, merkt man ihm deutlich an, was für einen Respekt er vor der Natur und der Vergangenheit dieses Landes hat. Er hat noch einen jüngeren Begleiter dabei, der zwar die ganze Zeit über kein Wort sagt, aber mir unheimlich sympathisch ist. Mein Indianer-Sympathie-Barometer ist mittlerweile sowieso wieder ganz oben. So habe ich mir die „Indianer von heute“ vorgestellt... die ganze Zeit war ich ja schon zufrieden, wenn sie zumindest nicht besoffen waren.
Cody zeigt uns die besten Plätze zum Fotografieren und macht sogar einige Bilder für uns. Er hat’s in der Hinsicht wirklich drauf, die Bilder sind klasse. Ganz zu Anfang sagt er noch, dass man ohne Blitz fotografieren soll, weil der Blitz die Farben kaputt macht. Und er hat Recht, mit Blitz sieht das größtenteils wirklich nicht schön aus und meistens sieht man auch den ganzen Staub, der in der Luft ist.
Hier erzählt er uns, dass die Indianer diese Felsformation für einen Bären halten, man erkennt schon Ähnlichkeit.
Cody lässt sich viel Zeit und erzählt uns noch die Geschichte, wie der Canyon angeblich entdeckt wurde und das die Frau von damals seine Uroma sei, die heute noch lebt und 104 Jahre alt ist. Insgesamt sind wir wesentlich länger im Canyon als eine Stunde. Zurück dürfen wir alleine gehen und Cody spielt immer mal wieder ein Stück auf der Flöte, die hier drinnen einen tollen Klang hat. Obwohl der Canyon gut besucht ist, schafft man es doch ohne Probleme, Bilder ohne Menschen zu machen. Das linke Bild hat Cody mir gemacht:
Die Rückfahrt ist wieder so genial. Diesmal kommt uns ein anderer Wagen entgegen und beide weichen erst im letzten Moment aus.
Als wir wieder auf dem Parkplatz in der Nähe der drei Kraftwerksschloten ankommen, ist es bereits mitten am Nachmittag. Kurz überlege ich, ob es sich lohnt auch noch in den Lower Canyon zu fahren, wir nehmen aber Abstand davon, denn um die Zeit ist die Sonne nicht mehr so gut. Außerdem finde ich, dass es dem Canyon nicht „würdig“ ist, ihn mal eben so nebenbei abzuhaken.
Heute wollen wir in Page übernachten. Von der Entfernung zu dem BLM Büro gibt sich das nicht so viel zu Kanab. Wir fahren auf den Lake Powell Campground. Kaum sind wir angekommen zieht es uns in das Schimmbad, angeblich mit natürlichem Salzwasser, aber ich merke nichts von Salz. Das Schimmen tut gut. Im Schwimmbad hängt ein Bild von der alten Dame, die den Antelope Canyon entdeckt haben soll. Irgendwie fasziniert mich der Blick von ihr.
Mal wieder gehen wir früh schlafen, denn morgen will ich wieder um 6 Uhr aufstehen, obwohl wir diesmal wenigstens nicht suchen müssen. Aber noch mal zu spät kommen will ich in gar keinem Fall! Obwohl wir wieder in Arizona sind, habe ich beschlossen, meine Uhr nicht mehr umzustellen, bevor wir endgültig Page und die Wave verlassen.
Grüße